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  • 23.02.2012

    Finanzgericht Baden-Württemberg: Gerichtsbescheid vom 10.01.2011 – 6 K 3004/07

    1. Beim Umwandlungsvorgang der Abspaltung wird die übernehmende Gesellschaft Gesamtrechtsnachfolger der übertragenden Körperschaft und tritt in deren Rechtstellung ein.

    2. Der Übergang eines verbleibenden steuerlichen Verlustvortrags auf die übernehmende Gesellschaft ist bis einschließlich dem Veranlagungszeitraum 1997 davon abhängig, dass die übertragende Körperschaft ihren Geschäftsbetrieb im Zeitpunkt der Eintragung des Vermögensübergangs im Handelsregister noch nicht eingestellt hat und ab dem Veranlagungszeitraum 1998, dass der Betrieb oder Betriebsteil, der den Verlust verursacht hat, über den Umwandlungsstichtag hinaus in vergleichbarem Umfang in den nächsten fünf Jahren fortgeführt wird.

    3. Die Verschärfung des § 12 Ab. 3 Satz 2 UmwStG durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 ist in mit dem Grundgesetz unvereinbare Weise zustande gekommen. Dieser Verfassungsverstoß ist jedoch nicht evident und führt nicht zur Nichtigkeit der Norm.

    4. Die Anwendung des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG, die den Handel mit GmbH-Mänteln und vortragsfähigen Verlusten einschränken soll, hängt nicht davon ab, dass konkret eine missbräuchliche Gestaltung vorliegt.

    5. Ein Betriebsteil i. S. d. § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG liegt jedenfalls dann vor, wenn ein steuerrechtlicher Teilbetrieb vorliegt, d.h. ein organisch geschlossener, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter Teil des Gesamtbetriebs, der für sich allein funktions- und lebensfähig ist. Dieser für den Verlust verantwortliche Betriebsteil muss in Verschmelzungsfällen vom Übernehmer oder einem anderen Rechtsträger fünf Jahre fortgeführt werden, damit der übernehmende Rechtsträger einen verbleibenden Verlustvortrag geltend machen kann.


    Im Namen des Volkes

    Gerichtsbescheid

    In dem Finanzrechtsstreit

    hat der 6. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg am 10. Januar 2011 durch Vorsitzenden Richter am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht …

    für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

    3. Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Streitig ist zwischen den Beteiligten die Berücksichtigung eines Verlustvortrages im Zusammenhang mit einem Umwandlungsvorgang der Abspaltung.

    Ende 1981 wurde die „Y Beteiligungsgesellschaft” – nachfolgend Y – gegründet. Gesellschafter waren die W Aktiengesellschaft – nachfolgend W – mit einer Beteiligungsquote von 9/29stel und die „Z GmbH” – nachfolgend Z –, die eine 100%ige Tochtergesellschaft der „A GmbH” – nachfolgend A – war, mit 20/29stel.

    Ebenfalls Ende 1981 wurde die „K Beteiligungsgesellschaft” – nachfolgend K – gegründet. Gesellschafter waren zum einen die „B AG” mit 20/49stel und die Y mit 29/49stel.

    Die K erwarb 1982 von der C 49 % der Anteile an der „CE GmbH” – nachfolgend CE –. Die restlichen 51 % der Anteile wurden eingezogen, sodass danach die K nunmehriger Alleingesellschafterin der CE gewesen ist. Die Firma wurde geändert in „KF GmbH” – nachfolgend KF –.

    Die von der „B AG” gehaltenen 20/49stel Anteil an der K wurden 1988 von A erworben.

    Ferner erwarb A 1994 von der W deren Beteiligung an der Y. Nach diesem Erwerb war die Beteiligung von A [Obergesellschaft] an KF [Untergesellschaft] wie folgt war:

    • Beteiligung A an Y: 9/29stel unmittelbar und 20/29stel mittelbar über Z;

    • Beteiligung A an K: 20/49stel unmittelbar und 29/49stel mittelbar über Z und Y;

    • Beteiligung A an KF: 100 % mittelbar über K.

    In der Zeit bis 31. Dezember 1994 hat die KF erhebliche Verluste angehäuft, was u. a. auf eine Änderung der Marktstruktur in dem von KF betreuten Marktsegment zurückzuführen ist; auch der Unternehmensbereich A-Technik war defizitär; dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. So betrug der operative Verlust 1994 bei KF insgesamt … Mio. DM.

    Am 15. Mai 1995 wurden mit notariellem Vertrag

    Y

    KF

    „AP”, G,

    – übertragende Unternehmen / Rechtsträger – auf die bestehende „R GmbH”, U (100%ige Tochtergesellschaft von A), – übernehmendes Unternehmen / übernehmender Rechtsträger – nach § 2 Nr. 1 des Umwandlungsgesetzes – UmwG – übertragen; Verschmelzungsstichtag war der 1. Januar 1995; als Gegenleistung für die Vermögensübertragung erhielten A und Z jeweils Anteile an der R GmbH; die Firma des übernehmenden Rechtsträgers wurde in „AO GmbH” – nachfolgend AO – geändert, der Firmensitz wurde von U nach Ä verlegt und der Geschäftsbereich von AO um die bisherigen Unternehmensgegenstände der übertragenden Unternehmen erweitert. Ferner wurde von A in die neu strukturierte Gesellschaft die gesamten eigenen Aktivitäten eingebracht.

    Die Eintragung dieses Umwandlungsvorganges wurde laut vorliegendem Handelsregisterauszug am August 1995 beim zuständigen Handelsregister des übernehmenden Rechtsträgers eingetragen.

    Die Beteiligten haben übereinstimmend zu Protokoll erklärt, dass unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundesfinanzhofes – BFH – in seinem Urteil vom 17. März 2010 I R 26/09, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2010, 1667, die übertragende Körperschaft KF ihren Geschäftsbetrieb im Zeitpunkt der Eintragung des Vermögensübergangs im Handelsregister noch nicht eingestellt hatte.

    Ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen erwirtschaftete der auf AO übergangene Unternehmensbereich KF 1995 und 1998 Verluste; lediglich in den Jahren 1996, 1997 und 1999 wurden operative Gewinne erzielt (vgl. Anlage 1 zum Schriftsatz vom 5. März 2009).

    Zwischen R GmbH bzw. AO (Organgesellschaft) und A (Organträger) bestand seit 30. November 1990 eine steuerlich anerkannte Organschaft für Zwecke der Körperschaftsteuer; diese wurde durch Vereinbarung vom 21. September 2001 mit Wirkung zum 31. Dezember 2001 aufgehoben; allerdings wurde der Gewinnabführungsvertrag in 2001 schon nicht mehr durchgeführt, sodass für 2001 nicht mehr vom Bestehen der Organschaft auszugehen ist. Im Hinblick auf die Regelung des § 15 Satz 1 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes – KStG – wurden u. a. die verbleibenden Verlustabzüge der KF, die auf AO nach § 12 Abs. 3 Satz 3 des Umwandlungssteuergesetzes – UmwStG – in der für den Veranlagungszeitraum 1995 gültigen Fassung übergegangen waren, steuerlich bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 2000 bei der Organgesellschaft nicht berücksichtigt.

    Nach den vorgelegten Unterlagen (Jahresabschluss) hat AO als Gesamtunternehmen in den Jahren 1995, 1996, 1998 und 1999 Verluste erzielt, die im Rahmen der Organschaft von A übernommen wurden; lediglich in 1997 wurde ein Gewinn erwirtschaftet, der im Rahmen der Organschaft an A abgeführt wurde.

    Mit notariellem Vertrag vom 24. November 1999 wurde der Geschäftsbereich Z-Technik von AO an I GmbH, Ö, – Erwerber – in der Form eines asset deals veräußert. Die Klägerin und das beklagte Finanzamt – FA – sind sich darüber einig, dass damit der Teilbetrieb Z-Technik einschließlich aller Vermögensteile und wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert wurde, der im Jahre 1995 im Rahmen der Verschmelzung von KF auf die AO übertragen worden war. Die Übertragung auf den Erwerber fand zum 31. Januar 2000 statt.

    Der Teilbetrieb Y-Technik, der ebenfalls von KF in die R GmbH / AO eingebracht worden war, wurde per 1. Januar 2000 ausgegliedert in die „AS GmbH”. In 2001 wurde „AS GmbH”, V, an einen der bisherigen Hauptkunden, die M GmbH, Ü, verkauft.

    Aufgrund des Gesellschafterbeschlusses vom 11. Juli 2002 hat die AO als übertragender Rechtsträger den Teilbetrieb X-Technik mit allen wesentlichen Betriebsgrundlagen auf die neu zu gründende Gesellschaft unter der Firma „X GmbH” – die Klägerin – im Wege der Abspaltung durch Neugründung nach § 123 Abs. 2 Nr. 2, §§ 135 ff. UmwG übertragen; diese Übertragung erfolgte im Innenverhältnis rückwirkend zum 1. Januar 2002. Der übertragende Rechtsträger firmiert aufgrund dieses Gesellschafterbeschlusses künftig unter der Firma „AQ GmbH” – nachfolgend AQ –. Diese Körperschaft hat dann zum 1. Februar 2004 den Teilbetrieb S-Technik in eine andere Gesellschaft ausgegliedert. Sodann wurde aufgrund des notariellen Vertrages vom 4. November 2004 die AQ umbenannt in „JL GmbH” – nachfolgend JL.

    Zwischen den Beteiligten ist – auch aufgrund der Betriebsprüfung in 2006 – unstreitig, dass auf die Klägerin als übernehmende Körperschaft alle wesentlichen Betriebsgrundlagen eines Teilbetriebs übertragen wurden, und dass das der übertragenden Körperschaft AO verbleibende Vermögen ebenfalls zu einem Teilbetrieb gehört.

    Ferner ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der abgespaltene Unternehmensteil / Teilbetrieb [= Klägerin] – ausgehend von der Berechnung gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 UmwStG (Verhältnis der übergehenden Vermögensteile zu dem bei der übertragenden Körperschaft vor der Spaltung bestehenden Vermögen) – einen Anteil in Höhe von 37,4 % des gesamten abspaltenden Unternehmens [=AO] darstellt.

    Nach den vorliegenden Unterlagen betrug der Verlustvortrag der AO zum 31. Dezember 2000: … DM (… EUR). Von diesem Verlustvortrag wurde bei der AO im Rahmen der Veranlagung 2001 – vgl. geänderter Bescheid für 2001 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag vom 16. November 2007 – ein Betrag von … DM (… EUR) berücksichtigt, sodass der verbleibende Verlustvortrag zum 31. Dezember 2001 (vor Berücksichtigung der Verringerung aufgrund der Abspaltung der Klägerin) noch … DM (… EUR) betrug – vgl. geänderten Bescheid auf den 31. Dezember 2001 über die gesonderte Feststellung des verbliebenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer vom 16. November 2007 –. Die Verringerung des verbleibenden Verlustvortrages bei der AO aufgrund der Abspaltung betrug … DM = … EUR (= 37,4 % des verbleibenden Verlustvortrags), sodass der AO ein vortragsfähiger Verlust von … DM = … EUR verblieb. Dieser Verlustvortrag wurde im Rahmen der Körperschaftsteuerveranlagung 2002 aufgebraucht – vgl. geänderten Bescheid für 2002 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag für JL vom 16. November 2007 –.

    Die Klägerin hat die Körperschaftsteuererklärung für das Streitjahr 2002 am 14. Januar 2004 beim beklagten Finanzamt – FA – eingereicht. In dieser Erklärung wurde ein Gesamtbetrag der Einkünfte i. H. von … EUR sowie in Zeile 68a des Vordrucks KSt 1 A ein „ … nach § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG bzw. § 15 Abs. 4 UmwStG übergegangener verbleibender Verlustabzug …” in Höhe von … EUR erklärt. Nach Auffassung der Klägerin handelt es sich hierbei um einen Teil des auf sie im Rahmen der Spaltung übergegangenen verbleibenden Verlustvortrags. Das FA erließ einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 der Abgabenordnung – AO – stehenden erstmaligen Bescheid für 2002 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag mit Datum 4. Februar 2004, in dem dieser erklärte Verlust berücksichtigt wurde. Dieser Bescheid wurde durch Bescheid vom 11. Mai 2005 und dieser wiederum durch Bescheid vom 22. Februar 2006 wegen des Verlustrücktrags aus 2003 geändert; in den beiden Änderungsbescheiden wurde der erklärte Verlustvortrag jeweils berücksichtigt.

    Bei der Klägerin wurde in 2006 eine Betriebsprüfung betreffend den Veranlagungszeitraum 2002 durchgeführt (vgl. Bericht über die Außenprüfung vom 12. Juni 2007 – Bp-Bericht). Die Betriebsprüfung vertrat die Auffassung, dass der von der Klägerin geltend gemachte Verlustvortrag aufgrund der Abspaltung nicht anerkannt werden könne (vgl. Tz. 24 des Bp-Berichts). Im Wesentlichen ist ausgeführt, dass der Verlust verursachende Betrieb – KF – zum Abspaltungsstichtag nicht mehr vorhanden gewesen ist und somit auch nicht von der Klägerin hatte fortgeführt werden können.

    Das FA schloss sich der Rechtsauffassung der Betriebsprüfung an und erließ mit Datum 7. November 2007 einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 2002, in dem der o. a. Verlust von … EUR nicht mehr berücksichtigt wurde; der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.

    Gegen den Bescheid vom 7. November 2007 hat die Klägerin form- und fristgerecht Einspruch eingelegt. Mit Einspruchsentscheidung vom 28. November 2007, auf die wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

    Mit bei Gericht am 21. Dezember 2007 eingegangenem Schriftsatz wurde Klage erhoben.

    Wegen der Verminderung des Verlustes in 2003 wurde mit Datum 12. Juni 2008 während des Klageverfahrens ein nach § 10d Abs. 1 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes – EStG – i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG geänderter Körperschaftsteuerbescheid für 2002 bekanntgegeben.

    Im Wesentlichen wird Folgendes vorgetragen:

    Entgegen der Auffassung des FA sei der bei AO bestehende Verlustvortrag auf die Klägerin übergegangen. Denn der fragliche Verlust sei durch KF verursacht worden, und AO habe den auf sie übergegangenen Betrieb fünf Jahre lang fortgeführt. Für die Auslegung des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG in der für den Streitzeitraum gültigen Fassung sei es ausreichend, dass der Betrieb/Betriebsteil (einmal) fünf Jahre lang fortgeführt worden sei; bei künftigen Verschmelzungen oder Spaltungen sei von dem Erfordernis des Fortführens des „verlustverursachenden Betriebs” abzusehen, da es einen „verlustverursachenden Betrieb” nach der Verschmelzung und dem endgültigen Übergang des Verlustvortrags nicht mehr gebe. Würde man nämlich der Auffassung des FA folgen, dass ein Übergang des verbleibenden Verlustabzugs auf die abgespaltene Körperschaft auch den Übergang des verlustverursachenden Betriebs erfordere, gelte Folgendes: Bei Kettenumwandlungsvorgängen, wie sie im Streitfall vorlägen – erst Verschmelzung eines verlustverursachenden Betriebes, dann Abspaltung von dem übernehmenden Rechtsträger – würde die Auffassung des FA zu einer Verlängerung der 5-Jahres-Frist ad infinitum führen. Eine solche Ausweitung der Norm sei jedoch weder vom Gesetzgeber gewollt noch entspräche sie Sinn und Zweck der Norm. Daher könne die Veräußerung des Betriebsteils Z-Technik einerseits und die Übertragung des Betriebsteils Y-Technik auf die „AS GmbH” andererseits nach Vollendung der für die erste Verschmelzung maßgeblichen Frist nicht mehr schädlich sein. Der Verlustvortrag sei bei AO endgültig gewesen; er sei ohne weitere Fortführungsvoraussetzungen im Rahmen der Abspaltung der Klägerin nach § 15 Abs. 4 UmwStG anteilig auf diese übergegangen, da ein Bedürfnis für die Betriebsfortführung ausnahmsweise nicht zu erkennen sei.

    Sei der Betriebsteil, der Ursache für einen Verlust gewesen sei, vor dem Verschmelzungsstichtag von der übertragenden Körperschaft aufgegeben worden, der Betrieb als solches jedoch nicht, habe dies auf die Höhe des übergehenden Verlustabzuges keine Auswirkungen. Die Einstellung des verlustverursachenden Betriebsteils vor oder nach einer Spaltung könne nicht als schädlich angesehen werden.

    Sollte aber der von KF auf AO übergegangene verbleibende Verlustabzug (sowie der laufende Verlust aus 1994) zu einem eigenen Verlustabzug des AO geworden sein, müsse davon ausgegangen werden, dass dann AO den verlustverursachenden Betrieb i.S. des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG darstelle. Dann spiele auch die Tatsache, dass der Teilbetrieb KF nicht mehr bei AO existiere, keine Rolle. Dann müsse vielmehr auf den Gesamtbetrieb AO abgestellt werden. Und dann werde durch den abgespaltenen Betrieb der verlustverursachende Betrieb fortgeführt, was auch zu einem anteiligen Übergang des verbleibenden Verlustvortags bei der Klägerin führe.

    Des Weiteren sei zu bedenken, dass die Grundsätze der Gesamtrechtsnachfolge (hier: nach KF) zu einem eigenen Verlust des Gesamtbetriebes AO führen würden. Demnach könne der Verlustvortrag der AO im Wege der Spaltung auf einen weiteren Rechtsträger übergehen, sofern der Gesamtbetrieb der AO, welcher im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge als Verursacher des Verlustbetriebes anzusehen sei, im erforderlichen Umfange fortgeführt werde, was zweifelsfrei der Fall sei.

    Schließlich könne, was sich aus dem Urteil des BFH vom 27. Mai 2009 I R 94/08, BFH/NV 2009, 1570 ergeben würde, die Fortführung des Betriebs bzw. Betriebsteils i.S. des § 12 Abs. 3 Satz 2 2. Halbsatz UmwStG auch durch einen Einzelrechtsnachfolger erfolgen. Dies sei im Streitfall gegeben, da der Erwerber I-GmbH den Betriebsteil Z-Technik der KF fortgeführt habe. Für den Betriebsteil Y-Technik sei dies durch „AS GmbH” erfolgt.

    Die Klägerin beantragt,

    den geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 2002 vom 12. Juni 2008 dahingehend abzuändern, dass das zu versteuernde Einkommen um … EUR vermindert wird,

    hilfsweise für den Fall des vollständigen oder teilweisen Unterliegens Zulassung der Revision.

    Das FA beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise für den Fall des vollständigen oder teilweisen Unterliegens Zulassung der Revision.

    Im Wesentlichen wird Folgendes vorgetragen: Die steuerliche Übertragung eines verbleibenden Verlustvortrages bei dem Umwandlungsvorgang der Abspaltung werde durch § 15 UmwStG in der für den Veranlagungszeitraum 2002 gültigen Fassung geregelt. In § 15 Abs. 1 Satz 1 UmwStG werde angeordnet, dass die Vorschriften der §§ 11 bis 13 UmwStG – vorbehaltlich des hier nicht interessierenden § 16 UmwStG – entsprechend geltend würden. Damit sei auch, unabhängig von der Regelung des § 15 Abs. 4 UmwStG, der sich lediglich mit der Berechnung des abgespaltenen verbleibenden Verlustvortrags befasse, die Regelung des § 12 Abs. 3 Satz 3 UmwStG zu beachten, wonach für den Verlustübergang erforderlich sei, dass „… der Betrieb oder Betriebsteil, der den Verlust verursacht habe, über den Umwandlungstag hinaus in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfange in den folgenden fünf Jahren fortgeführt…” werde. Im Streitfall habe aber kein „…Betrieb oder Betriebsteil, der den Verlust verursacht hat” fortgeführt werden können, weil dieser Betriebsteil bereits mit Wirkung vom 31. Januar 2000 an den Erwerber veräußert worden sei. Demnach könne auch kein verbleibender Verlustabzug auf die Klägerin übergehen. Und der Betriebsteil, der auf die Klägerin übergegangen sei, habe nach deren eigenem Vortrag keine Verluste verursacht. Dass das abspaltende Unternehmen AO den noch nicht aufgebrauchten Verlustvortrag der KF weiter nutzen könne, obwohl der verlustbringende Betriebsteil schon seit 2000 veräußert sei, hänge damit zusammen, dass der im Rahmen der Verschmelzung von KF auf AO eingebrachte verbleibende Verlustabzug erst nach Beendigung der Organschaft habe genutzt werden können. Dieser Vorteil werde aber kraft der gesetzlichen Regelung trotz der angeordneten Gesamtrechtsnachfolge im Verhältnis AO – Klägerin nicht an das abgespaltene Unternehmen weitergegeben.

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen sowie die vom FA vorgelegten Steuerakten sowie auf die Niederschriften über die Erörterungstermine vom 13. Januar 2009, vom 9. Juni 2010 sowie 13. Oktober 2010 Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist nicht begründet.

    1. Geht Vermögen einer Körperschaft durch Aufspaltung oder Abspaltung oder durch Teilübertragung auf andere Körperschaften über, gelten nach § 15 Abs. 1 Satz 1 UmwStG in der im Streitjahr 2002 gültigen Fassung die §§ 11 bis 13 UmwStG – vorbehaltlich des im vorliegenden Streitfall nicht interessierenden § 16 UmwStG – entsprechend, sofern auf die Übernehmerinnen ein Teilbetrieb übertragen wird. Im Fall der Abspaltung oder Teilübertragung muss das der übertragenden Körperschaft verbleibende Vermögen ebenfalls zu einem Teilbetrieb gehören.

    Weiter bestimmt § 15 Abs. 4 UmwStG, dass ein verbleibender Verlustabzug i.S. des § 10d Abs. 4 Satz 2 EStG (in der für den Veranlagungszeitraum 2002 geltenden Fassung) im Verhältnis der übergehenden Vermögensteile zu den bei der übertragenden Körperschaft vor der Spaltung bestehenden Vermögen aufzuteilen ist, wie es in der Regel in den Angaben zum Umtauschverhältnis der Anteile im Spaltungs- und Übernahmevertrag oder im Spaltungsplan zum Ausdruck kommt.

    2. § 15 Abs. 1 Satz 1 UmwStG ordnet die entsprechende Geltung der §§ 11 bis 13 UmwStG an. Die §§ 15 und 16 UmwStG stellen den Vierten Teil des UmwStG dar und befassen sich mit den steuerlichen Folgen der Auf- und Abspaltung von Körperschaften auf Körperschaften (§ 123 UmwG). Sie sind eng verknüpft mit dem Dritten Teil des UmwStG (§§ 11 bis 13 UmwStG), der sich mit den steuerlichen Folgen der Verschmelzung und Vollübertragung (§ 2 UmwG) befasst. Die letztgenannten Vorschriften sind – wie sich aus § 15 Abs. 1 Satz 1 UmwStG ergibt – unabhängig von weiteren Voraussetzungen anwendbar, sofern die Teilbetriebsvoraussetzung des § 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwStG in der im Streitjahr gültigen Fassung erfüllt ist.

    Aus der Verweisung folgt, dass die übernehmende Körperschaft / abgespaltene Körperschaft gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft eintritt. Dieses „Eintreten in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft” i. S. des § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG ist eine Umschreibung dafür, dass die übernehmende Körperschaft steuerlich Gesamtrechtsnachfolger wird (BFH-Urteile vom 28. Juli 2010 I R 89/09, BFH/NV 2010, 2354 unter 2.b) der Entscheidungsgründe; vom 31. Mai 2005 I R 68/03, BStBl II 2006, 380, unter C.2.b) der Entscheidungsgründe) – sog. Fußstapfentheorie. Damit folgt das Steuerrecht dem Zivilrecht, welches als Folge der Verschmelzung die Gesamtrechtsnachfolge anordnet; Gleiches gilt beim Umwandlungsvorgang der Abspaltung gemäß § 123 Abs. 2 UmwG.

    Allerdings wird die steuerrechtliche Gesamtrechtsnachfolge – abweichend vom Zivilrecht – hinsichtlich des Übergangs eines verbleibenden Verlustvortrags im Sinne des § 10d EStG zusätzlich von der Voraussetzung abhängig gemacht, dass

    bis einschließlich Veranlagungszeitraum 1997 die übertragende Körperschaft ihren Geschäftsbetrieb im Zeitpunkt der Eintragung des Vermögensübergangs im Handelsregister noch nicht eingestellt hatte;

    ab Veranlagungszeitraum 1998 der Betrieb oder Betriebsteil, der den Verlust verursacht hat, über den Umwandlungsstichtag hinaus in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden fünf Jahren fortgeführt wird.

    Ferner sind als weitere Voraussetzung der steuerlichen Gesamtrechtsnachfolge – abweichend vom Zivilrecht – bis zum Inkrafttreten des UmwStG 2006 aufgrund des Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften vom 7. Dezember 2006 (BGBl I 2782) – SEStEG – die Teilbetriebsvoraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwStG zu erfüllen.

    3. Unstreitig ist, dass der Betrieb, der den Verlust verursacht hat, das Unternehmen der KF, auf das (später) abspaltende Unternehmen AO nach den Bestimmungen des UmwStG in der für den Veranlagungszeitraum 1995 geltenden Fassung übergegangen ist. Zur Nutzung des übergegangenen Verlustes – sowohl in der Form des festgestellten verbleibenden Verlustabzugs als auch in der Form des nicht ausgeglichenen laufenden Verlustes – war es nach der für den Veranlagungszeitraum 1995 geltenden Fassung des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG lediglich erforderlich, dass die übertragende Körperschaft ihren Geschäftsbetrieb im Zeitpunkt der Eintragung des Vermögensübergangs im Handelsregister noch nicht eingestellt hatte (BFH-Urteil vom 17. März 2010 I R 26/09, BFH/NV 2010, 1667), was nach den übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten im Streitfall der Fall war.

    Mit dem Eintreten in die steuerrechtliche Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft und dem Übergang des verbleibenden Verlustabzugs und ggf. der nicht ausgeglichenen laufenden Verluste wurden die übernommenen Verluste zu solchen der übernehmenden Körperschaft AO. Der Verlustvortrag des übertragenden Rechtsträgers (KF) geht allerdings über, ohne seine Qualifizierung als Verlustvortrag zu verlieren.

    Dass der übernehmende Rechtsträger AO den auf ihn übergegangenen verbleibenden Verlustabzug in den Veranlagungszeiträumen 1995 bis 2000 nicht nutzen konnte, war keine Rechtsfolge des UmwStG, sondern eine Anordnung des KStG: Da der übernehmende Rechtsträger Organgesellschaft einer steuerlich wirksamen Organschaft war, war bei der Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft ein Verlustabzug nach § 15 Nr. 1 KStG nicht zulässig. Unabhängig davon erwirtschaftete AO lediglich in einem Jahr einen Gewinn, der allerdings nicht ausgereicht hätte, um den übergegangenen Verlust auszugleichen.

    4. Durch Art. 3 Nr. 4 Buchst. b) des „Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform” vom 29. Oktober 1997 (BGBl I 1997, 2590) wurde § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG dahin gehend abgeändert und verschärft, dass ein Übergang des verbleibenden Verlustvortrags auf die übernehmende Körperschaft voraussetzt, dass der Betrieb oder Betriebsteil, der den Verlust verursacht hat, über den Verschmelzungsstichtag hinaus in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden fünf Jahren fortgeführt wird. Diese Fassung galt unverändert fort bis zum Inkrafttreten des UmwStG 2006 aufgrund des SEStEG am 13. Dezember 2006.

    Durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 wurde in § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG der gleiche verschärfende Zusatz eingefügt.

    Eine amtliche Begründung für diese Änderungen oder sonstige Gesetzesmaterialien hierzu existieren nicht, da die beiden vorgenannten Änderungen erst aufgrund des Vorschlags des Vermittlungsausschusses des Deutschen Bundestags in das Gesetz gelangten, und der Bundestag und der Bundesrat dann den Vermittlungsvorschlag ohne Aussprache angenommen haben. Das Bundesverfassungsgericht – BVerfG – hat sich mit dieser Art des Zustandekommens von Gesetzen auf Vorlage des BFH (BFH Beschluss vom 18. Juli 2001 I R 38/99, BStBl II 2002, 27) in seinem Beschluss vom 15. Januar 2008 2 BvL 12/01, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts – BVerfGE – 120, 56, umfänglich befasst und festgestellt, dass Art. 3 Nr. 4 Buchst. a) des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 in einer mit dem Grundgesetz unvereinbaren Weise zustande gekommen ist, aber gültig bleibt. Die Norm ist unter Verletzung der Art. 20 Abs. 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 2, Art. 42 Abs. 1 Satz 1 und Art. 76 Abs. 1 des Grundgesetzes – GG – zustande gekommen. Dieser Verfassungsverstoß ist jedoch nicht evident und führt daher nicht zur Nichtigkeit der Norm. Gleiches muss notwendigerweise auch für Art. 3 Nr. 4 Buchst. b) des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 gelten, d. h. für die hier relevante Verschärfung des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG (vgl. BFH-Urteil vom 27. August 2008 I R 78/01, BFH/NV 2009, 497, unter C.4. der Entscheidungsgründe zu § 8 Abs. 4 Satz 3 in der Fassung des Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform).

    Literatur und Rechtsprechung sind sich grundsätzlich einig, dass die oben dargestellte Verschärfung des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG, § 8 Abs. 4 KStG den Handel mit GmbH-Mänteln und vortragsfähigen Verlusten einschränken bzw. unterbinden soll (Mössner/Seeger/Janssen, Körperschaftsteuergesetz – Kommentar, § 8 KStG, Rn. 1095 m.w.N.; BFH-Urteile vom 1. Juli 2009 I R 101/08, BFH/NV 2009, 1838; vom 29. April 2008 I R 91/05, BFH/NV 2008, 1965). Dies lässt sich (auch) mit dem Entschließungsantrag des Bundestags vom 26. Juni 1997 begründen, wonach die Bundesregierung gebeten wurde, Möglichkeiten einer gesetzlichen Einschränkung der Verlustberücksichtigung in Umwandlungsfällen zu prüfen (BundestagsDrucksache 13/8020, Seite 3; angenommen: Bundestagsprotokoll 13/184, S. 16587 A).

    Unabhängig davon hängt die Anwendung des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG aber nicht davon ab, dass konkret eine missbräuchliche Gestaltung vorliegt. Vielmehr geht, wenn die Tatbestandsmerkmale des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG in der Fassung des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform nicht erfüllt sind, ein bei der übertragenden Gesellschaft entstandener Verlustabzug unabhängig vom wirtschaftlichen Hintergrund des konkreten Umwandlungsvorgangs nicht auf die Übernehmerin über (BFH-Urteile vom 5. Mai 2010 I R 60/09, BFH/NV 2011, 71; vom 28. Oktober 2009 I R 4/09, BFH/NV 2010, 1041).

    Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass im Streitfall ein Missbrauchsfall nicht gegeben ist; die Abspaltung der Klägerin von AO war eine unternehmerische Entscheidung im Rahmen einer Restrukturierung des Gesamtkonzerns. Auch der Senat ist davon überzeigt, dass kein Missbrauchsfall vorliegt. Dessen ungeachtet hängt der Übergang des verbleibenden Verlustabzugs von AO auf die Klägerin von der Verwirklichung der Tatbestandsmerkmale des § 12 Abs. 3 Satz 2 letzter Halbsatz ab.

    5. Die in § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG verwandten Begriff „Betrieb” und „Betriebsteil” werden im UmwStG selbst nicht erläutert.

    Die Finanzverwaltung vertritt dazu im BMF-Schreiben vom 16. April 1999, BStBl I 1999, 455. Tz. 37 f., die Auffassung, der Betrieb umfasse – ebenso wie der Geschäftsbetrieb i.S. des § 8 Abs. 4 KStG – die gesamte wirtschaftliche Aktivität eines Unternehmens. Ein Betriebsteil sei demgegenüber eine abgrenzbare wirtschaftliche Aktivität, der bestimmte personelle und sachliche Ressourcen zugeordnet werden können (z. B. eine Produktlinie oder bei einer Holdinggesellschaft die einzelne Beteiligung). Ein Betriebsteil brauche nicht die Voraussetzungen eines Teilbetriebs zu erfüllen. Einzelne Wirtschaftsgüter oder reine Kostenstellen (z. B. die Forschungsabteilung eines Chemieunternehmens) würden nicht die Voraussetzungen eines Betriebsteils erfüllen.

    In der Kommentarliteratur wird ausgeführt, dass die im Gesetz verwandten Begriffe unklar seien; Einigkeit besteht in Rechtsprechung und Literatur, dass „Betriebsteil” nicht gleichgesetzt werden könne mit dem steuerlichen Begriff „Teilbetrieb” (Haritz/Benkert, Umwandlungssteuergesetz, 2. Aufl., 2000, § 12 Randnummer 65 ff.; Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, Band VII – UmwStG vor SEStEG, § 12, Randnummer 67; BFH-Urteile vom 9. Dezember 2009 X R 4/07, BFH/NV 2010, 888; vom 27. Oktober 1994 I R 107/93, BStBl II 1995, 403).

    Der erkennende Senat ist der Auffassung, dass dann, wenn ein steuerrechtlicher Teilbetrieb – vgl. hierzu nachfolgend – bejaht wird, immer auch ein Betriebsteil (als Minus gegenüber dem Teilbetrieb) i.S. des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG vorliegt.

    Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (ausführliche Nachweise in BFH-Urteil vom 7. April 2010 I R 96/08, BFH/NV 2010, 1749) ist unter einem Teilbetrieb ein organisch geschlossener, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter Teil des Gesamtbetriebs zu verstehen, der für sich allein funktions- bzw. lebensfähig ist (BFH-Urteil vom 4. Juli 2007 X R 49/06, BStBl II 2007, 772; BFH-Beschluss vom 18. Oktober 1999 GrS 2/98, BStBl II 2000, 123). Ein Teilbetrieb wird nur übertragen, wenn die Tätigkeit, die durch den Teilbetrieb ausgeübt wurde und die dem Teilbetrieb zuzuordnen ist, endgültig eingestellt wird und sämtliche zum Teilbetrieb gehörenden wesentlichen Betriebsgrundlagen auf den Erwerber übergehen (BFH-Urteil vom 20. Januar 2005 IV R 14/03, BStBl II 2005, 395). Dabei ist grundsätzlich auf die Situation aus der Sicht des Übertragenden zum Zeitpunkt der Übertragung abzustellen (BFH-Urteil vom 15. März 2007 III R 53/06, BFH/NV 2007, 1661; BFH-Beschluss vom 15. Oktober 2008 X B 170/07, BFH/NV 2009, 167).

    Der Begriff der wesentlichen Betriebsgrundlagen ist normspezifisch entsprechend dem jeweiligen Gesetzeszweck auszulegen (BFH-Urteil vom 2. Oktober 1997 IV R 84/96, BStBl II 1998, 104). Während er als Tatbestandsmerkmal des § 16 EStG nach ständiger Rechtsprechung im Sinne einer kombinierten funktional-quantitativen Betrachtungsweise verstanden wird, sind im Rahmen insbesondere des UmwStG nur diejenigen Wirtschaftsgüter, die funktional gesehen für den Teilbetrieb erforderlich sind, als wesentliche Betriebsgrundlagen anzusehen (BFH-Urteil vom 25. November 2009 I R 72/08, BStBl II 2010, 471; BMF-Schreiben vom 16. August 2000, BStBl I 2000, 1253). Als funktional wesentlich sind dabei alle Wirtschaftsgüter anzusehen, die für den Betriebsablauf ein erhebliches Gewicht haben, mithin für die Fortführung des Betriebes notwendig sind oder dem Betrieb das Gepräge geben (BFH-Urteile vom 24. August 1989 IV R 135/86, BStBl II 1989, 1014; vom 19. Januar 1983 I R 57/79, BStBl II 1983, 312).

    Nach den übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten sowie den Feststellungen der Betriebsprüfung im Rahmen der durchgeführten Betriebsprüfung steht fest, dass sowohl

    a.auf die Übernehmerin (Klägerin) ein Teilbetrieb übergegangen ist, nämlich der Teilbetrieb T-Technik
    als auch
    b.dass das der übertragenden Körperschaft AO verbleibende Vermögen ebenfalls zu mindestens einem Teilbetrieb gehören.
    Dann ist festzustellen, dass mit dem Umwandlungsvorgang von 2002 die besonderen Teilbetriebs-Voraussetzungen für die Geltung der §§ 11 bis 13 UmwStG nach § 15 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz, Satz 2 UmwStG erfüllt sind.

    6. Für den Übergang des bei dem abspaltenden Unternehmen AO vorhandenen Verlustabzuges auf das abgespaltene Unternehmen (Klägerin) ist nach dem Gesetzestext des § 15 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz i. V. m. § 12 Abs. 3 Satz 2 letzter Halbsatz UmwStG weiter erforderlich, dass der „… Betrieb oder Betriebsteil, der den Verlust verursacht hat,…” fortgeführt wird. In dem o. a. BMF-Schreiben vom 16. April 1999, a. a. O., heißt es dazu in Randziffer 38: „Der Verlustabzug geht auf die übernehmende Körperschaft nur über, wenn der ursprüngliche Betrieb, der den Verlust verursacht hat, fortgeführt wird.” Hinsichtlich des Umfangs des verlustverursachenden Betriebs wird auf die Ausführungen in den Randziffern 15 bis 20 verwiesen, die entsprechend gelten. Hierzu ist in Randziffer 15 ausgeführt: „Der Geschäftsbetrieb, der den verbleibenden Verlustabzug verursacht hat, ist regelmäßig de r ursprüngliche Geschäftsbetrieb in dem Umfang, den er im Durchschnitt während der Verlustphase gehabt hat.”

    Weiter heißt es in Randziffer 45 des o. a. BMF-Schreibens vom 16. April 1999: „ Der Übergang des verbleibenden Verlustabzugs i.S. des § 10d Abs. 4 Satz 2 EStG setzt voraus, dass der Verlust verursachende Betrieb oder Betriebsteil von der Kapitalgesellschaft … fortgeführt wird, bei der dieser Betrieb oder Betriebsteil im Rahmen der Umwandlung verbleibt oder auf die er übergeht. „

    Der erkennende Senat interpretiert die Worte in § 12 Abs. 3 Satz 2 letzter Halbsatz UmwStG „Betrieb oder Betriebsteil, der den Verlust verursacht hat” dahingehend, dass durch die übernehmende Körperschaft (oder ggf. einen Dritten) der Betrieb oder Betriebsteil fortgeführt werden muss, der aufgrund seiner Geschäftstätigkeit und Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr im Sinne eines kausalen Handelns den Verlust bzw. verbleibenden Verlust durch seine unternehmerische Tätigkeit ausgelöst hat. Nur wenn man die Begriffe so eng auslegt, kann die von Literatur und Rechtsprechung dieser Norm unterstellte Zielsetzung, einen Handel mit Verlusten und Gesellschaftsmäntel zu vermeiden, ausreichend und einfach nachprüfbar Rechnung getragen werden. Auch nur so kann leicht und objektiv nachgeprüft werden, ob die weitere Voraussetzung des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG – „in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang” – erfüllt ist.

    Für den Fall der Abspaltung bedeutet dies, dass ein Übergang eines verbleibenden Verlustabzugs bei der abspaltenden Körperschaft auf die abgespaltene Körperschaft nur dann in Frage kommt, wenn zum einen ein Betrieb oder Betriebsteil, der den Verlust in dem oben dargestellten Sinne verursacht hat, abgespalten wird, und zum anderen dieser Betriebsteil entweder von der übernehmenden Körperschaft oder auch einem Dritten (vgl. BFH-Urteil vom 27. Mai 2009 I R 94/08, BFH/NV 2009, 1570) in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang fortgeführt wird.

    Diese Voraussetzungen sind aber im Streitfall nicht erfüllt.

    „Betrieb, der den Verlust verursacht hat” war zweifelsfrei das Unternehmen der „KF GmbH”, das auf den 1. Januar 1995 auf die AO im Wege der Verschmelzung übergegangen war. Dieser Betrieb wurde in 2000 von der AO in zwei Schritten übertragen: Zum einen wurde der Geschäftsbereich/Betriebsteil Z-Technik auf den Erwerber I GmbH übertragen, und zum anderen wurde der Geschäftsbereich/Betriebsteil Y-Technik auf die „AS GmbH” ausgegliedert. Damit waren nach dem eigenen Vortrag der Klägerin bei dem abgebenden Unternehmen AO keine Teile des „Betriebes, der den Verlust verursacht hat”, mehr vorhanden; sämtliche von der „KF GmbH” eingebrachten materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter waren aus dem Unternehmen AO ausgeschieden; dieser Körperschaft verblieb lediglich der im Rahmen der Verschmelzung 1995 auf sie übergegangene verbleibende Verlustabzug.

    Da das Unternehmen AO selbst in den Veranlagungszeiträumen nach dem Übertragungszeitpunkt 31. Januar 2000 nach den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen sowie deren Vortrag im Bereich X-Technik keine Verluste verursacht, sondern nur den von „KF GmbH” eingebrachten Verlust sowie die während der Besitzzeit 1. Januar 1995 bis 31. Januar 2000 weiter aufgelaufenen weiteren Verluste aus dem Tätigkeitsbereichen Z-Technik und Y-Technik wegen der Regelung in § 15 KStG „konserviert” hat und der Teilbetrieb X-Technik keine Verluste erwirtschaftete, konnte auf die Klägerin kein Betriebsteil i.S. des § 12 Abs. 3 Satz 2 letzter Halbsatz UmwStG – Übertragung eines Betriebs scheidet aus, da dann die gesamten unternehmerischen Aktivitäten hätten übertragen werden müssen – übergehen, der den Verlust, der bei der abspaltenden Körperschaft (noch) vorhanden war, verursacht hat, weil kein den Verlust verursachender Betriebsteil in diesem Sinne mehr vorhanden war.

    Da die Voraussetzungen für einen Übergang des verbleibenden Verlustabzugs auf die Klägerin nicht erfüllt sind, kann dieser nicht im Rahmen der Veranlagung der Klägerin von der Klägerin beansprucht werden; die Klage ist demnach unbegründet.

    7. Ob der Verlust – wenn überhaupt – auf den Erwerber des Teilbetriebs Z-Technik bzw. auf die „AS GmbH” übergegangen ist bzw. übergehen konnte, braucht der erkennende Senat nicht zu entscheiden, da weder die Besteuerung des Unternehmens I GmbH oder des Unternehmens „AS GmbH” Gegenstand des vorliegenden Finanzrechtsstreits ist.

    Auch braucht der Senat nicht der Frage nachzugehen, ob der verbleibende Verlustabzug bei der AO in voller Höhe, also ohne Abspaltung, erhalten geblieben ist, weil die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 12 Abs. 3 Satz 2 letzter Halbsatz UmwStG nicht erfüllt sind, da diese Frage im Rahmen der Besteuerung der AO zu beantworten ist.

    8. Soweit die Klägerin vorträgt, dass es ausreichend sei, wenn der verlustverursachende Betrieb einmal fünf Jahre lang fortgeführt werde, kann dem nicht gefolgt werden, da dies mit dem insoweit eindeutigen Gesetzestext des § 12 Abs. 3 Satz 2 letzter Halbsatz UmwStG nicht vereinbar ist.

    9. Ihr weiterer Einwand, dass die hier vertretene Rechtsauffassung bei sog. Kettenumwandlungen zu einer Verlängerung der Fünf-Jahres-Frist ins Unendliche führe, ist ebenfalls nicht zutreffend: Nachdem durch den BFH in seinem Urteil vom 27. Mai 2009 I R 94/08, BFH/NV 2009, 1570, klargestellt ist, dass die Fortführung nicht unbedingt durch das übernehmende Unternehmen, sondern auch durch einen Dritten erfolgen kann, kommt es für die Nutzung des übergehenden verbleibenden Verlustabzugs jeweils zum einen auf den konkreten Umwandlungsvorgang und zum anderen auf die einmalige Fortführung von fünf Jahren an. Ausgangspunkt muss aber zwingend der Übergang eines verlustverursachenden Betriebs sein. Dies ergibt sich auch aus der vorgenannten BFH-Entscheidung: Streitig war die Nutzung des verbleibenden Verlustabzugs des auf die dortige Klägerin übergegangenen Betriebes, weil die Fortführung innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums durch ein drittes Unternehmen erfolgt. Übertragen auf den vorliegenden Rechtsstreit wäre dann die Nutzung des verbleibenden Verlustabzuges durch AO streitig. Ob der fortführende Dritte den Verlustabzug (auch) nutzen kann in der auf den Zeitpunkt des Übergangs auf den Dritten festgestellten Höhe, ist vom BFH nicht entschieden worden. Nach Auffassung des Senats wäre dies aber möglich, wenn – bezogen auf den Zeitpunkt des Erwerbs des verlustverursachenden Unternehmens durch den Dritten – der Betrieb oder Betriebsteil fünf Jahre fortgeführt wird, da dies vom Gesetz gefordert wird. Dann könnte es aber zu einer Überlappung zweier Fünf-Jahres-Fristen aufgrund zweier unterschiedlicher Umwandlungsvorgänge kommen.

    Den entscheidenden Kernsatz der vorgenannten Entscheidung übersieht die Klägerin bei ihrer Argumentation: „ Im Ergebnis muss die Vorschrift [§ 12 Abs. 3 Satz 2 letzter Halbsatz UmwStG] deshalb dahin verstanden werden, dass in Verschmelzungsfällen der übernehmende Rechtsträger einen verbleibenden Verlustabzug auch dann geltend machen kann, wenn der für den Verlust verantwortliche Betrieb oder Betriebsteil von einem anderen Rechtsträger über die Fünfjahresfrist hinweg fortgeführt wird.” Die Klägerin ist aber nicht übernehmender Rechtsträger in Bezug auf einen verlustverursachenden Betrieb.

    10. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 135 der Finanzgerichtsordnung – FGO –.

    11. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

    VorschriftenUmwStG 1995 § 15 Abs. 1 S. 1, UmwStG 1995 § 15 Abs. 4, UmwStG 1995 § 11, UmwStG 1995 § 12 Abs. 3 S. 1, UmwStG 1995 § 13, UmwStG 1995 § 123 Abs. 2, EStG § 10d Abs. 4 S. 2, KStG § 15 Nr. 1, KStG § 8 Abs. 4 S. 3, GG Art. 20 Abs. 2, GG Art. 38 Abs. 1 S. 2, GG Art. 42 Abs. 1 S. 1, GG Art. 76 Abs. 1