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  • 15.02.2012

    Finanzgericht Thüringen: Urteil vom 06.12.2011 – 3 K 982/10

    Die langfristige unentgeltliche Nutzungsüberlassung angeschaffter Wirtschaftsgüter an rechtlich unabhängige Kooperationsunternehmen führt – abweichend von den Vorgängerregelungen – auch dann zum Verlust der Investitionszulage nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. b InvZulG 2007, wenn deren Benutzung auf die Erfüllung der Aufträge des Investors beschränkt ist.


    Im Namen des Volkes

    Urteil

    In dem Rechtsstreit

    hat der III. Senat des Thüringer Finanzgerichts … in der mündlichen Verhandlung vom 6. Dezember 2011 für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

    3. Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Streitig ist, ob die sog. „Verbleibensvoraussetzung” bei bestimmten Wirtschaftsgütern erfüllt ist. Dabei ist fraglich, ob eine außerbetriebliche Verwendung der Wirtschaftsgüter auf Grund einer unentgeltlichen Nutzungsüberlassung an Kooperationsunternehmen investitionszulagenschädlich im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2b des Investitionszulagegesetzes (InvZulG) 2007 ist.

    Die Klägerin ist ein Betrieb des verarbeitenden Gewerbes der Metallindustrie in der Rechtsform einer GmbH. Gegenstand des Unternehmens ist die Entwicklung, Herstellung und der Vertrieb von hochwertigen Werkzeugen aller Art, insbesondere sogenannte Handwerkzeuge, wie Zangen, Schlag- und Einsteckwerkzeuge für zum Teil sehr komplexe Anwendungen. Sie hat ihren Sitz in Thüringen und unterhält hier zwei Betriebsstätten. Die hier betroffene Betriebsstätte befindet sich in X-Stadt. Am 04.06.2009 beantragte sie für das Streitjahr 2008 eine 12,5%ige Investitionszulage für die Anschaffung diverser Wirtschaftsgüter im Rahmen mehrerer Erstinvestitionsvorhaben i. H. v. 205.391,38 EUR nach dem InvZulG 2007. Im Rahmen einer abgekürzten Außenprüfung stellte der Beklagte fest, dass sich diverse Kunststoffwerkzeuge nicht bei der Klägerin befanden, sondern verschiedenen Firmen überlassen wurden. Die Klägerin übersandte hierzu Verträge mit der XY Kunststoffverarbeitung GmbH und der ABC GmbH (Bl. 194 ff und 199 IZ-Akte), datiert vom Oktober 2009. Hiernach verleiht die Klägerin den Auftragnehmern, den Kooperationsunternehmen, näher bezeichnete Gegenstände. Diese dürfen nicht für andere Zwecke als zur Erfüllung der Aufträge der Klägerin benutzt werden. Eine anderweitige Benutzung setzt eine ausdrückliche Einigung zwischen der Klägerin und dem Auftragnehmer voraus. Ferner beinhalten die Verträge Regelungen über Wartungs- und Instandsetzungsverpflichtungen durch die Auftragnehmer. Hiernach müssen diese als Entleiher die Gegenstände auf eigene Kosten in gebrauchsfähigem Zustand erhalten, warten und pflegen und Instandsetzungen selbst zahlen. Alle Gegenstände sind auf Verlangen der Klägerin unverzüglich herauszugeben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Verträge Bezug genommen. Die Betriebsprüfung sah darin eine investitionszulagenschädliche, langfristige Nutzungsüberlassung und kürzte die Bemessungsgrundlage im streitigen Bescheid vom 02.10.2009 insoweit um 197.950 EUR und setzte die Investitionszulage auf 179.970 Euro fest. Der gegen die Kürzung der Bemessungsgrundlage gerichtete Einspruch blieb erfolglos.

    Die Klägerin trägt vor, es handele sich bei den Kunststoffwerkzeugen um ihre eigenen Investitionen. Sie selbst könne diese Wirtschaftsgüter mangels eigener Kunststoffspritz- oder Gießmaschinen nicht in ihrer Betriebsstätte einsetzen, so dass sie diese bei entsprechenden Kooperationsunternehmen nutze. Diese Partnerunternehmen würden damit in die Lage versetzt, Kunststoffteile für die Klägerin herzustellen. Diese Firmen seien auch im Fördergebiet ansässig. Die Zugehörigkeitsvoraussetzung der Werkzeuge zum Anlagevermögen der Klägerin sei erfüllt, denn sie befänden sich in deren Eigentum. Die Wirtschaftsgüter seien ihrer Betriebsstätte zuzuordnen, da zu dieser die engeren Beziehungen bestünden. Für die Nutzung der Werkzeuge würden die Kooperationsunternehmen keine Gegenleistung erhalten, folglich auch keinen Ertrag hieraus erzielen. Die Werkzeuge könnten und dürften nach den vorgelegten Vereinbarungen nur für Kunststoffteile der Klägerin verwendet werden. Aufgrund der bestehenden Vereinbarungen zwischen der Klägerin und den Kooperationspartnern seien diese verpflichtet, die Wirtschaftsgüter ausschließlich aufgrund von Einzelaufträgen der Klägerin exklusiv für diese zu verwenden. Auch technisch seien die Werkzeuge auf die Bedürfnisse der Klägerin angepasst, so dass sich gar keine anderen Interessenten für entsprechende, mit diesen Werkzeugen hergestellte Produkte finden ließen. Etwaige alternative Vermarktungsmöglichkeiten bestünden daher nicht. Damit seien die Werkzeuge der Betriebsstätte der Klägerin zuzurechnen.

    Die Klägerin verweist auf den Ausnahmetatbestand des Verbleibens von Wirtschaftsgütern, die nicht dazu bestimmt und geeignet sind, im räumlich abgeschlossenen Bereich einer Betriebsstätte eingesetzt zu werden (Rz. 73 des BMFSchreibens vom 08.05.2008, BStBl. I. Seite 590 ff. IV C 3-lnvZ 1015/07/0001-2008/0237881). Da die Klägerin ein metallverarbeitender Betrieb ist, seien die Kunststoffwerkzeuge von vornherein nicht dazu geeignet oder bestimmt, in ihrem Betrieb zu verbleiben.

    Die Verbleibensvoraussetzung sei dahin zu prüfen, inwieweit das Wirtschaftsgut der Betriebsstätte des Anspruchsberechtigten zugeordnet werden könne. Die Absicht des Gesetzgebers, die mit der Einführung des Kriteriums des „Verbleibens in der Betriebsstätte” verfolgt wurde, lasse sich anhand der Gesetzesbegründung erkennen.

    Dort heiße es, man wolle einer Forderung der EU-Kommission nachkommen und sicherstellen, dass die begünstigten Wirtschaftsgüter von den Anspruchsberechtigten selbst genutzt werden. Umgekehrt sollen Steuerpflichtige, die diese Merkmale nicht erfüllen, keine Investitionsbeihilfen erhalten. Als Beispiel hierfür würden Leasingunternehmen hervorgehoben. Aus diesem Beispiel gehe hervor, dass in den Fällen, in denen das wirtschaftliche Eigentum bzw. jedenfalls die tatsächliche Verfügungsgewalt (im Zweifel aufgrund einer entgeltlichen Vereinbarung) auf einen Dritten übergehe, durch das InvZulG nicht mehr gefördert werden sollten. Darüber hinaus gehe aus der Gesetzesbegründung hervor, dass die mit der Entgeltlichkeit der Nutzungsüberlassung einhergehende Aufgabe der Verfügungsgewalt die investitionszulagenschädliche Verwendung zur Folge habe.

    Die Rechtsbeziehung der Klägerin zu den Kooperationsunternehmen sei mit derjenigen zwischen Leasingunternehmen und ihren Geschäftspartnern aber nicht zu vergleichen. Zum einen erfolge die Nutzungsüberlassung nicht entgeltlich und zum anderen erlangten die Kooperationsunternehmen entgegen der Auffassung der Beklagten nicht die Verfügungsgewalt oder Sachherrschaft über die Wirtschaftsgüter, wie das bei Leasingnehmern üblicherweise der Fall sei.

    In der Einspruchsentscheidung führe die Beklagte weiter aus, dass die Kooperationsunternehmen über den konkreten Einsatz der Wirtschaftsgüter selbständig entscheiden und des Weiteren für die sach- und fachgerechte Behandlung, Pflege und Wartung verantwortlich seien. Diese Auffassung sei hinsichtlich der Einsatzbefugnis unzutreffend. In der zugrunde liegenden Vereinbarung sei eindeutig geregelt, dass die Wirtschaftsgüter ausschließlich für Zwecke der Erfüllung von Aufträgen der Klägerin verwendet werden dürfen. Die übertragenen Obliegenheiten bezüglich Wartung und Pflege träten in den Hintergrund und seien nur auf naheliegende, praktische Gründe zurückzuführen. Die Hinweise auf die Reparaturverpflichtung seitens der Kooperationsunternehmen gingen faktisch ohnehin ins Leere, da die Wirtschaftsgüter in der Regel über einen Zeitraum, der weit über den Zeitraum der tatsächlichen Nutzung (Änderung des Produktdesigns) hinausgehe, praktisch verschleißfrei seien. Dennoch anfallende Reparaturen würden prinzipiell von der Klägerin vorgenommen. Die Wirtschaftsgüter würden durch die Klägerin selbst konstruiert und hergestellt. Es liege daher auf der Hand, diese auch selbst zu reparieren.

    Ferner führe die Beklagte in der Einspruchsentscheidung aus, dass die Frage nach der Sachherrschaft entscheidend für die Zuordnung sei. Im BMF Schreiben vom 08.05.2008 werde in Fragen der Nutzungsüberlassung auf das BFH Urteil vom 23.05.1986 (BStBl. II 1986 Seite 919 f.) verwiesen. Dort wurde vom BFH ausgeführt, dass ein Wirtschaftsgut dem Nutzungsüberlassenden zugeordnet wird, wenn die Nutzungsüberlassung nur kurzfristig ist oder im Rahmen eines Dienstverhältnisses erfolgt. Da die Klägerin aufgrund der Vereinbarung mit den Kooperationsunternehmen die jederzeitige und unverzügliche Herausgabe der Wirtschaftsgüter verlangen könne, sei von einer kurzfristigen Nutzungsüberlassung auszugehen. Selbst wenn man dieser Argumentation nicht folge, sei der vom BFH entschiedene Fall vorliegend sinngemäß anzuwenden und die Wirtschaftsgüter dem Betrieb der Klägerin zuzuordnen, obwohl die Nutzungsüberlassung nicht nur kurzfristig sein möge. Denn wie in dem zitierten BFH Urteil sei die tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit der Klägerin auf die überlassenen Wirtschaftsgüter erheblich größer als im Falle der entgeltlichen Nutzungsüberlassung an einen Dritten, der über die Wirtschaftsgüter im Rahmen seines Unternehmens wie ein Mieter oder Leasingnehmer frei verfügen könne.

    Die Wirtschaftsgüter hätten die engeren Beziehungen zum Unternehmen der Klägerin, die Klägerin habe die tatsächliche Sachherrschaft über die Wirtschaftsgüter nicht aufgegeben, so dass diese in der Betriebsstätte der Klägerin verblieben seien.

    Der Umfang der Nutzung der Wirtschaftsgüter in zeitlicher und sachlicher Hinsicht werde den Kooperationsunternehmen durch die Klägerin strikt vorgegeben. Diese dürften daher nicht anders als vereinbart verwendet werden. Insofern sei es bereits fraglich, ob hier überhaupt von einer Nutzungsüberlassung im Wortsinne die Rede sein könne. Die Klägerin bediene sich der Kooperationsunternehmen als Erfüllungsgehilfen. Der Umfang des wirtschaftlichen Erfolges seitens der Kooperationsunternehmen bestimme sich ausschließlich durch die Produktionsaufträge der Klägerin und hänge wiederum von der Nachfrage nach den Produkten der Klägerin ab, in die die hergestellten Kunststoffteile eingehen. Die Nachfrage nach den Produkten gehe ausschließlich auf die Vertriebsbemühungen der Klägerin zurück. Um von einer die Sachherrschaft begründenden Nutzungsüberlassung an die Kooperationsunternehmen sprechen zu können, müssten diese einen gewissen – jedenfalls erheblich größeren – Einfluss auf den Einsatz der Wirtschaftsgüter haben als dies vorliegend der Fall sei.

    Zudem habe der Beklagte in der Stellungnahme zum Einspruch am 22.10.2010 ausgeführt, es handele sich um Wirtschaftsgüter, die zu einem „begünstigten Erstinvestitionsvorhaben gehören.” Damit sei dieses Tatbestandsmerkmal gegeben.

    Die Klägerin beantragt,

    den Investitionszulagebescheid für das Jahr 2008 vom 2. Okt. 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Oktober 2010 dahingehend zu ändern, dass die Bemessungsgrundlage für die Investitionszulage um 197.950,00 EUR erhöht wird und die Investitionszulage um 12,5 v.H. hieraus um 24.744 Euro erhöht wird.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er meint, die Verbleibensvoraussetzungen seien nicht erfüllt. Auch eine unentgeltliche längerfristige Nutzungsüberlassung sei investitionszulageschädlich. Zudem sei fraglich, ob ein Erstinvestitionsvorhaben vorliege.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Erhöhung der Investitionszulage, denn die sogenannte „Verbleibensvoraussetzung” ist nicht erfüllt.

    Gem. § 2 Abs. 1 InvZulG 2007 sind begünstigte Investitionen die Anschaffung und die Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens,

    1. die zu einem Erstinvestitionsvorhaben im Sinne des Absatzes 3 gehören,

    2. die mindestens fünf Jahre nach Beendigung des Erstinvestitionsvorhabens (Bindungszeitraum)

    zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte eines Betriebs des verarbeitenden Gewerbes, der produktionsnahen Dienstleistungen oder des Beherbergungsgewerbes des Anspruchsberechtigten im Fördergebiet gehören,

    in einer Betriebsstätte eines solchen Betriebs des Anspruchsberechtigten im Fördergebiet verbleiben,

    in jedem Jahr zu nicht mehr als 10 Prozent privat genutzt werden.

    Während sich die Zugehörigkeitsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a Inv-ZulG 2007 auf die vermögensrechtliche Zurechnung, also die im vorliegenden Fall unstreitig gegebene buchmäßige Zugehörigkeit zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte der Klägerin bezieht, verlangt die sog. „Verbleibensvoraussetzung” darüber hinaus auch ein tatsächliches körperliches Verbleiben des Wirtschaftsgutes in einer bestimmten Betriebsstätte. Im Vergleich zu den Vorgängerregelungen im InvZulG 1999 bzw. 2005 werden Wirtschaftsgüter nach dem InvZulG 2007 nur noch dann gefördert, wenn sie während des gesamten Bindungszeitraums zum Anlagevermögen des Anspruchsberechtigten gehören und in einem Betrieb oder einer Betriebsstätte „des Anspruchsberechtigten” verbleiben. Bisher reichte es aus, dass das Wirtschaftsgut während des Bindungszeitraums in irgendeiner Betriebsstätte eines Betriebs eines begünstigten Wirtschaftszweiges im Fördergebiet verblieb. Damit war es möglich, das Wirtschaftsgut während des Bindungszeitraums sowohl an einen anderen Betrieb zu veräußern, als auch einem Betrieb der begünstigten Wirtschaftszweige zur Nutzung zu überlassen. Nunmehr ist die Verbleibensvoraussetzung unmittelbar an den Anspruchsberechtigten selbst gebunden, sodass jede langfristige Nutzungsüberlassung beweglicher Wirtschaftsgüter zum Verlust der Investitionszulagenförderung führt. Denn im Fall der langfristigen Nutzungsüberlassung sind die Wirtschaftsgüter i.S. der Verbleibensvoraussetzung der Betriebsstätte des Nutzenden zuzuordnen.

    Die streitigen Werkzeuge sind nicht im Betrieb bzw. der Betriebsstätte der Klägerin, sondern zulagenschädlich in den Betrieben der Kooperationsunternehmen verblieben. Hierbei kommt es nicht auf die Rechtsnatur der Nutzungsüberlassung an, weil das „Verbleiben” in tatsächlicher Hinsicht auf die räumliche, nicht wie bei der Zugehörigkeit zum Anlagevermögen auf die rechtliche Bindung des Wirtschaftsguts grundsätzlich an den Betrieb des Investors abstellt. Lediglich eine Nutzungsüberlassung des Wirtschaftsguts an einen Dritten über einen kurzen Zeitraum von bis zu drei Monaten hat die Rechtsprechung als zulagenunschädlich gewertet (vgl. BFH, Beschluss vom 25.11.2005 III B 100/04, BFH/NV 2006, 819). Entscheidend ist hierbei der Umstand, dass der Investor die tatsächliche Gewalt über das Wirtschaftsgut kurzfristig wieder erlangt und nicht, wie im Streitfall, wieder erlangen könnte.

    Mit der im Vergleich zu den Vorgängerregeln engeren Fassung des InvZulG 2007 soll nach der amtlichen Begründung (vgl. Bundestagsdrucksache 16/1409 zu § 2 Seite 12) einer Forderung der Europäischen Kommission Rechnung getragen werden, wonach Steuerpflichtige, die das geförderte Wirtschaftsgut nicht selbst verwenden, nicht mit Beihilfen gefördert werden dürfen.

    Der Gesetzgeber hat das InvZulG 2007 hinsichtlich der Verbleibensvoraussetzung also bewusst enger gefasst, denn vor dem InvZulG 2007 war es möglich, Wirtschaftsgüter an andere Betriebe im Beitrittsgebiet zu überlassen. Dies sollte nach dem Wortlaut der Vorschrift nunmehr gerade ausgeschlossen sein.

    Eine Ausnahme sieht das Gesetz – und zwar ausschließlich – für verbundene Unternehmen gem. § 2 Abs. 1 Satz 5 InvZulG 2007 vor. Durch diese Vorschrift soll es ermöglicht werden, dass Unternehmen, die zu einer Unternehmensgruppe gehören, Wirtschaftsgüter innerhalb dieser Gruppe veräußern oder sich wechselseitig zur Nutzung überlassen, damit ihnen die wirtschaftliche Flexibilität nicht genommen wird. Diese Ausnahme liegt aber unstreitig nicht vor, da die Kooperationsunternehmen rechtlich mit der Klägerin nicht zu einer Unternehmensgruppe verbunden sind. Weitere Ausnahmen hat der Gesetzgeber aber bewusst nicht geschaffen. Der Senat hält daher eine über den Wortlaut der Vorschrift hinausgehende erweiternde Auslegung nicht für gerechtfertigt.

    Bei den Werkzeugen handelt es sich auch nicht um solche Wirtschaftsgüter, die nicht dazu bestimmt oder geeignet wären, im räumlich abgegrenzten Bereich einer Betriebsstätte zu verbleiben. Die von der Klägerin zitierte Rz. 73 des BMF-Schreibens behandelt Wirtschaftsgüter, die nicht dazu bestimmt oder geeignet sind, im räumlich abgegrenzten Bereich irgendeiner Betriebsstätte eingesetzt zu werden (z. B. Transportmittel, Baugeräte, Messestände, Film- und Fernsehkameras etc), also um Wirtschaftsgüter, die funktionsbestimmt mobil an unterschiedlichen Orten eingesetzt werden müssen. Die im Streitfall vorliegenden Werkzeuge gehören aber nicht dazu wie bereits der Umstand verdeutlicht, dass sie im räumlich abgegrenzten Bereich der Betriebsstätten der Kooperationsunternehmen eingesetzt werden und bestimmungsgemäß dort dauerhaft verbleiben. Die Wirtschaftsgüter sind im Streitfall mithin allenfalls nicht geeignet, in der eigenen Betriebsstätte der Klägerin zu verbleiben. Darauf kommt es aber nicht an.

    Im Übrigen hat die Klägerin durch die Überlassung der streitigen Werkzeuge an die Kooperationsunternehmen – wohl auch nach ihrer eigenen Ansicht – bei diesen keine eigenen Betriebsstätten begründet. Denn die Klägerin hat ihre Betriebsstätte dort, wo sich der Sitz ihrer Geschäftsleitung bzw. ihre Fabrikations- oder Werkstätten befinden und nicht auf dem Gelände von Dritten. Der investitionszulagenrechtliche Begriff der Betriebsstätte ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH dem § 12 Satz 1 Abgabenordnung (AO) zu entnehmen (BFH vom 30.06.2005, BStBl II 2006, 78 m. w. N.). Danach ist eine Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Eine Betriebsstätte erfordert eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht des Unternehmens über die Einrichtung oder Anlage. Der Betriebsinhaber muss die tatsächliche Verfügungsgewalt innehaben und dort eine eigene gewerbliche Tätigkeit ausüben (BFH vom 11.02.1998, BFH/NV 1999, 1122). Die bloße Berechtigung zur Nutzung eines Raumes oder einer Grundstücksfläche im Interesse eines anderen sowie eine rein tatsächliche Nutzungsmöglichkeit begründen dagegen nicht die für eine Betriebsstätte vorauszusetzende „Verwurzelung” (z. B. BFH vom 04.06.2008, BStBl II 2008, 922). Die Klägerin besitzt im Streitfall weder eine gesicherte Rechtsposition im Hinblick auf die Nutzung irgendwelcher Räumlichkeiten bei den Kooperationsunternehmen, noch wird sie auf deren Gelände eigengewerblich tätig. Aus der Überlassung der Werkzeuge kann die Klägerin nicht herleiten, eine eigene Betriebsstätte zu begründen.

    Auch der von der Klägerin angeführte Ausnahmefall des BFH im Urteil vom 23.05.1986 (III R 144/85 BFHE 147, 195, BStBl II 1986, 919) rechtfertigt kein anderes Ergebnis.

    Der BFH hat hierin erkannt, dass in Fällen, in denen ein Arbeitgeber als Investor einem Arbeitnehmer ein Kraftfahrzeug zur Nutzung überlässt, dieses im Betrieb (in der Betriebstätte) des Investors verbleibt und dort insoweit betrieblich genutzt wird. Unerheblich sei es, wie lange das Fahrzeug dem Arbeitnehmer zum Gebrauch überlassen werde und in welchem Umfang dieser es privat nutze. Der BFH hat hierin darauf abgestellt, dass die tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit des Betriebs- (Betriebstätten-)Inhabers auf das überlassene Kraftfahrzeug in einem solchen Fall bedingt sei durch die Funktion und die Eingliederung des Arbeitnehmers im Betrieb. Dieser größeren Einwirkungsmöglichkeit entspreche regelmäßig auch eine stärkere räumliche Beziehung des Fahrzeugs zu dem Betrieb (der Betriebstätte), was beispielsweise darin zum Ausdruck komme, dass der Arbeitnehmer das Fahrzeug in aller Regel für Fahrten zum Betrieb (zu der Betriebstätte) benutze. Der vorliegende Fall liegt jedoch nicht vergleichbar, denn die Wirtschaftsgüter verbleiben bestimmungsgemäß dauerhaft in der Betriebsstätte eines anderen, rechtlich unabhängigen Unternehmens. Sie werden nicht durch eigenes Personal der Klägerin, sondern durch Mitarbeiter der Partnerunternehmen genutzt und sind daher der jederzeitigen oder zumindest regelmäßigen kurzfristigen tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeit der Klägerin entzogen.

    Die Klägerin verkennt, dass es sich bei den in der BT-Drucksache erwähnten „Leasingunternehmen” nicht um eine abschließende Aufzählung, sondern eben nur um ein Beispiel handelt. Hieraus kann nicht der Schluss gezogen werden, dass nur eine entgeltliche Nutzungsüberlassung investitionszulageschädlich sein soll. Weder das InvZulG noch die Gesetzesbegründung stellen auf eine entgeltliche oder unentgeltliche Nutzungsüberlassung an andere Unternehmen ab. Dies war auch für den BFH in dem von der Klägerin angeführten Urteil vom 23.05.1986 (III R 144/85 Tz. 11 der Entscheidungsgründe, zit. nach juris) gerade nicht von Belang. Es kann keinen Unterschied machen, ob ein Investor ein Wirtschaftsgut wie im Streitfall leihweise unentgeltlich zur Verfügung stellt und für die damit produzierten Teile einen eher geringeren Preis zahlen muss oder ob er bei entgeltlicher Überlassung einen höheren Preis für die mit dem Wirtschaftsgut hergestellten Teile zu entrichten hat, denn entscheidend ist, dass er das Wirtschaftsgut tatsächlich langfristig aus der Hand gegeben hat. Die Klägerin hat die Werkzeuge, die zwar unstreitig in ihrem Eigentum stehen, zur dauerhaften Nutzung an die Kooperationsunternehmen überlassen. Da die Klägerin die Werkzeuge jedoch nach eigener Aussage in ihrem metallverarbeitenden Gewerbe überhaupt nicht einsetzen kann, ist ein langfristiges Verbleiben im Sinne der abgeschlossenen Vereinbarungen von vornherein gewollt.

    Auch wenn diese Betriebe – außer mit ausdrücklicher schriftlicher Genehmigung der Klägerin – die Werkzeuge ausschließlich für die Erfüllung der Aufträge der Klägerin benutzen, haben die Kooperationsunternehmen über den konkreten Einsatz der Werkzeuge und der diese bedienenden Personen selbständig entschieden. Sie sind auch zur sach- und fachgerechten Behandlung und – formal nach dem Vertrag – für Wartung und Pflege verantwortlich und tragen Instandsetzungsarbeiten auf eigene Kosten. Aber selbst wenn die Klägerin als Entwicklerin der Wirtschaftsgüter diese allein und eigenverantwortlich wartet und pflegt, so hat die tatsächliche Sachherrschaft im Sinne eines jederzeitigen Zugriffs doch nicht die Klägerin, sondern die Kooperationsunternehmen, denn die Werkzeuge befinden sich auf deren Gelände. Das InvZulG 2007 knüpft nicht an eine Art „funktionales” Verbleiben im Sinne einer Nutzung zugunsten der Klägerin, sondern an ein körperliches Verbleiben an.

    Es mag also durchaus zutreffen, dass die Werkzeuge nach den vorgelegten Vereinbarungen nur für Kunststoffteile der Klägerin verwendet werden dürfen und können. Auch hat die Klägerin zivilrechtlich einen einklagbaren Herausgabeanspruch. Dies ändert nichts an der tatsächlichen Sachherrschaft der Kooperationsunternehmen.

    Das InvZulG 2007 macht die Begünstigung von dem Wirtschaftszweig, in dem der Investor tätig ist (z.B. verarbeitendes Gewerbe) und auch von Größenklassen abhängig. So ist beispielsweise für die Verringerung der Bindungsdauer auf drei Jahre maßgebend, ob der Betrieb zusätzlich die Begriffsdefinition für kleine und mittlere Unternehmen im Sinne der Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 (§ 2 Abs. 1 Satz 4 InvZulG 2007) erfüllt. Dies ist auch bei der Höhe der Investitionszulage gem. § 5 Abs. 2 Satz 1 InvZulG 2007 von Bedeutung.

    Wenn nun ein Unternehmen bestimmte Produktionsprozesse und sei es auch nur teilweise auslagert und Drittfirmen eigene Maschinen oder Maschinenteile zur Verfügung stellt ist nicht gesichert, dass diese Begünstigungsvoraussetzungen auch bei diesem Dritten vorliegen. So wäre nicht auszuschließen, dass ein Investor, der die o.a. Voraussetzungen gerade noch erfüllt, Teile seiner Produktion auf Dritte überträgt, die mit (erhöht begünstigten) Maschinen des Investors arbeiten, damit er nicht aus der „begünstigten Gruppe” z.B. durch Überschreiten der Arbeitnehmerzahl oder sonstiger Größenklassen, heraus fällt. Möglicherweise wären die Kooperationsunternehmen gar nicht begünstigt.

    Durch die Überlassung der Wirtschaftsgüter wird die Wirtschaftskraft der Kooperationsunternehmen gefördert, da sie durch den Verkauf der damit produzierten Güter an die Klägerin Erträge erzielen. Die Investitionszulage soll aber zielgerichtet die Wirtschaftskraft der Klägerin fördern.

    Nach Ansicht der Klägerin müsste der Beklagte die Verbleibensvoraussetzung zudem in Fällen der langfristigen Nutzungsüberlassung an ein Partnerunternehmen dann in zwei oder wie hier in mehreren Unternehmen prüfen. Es würde nicht mehr wie bisher ausreichen, festzustellen, ob die Wirtschaftsgüter in irgendeinem begünstigten Betrieb im Beitrittsgebiet verblieben sind. Zudem müsste geprüft werden, wie die Wirtschaftsgüter genutzt werden und wer diese für wen – und sei es vertragswidrig – tatsächlich nutzt. Er müsste daher im Streitfall für mindestens zwei weitere, hier sogar noch räumlich weit entfernte Unternehmen, eines davon in einem anderen Bundesland belegen, jeweils eine Prüfungsanordnung erlassen, um rechtlich gesichert Zutritt zu den jeweiligen Unternehmen zu erhalten und dort die tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeiten des Investors auf jedes einzelne Wirtschaftsgut aufklären. Auch diese praktischen Auswirkungen sprechen gegen die Ansicht der Klägerin. Der BFH hat es daher zu Recht bereits ausdrücklich als unmaßgeblich angesehen, ob der Investor bei einer längerfristiger Gebrauchsüberlassung Einfluss auf den Einsatz des überlassenen Wirtschaftsguts nehmen kann (vgl. BFH vom 03.08.2000, III R 76/97, BFHE 194, 282, BStBl II 2001, 446 m.w.N.).

    Es mangelt daher an einem Verbleiben der Wirtschaftsgüter in der Betriebsstätte der Klägerin, so dass es auf die vom Beklagten im Klageverfahren neu aufgeworfene Frage, ob die Wirtschaftsgüter überhaupt zu einem Erstinvestitionsvorhaben gehören, nicht mehr ankommt.

    Der Streitwert richtet sich nach der begehrten Investitionszulageerhöhung und damit 12,5 v.H. aus 197.950,00 EUR und beträgt mithin 24.744 EUR. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO. Die Revision wird zugelassen wegen der Klärung der in einer Mehrzahl von Fällen entscheidungserheblichen Frage, ob eine unentgeltliche Nutzungsüberlassung an Betriebe im Beitrittsgebiet investitionszulageschädlich ist.

    VorschriftenInvZulG 2007 § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. b, InvZulG 2007 § 2 Abs. 1 S. 5, AO § 12