07.12.2011
Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 02.05.2011 – 10 K 1483/09
1. Die gesetzlich vorgegebene Anschaffungsfiktion des § 13 Abs. 1 UmwStG (2003) führt dazu, dass die steuerlichen Anschaffungskosten der Anteile an der übernehmenden Körperschaft dem Buchwert der Anteile an der übertragenden Körperschaft entsprechen, die damit die Bewertungsobergrenze für eine Wertaufholung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 EStG darstellen.
2. Dies gilt auch dann, wenn der Buchwert aufgrund einer in der Vergangenheit liegenden Teilwertabschreibung unter den ursprünglichen Anschaffungskosten liegt. Es besteht danach keine Wertaufholungspflicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG auf die nach § 13 Abs. 1 UmwStG (2003) angeschafften Anteile einer Tochtergesellschaft.
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Finanzrechtsstreit
hat der 10. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 02. Mai 2011 durch Vorsitzenden Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht … Ehrenamtlicher Richter …
für Recht erkannt:
1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 04. März 2009 wird der Körperschaftsteuerbescheid 2003, zuletzt vom 04. Juli 2007 dahingehend abgeändert, dass die festgesetzte Körperschaftsteuer um EUR 212.360 auf EUR 6.228.294 vermindert wird.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat die Klägerin in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Klägerin nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
4. Die Revision wird zugelassen.
5. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Die Klägerin erwarb mit Vertrag vom 27. Dezember 1990 mit Wirkung zum 1. Januar 1991 76 % der Geschäftsanteile an der B GmbH mit Sitz in X für DM 8.000.000,– (künftig B GmbH). Zwischen der Klägerin und der B GmbH bestand ab dem Jahr 1991 eine ertragsteuerliche Organschaft. Die bis zum 1. Januar 1991 von der B GmbH thesaurierten Gewinnrücklagen wurden an die Klägerin in den Jahren 1991 und 1992 ausgeschüttet. In Höhe dieser Ausschüttungen nahm die Klägerin eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung ihrer Beteiligung an der B GmbH i. H. v. DM 2.559.964,– vor, die seitens der Finanzverwaltung anerkannt wurde. Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 7. Dezember 1992 wurde das Stammkapital der B GmbH um von der Klägerin übernommene DM 1.000.000,– auf DM 1.500.000,– erhöht, so dass der Anteil der Klägerin nunmehr 92 % betrug. Die restlichen 8 % der Geschäftsanteile an der B GmbH erwarb die Klägerin mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 13. Januar 1994 für DM 2.000.000,–. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 31. Mai 1995 veräußerte die Klägerin 25 % ihrer Geschäftsanteile an der B GmbH für DM 1.500.000,– je hälftig an die Herren C und D F. Durch Verschmelzungsvertrag vom 16. August 2000 wurde die B GmbH auf die F & Söhne GmbH mit Wirkung auf den 1. Januar 2000 verschmolzen. Die Verschmelzung erfolgte zu Buchwerten zum 31. Dezember 1999. Gleichzeitig erfolgte die Umfirmierung in die F E GmbH (künftig FE GmbH). An der FE GmbH waren danach Herr D F und Herr C F zu je 12,5 % (nominaler Geschäftsanteil von je DM 312.500,–) sowie die Klägerin zu 75 % (nominaler Geschäftsanteil DM 1.875.000,–) beteiligt. Zwischen der Klägerin und der FE GmbH wurde am 6. September 2000 ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen. Mit weiterem Vertrag vom 18. Februar 2002 erwarb die Klägerin die Anteile der Herren C und D F zu einem Kaufpreis von je DM 1.875.000,– und wurde damit zur alleinigen Anteilseignerin der FE GmbH. Die Klägerin übte dabei eine mit Optionsvertrag vom 16. August 2000 vereinbarte Erwerbsoption aus.
Im Rahmen der bei der Klägerin stattgefundenen Außenprüfung für die Veranlagungszeiträume 2000 bis 2003 wurde unter Tz 1.1 des Berichts über die Außenprüfung vom 05. April 2007 u.a. die Feststellung getroffen, dass aufgrund der Ergebnisentwicklung bei der FE GmbH die ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung der Klägerin im Jahr 1991 nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 i. V. m. Nr. 1 S. 4 Einkommensteuergesetz – EStG – zum 31. Dezember 2003 steuerwirksam wieder rückgängig zu machen sei. Da im Jahr 1995 insgesamt 25 % der Geschäftsanteile an der B GmbH an die Herren F veräußert worden waren, ermittelte die Betriebsprüfung ein verbleibendes Wertaufholungsvolumen von 1.919.973 DM (981.667EUR) und erhöhte das zu versteuernde Einkommen der Klägerin entsprechend.
Das beklagte Finanzamt folgte der Auffassung der Betriebsprüfung und erließ mit Datum vom 4. Juli 2007 einen entsprechend geänderten Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2003. Der dagegen form- und fristgerecht eingelegte Einspruch wurde durch Einspruchsentscheidung vom 4. März 2009, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, als unbegründet zurückgewiesen.
Dagegen wendet sich die Klägerin, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigten, mit der vorliegenden Klage.
Zur Begründung wird im Wesentlichen sinngemäß vorgetragen, dass § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 i.V.m. Nr. 1 S. 4 EStG auf die vorliegende Fallkonstellation nicht anwendbar sei. Beteiligungen an Kapitalgesellschaften seien grundsätzlich mit den Anschaffungskosten anzusetzen. Anschaffungskosten seien aber diejenigen Aufwendungen, die geleistet würden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden könnten. Die Anschaffungskosten stellten dabei die Bewertungsobergrenze dar. Hiergegen würde mit der vorgenommenen Wertaufholung der Anteile an der FE GmbH verstoßen. Durch die Verschmelzung der B GmbH auf die FE GmbH sei es zu einem Veräußerungs- und Anschaffungsvorgang gekommen, der im § 13 Abs. 1 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG 1995) geregelt sei. Danach habe die Klägerin für ihre Anteile an der übertragenden Körperschaft und damit als Gegenleistung Anteile an der übernehmenden Körperschaft erhalten. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs (BFH) fingiere § 13 Abs. 1 UmwStG nicht den Verschmelzungs- als Anschaffungsvorgang, sondern es würden allein die Kosten der Anschaffung festgelegt. Die im Rahmen der Verschmelzung erhaltenen Anteile der Klägerin an der FE GmbH gälten damit als mit dem Buchwert der hingegebenen Anteile angeschafft. Diese Anschaffungskosten stellten die Bewertungsobergrenze dar. Nach Auffassung der einschlägigen Fachliteratur verbleibe somit für eine Wertaufholung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 i. V. m. Nr. 1 S. 4 EStG nach erfolgter Verschmelzung der Gesellschaft, an der die wertberichtigten Anteile bestünden, kein Raum. Soweit die Anteile an der übernehmenden Gesellschaft beim Anteilseigner in die Rechtsstellung der untergehenden Anteile eintreten sollten, würden dies die Absätze 2 bis 4 des § 13 UmwStG explizit anordnen. Hinsichtlich eines Übergangs einer Wertaufholungsverpflichtung werde in § 13 UmwStG aber keine Regelung getroffen. Der Gesetzgeber habe demgegenüber in § 13 Abs. 1 UmwStG ausdrücklich angeordnet, dass die erhaltenen Anteile als mit dem Buchwert der hingegebenen Anteile angeschafft gälten. Das vom beklagten Finanzamt angeführte Urteils des Bundesfinanzhofs vom 24. April 2007 I R 16/06, Bundessteuerblatt – BStBl II – 2007, 707 sei nicht auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar, da es sich hier um keinen steuerneutralen Anteilstausch unter Anwendung der Grundsätze des Tauschgutachtens, sondern um eine Verschmelzung zu Buchwerten nach §§ 11 ff UmwStG 1995 handele. Diese steuerneutrale Umwandlungsmöglichkeit sei vom Gesetzgeber unabhängig von einer Wert-, Art- oder Funktionsgleichheit der hingegebenen und eingetauschten Beteiligungen geschaffen worden. Eine wirtschaftliche Identität der Beteiligungen sei weder Voraussetzung für die Steuerneutralität noch fehle es an einem Anschaffungs-/ bzw. Veräußerungsvorgang, so dass auch keine Surrogation vorliegen könne. Bei einer Verschmelzung handele es sich auf der Ebene des Anteilseigners um einen tatsächlichen Tauschvorgang (Veräußerungs- und Anschaffungsgeschäft), der aufgrund der spezialgesetzlichen Regelung des § 13 Abs. 1 UmwStG 1995 in Abweichung zum allgemeinen Grundsatz zu Buchwerten erfolgen könne. Weiter habe der Gesetzgeber mit der Einführung des § 6 Abs. 6 S. 1 EStG angeordnet, dass die Grundsätze des Tauschgutachtens ab dem Jahr 1999 nicht mehr anzuwenden seien, so dass seit 1999 ein steuerneutraler Anteilstausch nach den Grundsätzen des Tauschgutachtens unabhängig von einer Nämlichkeit der Anteile nicht mehr möglich sei. Hiermit sei auch der Surrogationsgedanke des Tauschgutachtens abgeschafft worden. Eine Übertragung der Urteilsgrundsätze auf den vorliegenden Fall sei damit nicht möglich.
Auch das vom beklagten Finanzamt angeführte Urteil des Finanzgerichts BadenWürttemberg vom 2. April 2008 7 K 74/04, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2008, 1339 sei im Streitfall nicht einschlägig. Das Urteil sei zur strittigen Rechtsfrage des Übergangs der Eigenschaft der Einbringungsgeborenheit auf im Rahmen einer Verschmelzung erhaltene neue Anteile ergangen. Die Verschmelzung habe im Jahr 1988 nach den Regelungen des Umwandlungsteuergesetzes 1977 stattgefunden. Die Besteuerung der Gesellschafter der übertragenden Körperschaft nach § 16 UmwStG 1977 habe im UmwStG 1977 lediglich eine Klarstellung der bisherigen Rechtslage dargestellt. Das Finanzgericht Baden-Württemberg habe in diesem Urteil entschieden, dass die Eigenschaft der Einbringungsgeborenheit trotz fehlender Regelung auf die neuen Anteile übergehe. Es habe insoweit eine Gesetzeslücke bestanden, die zu schließen gewesen sei, um die gewollte Rechtslage zu einem stimmigen Konzept zu vervollständigen. Bei der vorliegenden Wertaufholung handele es sich jedoch um einen anderen Sachverhalt. Hier habe der Gesetzgeber in § 13 Abs. 1 UmwStG 1995 explizit angeordnet, dass die neuen Anteile mit dem Buchwert der untergehenden Anteile als angeschafft gälten und somit neue (fingierte) Anschaffungskosten i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG gegeben seien. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift sei eine weitere Auslegung zumal zu Lasten des Steuerpflichtigen obsolet.
Die vorgenommene ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung stelle im Ergebnis lediglich eine Korrektur der zu hohen Anschaffungskosten dar. Die durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 eingeführte Neuregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und Nr. 2 Satz 2 EStG könne nur die verlustbedingte, nicht aber die ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung betreffen. Die ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung diene letztendlich der zutreffenden Ermittlung der Anschaffungskosten. Die Vornahme der Ausschüttung nach Anteilserwerb sei als Rückzahlung überhöhter Anschaffungskosten, mithin als bloße Vermögensumschichtung zu betrachten. Nach der ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung würden die tatsächlichen Anschaffungskosten der Beteiligung an der B GmbH ausgewiesen, so dass eine Zuschreibung über diesen Wert hinaus nicht möglich sei. Die um die ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung korrigierten Anschaffungskosten dürften als Obergrenze einer Wertaufholung nicht überschritten werden. Andernfalls käme es zu einer steuerlichen Doppelbelastung, da der Veräußerungsgewinn in Höhe der im Verkaufspreis vergüteten Beteiligungserträge bereits beim Verkäufer besteuert worden sei und durch die Wertaufholung nochmals beim Erwerber, bzw. dessen Rechtsnachfolger, der Besteuerung unterliegen würde. Zur Vermeidung dieser Doppelerfassung sei eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs des § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG erforderlich.
Schließlich fehle es an einer Grundlage für eine Wertaufholung der Beteiligung an der FE GmbH. Durch Vertrag vom 18. Februar 2002 habe die Klägerin die Anteile (25 %) der Herren C und D F an der FE GmbH für einen Kaufpreis von insgesamt DM 3.750.000,– erworben. Dieser zwischen fremden Dritten vereinbarte Kaufpreis, der einen Gesamtwert der FE GmbH von EUR 7.669.378,– widerspiegele, liege unter dem zum 31. Dezember 2003 bilanzierten Wert der Beteiligung von EUR 8.719.684,–. Auch die zukünftige Ergebnisentwicklung der FE GmbH bestätige die Beibehaltung des niedrigeren Wertes. Die Ergebnisabführung der FE GmbH habe im Jahr 2004 EUR 1.406.778,–, im Jahr 2005 EUR 88.647,–, im Jahr 2006 EUR 24.936,– und im Jahr 2007 EUR 888.532,–, durchschnittlich somit EUR 602.223,– betragen. Wende man auf die durchschnittliche Ergebnisabführung von EUR 602.223,– einen Kapitalisierungszinsfuß von 10 % an (durchschnittliche Umlaufrendite des Jahres 2003 von rd. 4 % zzgl. eines Risikozuschlags von 6 %)‚ ergebe sich als ewige Rente ein Teilwert der Beteiligung an der FE GmbH von EUR 6.022.230,– und somit ein Teilwert, der unter dem derzeitigen Buchwert von rund EUR 8.719.684 liege, so dass eine Wertaufholung ausscheide.
Die Klägerin beantragt,
den Körperschaftsteuerbescheid für 2003, zuletzt vom 4. Juli 2007, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. März 2009 dahingehend abzuändern, dass das steuerpflichtige Einkommen im Jahr 2003 um EUR 981.667,– vermindert wird,
die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das beklagte Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Ergänzend zur Einspruchsentscheidung wird vorgetragen, dass das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 2. April 2008 7 K 74/04, a.a.O. sehr wohl auf den vorliegenden Fall übertragbar sei, obwohl es zu einem Sachverhalt mit einbringungsgeborenen Anteilen ergangen sei. Das Finanzgericht habe nämlich entschieden, dass sich die Einbringungsgeborenheit bei einer Verschmelzung an der erworbenen Beteiligung fortsetze. Setze sich aber die Einbringungsgeborenheit an den neuen Anteilen trotz des Wortlautes des § 13 Abs.1 UmwStG fort, so habe die Veräußerungsfiktion des § 13 Abs.1 UmwStG keine Auswirkung auf die Steuerverstrickung, sodass auch im Streitfall die bei der Verschmelzung erworbenen Anteile ihre Steuerverstrickung behielten. Diese Steuerverstrickung führe dazu, dass eine Wertaufholung vorzunehmen sei. Der Hinweis auf § 21 Abs.1 S.4 UmwStG gehe fehl, da die Nämlichkeit von veräußerten und angeschafften Anteilen bei Verschmelzungen grundsätzlich nicht anzunehmen sei. § 13 Abs. 1 UmwStG solle nach Sinn und Zweck der Vorschrift bei Verschmelzungen eine Steuerneutralität gewährleisten, jedoch unter Beibehaltung anderer steuerlichen Folgen, wozu auch Wertaufholungen gehörten.
Der vorstehende Sach- und Streitstand ist den Gerichtsakten, den vom beklagten Finanzamt nach § 71 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) vorgelegten Akten (jeweils 1 Band Rechtsbehelfs-, Gewerbesteuer-, Körperschaftsteuer-, Bilanz-, Betriebsprüfungs-, Umsatzsteuerakten und 2 Bände Vertragsakten) sowie dem Inhalt der mündlichen Verhandlung entnommen. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt des streitgegenständlichen Körperschaftsteuerbescheids, der Einspruchsentscheidung, der im Besteuerungs-, Einspruchs- und Klageverfahren gewechselten Schriftsätze, das Protokoll der mündlichen Verhandlung sowie den weiteren Inhalt der zitierten Akten.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Folge der Veräußerungsfiktion der für das Streitjahr geltenden Fassung des § 13 UmwStG ist, dass eine Wertaufholungsverpflichtung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht übergeht. Entsprechend wurde das steuerpflichtige Einkommen im Streitjahr zu Unrecht um EUR 981.667,– erhöht.
Nach § 13 Abs. 1 UmwStG 1995 in der für das Streitjahr geltenden Fassung (Verschmelzung zum 01.01.2000 der B GmbH auf die F & Söhne GmbH) gelten die Anteile an der übertragenden Kapitalgesellschaft (hier: B GmbH), die zu einem Betriebsvermögen gehören, als zum Buchwert veräußert und die an ihre Stelle tretenden Anteile als mit diesem Wert angeschafft. Zwischen der Finanzverwaltung und der überwiegenden Auffassung der Literatur ist streitig, ob eine Wertaufholungsverpflichtung auf die nach § 13 Abs. 1 UmwStG 2002 angeschafften Anteile übergeht.
Die Finanzverwaltung vertritt im Erlass vom 16.12.2003 BStBl I 2003, 786 für die Verschmelzung der Mutter- auf die Tochtergesellschaft die Auffassung, dass die Regelungen der §§ 11-13 UmwStG 2002 auf Antrag aller Beteiligten aus Billigkeitsgründen anzuwenden sind und eine Wertaufholungsverpflichtung auf die Anteile der Tochtergesellschaft übergeht (hierzu: Dötsch/Pung DB 2004, 208). Diese Ansicht vertritt das beklagte Finanzamt auch für den Streitfall.
Der Senat folgt jedoch der in der Literatur überwiegend vertretenen Gegenauffassung:
Danach ist die Vorschrift des § 13 Abs. 1 UmwStG 2002 schon nach ihrem Wortlaut sowohl auf die Verschmelzung von der Mutter- auf die Tochtergesellschaft als auch auf die von der Tochter- auf Tochterverschmelzung (sog. side-stream-merger) anwendbar. Die Anteile mit Wertaufholungspotential gehen aufgrund der gesetzlichen Fiktion unter. Streitig ist, ob das Wertaufholungspotential vor dem Hintergrund des § 13 Abs. 1 UmwStG von den Anteilen der Überträgerin auf die Anteile der Übernehmerin überspringt oder nicht.
Die gesetzlich vorgegebene Veräußerungs- und Anschaffungsfiktion der Anteile führt im Ergebnis dazu, dass die steuerlichen Anschaffungskosten der Anteile an der übernehmenden Körperschaft dem Buchwert der Anteile an der übertragenden Körperschaft entsprechen. Diese fiktiven Anschaffungskosten stellen, wie auch von der Klägerseite ausgeführt, damit die Bewertungsobergrenze für eine Wertaufholung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 EStG dar und zwar auch dann, wenn – wie im vorliegenden Fall – dieser Buchwert aufgrund einer in der Vergangenheit liegenden Teilwertabschreibung unter den ursprünglichen Anschaffungskosten liegt. Hiergegen spricht aufgrund des insoweit eindeutigen gesetzlichen Wortlautes auch nicht der Gedanke der wirtschaftlichen Identität der Anteile, da in den Fällen, in denen die Folgen der Veräußerungs- und Anschaffungsfiktion nicht durchgreifen sollen, dies im Gesetzestext ausdrücklich festgelegt wurde. Insoweit wären die Regelungen in § 13 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 2 und Abs. 4 UmwStG obsolet; von einer bloßen Klarstellung kann hierbei nicht ausgegangen werden.
Dies zeigt bereits der Vergleich von § 13 Abs. 1 UmwStG 2002 mit dessen Absätzen 3 und 4. Während nach Abs. 1 „die an ihre Stelle tretenden Anteile” als mit diesem Wert angeschafft gelten, regelt § 13 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2002 ausdrücklich, dass die erworbenen Anteile an die Stelle der hingegebenen Anteile treten. Demzufolge regelt § 13 Abs. 1 nur den Wert der Anschaffungskosten, während Abs. 3 für einbringungsgeborene Anteile ebenso wie Abs. 4 für den Sperrbetrag des § 50 c EStG den Übergang sämtlicher oder nur bestimmter Rechtsfolgen anordnet. Dieser Vergleich zeigt, dass das vom Gesetzgeber des UmwStG 2002 gewählte Konzept der Veräußerungs- und Anschaffungsfiktion mit sämtlichen Rechtsfolgen nur durchbrochen wird, wenn dies ausdrücklich angeordnet wird. Der in § 13 Abs. 2 Satz 2, Absatz 3 Satz 2 und Abs. 4 ausdrücklich geregelte Übergang bestimmter steuerlicher Qualifikationen wäre nach der Konzeption des Gesetzgebers überflüssig, wenn der Vorschrift ein Identitätskonzept zugrunde läge. Daher sind, abgesehen von den geregelten Ausnahmen beim Anteilseigner, die Rechtsfolgen einer Anschaffung unter Beachtung der Bewertungsobergrenze zu ziehen (zum Vorstehenden: Schuhmacher, Deutsches Steuerrecht – DStR – 2004, 589; Rödder DStR 1999, 1029; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, UmwStG, 4. Auflage 2006, § 13 Anm. 12-21; Haritz/Benkert, UmwStG, 2. Auflage, § 13 Anm. 22, 23; Frotscher/Maas UmwStG 2002, § 13, Rz. 18; Herzig/Rieck/Gehring, Betriebsberater – BB – 1999, 575).
Hierfür spricht zusätzlich auch die geänderte aktuelle Gesetzesfassung, wonach nach § 13 Abs. 2 S. 2 UmwStG die Anteile an der übernehmenden Körperschaft steuerlich an die Stelle der Anteile an der übertragenden Körperschaft treten.
§ 13 Abs. 1 UmwStG 1995 verfolgt zunächst den Zweck, dem Anteilseigner eine steuerneutrale Verschmelzung zu ermöglichen, andererseits aber die Besteuerung der in den Anteilen an der übertragenden Körperschaft liegenden stillen Reserven sicherzustellen (vgl. BFH-Urteil vom 19. August 2008 IX R 71/07, BStBl II 2009, 13 m.w.N.). Eine weitergehende Weitervererbung von den Anteilen anhaftenden Eigenschaften ist insoweit gesetzlich nicht intendiert, insbesondere vor dem Hintergrund, dass das sog. Wertaufholungsgebot des § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 3, Nr. 1 S. 4 erst durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402) in das Einkommensteuergesetz eingeführt wurde.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Da dem Verfahren ein Sachverhalt zugrunde liegt, der in rechtlicher Hinsicht nicht von vornherein als einfach zu beurteilen war, durfte die Klägerseite sich eines Rechtskundigen bedienen, um eine erfolgversprechende Rechtsverfolgung zu erreichen (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 711 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 151 Abs. 1 FGO.
Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. FGO zugelassen. Eine höchstrichterliche Entscheidung zur Frage des Übergangs einer Wertaufholungsverpflichtung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 EStG bei im Betriebsvermögen gehaltenen Anteilen nach vorangegangener Verschmelzung ist – soweit ersichtlich – bislang nicht ergangen.