07.10.2011
Finanzgericht Münster: Urteil vom 12.08.2011 – 14 K 4025/10 Kg
Eine Bewerbung um eine Aufnahme in die Laufbahngruppe der Mannschaften als Soldat auf Zeit ist auch dann keine Bewerbung um einen Ausbildungsplatz, wen von Anfang an feststeht, dass der Bewerber über die Grundausbildung hinaus an zusätzlichen „Ausbildungsangeboten” der Bundeswehr - wie z.B. der Fahrausbildung - teilnehmen will und soll.
Im Namen des Volkes
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat der 14. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht … ehrenamtlicher Richter … ehrenamtliche Richterin … ohne mündliche Verhandlung in der Sitzung vom 12. August 2011 für Recht erkannt:
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin für den Zeitraum August 2009 bis Mai 2010 (Streitzeitraum) einen Anspruch auf Kindergeld für ihren Sohn hat.
Die Klägerin bezog zunächst Kindergeld für ihren am 2. Oktober 1989 geborenen Sohn B. (B.). Zuletzt hatte die Beklagte die Fortzahlung des Kindergeldes im August 2007 verfügt, nachdem die Klägerin eine Erklärung zu den Einkünften und Bezügen ihres Sohnes sowie eine Schulbescheinigung vorgelegt hatte.
B. beendete seine Schulausbildung am N-Berufskolleg im Juli 2009. Ausweislich des Zeugnisses hat er die Jahrgangsstufe 12.2 abgeschlossen.
Am 17. und 18. Januar 2010 nahm B. an einem Eignungstest des Instituts X teil. Nachdem B. am 18. Januar 2010 zunächst die Mitteilung erhalten hatte, dass eine Einplanung zu dem gewünschten Diensteintritt wegen ausstehender ärztlicher Untersuchungsergebnisse noch nicht erfolgen könne, wurde ihm am 17. Februar 2010 aufgrund der Ergebnisse des Tests eine Einplanungsentscheidung eröffnet. Danach war er zum 6. April 2010 im Einstellungsdienstgrad Schütze für eine Verpflichtungszeit von 4 Jahren eingeplant. Als vorgesehene Anschlussverwendung war „Kraftfahrer CE” in der Einplanungsentscheidung vermerkt. Ausweislich der hierzu vorliegenden Unterlagen vom gleichen Tag sollte sich B., mit der vorgesehenen Verwendung und „folgenden Ausbildungsabschnitten” einverstanden erklären:
Grundausbildung … 3 Monate
Anschlussverwendung …. Im Anschluss an die Grundausbildung erfolgt die Vorbereitung auf den integrierten Dienst…
Dauer der Ausbildung … für SaZ 1-4 (Laufbahngruppe der Mannschaften) ca. 05-09 Monate…
Endverwendung ….
In der hierzu gefertigten Erklärung findet sich ferner der Hinweis, dass die Ausbildung zum Reserveunteroffiziersanwärter/Reserveoffiziersanwärter (RUA/ROA) sowie die Fortbildung zum Feldwebel für Soldaten während der integrierten Ausbildung und Verwendung nicht möglich sei.
Mit Schreiben vom 23. Februar 2010 forderte das Institut X B. zum Dienstantritt auf. Es teilte mit, dass beabsichtigt sei, ihn aufgrund seiner Bewerbung als Soldat auf Zeit in die Bundeswehr einzustellen. Die Einstellung solle mit dem Dienstgrad Schütze (§ 8 i.V.m. § 4 Abs. 2 Soldatenlaufbahnverordnung – SLV) erfolgen. B. wurde weiterhin gebeten, sich am 6. April 2010 zum Dienstantritt zu melden. In der Planungsinformation für die integrierte Verwendung vom 20. April 2011 war vorgesehen, dass B. nach Durchführung der allgemeinen Grundausbildung (1.4. – 30.06.2010) im dritten und vierten Quartal des Jahres eine Kraftfahrerausbildung absolvieren sollte. Tatsächlich erwarb B. im Oktober/November 2010 die Lkw Fahrerlaubnis bzw. die Kraftfahrerlaubnis CE.
Die Beklagte wies – nachdem sie von der Beendigung der Schulausbildung des B. und dessen Bewerbung bei der Bundeswehr erfahren hatte – die Klägerin mit Schreiben vom 8. Juni 2010 darauf hin, dass sie im Streitzeitraum möglicherweise zu Unrecht Kindergeld für B. erhalten habe. B. habe die Schulausbildung im Juli 2009 beendet. Er sei weder bei der Arbeitsvermittlung noch in der Berufsberatung gemeldet gewesen. Auch Eigenbemühungen um einen Ausbildungsplatz seien nicht nachgewiesen worden. Die Bemühungen des B. um eine „Aufnahme” als Soldat auf Zeit, seien zur Begründung eines Kindergeldanspruchs nicht geeignet.
Hierauf teilte die Klägerin mit, ihr Sohn habe sich tatsächlich darum bemüht, als Soldat auf Zeit „aufgenommen” zu werden. Er strebe allerdings während seiner Zeit bei der Bundeswehr eine Ausbildung an, welche er auch im zivilen Bereich nutzen könne. Diese Möglichkeit bestehe durchaus. Im Vordergrund stehe eine Ausbildung als Kraftfahrer. Hierzu legte sie verschiedene Unterlagen vor.
Die Beklagte hob mit Bescheid vom 28. Juni 2010 die Festsetzung des Kindergeldes für B. ab August 2009 auf und forderte das für den Zeitraum August 2009 bis Mai 2010 gezahlte Kindergeld in Höhe von insgesamt 1.740 EUR von der Klägerin zurück. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2010).
Ihre Klage begründet die Klägerin unter Verweis auf die Bewerbung ihres Sohnes bei der Bundeswehr. Ihr Sohn habe sich bereits am 23. Juli 2009 beim Institut X beworben. Die Bewerbung habe eine Einstellung in die Laufbahngruppe der Unteroffiziere umfasst.
Nach erfolgreicher Bewerbung sei er am 6. April 2010 für 4 Jahre als Zeitsoldat eingestellt worden. Während dieser Zeit durchlaufe er zusätzlich die zivile Ausbildung zum Kraftfahrer. Nach Ablauf von vier Jahren könne B. eine Ausbildung zum Unteroffizier anschließen, er wäre dann weitere acht bis zwölf Jahre verpflichtet. Er habe auch die Möglichkeit, das Abitur nachzuholen.
B habe nicht nur die LKW Fahrerlaubnis erworben, sondern außerdem auch noch einen „Gabelstablerschein” gemacht. Ab April 2011 sei er für einen Englisch-Intensivkurs vorgesehen. Danach wolle B. noch einen Busführerschein bzw. einen Personenbeförderungsschein erwerben. Zum Ende seiner vierjährigen Zeit bei der Bundeswehr strebe er eine kaufmännische Ausbildung an. Die Ausbildung, die B. bei der Bundeswehr erhalte, sei für den zivilen Bereich sehr förderlich, da er insgesamt eine Tätigkeit im Bereich Logistik anstrebe.
B. sei von Anfang an klar gewesen, dass er sich im Bereich Logistik als Soldat auf Zeit habe bewerben wollen. Hierzu habe er sich vorab informiert. Aufgrund dessen habe er auch seinen Ausbildungsplan erhalten. Der Ausbildungsverlauf sei von der Bundeswehr vorgegeben worden. B. sei von Anfang an ebenfalls klar gewesen, dass eine zivile Ausbildung im Bereich der Logistik bevorstehe. Dies habe man ihm bereits Anfang 2010 mitgeteilt.
Daher liege eine Berufsausbildung im Sinne des § 32 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitzeitraum geltenden Fassung (EStG) vor. Dies bestätige die Entscheidung des Finanzgerichtes Rheinland-Pfalz vom 18. Mai 2009 (5 K 2144/08).
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 28. Juni 2010 und die Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2010 aufzuheben und zu ihren Gunsten für den Zeitraum August 2009 bis Mai 2010 wieder Kindergeld für B. festzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, B. absolviere keine Ausbildung im Sinne des § 32 EStG, denn er befinde sich nicht in einer Ausbildung zum Unteroffizier. Eine Berufsausbildung sei auch nicht deshalb anzunehmen, weil B. aufgrund der vorgesehenen weiteren Verwendung als Kraftfahrer im Grundwehrdienst eine Fahrerlaubnis erwerben sollte bzw. erworben habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gem. § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung.
Die Klage ist unbegründet.
Die Beklagte hat die Festsetzung des Kindergeldes für den Streitzeitraum zu Recht aufgehoben und das für diese Zeit gezahlte Kindergeld von der Klägerin zurückgefordert.
Im Streitzeitraum lag keiner der in § 32 Abs. 4 EStG geregelten Berücksichtigungstatbestände vor.
Der Sohn der Klägerin war im Streitzeitraum weder bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG) noch befand er sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehrdienstes (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG). Dabei kann es der Senat dahingestellt lassen, ob die sog. Grundausbildung, die B. ab April 2010 absolviert hat, überhaupt als gesetzlicher Wehrdienst im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG anzusehen ist (ablehnend FG München Urteil vom 17. März 2011 10 K 2106/08, juris). Denn selbst wenn dies der Fall wäre, lagen zwischen der Beendigung der Schulausbildung im Juli 2009 und der Aufnahme des Dienstes im April 2010 mehr als vier Monate.
Der Sohn der Klägerin wurde auch nicht für einen Beruf ausgebildet (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG), und zwar auch nicht im April und Mai 2010, nachdem er seinen Dienst bei der Bundeswehr angetreten hatte.
Gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 2, § 62 Abs. 1 EStG besteht für ein über 18 Jahre altes Kind, das das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, Anspruch auf Kindergeld, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird. Unter Berufsausbildung ist die Ausbildung zu einem künftigen Beruf zu verstehen. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft darauf vorbereitet. Der Vorbereitung auf ein Berufsziel dienen alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind (z.B. BFH Urteil vom 30. Juli 2009 III R 77/06, BFH/NV 2010, 28, BFH Urteil vom 16. April 2002 VIII R 58/01, BStBl II 2002, 523 jeweils mit weiteren Nachweisen).
In diesem Sinne hat der Bundesfinanzhof sowohl die Ausbildung eines Soldaten auf Zeit zum Offizier im Truppendienst als auch die Ausbildung eines Soldaten auf Zeit zum Fachunteroffizier dann als Ausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG angesehen, wenn der Soldat tatsächlich eine Ausbildung erhält und nicht lediglich im Mannschaftsdienstgrad Dienst leistet (z.B. BFH in BFH/NV 2010, 28, BFH Urteil vom 16. April 2002 VIII R 58/01, BStBl II 2002, 523 und BFH Urteil vom 15. Juli 2033 VIII R 19/02, BStBl II 2007, 247).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann der Senat nicht feststellen, dass sich B. in den hier streitigen Monaten April und Mai 2010 in einer Ausbildung befunden hat. B. erhielt nach seinem Dienstantritt ab April 2010 zunächst eine „Grundausbildung” und tat Dienst als Schütze, d.h. er leistete Dienst im Mannschaftsdienstgrad. Er nahm gerade nicht an einer Ausbildung zum Unteroffizier oder Offizier im Truppendienst teil. Vielmehr kam für ihn eine entsprechende Ausbildung erst zu einem späteren Zeitpunkt – nach Absolvierung einer gesonderten Aufnahmeprüfung – in Betracht.
Die „Grundausbildung”, die B. durchlaufen hat, ist keine Ausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG. Sie dient nicht der Ausbildung für einen künftigen Beruf, sondern der Vorbereitung auf den von B. zu verrichtenden Dienst im Mannschaftsdienstgrad.
Ob die für B. vorgesehene Ausbildung zum Kraftfahrer als Ausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG anzusehen ist, kann im Streitfall dahinstehen. Denn B. hat diese Ausbildung erst nach dem Streitzeitraum begonnen.
Ein Anspruch der Klägerin auf Kindergeld bestand schließlich auch nicht etwa deshalb, weil B. seine Berufsausbildung mangels eines Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen konnte.
Nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG besteht für ein über 18 Jahre altes Kind, das das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, Anspruch auf Kindergeld, wenn es eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, der der Senat folgt, erfordert die Berücksichtigung eines Kindes gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG, dass sich dieses ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht hat (BFH Urteil vom 15. Juli 2003 VIII R 71/99, BFH/NV 2004, 473; BFH Beschluss 24. Januar 2008 III B 33/07, BFH/NV 2008, 786). Dabei ist zwar grundsätzlich jeder Ausbildungswunsch des Kindes zu berücksichtigen, seine Verwirklichung darf jedoch nicht an den persönlichen Verhältnissen scheitern. Ein ernsthaftes Bemühen ist deshalb nicht gegeben, wenn das Kind sich um einen Ausbildungsplatz bewirbt, für den es die objektiven Anforderungen nicht erfüllen kann.
Das Bemühen um einen Ausbildungsplatz ist glaubhaft zu machen. Pauschale Angaben, das Kind sei im fraglichen Zeitraum ausbildungsbereit gewesen, habe sich ständig um einen Ausbildungsplatz bemüht oder sei stets beim Arbeitsamt bzw. bei der Agentur für Arbeit als ausbildungsuchend gemeldet gewesen, reichen nicht aus. Um einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Kindergeldes entgegenzuwirken muss sich die Ausbildungsbereitschaft des Kindes durch belegbare Bemühungen um einen Ausbildungsplatz objektiviert haben (BFH in BFH/NV 2008, 786 m. w. N.).
Die Nachweise für die Ausbildungswilligkeit des Kindes und für sein Bemühen, einen Ausbildungsplatz zu finden, hat der Kindergeldberechtigte beizubringen. Die besondere Mitwirkungspflicht unter Einbeziehung des über 18 Jahre alten Kindes sieht § 68 Abs. 1 EStG ausdrücklich vor. Es liegt auch im Einflussbereich des Kindergeldberechtigten, Vorsorge für die Nachweise der Ausbildungswilligkeit des Kindes zu treffen (BFH Urteil vom 19. Juni 2008 III R 66/05, BFH/NV 2008, 1740).
Nachgewiesen werden kann das ernsthafte Bemühen um einen Ausbildungsplatz z. B. durch eine Bescheinigung der Agentur für Arbeit, dass das Kind als Bewerber um eine berufliche Ausbildungsstelle registriert ist (BFH in BFH/NV 2008, 1740).
Das Bemühen um einen Ausbildungsplatz kann außer durch Meldung bei der Arbeitsvermittlung auch durch Suchanzeigen in der Zeitung, durch direkte schriftliche Bewerbungen an Ausbildungsstätten und ggf. darauf erhaltene Zwischennachrichten oder Absagen glaubhaft gemacht werden (z. B. BFH Beschluss vom 21. Juli 2005 III S 19/04 (PKH), BFH/NV 2005, 2207).
Im Streitfall hat die Klägerin jedoch weder substantiiert dargelegt noch nachgewiesen, dass sich B. um eine Ausbildung bemüht hat. B. war weder bei der Berufsberatung als Bewerber um einen Ausbildungsplatz registriert noch hat er Eigenbemühungen nachgewiesen. Zwar hat die Klägerin behauptet, B. habe sich bereits am 23. Juli 2009 bei der Bundeswehr beworben und seine Bewerbung habe auch eine Einstellung in die Laufbahngruppe der Unteroffiziere umfasst. Nachweise hierzu hat sie allerdings nicht vorgelegt. Vielmehr ergibt sich aus den vorliegenden Unterlagen lediglich, dass B. eine Eignungsprüfung absolviert hat und Ergebnis der Prüfung seine Einstellung als Zeitsoldat gem. § 8 i. V. m. § 4 Abs. 2 SLV war. Zwar geht auch der Senat davon aus, dass der Eignungsprüfung eine Bewerbung des B. vorausgegangen ist. Jedoch kann der Senat nicht feststellen, dass sich B. um eine Ausbildung – z. B. als Unteroffizier – beworben hat. Vielmehr sprechen die vorliegenden Unterlagen eher dafür, dass sich B. (lediglich) als Soldat auf Zeit für die Laufbahngruppe der Mannschaften beworben hat.
Der Umstand, dass B. u. U. die Möglichkeit hat, nach Ablauf von vier Jahren und Absolvierung einer Aufnahmeprüfung die Unteroffizierslaufbahn einzuschlagen, steht dem nicht entgegen.
Auch die Tatsache, dass die Tätigkeit des B. im Mannschaftsdienstgrad möglicherweise Abschnitte umfasst, die als Ausbildung im Sinne des § 32 EStG anzusehen sein könnten (z. B. Kraftfahrerausbildung), führt zu keinem anderen Ergebnis. Insoweit kommt zwar in Betracht, dass B. in den Zeiten, in denen er tatsächlich eine Ausbildung durchläuft, gem. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG als Kind in Berufsausbildung zu berücksichtigen ist. Jedoch führt dies nicht dazu, dass er ab dem Zeitpunkt seiner Bewerbung bzw. der Eignungsprüfung als Bewerber um einen Ausbildungsplatz anzusehen wäre. Auch wenn im Rahmen der vorgesehenen Verwendung des B. – neben Zeiten des Dienstes im Mannschaftsdienstgrad – Ausbildungsabschnitte vorgesehen sind, ändert dies nichts daran, dass die Bundeswehr B. eingestellt hat, damit dieser seinen Dienst als Schütze verrichtet. Dass die Bundeswehr in diesem Zusammenhang dem B. die Möglichkeit einräumt, die für die beabsichtigte Verwendung erforderlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erlernen, führt nicht dazu, dass die Tätigkeit als solche als Ausbildung anzusehen ist. B. stand in einem Dienst- und nicht in einem Ausbildungsverhältnis.
Der Senat sieht auch keine Vergleichbarkeit mit einer dualen Ausbildung, denn die Tätigkeit des B. als Soldat auf Zeit in der Laufbahngruppe der Mannschaften ist geprägt von dem zu verrichtenden Dienst, nicht aber von der Ausbildung des B. für einen Beruf.
Dabei verkennt der Senat nicht, dass es insbesondere bei Tätigkeiten, in denen es keine „klassische Berufsausbildung” mit z. B. einer dreijährigen Lehrzeit und anschließender IHK-Abschlussprüfung gibt, problematisch sein kann, das Vorliegen einer „beruflichen Tätigkeit” vom Vorliegen einer Ausbildung abzugrenzen. Denn regelmäßig wird der Betroffene auch außerhalb klassischer Lehrberufe auf die Tätigkeit vorbereitet. Der Senat verkennt auch nicht, dass – ausweislich der vorliegenden Unterlagen – für den B. eine „Dauer der Ausbildung” von ca. 05 – 09 Monaten geplant war, was im Verhältnis zur voraussichtlichen Dauer des Dienstverhältnisses von 4 Jahren ein Zeitraum von nicht völlig untergeordneter Bedeutung ist.
Die Beklagte war auch berechtigt, die Festsetzung des Kindergeldes für den Streitzeitraum gem. § 70 Abs. 2 EStG aufzuheben.
Nach dieser Vorschrift ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern, soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten. Die Regelung betrifft den Fall, dass eine ursprünglich rechtmäßige Festsetzung durch Änderung der für den Bestand des Kindergeldanspruchs maßgeblichen Verhältnisse des Anspruchsberechtigten oder des Kindes nachträglich unrichtig wird (z. B. BFH Urteil vom 20. November 2008 III R 53/05, BFH/NV 2009, 564). Dies ist vorliegend der Fall.
Nachdem B. den Schulbesuch im Juli 2009 beendet hatte, stand der Klägerin ab August 2009 kein Kindergeld mehr zu, da B. keinen der in § 32 Abs. 4 EStG aufgeführten Tatbestände erfüllte. Insoweit haben sich die Verhältnisse gegenüber denen, die der ursprünglichen Festsetzung zugrunde lagen, in erheblicher Weise i.S. des § 70 Abs. 2 EStG geändert. Maßgeblich ist insoweit die Entscheidung der Familienkasse im August 2007, der Klägerin auf die seinerzeit vorgelegte Schulbescheinigung und die Erklärung zu den Einkünften und Bezügen ihres Sohnes hin Kindergeld weiterhin Kindergeld zu gewähren.
Da aufgrund der rechtmäßigen Aufhebung der Kindergeldfestsetzung der rechtliche Grund für die Zahlung des Kindergeldes weggefallen ist, ist das zuviel gezahlte Kindergeld von der Klägerin für den Streitzeitraum zu erstatten (§ 37 Abs. 2 der Abgabenordnung).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.
Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Die Frage, ob eine Bewerbung um eine Aufnahme in die Laufbahngruppe der Mannschaften als Soldat auf Zeit jedenfalls dann als Bewerbung um einen Ausbildungsplatz anzusehen ist, wenn von Anfang an fest steht, dass der Bewerber über die Grundausbildung hinaus an zusätzlichen „Ausbildungsangeboten” der Bundeswehr – wie z. B. der Fahrausbildung – teilnehmen will und soll, hat der Bundesfinanzhof noch nicht entschieden.