25.08.2011
Finanzgericht Sachsen-Anhalt: Urteil vom 24.03.2011 – 1 K 1725/07
1. Ein Unternehmen, das für sich betrachtet weder mit der Zahl seiner Mitarbeiter noch mit seinen Umsatz- und Bilanzzahlen die für kleinere und mittlere Unternehmen (sog. KMU) geltenden Schwellenwerte überschreitet, hat dennoch keinen Anspruch auf erhöhte Investitionszulage für KMU, wenn die Schwellenwerte bei einheitlicher Betrachtung mit einem i. S. von Art. 3 der Kommissionsempfehlung verbundenen Unternehmen überschritten sind.
2. Die Beteiligungsverhältnisse bilden das Hauptkriterium für die Analyse eines koordinierten Vorgehens. Gleichwohl lässt sich die weitergehende Frage nach einer nicht nur informellen, sondern auch formellen Verbindung der Unternehmen durch natürliche Personen nur bei zusätzlicher Betrachtung sämtlicher anderer Geschäftsbeziehungen, insbesondere auf der Geschäftsführerebene, bei den Lieferanten- und Kundenkontakten und einer gemeinsam verwendeten Logistik beantworten.
3. Die Einflussnahme über einen „mit dem anderen Unternehmen abgeschlossenen Vertrag” kann nicht nur bei gesellschaftsrechtlich wirkenden Vereinbarungen, sondern auch bei rein schuldrechtlichen Vereinbarungen erfüllt sein. Das muss umso mehr bei dem im Streitfall zu beurteilenden Geschäftsbesorgungsvertrag gelten, der von der Auftragsvergabe über die fachliche Anleitung bei der Produktion und über die Preisbestimmung bis zum Vertrieb eine fortwährende Einflussnahme sicherstellt und damit die gesamte unternehmerische Tätigkeit des Unternehmens umfasst.
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt – 1. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24. März 2011 durch den Präsidenten des Finanzgerichts Karl als Vorsitzenden, den Richter am Finanzgericht Dr. Amler, die Richterin am Finanzgericht Gehlhaar, den ehrenamtlichen Richter … und die ehrenamtliche Richterin …
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin, eine GmbH, wurde im Jahr 1999 gegründet und stellt Platten, Folien, Schläuche und Profile aus Kunststoff her. Von Beginn an oblag die Geschäftsführung J. S. und H. G., jeweils mit Einzelvertretungsberechtigung, jedoch halten diese beiden nur Gesellschafts- und dementsprechend Stimmanteile von 12,4 % bzw. 24,8 %, während die restlichen Anteile der Ehefrau des J. S. gehören. Für sich betrachtet überschritt die Klägerin weder mit ihrer Mitarbeiterzahl, noch mit ihren Umsatz- und Bilanzzahlen die für kleinere und mittlere Unternehmen (sog. KMU) geltenden Schwellenwerte.
Allerdings wurde die Klägerin in ihrer Anfangsphase bei Mietkauf- und Darlehensverträgen durch Bürgschaften der P. GmbH unterstützt. Überdies einigte sie sich schon bei ihrer Gründung mit der P. GmbH auf einen für die Dauer der Finanzierungen, mindestens aber für 5, höchstens für 6 Jahre laufenden Geschäftsbesorgungsvertrag. Auf dessen Grundlage erhält die Klägerin bis heute sämtliche Aufträge von der P. GmbH und die P. GmbH übernimmt zu einem marktüblichen Preis ihr gesamtes Produktionsvolumen und vertreibt es. Infolgedessen tritt am Markt und insbesondere im Internet nur die P. GmbH in Erscheinung. Zugleich vereinbarten die beiden Gesellschaften, dass ein Vertreter der P. GmbH die Betriebsleitung der Klägerin laufend fachlich anleitet. Die P. GmbH verfügt über die gleichen Geschäftsführer wie die Klägerin, allerdings werden bei ihr sämtliche Gesellschafts- und Stimmanteile zu gleichen Teilen von J. S. und seiner Mutter gehalten. Die P. GmbH überschreitet ihrerseits sowohl mit der Mitarbeiterzahl, als auch mit ihrem Jahresumsatz die für KMU geltenden Schwellenwerte.
Aus diesem Grund gewährte der Beklagte der Klägerin nach einer Augescheinseinnahme nur die Grundzulage für das verarbeitende Gewerbe nach einer Bemessungsgrundlage von 42.777 EUR, versagte ihr aber die beantragte erhöhte Investitionszulage für KMU sowohl im Investitionszulagenbescheid 2006 vom 6. August 2007 als auch in der nach fristgerechten Einspruch ergangenen Einspruchsentscheidung vom 22. November 2007. Dagegen richtet sich die Klage vom 18. Dezember 2007, die nach zwischenzeitlichem Ruhen wegen des Beschlusses des Bundesfinanzhofes in der Sache III B 233/08 vom 29. Oktober 2009 wieder aufgenommen worden ist.
Die Klägerin meint, sie habe Anspruch auf eine erhöhte Zulage von 25 vom Hundert gemäß § 2 Abs. 7 Nr. 1 InvZulG, denn sie sei auch nach der dort in Bezug genommenen Kommissionsempfehlung ein „eigenständiges” Unternehmen im Sinne des Art 3 Abs. 1 des zugehörigen Anhangs, welches die für KMU vorausgesetzten Mitarbeiterzahlen und Schwellenwerte nicht überschreite, und nicht etwa – wie der Beklagte meint – ein mit der Quickpack „verbundenes” Unternehmen im Sinne des Art 3 Abs. 3, so dass die entsprechenden Werte der beiden Unternehmen zusammengerechnet werden könnten.
Indem nämlich Absatz 3 Unterabsatz 1 als „verbundene Unternehmen” – abschließend – diejenigen definiere, die „in einer der folgenden Beziehungen stehen” und in den anschließenden Buchstaben a) bis d) – angelehnt an § 290 HGB – nur mit einem Konzernunternehmen vergleichbare Beziehungen beschreibe, werde deutlich, dass eine derartige Zusammenrechnung entweder eine entsprechende gesellschaftsrechtliche Funktion oder wenigstens einen entsprechenden Stimmrechtsvertrag erfordern würde. Vorliegend fehle jedoch sowohl den betroffenen Unternehmen als auch ihren Gesellschaftern und Geschäftsführern eine so ausgestaltete gesellschaftsrechtliche Macht.
Außerdem werde nach Art 3 Abs. 3 Unterabschnitt 2 selbst bei Partnerschaftsunternehmen i. S. d. Art 3 Abs. 2, bei denen das eine Unternehmen am anderen per definitionem direkt beteiligt sei, bei bestimmten Anteilseignern gerade kein beherrschender Einfluss vermutet, solange sie sich nicht in die Verwaltung des betreffenden Unternehmens einmischen. Darin liege – mangels einer näheren Begründung dieses Teils der Kommissionsempfehlung – eine Regelungslücke in Bezug auf verbundene Unternehmen i. S. d. Art 3 Abs. 3, bei denen die Beteiligung am anderen Unternehmen nur indirekt bestehe und folglich eine beherrschende Stellung noch viel weniger anzunehmen sei. Insofern sei eine beherrschende Stellung der Familie S. auch deshalb zu verneinen, weil sich die investierenden Gesellschafter mehrheitlich nicht in die Verwaltung der Unternehmen eingemischt hätten.
Mangels Konzernverbunds und Einmischung der Gesellschafter in die Verwaltung erfülle die Klägerin zugleich auch nicht die Voraussetzungen des Art 3 Abs. 3 Unterabschnitt 4 der Kommissionsempfehlung, zumal die an ihr und der P. GmbH beteiligten natürlichen Personen nicht als „gemeinsam handelnde Gruppe” anzusehen seien.
Gegenteiliges lasse sich jedenfalls nicht aus den familiären Beziehungen einiger handelnder Personen herleiten, denn selbst den Gesellschaftern der Familie S. könne keine „einheitliche” Kontrolle der Unternehmen unterstellt werden, zumal nicht einmal zwischen allen eine Haushaltsgemeinschaft bestehe. Etwas anderes lasse sich auch der vom Beklagten angeführten Entscheidung der Europäischen Kommission (vom 7. Juni 2006 über die staatliche Beihilfe Nr. C 8/2005, ABl. EU v. 13. Dezember 2006, L 353/60 – sog. Sauter Fall –) nicht entnehmen, erst recht in Anbetracht der dort veröffentlichten Stellungnahme der Bundesrepublik Deutschland. Jedenfalls sei eine derartige Schlechterstellung von Familienmitgliedern nicht mit Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 6 GG zu vereinbaren, solange eine Kooperation der Familie nicht durch konkrete weitere Anhaltspunkte belegt sei (vgl. BVerfG, Urt. v. 12. März 1985, 1 BvR 571/81; 494/82; 47/83, BStBl. II 1985, 475; BFH Urt. v. 14. Juni 1985, VI R 127/81, BStBl. II 1986, 62; Urt. v. 27. November 1985, I R 115/85, BStBl. II 1986, 362), wie hier. Das werde inzwischen sogar bei der finanziellen Eingliederung in eine umsatzsteuerliche Organschaft so vertreten und ausgerechnet mit dem in der europäischen Rechtsordnung immer wieder betonten Prinzip der Rechtssicherheit begründet (vgl. BFH, Urt. v. 22. April 2020, V R 9/09, BFH/ NV 2010,1581).
Entsprechendes gelte für den vom Beklagten als Indiz für ein gemeinsames Handeln der Personengruppe herangezogenen Geschäftsbesorgungsvertrag. Dieser entspreche nämlich einem im Warenverkehr durchaus üblichen Liefervertrag und rechtfertige schon von daher eine so weitreichende Annahme koordinierten Vorgehens nicht. Überdies fehle ihm infolge seiner lediglich schuldrechtlichen Natur zumindest eine auch gesellschaftsrechtlich und nicht bloß wirtschaftlich vermittelte Beherrschungsmöglichkeit, was (nach BGH, Urt. v. 26. März 1984, II ZR 171/83 und dem ihm folgenden Richter am BFH, Dr. Groh, DB 1989, 751) nicht ausreichend sei und was übrigens auch nach der Stellungnahme Deutschlands (in dem Verfahren zur staatlichen Beihilfe Deutschland – EverQ – C 27/08, ABl. EU 2008, Nr. C 253 S. 23 Rz. 21) nicht zum Ausschluss des KMU-Status führen dürfe.
Ebenso wenig lasse sich die Verbindung mit der P. GmbH aus der Identität der in beiden Unternehmen tätigen Geschäftsführer ableiten, denn sie könnten schließlich jederzeit entlassen werden, ohne dies aufgrund ihrer Stellung im jeweils anderen Unternehmen verhindern zu können. Gleiches gelte für die vom Beklagten angeführte gemeinsame Bankverbindung, denn dabei werde verkannt, dass nur die Klägerin ihre Geschäfte „hauptsächlich” über diese Bank abwickle, während die P. GmbH auch andere Bankverbindungen nutze. Überdies habe der Beklagte bei den Bürgschaften der P. GmbH für Mietkauf- und Darlehensverträge der Klägerin nicht berücksichtigt, dass dies nur in der Anfangsphase geschehen sei. Auch die von ihm ergänzend heran gezogenen Absprachen bei der Organisation, im Einkauf und in der EDV seien – wie das Beispiel von Vertragsautohändlern zeige – im Wirtschaftsleben durchaus üblich, ohne dass deshalb auf eine planmäßige gemeinsame Gestaltung der wirtschaftlichen Verhältnisse geschlossen und den Unternehmen ihre Eigenständigkeit abgesprochen werden könne.
Im Übrigen zeige sich schon an der Überschrift des einschlägigen Kommissionsschreibens, dass es sich dabei nur um eine Empfehlung und nicht etwa um ein Gesetz handele, so dass sie die einzelstaatlichen Gerichte – auch wegen fehlender Transparenz – nicht binde und ihnen deshalb eine Entscheidung ermögliche, die sich bei der Frage nach einer beherrschenden Personengruppe am nationalen Recht orientiere. Dann aber sei im vorliegenden Fall festzustellen, dass weder die für eine Organschaft erforderliche Beteiligungsidentität, Beherrschungsidentität oder wenigstens faktische Beherrschung vorliege, noch eine finanzielle Eingliederung oder die für eine Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung. Stattdessen sei anzunehmen, zumindest aber nicht auszuschließen, dass die jeweiligen Gesellschafter ausschließlich die Interessen ihrer jeweiligen Gesellschaft verfolgten, und allein das erlaube (zumindest nach Ansicht des BFH, Urt. v. 19. April 1972, I R 15/70, BStBl. II 1972, 634) schon nicht die Annahme einer beherrschenden Personengruppe. Das gelte umso mehr, wenn keine gleichgelagerten Interessen erkennbar seien, auch kein abgestimmtes Verhalten nachweisbar sei (bspw. in Form einer Mitunternehmerschaft, eines gemeinsamen Marktauftritts oder einer gemeinsamen Öffentlichkeitsdarstellung in Internet und Presse, wie etwa in dem BFH Beschl. v. 29. Oktober 2009, III B 223/08) und überdies eine bewusste Umgehung der aufgestellten KMU-Kriterien allein schon durch die lange zuvor erfolgte Gründung und dann unveränderte Beibehaltung der Quickpack GmbH auszuschließen sei.
Zumindest aber habe die Investitionsbank …, die immerhin eine Fachbehörde sei, der Klägerin in Kenntnis sämtlicher gesellschaftsrechtlicher Strukturen und unter Anwendung der selben Kommissionsempfehlung von Beginn an einen KMU-Status zugebilligt und ihr deshalb einen Zuschuss zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GA-Förderung) zugewandt. Dieses Ergebnis habe der Beklagte, sowohl nach der Gesetzesbegründung, (vgl. BT-Drucksache 15/2249) als auch nach dem zugehörigen BMF-Schreiben (vom 20. Januar 2006, Rdnr. 159) nicht nur bei großen Investitionsvorhaben, sondern auch bei dem vorliegenden zu übernehmen, solange es nicht offensichtlich unzutreffend sei, und davon könne bei der ausschließlich auf Indizien gestützten Entscheidung des Beklagten ja wohl keine Rede sein. Zumindest aber werde dem Beklagten ein Entscheidungsspielraum eingeräumt, den dieser unter Beachtung des Gleichheitssatzes, des Vertrauensschutzes und des Willkürverbots auszufüllen habe. Dann aber müsse er der Klägerin vorliegend aus Vertrauensschutzgründen die erhöhte Investitionszulage gewähren, weil sie ihre KMU-Einstufung anhand des einschlägigen BMF-Prüfschemas wie auch anhand des von der Kommission selbst vorgegebenen Benutzerhandbuches überprüft und dabei nicht nur keine Widersprüche gefunden habe, sondern wegen der vielfältigen Auslegungs- und Interpretationsprobleme im Gegenteil sogar eine Empfehlung der Kommission (unter Tz. 11), im Zweifel keinen beherrschenden Einfluss anzunehmen bzw. (unter Tz. 12) die diesbezügliche Prüfung auf das nötigste zu beschränken.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 22. November 2007 den Beklagten zu verpflichten, den am 6. August 2007 ergangenen Bescheid über eine Investitionszulage für das Kalenderjahr 2006 zu ändern und die Investitionszulage wie beantragt auf 10.694,26 EUR festzusetzen,
sowie hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
und hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte meint, die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine erhöhte Zulage, weil sie mit der P. GmbH ein verbundenes Unternehmen i. S. d. Art. 3 Abs. 3 Unterabschnitt 4 des Anhangs zur Empfehlung der Europäischen Kommission bilde und deshalb die Begriffsdefinition der EU-Kommission für KMU nicht erfülle.
Zunächst werde die Klägerin mit der P. GmbH durch eine „gemeinsam handelnde Gruppe natürlicher Personen” verbunden. Mit der entsprechenden Formulierung habe die Kommission nämlich nicht nur auf formale Mehrheits- und Beteiligungsverhältnisse abgestellt, sondern jedwedes koordinierte Vorgehen der beteiligten natürlichen Personen erfassen wollen, welches schon durch die Eigentümerstellung indiziert werde (vgl. Kommissionsentscheidung vom 7.Juni 2006 über die Staatliche Beihilfe Nr. C 8/2005, ABl. EU 2006 Nr. L 353, S. 60). Insoweit gehe im EG-Recht der Begriff der Verbundenheit über den im nationalen Recht (in H 36 Abs. 3 KStR 2006) als „beherrschendes Gesellschaftsverhältnis” definierten Begriff hinaus und lasse auch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise zu. Entscheidend sei jedoch die europarechtliche Sichtweise, da die oben genannte Negativentscheidung der Kommission nicht nur für den vorgelegten, sondern auch für alle gleichgelagerten Fälle verbindlich sei und gegebenenfalls sogar beim EuGH eingeklagt werden könne. Demgegenüber sei das von Klägerseite aufgezeigte nationale Verständnis und damit auch die dazu zitierte Entscheidung des BVerfG nicht einschlägig, weil es dort nicht um die Frage verbundener Unternehmen im Sinne der Kommissionsempfehlung, sondern um die Frage der personellen Verflechtung bei einer Betriebsaufspaltung gegangen sei. Folglich werde die Voraussetzung der gemeinsam handelnden Personengruppe in Art. 3 Abs. 3 Unterabschnitt 4 schon durch die an beiden Unternehmen beteiligten Familie S. erfüllt, die bei der Klägerin die Mehrheit und bei der P. GmbH sogar alle Gesellschafts- und damit Stimmanteile halte und deren familiäre Verbundenheit auf eine besonders hohe Qualität und Intensität der Geschäftsbeziehungen und ein koordiniertes Vorgehen schließen lasse und folglich nach dem europarechtlichen Verständnis eine gemeinsame handelnde Personengruppe bilde.
Diese Personengruppe stehe zu beiden Unternehmen „in einer dieser”, also der in Unterabschnitt 1 genannten „Beziehungen”, weil zwischen den beiden Unternehmen ein Geschäftsbesorgungsvertrag bestehe, der die Voraussetzungen des Unterabschnitts 1 Nr. c) erfülle. Dieser Vertrag räume der P. GmbH nämlich bei wirtschaftlicher Betrachtung einen für die Klägerin unbestritten existenziellen und damit beherrschenden Einfluss ein, der zusätzlich noch durch die darin festgeschriebene fachliche Anleitung der klägerischen Betriebsleitung durch entsprechende Vertreter der P. GmbH verstärkt werde. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Vertrag zunächst einmal nur schuldrechtliche Wirkungen habe, denn infolge der dazu notwendigen übereinstimmenden Willenserklärungen bringe er in besonderer Weise den Willen zu gemeinsamem Handeln am Markt zum Ausdruck. Soweit die Klägerin ihren Gesellschaftern im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 2. Unterabschnitt gleichwohl einen beherrschenden Einfluss absprechen wolle, indem sie deren direkte oder indirekte Einflussnahme auf die Verwaltung verneine, verkenne sie, dass deren Zustimmung nicht nur bei Abberufung der Geschäftsführer, sondern auch bei Abschluss des für beide Unternehmen ganz bedeutsamen Geschäftsbesorgungsvertrag erforderlich gewesen sei. Überdies sei der von der Klägerin herangezogene Unterabschnitt weder unmittelbar anwendbar, weil die Klägerin mangels direkter Beteiligung an der anderen Gesellschaft kein Partnerunternehmen sei, noch analog anwendbar, weil die Zurechnung beim Partnerunternehmen über die Beteiligungsquote und beim verbundenen Unternehmen über den beherrschenden Einfluss erfolge und deshalb keine Regelungslücke bestehe.
Im Übrigen zeige sich die Verbundenheit der beiden Unternehmen auch an ihrer Personenidentität bei der Geschäftsführung, in ihrer abgestimmte Struktur und Organisation, insbesondere der kompletten Auslagerung von Einkauf, EDV und Forschung von der Klägerin auf die P., sowie in der gemeinsamen Bankverbindung und der Mitverpflichtung der P. GmbH bei Mietkauf- und Darlehensverträgen der Klägerin. Soweit die Klägerin gegen das erste einwende, dass ihre Geschäftsführer mit der Mehrheit der Stimmanteile jederzeit abberufen werden könnten, sei zu beachten, dass dies eine 75 %ige Mehrheit voraussetze, welche ohne Zustimmung der Familie S. nicht erreicht werden könne. Soweit die Klägerin gegen das zweite einwende, dass der Geschäftsbesorgungsvertrag einem normalen Liefervertrag entspreche und sich deshalb im Bereich des Üblichen halte, sei zu beachten, dass nicht einzelne konkret bezeichnete Leistungsgegenstände, sondern das gesamte Produktionsvolumen übernommen worden sei.
In Bezug auf die Subsumtion unter Art. 3 Abs. 3 sei noch abschließend anzumerken, dass unstreitig auch die weitere Voraussetzung des Unterabsatzes 5 erfüllt sei, weil die Klägerin als Produktionsunternehmen und die P. GmbH als Vertriebsunternehmen naturgemäß auf benachbarten Märkten tätig seien.
Soweit die Klägerin ihre Berechtigung zur erhöhten Investitionszulage aus der von der Bank vorgenommenen GA-Einstufung herleite, sei ihr entgegen zu halten, dass deren Einstufung zwar nach der Gesetzesbegründung zu übernehmen sei. Das gelte aber nur, wenn sie nicht offensichtlich unzutreffend sei, was hier aber in Betracht zu ziehen sei, weil die Einstufung der Investitionsbank auch auf fehlenden Unterlagen beruhen könne, insbesondere da der Geschäftsbesorgungsvertrag immer vertraulich behandelt worden sei. Und es gelte auch dann nicht zwingend, da die in Rdnr. 159 des zugehörigen BMF-Schreibens vorgesehene und von Klägerseite für sich rekurrierte Übernahme einer anderen Entscheidung nur bei großen Investitionsvorhaben vorgesehen sei und zwar deshalb, weil diese ohnehin erst nach Vorlage bei der Kommission genehmigungsfähig und deshalb mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar seien. Auch könne dem Beklagten bei eigenständiger Ermittlung des KMU-Status statt Übernahme einer Fremdeinstufung – entgegen den Ausführungen der Klägerin – kein Ermessensfehlgebrauch vorgeworfen werden, denn die Anwendung der europarechtlichen Vorgaben sei nicht etwa ins Ermessen einer Behörde gestellt, sondern schon durch den EG-Vertrag (mit seiner Beschränkung der zulässigen Förderhöchstsätze für Nicht-KMU mit Betriebsstätte im Beitrittsgebiet auf 35 %) und nunmehr auch durch den neuen § 2 InvZulG 2005 und dessen Begründung primäres Gemeinschaftsrecht geworden, welches Anwendungsvorrang vor deutschem Gesetzesrecht genieße. Soweit die Klägerin aus der eigenständigen Überprüfung ihrer GA-Einstufung einen Vertrauensschutz herleiten wolle, sei ihr die Formulierung „unmittelbare oder mittelbare Kontrolle … aufgrund der Fähigkeit einen beherrschenden Einfluss auszuüben” (in Anlage 2 ab Seite 23) und der Hinweis auf einen „Verbund über eine natürliche Person” (in Anlage 3) entgegen zu halten, die zumindest Anlass zu Rückfrage hätte geben und das Vertrauen der Klägerin erschüttern müssen. Soweit die Klägerin sich auf Tz. 11 und 12 berufe, dürfe nicht übersehen werden, dass in Tz. 10 Personen, die ein Unternehmen in der Anfangsphase mit Kapital, know how und Kontakten unterstützen, wie hier die P. GmbH, ein maßgeblicher Einfluss zugeschrieben werde, und dass Tz. 12 sehr wohl die Prüfung der Beziehungen zwischen Unternehmen und natürlichen Personen erlaube.
Dem Senat haben die für die Klägerin geführte Investitionszulage-, die Rechtsbehelfs- und die Vertragsakte vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Gemäß § 2 Abs. 7 InvZulG setzt die von der Klägerin begehrte erhöhte Investitionszulage von 25 vom Hundert voraus, dass die geförderten Wirtschaftsgüter zum Vermögen eines Betriebs gehören, der die Begriffsdefinition für KMU im Sinne der Empfehlung der Europäischen Kommission vom 6. Mai 2003 erfüllt, und dort auch verbleiben. Die Klägerin selbst gilt infolge ihrer wirtschaftlichen Betätigung nach Art. 1 des Anhangs der Kommissionsempfehlung als Unternehmen und überschreitet für sich gesehen weder mit ihrer Mitarbeiterzahl noch mit ihren finanziellen Schwellenwerten die in Art. 2 des Anhangs der Kommissionsempfehlung vorgesehenen Grenzen. Allerdings ist sie nach Art 3 Abs. 1 des Anhangs der Kommissionsempfehlung nicht isoliert zu betrachten, wenn sie Partnerunternehmen im Sinne des Art 3 Abs. 2 oder verbundenes Unternehmen nach Art 3 Abs. 3 des Anhangs zur Kommissionsempfehlung einzustufen ist. Letzteres ist wiederum nach Unterabschnitt 1 anzunehmen, wenn zwei Unternehmen „zueinander” in einer der nachfolgend aufgeführten „Beziehungen” stehen, wobei in der Folge als Beziehung explizit aufgeführt wird, dass das eine Unternehmen entweder die Mehrheit der Stimmrechte … des anderen hält oder das Recht zur Bestellung und Abberufung der Mehrheit der Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsgremiumsmitglieder des anderen hat oder aufgrund eines mit dem anderen abgeschlossenen Vertrages oder einer Klausel in dessen Satzung berechtigt ist, beherrschenden Einfluss auf das andere auszuüben oder Aktionär oder Gesellschafter des anderen ist und gemäß einer mit den anderen Aktionären und Gesellschaftern getroffenen Vereinbarung die alleinige Kontrolle über die Mehrheit der Stimmrechte des anderen ausübt. Alternativ gelten Unternehmen nach Unterabschnitt 4 auch dann als verbundene Unternehmen, wenn sie „durch eine natürliche Person oder eine gemeinsam handelnde Gruppe natürlicher Personen miteinander” in einer „dieser Beziehungen” stehen und wenn sie zusätzlich nach Unterabschnitt 4 ganz oder teilweise in demselben Markt oder in benachbarten Märkten tätig sind, wobei als benachbart nach Unterabschnitt 5 ein dem betreffenden Markt vor- oder nachgeschalteter Markt gilt, wobei letzteres hier unproblematisch zu bejahen ist.
Aus dieser Konstruktion des Art 3 der Kommissionsempfehlung lässt sich ableiten, dass eine Zusammenrechnung der Mitarbeiterzahlen und finanziellen Schwellenwerte immer dann erforderlich wird, wenn die dort beispielhaft aufgeführten Beziehungen entweder zwischen den Unternehmen selbst oder aber zwischen den dafür handelnden natürlichen Personen oder Personengruppen bestehen und die Letzteren als gemeinsam handelnde Gruppe anzusehen sind. Dabei können nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut des § 2 Abs. 7 InvZulG wie auch nach der zugehörigen Gesetzesbegründung sowohl für die Frage, ob eine der dort genannten Beziehungen vorliegt, als auch für die Frage, ob von einer gemeinsam handelnden Personengruppe auszugehen ist, nur europarechtliche und nicht etwa nationale Begriffsbestimmungen entscheidend sein, solange die Europäischen Gemeinschaften einen wirksamen und unabdingbar gebotenen Schutz der Grundrechte gegenüber der Hoheitsgewalt gewährleisten.
Dann aber entspricht es anerkanntem Vorgehen, bei der Auslegung von Texten zunächst bei demjenigen anzusetzen, der den auszulegenden Text verfasst hat, so dass bei der vorliegenden Kommissionsempfehlung vornehmlich auf Entscheidungen der Kommission zurückzugreifen ist und erst anschließend auf Entscheidungen der europäischen oder nationalen Gerichte.
Die Kommission betont jedoch in all ihren Veröffentlichungen, dass das (bereits in der vorangegangenen Empfehlung aus dem Jahr 1996 enthaltene) Unabhängigkeitskriterium und die es (durch die aktuelle Empfehlung aus dem Jahr 2003) ergänzenden Konzepte des „Partnerunternehmens” und des „verbundenen Unternehmens” nicht durch eine rein formale Erfüllung manipuliert oder umgangen werden dürften (vgl. bereits Kommissionsentscheidung v. 15. Januar 2003 über die staatliche Beihilfe, die Deutschland zugunsten der Klausner Nordic Timber GmbH & Co KG gewährt hat, Az. K (2002) 13, Abl. Nr. L 165 v. 24. Juni 2002, S. 0015 – 0028, und später die Mitteilung v. 4. Oktober 2008 zur Staatlichen Beihilfe C 27/08 (ex N 426/05) Deutschland EverQ (KMU-Aufschlag), 2008/ C 253/09 Rz. 26 bis 28). Folglich blieben die Beteiligungsverhältnisse zwar das Hauptkriterium für die Analyse eines koordinierten Vorgehens, gleichwohl lasse sich die weitergehende Frage nach einer nicht nur informellen, sondern auch formellen Verbindung der Unternehmen durch natürliche Personen nur bei zusätzlicher Betrachtung sämtlicher anderer Geschäftsbeziehungen, insbesondere auf der Geschäftsführerebene, bei den Lieferanten- und Kundenkontakten und einer gemeinsam verwendeten Logistik beantworten (Entscheidung v. 7. Juni 2006 über die staatliche Beihilfe, die Deutschland zugunsten der Nordbrandenburger Umesterungs-Werke gewähren will, K (2006) 2088, Abl. Nr. L 353 vom 13.12.2006, 60). Danach wären die in Art. 3 Abs. 3 Unterabschnitt 1 aufgeführten „Beziehungen” weder abschließend noch allzu formal zu verstehen, so dass beispielsweise die dort unter Punkt c) erwähnte Einflussnahme über einen „mit dem anderen Unternehmen abgeschlossenen Vertrag” nicht nur (wie vom BFH im Beschluss vom 29. Oktober 2009, III B 23/08, BFH/ NV 2010,683 angedacht) bei gesellschaftsrechtlich wirkenden Vereinbarungen, sondern auch bei rein schuldrechtlichen Vereinbarungen erfüllt wäre. Das muss dann umso mehr bei dem vorliegenden Geschäftsbesorgungsvertrag gelten, der von der Auftragsvergabe über die fachliche Anleitung bei der Produktion und über die Preisbestimmung bis zum Vertrieb eine fortwährende Einflussnahme der P. GmbH sicherstellt und damit die gesamte unternehmerische Tätigkeit der Klägerin weit mehr beherrscht als es bspw. das unter Punkt b) aufgeführte Recht zur Abberufung eines Verwaltungs- Leitungs- oder Aufsichtsgremiums je könnte. Außerdem unterfielen danach dem in Art. 3 Abs. 3 Unterabschnitt 4 verwendeten Begriff der „gemeinsam handelnden” Gruppe auch und gerade familiäre Bindungen, selbst wenn diese sich nur in einer Beteiligung an den betreffenden Unternehmen oder sogar nur in der gemeinsamen Nutzung firmeneigener Fahrzeuge niedergeschlagen hätten (wobei die Kommission nicht einmal im Einzelnen darauf eingeht, ob diese Nutzung auf einer vertraglichen Grundlage erfolgte). Das muss dann erst recht gelten, wenn wie hier einzelne Familienangehörige in beiden Unternehmen sowohl Gesellschafteranteile besitzen, die Familie S. zudem in beiden Unternehmen sogar die Mehrheit der Gesellschafter- und damit Stimmrechte hält und sich auf Geschäftsführerebene auch noch dieselben Personen mit gleichem Einzelvertretungsrecht beteiligen.
Der Europäische Gerichtshof folgt der Kommission bei ihrer Auslegung und kommt daher ebenfalls zu dem Ergebnis, dass eine Begünstigung bei rein formaler Erfüllung der Unabhängigkeitskriterien gleichwohl zu verneinen sein könne (bspw. im Urt. v. 29. April 2004, C-91/01 bei einer staatlichen Beihilfe Italiens zugunsten der SolarTechSrl, ABl. EU 2004 Nr. C 118,7 – Leitsatz) und dass auch aus einer familiären Bindung auf eine wirtschaftliche Einheit geschlossen werden könne (bspw. Im Urt. v. 14. Oktober 2004, T 137/02, (Pollmeier Malchow) juris Rechtsprechungssammlung 2004 Seite II 03541, ab Rz. 68 ff.). Insofern ergibt sich in Anbetracht seiner Urteile für den vorliegenden Fall nichts anderes.
Demgegenüber hat sich bei den nationalen Gerichten noch keine endgültige Auslegung der KMU-Kriterien herausgebildet (vgl. FG Brandenburg, Beschl. v. 13. Oktober 2008, 13 V 13213/08, EFG 2009, 47 und BFH, Beschl. v. 29. Oktober 2009, III B 233/08, BFH/ NV 2010,683). Zumindest aber widerspricht die Anwendung des Begriffs der „gemeinsam handelnden Gruppe” auf die Familie weder dem Art. 6 GG noch dem von Klägerseite angeführten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (v. 12. März 1985 1 BvR 571/81, BStBl II 1985, 475) und der darauf aufbauenden Rechtsprechung zu Organschaften und Betriebsaufspaltungen. Die damals vom BVerfG beanstandete Rechtsprechung betraf nämlich nur Fälle, in denen bspw. jeder Familienangehörige nur an einem der beiden Unternehmen beteiligt war und deshalb die Aktivitäten einer Familie zusammengerechnet wurden, um dann anschließend aus der familiären Bindung einen Interessengleichklang herzuleiten. Demgegenüber wurde es nicht beanstandet, wenn die beherrschende Stellung einer Personengruppe daraus abgeleitet wird, dass Gesellschafter beider Unternehmen sich zur Verfolgung eines bestimmten wirtschaftlichen Zwecks zusammengefunden haben und dementsprechend die Zurechnung gerade nicht nur auf familiären Gründen, sondern auf den gleichgerichteten wirtschaftlichen Interessen der Gruppe beruht (vgl. dazu BFH, Beschl. V. 28. Mai 1991, IV B 28/90, BStBl. 1991, 801). So liegt auch der vorliegende Fall, wo der Personenzusammenschluss zwar nicht zu einer Personengesellschaft, sondern zu einer gemeinsam verabredeten Beteiligung an einer zweiten GmbH in Form der neu gegründeten Klägerin führte, aber ebenso gleichgerichtete wirtschaftliche Interessen aufzeigt und deshalb in beiden Unternehmen ein an gemeinsamen wirtschaftlichen Zielen orientiertes Handeln der Gruppe ermöglicht. Dass sich die hier betrachtete Personengruppe dann auf Gesellschafterebene auf die Familie S. zuspitzt, liegt allein daran, dass der weitere Gesellschafter G. jedenfalls an der P. GmbH nicht beteiligt ist. Überdies bilden auch die in beiden Unternehmen identischen Geschäftsführer, bei denen sich die Frage nach Art. 6 GG überhaupt nicht stellt, eine „gemeinsam handelnde” Gruppe, die zumindest über ihre Anstellungsverträge einen beherrschenden Einfluss auf ihre Unternehmen ausüben.
Folglich indizieren bei einer an den Empfehlungen der Kommission und den Entscheidungen der europäischen wie deutschen Gerichte orientierten Auslegung – wie vom Beklagten ausgeführt – sowohl die mehrheitliche Beteiligung der Familie S. als auch die identische Geschäftsführung in beiden Unternehmen als auch der Geschäftsbesorgungsvertrag als auch die kompletten Auslagerung von Einkauf, EDV und Forschung eine den in Art. 3 Abs. 3 Unterabschnitt 1 aufgeführten „Beziehungen” vergleichbare Kooperation über eine in Unterabschnitt 4 „gemeinsam handelnde Gruppe”. Verstärkt wird diese Kooperation noch über die gemeinsame Bankverbindung und nicht zuletzt über die Mitverpflichtung der P. GmbH bei Mietkauf- und Darlehensverträgen, auch wenn die Bankverbindung nur für die Klägerin, nicht aber für die P. GmbH besondere Bedeutung hatte und auch wenn die Mitverpflichtung der P. GmbH sich auf die Anfangsphase beschränkt haben sollte. Denn Ziel der KMU-Förderung ist, diejenigen Unternehmen zu fördern, denen eine geringe Größe zum Nachteil gereicht, und diejenigen auszuschließen, die einer Unternehmensgruppe angehören und deshalb Zugang zu Mitteln haben, die ihre gleich großen Konkurrenten nicht haben. Folglich wäre die Klägerin, die über ihre Hausbank gerade in der für ein Unternehmen so entscheidenden Startphase nicht nur theoretisch, sondern sogar tatsächlich Unterstützung durch Bürgschaften erhalten hat, auch nach dem Sinn und Zweck der Regelung von einer erhöhten Förderung auszuschließen.
Dieser Interpretation der Kommissionsempfehlung steht – entgegen der Ansicht der Klägerin – auch nicht entgegen, dass bei Partnerschaftsunternehmen im Sinne des Abs. 2 die Vermutung eines beherrschenden Einflusses nach Abs. 3 Unterabschnitt 2 bei bestimmten Investoren ausgeschlossen wird, wenn diese sich nicht direkt oder indirekt in die Verwaltung des Unternehmens einmischen. Nach Ansicht des Senats zeigt sich nämlich an dieser „Rückausnahme” zunächst einmal, dass es für den KMU-Status eben nicht nur auf die rein formalen Einflussnahmemöglichkeiten ankommt, sondern dass auch tatsächliche Einflussnahmemöglichkeiten zu beachten sind. Außerdem fällt ins Auge, dass nur ein bestimmter Personenkreis trotz seines – aus rechtlicher Sicht durchaus beherrschenden – Einflusses ausgenommen wird, nämlich solche Personen, die typischerweise nicht auf eine Kooperation der Unternehmen drängen, wie etwa die dort genannten Kapitalanleger, deren Investitionsentscheidung weniger von ihrer Gewinnerwartung als von anderen Überlegungen bestimmt wird. Gerade zu diesem Personenkreis gehören „Familienunternehmen” – wie das vorliegende – aber erkennbar nicht.
Zuletzt ist der Beklagte auch nicht gehindert, der Klägerin die erhöhte Investitionszulage zu versagen, obwohl die GA-Behörde sie zuvor als KMU eingestuft hatte. Zwar hat der Gesetzgeber selbst vorgeschlagen, die einmal getroffene Entscheidung der GA-Behörde zu übernehmen, wenn sie nicht offensichtlich falsch ist. Aber er hat diese Überlegung nicht in den entsprechenden Gesetzestext aufgenommen und das BMF hat daher folgerichtig (im Schr. v. 20. Januar 2006, IV C 3 – InvZ 1015 – 1/06, BStBl. I, S, 119) auch keine Übernahme der Entscheidung der GA-Behörde in Bezug auf den KMU-Status angeordnet (s. Tz. 119, 122 ff), sondern nur in Bezug auf multisektorale Regionalbeihilfen für große Investitionsvorhaben. Eine solche Übernahme ist auch nicht etwa – ähnlich wie bei Eingruppierungen durch das statistische Bundesamt – aus Gründen der Rechtssicherheit geboten. Die Bindungswirkung an Eingruppierungen des statistischen Bundesamtes erstreckt sich ohnehin nur auf die Zuordnung bestimmter betrieblicher Tätigkeiten zu einem Abschnitt, einer Abteilung etc. der Klassifikation in Grenzfällen und mag insoweit durch eine höhere Fachkompetenz gerechtfertigt sein, weil diese Behörde die Sammlung schließlich angelegt hat und aktualisiert. Eine damit vergleichbar höhere Fachkompetenz hat die GA-Behörde jedoch bei der Einstufung der KMU nicht, da die dafür maßgeblichen Kriterien eben nicht von ihr, sondern vor der EU-Kommission zusammengestellt worden sind. Anders als bei den multisektoralen Regionalbeihilfen für große Investitionsvorhaben kann der Beklagte vorliegend auch nicht darauf verwiesen werden, dass der konkrete Fall bereits von der „sachnäheren” EU-Kommission geprüft und deren Erkenntnisse von der GA-Behörde übernommen worden seien. Überdies zeigt sich inzwischen zumindest bei Eingruppierungen durch das statistische Landesamt, dass die Übernahme von Entscheidungen anderer Behörden nicht zwingend zur Rechtssicherheit oder gar Vereinfachung beiträgt. Zum einen muss nämlich die Bindungswirkung da enden, wo die andere Behörde von einem anderen Sachverhalt ausgegangen ist oder sich offenkundig geirrt hat, was zusätzlichen Aufklärungsbedarf bedeutet. Zum anderen erscheint die rechtliche Qualität wie auch Justiziabilität solcher Entscheidungen (vgl. dazu FG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 22. Januar 2009, 1 K 1137/07, EFG 2009, 871) bis hin zur Verfassungsmäßigkeit (vgl. BVerfG 1 BvR 857/07) zweifelhaft. Lehnt man jedoch eine Bindung des Beklagten an die Einstufung der GA-Behörde ab, dann besteht erst recht kein weitergehender Vertrauensschutz, weil die Klägerin ihre Förderfähigkeit anhand von offiziell herausgegebenen Vordrucken und Prüfschemata selbst überprüft haben will.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die über die Revisionszulassung aus § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO.