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  • 26.07.2011

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 16.03.2011 – 7 K 3831/10 AO

    - Für die abweichende Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages nach § 163 AO auf der Grundlage des Sanierungserlasses (BMF-Schreiben vom 27.3.2003, BStBl I 2003, 240) ist nicht die hebeberechtigte Gemeinde, sondern das Finanzamt zuständig.


    - Die Zuständigkeitsregelung in Rd. 15 des Sanierungserlasses betrifft ausschließlich die Stundung und den Erlass nach §§ 222, 227 AO, nicht aber die abweichende Steuerfestsetzung gem. §§ 163, 184 AO.


    - Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Sanierungserlasses bestehen nicht (Anschluss an BFH-Urteil vom 14.7.2010, X R 34/08, BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916).


    Tatbestand

    Streitig ist, ob der Beklagte verpflichtet ist, den Gewerbesteuermessbetrag für das Jahr 2003 nach § 163 AO im Hinblick auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen zur ertragsteuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen vom 27.3.2003 (IV A 6-S 2140-8/03 BStBl I 2003, 240; im Folgenden: Sanierungserlass) abweichend festzusetzen.

    Bereits mit Einreichung der Steuererklärungen für 2003 beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 11.1.2005 eine abweichende Festsetzung von Steuern nach § 163 Abs. 1 AO sowie einen Erlass von Steuern nach §§ 222, 227 AO aus sachlichen Billigkeitsgründen. Sie trug vor, in dem Gewerbeertrag 2003 von 2.062.100 EUR sei ein Sanierungsgewinn aus dem Erlass von Bankschulden in Höhe von 5.462.906 EUR enthalten. Zum Zwecke einer Sanierung hätten verschiedene Banken auf Forderungen verzichtet. Hierdurch seien die Voraussetzungen für einen Steuerlass aus sachlichen Billigkeitsgründen nach dem Sanierungserlass erfüllt.

    Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Gewerbesteuermessbetragsbescheid vom 3.6.2005 setzte der Beklagte den Gewerbesteuermessbetrag für 2003 auf 103.105 EUR fest. Die Klägerin erhob am 10.6.2005 Einspruch und beantragte unter Bezugnahme auf den Antrag vom 11.1.2005 erneut eine abweichende Festsetzung von Steuern nach § 163 Abs. 1 AO i.V.m. § 184 Abs. 2 AO auf 0 EUR. Nach Aufforderung legte die Klägerin weitere Unterlagen über die Vereinbarungen mit den Banken, einschließlich eines Restrukturierungskonzeptes vor. In einem Bericht an die OFD Rheinland vom 18.1.2006 vertrat der Beklagte die Auffassung, es liege ein Sanierungsgewinn i.S.d. Erlasses vom 27.3.2003 vor und bat um Zustimmung zu einer abweichenden Festsetzung des Messbetrages gem. § 163 AO. In ihrer Antwort vom 7.2.2006 vertrat die OFD Rheinland die Ansicht, der Sanierungserlass regele in Rd. 15 in Bezug auf die Gewerbesteuer, dass für Stundung und Erlass der Gewerbesteuer die Gemeinde zuständig sei; dies entspräche der Regelung in Abschnitt 3 Absatz 1 Satz 7 der GewStR 1998. Demnach habe die Gemeinde im Rahmen der Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer in eigener Zuständigkeit zu prüfen, ob ein Sanierungsgewinn vorliege. Im Rahmen der Erteilung des Messbetragsbescheides habe das Finanzamt die Gemeinde auch über die tatsächlichen Grundlagen einer möglicherweise abweichenden Festsetzung des Gewerbeertrages und die Höhe eines Sanierungsgewinnes zu benachrichtigen (§ 184 Abs. 3 AO). Der Auffassung des Beklagten, dass ein Sanierungsgewinn i.S.d. BMF-Schreibens vorliege, stimmte die OFD Rheinland ausdrücklich zu.

    Mit Schreiben an die Stadt X vom 20.3.2006 teilte der Beklagte der Gemeinde mit, dass nach seinen Erkenntnissen im Jahre 2003 ein Sanierungsgewinn in Höhe von 5.462.906 EUR vorliege. Weiter heißt es in dem Schreiben, die Unterrichtung erfolge ohne rechtliche Bindung. Mit Einspruchsentscheidung vom 24.3.2006 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin gegen den Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2003 unter Hinweis auf die fehlende Befugnis des Finanzamtes nach Randnummer 15 des BMF-Schreibens vom 27.3.2003 als unbegründet zurück.

    Mit Bescheid vom 13.8.2007 lehnte der Bürgermeister der Stadt X einen Erlass der Gewerbesteuer ab. Der hiergegen erhobenen Widerspruch vom 28.8.2007 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 26.4.2010 als unbegründet zurückgewiesen im wesentlichen mit der Begründung, dass Gründe der Unbilligkeit bereits im Festsetzungsverfahren durch das Finanzamt zu prüfen seien und dass Billigkeitsgründe, die bereits in diesem Festsetzungsverfahren hätten berücksichtigt werden können, einen Erlass der Gewerbesteuer nach § 227 AO nicht rechtfertigen könnten. Zudem habe das Finanzgericht München mit Urteil vom 12.12.2007 (Az. 1 K 4487/06) entschieden, dass der Erlass des BMF vom 27.3.2003 die gesetzliche Abschaffung der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen nach § 3 Nr.66 EStG a.F. umgehe und daher rechtswidrig sei. Die Klägerin erhob gegen den ablehnenden Bescheid vom 13.8.2007 in Gestalt der Widerspruchsentscheidung vom 26.4.2010 beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage (Az.: 25 K 3591/10), über die noch nicht entschieden wurde.

    Bei der Klägerin fand eine Betriebsprüfung statt, die zu einer Änderung des Körperschaftssteuerbescheides für 2003 führte. Der Gesamtbetrag der Einkünfte belief sich auf 1.710.595 EUR, die Körperschaftssteuer, nach Berücksichtigung von Verlustvorträgen, auf 0 EUR. Hiergegen ist ein Klageverfahren beim Finanzgericht Düsseldorf (Az.: 6 K 4640/08) anhängig. Der Beklagte änderte entsprechend der Feststellungen der Betriebsprüfung den Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2003 mit Bescheid vom 26.3.2010, hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf und setzte den Messbetrag, ausgehend von einem Gewerbeertrag in Höhe von 1.710.595 EUR und unter Berücksichtigung weiterer Korrekturbeträge, die zu einem Gewerbeertrag von 2.156.100 EUR führten, auf nunmehr auf 107.805 EUR fest. Hiergegen erhob die Klägerin am 21.4.2010 Einspruch, der mit Scheiben vom 2.6.2010 um einen Antrag auf abweichende Festsetzung des Messbetrages nach § 163 Abs. 1 AO i.V.m. § 184 AO ergänzt wurde. Mit Schreiben vom 11.6.2010 lehnte der Beklagte eine solche abweichende Festsetzung ab. Hiergegen erhob die Klägerin am 23.6.2010 Einspruch. Mit weiteren Schreiben vom 2.7.2010 lehnte der Beklagte erneut die abweichende Festsetzung ab. Mit Einspruchsentscheidung vom 8.10.2010 wies der Beklagte Einsprüche der Klägerin vom 9.6.2005, 21.4., 23.6. und 15.9.2010 gegen Bescheide vom 3.6.2005, 26.3., 11,6. und 2.7.2010 als unbegründet zurück. Er führte aus, der Sanierungserlass sei keine allgemeine Verwaltungsvorschrift für die abweichende Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages nach § 184 Abs. 2 Satz 1 AO. Im übrigen läge auch keine sachliche Unbilligkeit vor. Der Gesetzgeber habe mit der Abschaffung der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen gem. § 3 Nr.66 EStG a.F. bewusst eine derartige Versteuerung in Kauf genommen.

    Die Klägerin hat am 27.10.2010 Klage erhoben zu deren Begründung sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Ergänzend trägt sie vor, es gehe um die umstrittene Rechtsfrage, ob der Sanierungserlass vom 27.3.2003 als eine allgemeine Verwaltungsvorschrift i.S.v. § 184 Abs. 2 AO anzusehen sei. Sei dies der Fall, liege die Zuständigkeit zum Erlass der Gewerbesteuer beim Finanzamt und nicht bei den Kommunen. Im Fachschrifttum werde die Auffassung vertreten, in diesem Erlass sei eine solche allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Vermeidung unbilliger Härten bei bestimmten Gruppen zu sehen. Es bestehe daher Unverständnis über den in dem Erlass enthaltenen Hinweis, wonach für die Billigkeitsmaßnahmen die Gemeinden zuständig seien. Die Begründung des Bürgermeisters der Stadt X führe dazu, dass sich sowohl die Finanzbehörde wie auch die Kommune für einen Erlass für unzuständig erklären. Gegen das Urteil des FG München vom 12.12.2007 sei ein Revisionsverfahren anhängig. Die Klärung der Rechtsfrage müsse daher abgewartet werden. Das Finanzgericht Köln sei in einer Entscheidung vom 24.4.2008 zu einem gänzlich anderen Ergebnis gekommen. Hiernach komme auch über die engen Voraussetzungen des Erlasses hinaus ein Steuererlass nach § 227 AO in Frage. In der zu diesem Verfahren ergangenen Revisionsentscheidung des Bundesfinanzhofs, habe dieser eine Rechtswidrigkeit des Erlasses verneint.

    Die Klägerin beantragt,

    den Beklagten zu verpflichten unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 8.10.2010 im Wege der abweichenden Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen gem. § 163 Abs. 1 AO i.V.m. § 184 Abs. 2 AO den Gewerbesteuermessbetrag 2003 auf 0 EUR herabzusetzen,

    hilfsweise

    die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise

    die Revision zuzulassen.

    Er nimmt zunächst Bezug auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt er vor, zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass ein Sanierungsgewinn i.S. des BMF-Schreibens vorliege. Ein Erlass nach § 163 Abs. 1 AO setze aber voraus, dass der Gesetzgeber das Gesetz anders formuliert hätte, wenn er den konkreten Einzelfall gekannt hätte. Vorliegend habe der Gesetzgeber jedoch die ursprünglich im Gesetz verankerte Freistellung von Sanierungsgewinnen (§ 3 Nr.66 i.V.m. § 53 Abs. 2i EStG 1998) ausdrücklich aufgehoben. Es lägen daher keine Gründe für eine sachliche Billigkeitsregelung vor. Ein Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen sei nur durch die Gemeinde möglich.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte – auch in 6 K 4640/08 - und der vom Beklagten vorgelegten Steuerakten.

    Gründe

    Die Klage ist begründet. Die Ablehnung der abweichenden Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Der Beklagte war daher nach § 101 Finanzgerichtsordnung (FGO) zu verpflichten, den Gewerbesteuermessbetrag für 2003 im Wege einer abweichenden Steuerfestsetzung gem. § 163 AO auf 0 EUR festzusetzen.

    Nach § 163 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden, und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Entscheidung über die abweichende Festsetzung kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden. Für die Festsetzung von Steuermessbeträgen – wie hier dem Gewerbesteuermessbetrag – ergänzt § 184 Abs. 2 AO diese Vorschrift und bestimmt, dass die Befugnis, Realsteuermessbeträge festzusetzen, auch die Befugnis zu Maßnahmen nach § 163 Abs. 1 Satz 1 einschließt, soweit für solche Maßnahmen in einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung oder einer obersten Landesfinanzbehörde Richtlinien aufgestellt worden sind. Diese Voraussetzungen liegen vor. Das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen zur ertragsteuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen vom 27.3.2003 (IV A 6-S 2140-8/03 BStBl I 2003, 240; im Folgenden: Sanierungserlass) ist eine allgemeine Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 184 Abs. 2 AO, aus der sich eine Zuständigkeit des beklagten Finanzamtes zur abweichenden Steuerfestsetzung nach § 163 Abs. 1 Satz 1 AO ergibt.

    Der Sanierungserlass ist eine allgemeine Verwaltungsvorschrift im Sinne von § 184 Abs. 2 AO. Er regelt mit bindender Wirkung für die nachgeordneten Landes-Finanzbehörden allgemeine Grundsätze, wann ein sogen. Sanierungsgewinn vorliegt und wie ein solcher ertragsteuerlich zu behandeln ist (vgl. Seer in Finanzrundschau, 2010, S. 306 (310)). Sein Regelungsumfang beschränkt sich dabei nicht auf die einkommen- und körperschaftssteuerlichen Auswirkungen, sondern erfasst auch die Folgen, die sich für die Festsetzung der Gewerbesteuermessbeträge ergibt. Dies ergibt sich bereits aus der allgemeinen Überschrift des Erlasses, wonach dieser die ertragsteuerliche Behandlung von Sanierungsgewinnen regelt, da auch die Gewerbesteuer einen Ertragssteuer ist. Im Übrigen erwähnt Rd. 15 des Erlasses ausdrücklich die Gewerbesteuer. (zum Umfang der Regelungswirkung des Sanierungserlasses (vgl. auch Seer, a.a.O., S. 309).

    Der Beklagte ist nach dem Sanierungserlass zur abweichenden Steuerfestsetzung des Gewerbesteuermessbetrages nach § 163 AO zuständig, insbesondere wird seine originäre Zuständigkeit nicht auf die hebeberechtigten Gemeinden verlagert. Allerdings ist nach Rd.15 des Sanierungserlasses für Stundung und Erlass der Gewerbesteuer die jeweilige Gemeinde zuständig. Zu Unrecht folgert der Beklagte hieraus, dass die Gemeinde auch für eine abweichende Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages zuständig sei. Zum einen betrifft die Regelung ausschließlich die Stundung und den Erlass nach §§ 222, 227 AO, nicht aber auch die abweichende Steuerfestsetzung gem. §§ 163, 184 AO (vgl. Seer, a.a.O., S. 310). Zum anderen bezieht sie sich auch nur auf die Gewerbesteuer, nicht aber auf den Gewerbesteuermessbetrag. Indem Rd. 15 seine Aussage auf die Stundung und den Erlass der Gewerbesteuer beschränkt, hat der Erlassgeber die abweichende Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für die Finanzämter der Länder gerade gewollt und eröffnet (so zutreffend: Seer, a.a.O., S. 310). Nur dieses Verständnis des Sanierungserlasses ist auch sachgerecht und verwaltungsökonomisch (vgl. hierzu und zum Folgenden ausführlich: Seer, a.a.O., S. 310). Bei der Entscheidung, ob und in welcher Höhe ein Sanierungsgewinn vorliegt, handelt es sich um eine materiell-rechtliche Prüfung, für die ein beachtliches steuer- und insolvenzrechtliches Fachwissen erforderlich ist . Mit einer solchen Entscheidung sind die Kommunen in der Regel überfordert, da sie regelmäßig nicht über die erforderliche Personalausstattung mit dem notwendigen fachlichen Beurteilungsvermögen verfügen. Hinzu kommt die Gefahr widersprechender Entscheidungen, wenn sich die Betriebsstätten eines Unternehmens über mehrere Gemeinden erstrecken. Gerade dieser Gefahr will der Sanierungserlass begegnen, in dem er ermessensregelnde Grundsätze zu ertragsteuerlichen Behandlung der Sanierungsgewinne aufstellt. Eine andere Auslegung würde zudem dem materiell-rechtlichen Anliegen des Sanierungserlasses widersprechen, da die Sanierung und der Abschluss des Sanierungsplans regelmäßig unter einem gewissen Zeitdruck stehen und die Befassung möglicherweise mehrerer Gemeinden mit der abweichenden Steuerfestsetzung ineffektiv wäre.

    Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Sanierungserlasses bestehen, entgegen der Ansicht des Finanzgerichts München (Urteil vom 12.12.2007 1 K 4487/06, EFG 2008, 615), nicht. Nach der zutreffenden Auffassung des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 14.7.2010, X R 34/08, BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916), von der abzuweichen keine Veranlassung besteht, hat der Gesetzgeber durch die Abschaffung des Steuerprivilegs für Sanierungsgewinne nach § 3 Nr.66 EStG a.F. gerade nicht zum Ausdruck gebracht, dass für den Erlass von Sanierungsgewinne grundsätzlich kein Raum mehr sei. Vielmehr besteht auch nach dieser gesetzgeberischen Entscheidung eine Notwenigkeit, durch Verlustabzüge nicht ausgeschöpfte Sanierungsgewinne im Wege einer abweichenden Steuerfestsetzung steuerrechtlich außer Acht zu lassen um den Sanierungserfolg nicht zu gefährden. Zwecks Vermeidung von Wiederholungen wird auf die ausführliche Begründung in den Entscheidungsgründen des Urteils vom 14.7.2010 Bezug genommen (X R 34/08, a.a.O., unter Buchst. B), Ziff. II) 4.).

    Zwischen den Beteiligten besteht auch zu Recht Einigkeit darüber, dass die Voraussetzungen für eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 Satz 1 AO im Sinne des Sanierungserlasses vorliegen. Zu berücksichtigende Verlustvorträge zur Gewerbesteuer liegen ersichtlich nicht vor. Der zwischen den Beteiligten unstreitige Sanierungsgewinn in Höhe von 5.462.906 EUR ist auf den Gewerbeertrag in Höhe von 1.710.595 EUR daher in voller Höhe anzurechnen. Die Klägerin hat auch einen Rechtsanspruch auf abweichende Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages auf 0 EUR. Grundsätzlich steht die Entscheidung über eine abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 Abs. 1 AO im Ermessen der Behörde und ist durch die Gerichte nur eingeschränkt überprüfbar (§ 102 FGO). Durch den Sanierungserlass wird dieses Ermessen jedoch dahingehend eingeschränkt, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Sanierungsgewinns nur eine abweichende Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags ermessensgerecht ist. Das Ermessen des Beklagten ist daher auf Null reduziert.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 115 Abs. 2 Nr.1 FGO zugelassen.

    VorschriftenAO § 163 Abs. 1, AO§ 184 Abs. 2, AO § 227, EStG § 3 Nr. 66