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  • 28.06.2011

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 01.03.2011 – 13 K 3598/08 F

    - Eine nur oberflächliche Bearbeitung des Steuerfalles hindert eine Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129 AO nicht. Häufen sich aber die Unachtsamkeiten und wird Zweifeln, die sich aufdrängen, nicht nachgegangen, so ist kein einem Schreibfehler oder Rechenfehler ähnliches mechanisches Versehen mehr gegeben (Anschluss an BFH-Urteil vom 4. November 1992 XI R 40/91, BFH/NV 1993, 509 m.w.N.).


    - Selbst wenn für die Berichtigung eines Einkünftefeststellungsbescheides für die Beteiligten einer KG, in dem aufgrund einer Vielzahl von Fehlern keine Zahl richtig ist, jeweils nur auf das einzelne Versehen abzustellen und deshalb ein Teil der Fehler berichtigungsfähig wäre, scheidet eine Korrektur nach § 129 AO aus, wenn die Sachbearbeiterin kein eigenes Zeichnungsrecht hatte und der Bescheid trotz der offenkundigen Mängel und Unstimmigkeiten von der Sachgebietsleiterin als ordnungsgemäß freigegeben worden ist.


    - Unterstellt man in diesem Fall eine pflichtgemäße Prüfung des Bescheides, ist nicht auszuschließen, dass die Freigabe das Resultat einer – wenn auch abwegigen – rechtlichen Würdigung gewesen ist.


    Tatbestand

    Die „C” GmbH & Co KG (KG) betrieb einen Einzelhandel mit „Y” in „E-Stadt”. Die Kläger zu 1) bis 4) waren als Kommanditisten neben der Komplementär – GmbH Gesellschafter der KG. Die GmbH war am Kapital der KG nicht beteiligt. Der Kläger zu 1) war mit 64 % und die Klägerinnen zu 2 bis 4) waren jeweils mit 12 % am Kapital der KG beteiligt.

    Im Oktober 2001 wurde der Beklagte aufgrund einer Verlegung des Geschäftssitzes der KG für die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen zuständig.

    Zum 30.4.2001 schloss die KG ihre Geschäfte und begann die Liquidation.

    Mit Bescheid vom 11.12.2001 wurden für den Kläger zu 1) ein gem. § 15 a Einkommensteuergesetz (EStG) nicht ausgleichs/abzugsfähiger (verrechenbarer) Verlust auf den 31.12.2000 in Höhe von 235.062 DM und für die Klägerin zu 3) ein gem. § 15 a EStG nicht ausgleichs/abzugsfähiger (verrechenbarer) Verlust auf den 31.12.2000 in Höhe von 34.601 DM gesondert festgestellt.

    Am 18.11.2002 (Eingangsdatum beim Beklagten) gab die KG die Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung des Gewinns für das Jahr 2001 ab. Darin erklärte sie einen laufenden Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von ./. 208.990 DM und einen Aufgabegewinn in Höhe von 8.655.396 DM. In dem Erklärungsvordruck wurde der Kläger zu 1) als gemeinsamer, von allen Beteiligten bestellter Empfangsbevollmächtigter benannt (Zeile 12 bis 15 des Mantelbogens). Für den Kläger zu 1) wurde ein Anteil am laufenden Verlust in Höhe von 204.078 DM erklärt, von dem im Jahr 2001 gem. § 15 a EStG ein Betrag in Höhe von 101.078 DM nicht ausgleichsfähig sein sollte. Dieser Betrag wurde in der Erklärung zusammen mit dem auf den 31.12.2000 festgestellten verrechenbaren Verlust in Höhe von 235.061 DM (= Gesamtsumme 336.139 DM) mit dem anteiligen Veräußerungsgewinn des Klägers zu 1) von 6.043.087 DM verrechnet, so dass insoweit auf den 31.12.2001 kein verrechenbarer Verlust verblieb. Für die Klägerin zu 3) wurde ein Anteil am laufenden Verlust in Höhe von 72.363 DM erklärt, der im Jahr 2001 gem. § 15 a EStG insgesamt nicht ausgleichsfähig sein sollte. Dieser Betrag wurde in der Erklärung zusammen mit dem auf den 31.12.2000 festgestellten verrechenbaren Verlust in Höhe von 34.601 DM (= Gesamtsumme 106.964 DM) mit dem anteiligen Veräußerungsgewinn der Klägerin zu 3) von 855.863 DM verrechnet, so dass insoweit auf den 31.12.2001 kein verrechenbarer Verlust verblieb.

    Mit einem gem. § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassenen und dem Kläger zu 1) als Empfangsbevollmächtigtem bekannt gegebenen Bescheid vom 2.12.2002 wurden die Einkünfte für das Jahr 2001 erklärungsgemäß einheitlich und gesondert festgestellt. In den Erläuterungen zum Bescheid wird unter anderem darum gebeten, die „Kapitalkontenentwicklung gem. § 15 a EStG aller Gesellschafter” nachzureichen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheids Bezug genommen.

    In der Folgezeit wurden die angeforderten Unterlagen zu den Akten gereicht. Aufgrund einer Betriebsprüfung ergingen am 11.12.2003 gem. § 164 AO geänderte Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2001, die dem Kläger zu 1) als Empfangsbevollmächtigtem bekannt gegeben wurden. Darin berücksichtigte der Beklagte die auf den 31.12.2000 als verrechenbar i.S.v. § 15 a EStG festgestellten Verluste nicht. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben. Für die Kläger zu 1) bis 4) wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb (laufender und Veräußerungsgewinn) wie folgt festgestellt:

    Kläger zu 1) 5.915.016 DM
       
    Klägerin zu 2) 942.300 DM
       
    Klägerin zu 3) 764.929 DM
       
    Klägerin zu 4) 829.024 DM
       
    Für den Kläger zu 1) war der laufende Gewinn wie folgt ermittelt worden:
       
    Laufender Gewinn = 410.000 DM
       
    Zzgl. Vergütungen für Tätigkeiten auf schuldrechtlicher Basis = 185.224 DM
       
    Zzgl. Zinsen für Kapitalanteile = 0 DM
       
    Abzügl. Zinsen für Darlehen = –14.572 DM
       
    ZZgl. übrige Sonderbetriebseinnahmen = 15.643 DM
       
    laufender Gewinn: = 597.195 DM
       
    Für die Klägerin zu 3) war ein laufender Gewinn wie folgt ermittelt worden:
       
    Laufender Gewinn = 77.044 DM
       
    Zzgl. Vergütungen für Tätigkeiten auf schuldrechtlicher Basis = 0 DM
       
    Zzgl. Zinsen für Kapitalanteile = 0 DM
       
    Abzügl. Zinsen für Darlehen = –2.101 DM
       
    Abzügl. übrige Sonderbetriebsausgaben = –3.430 DM
       
    laufender Gewinn = 71.513 DM
    Die seinerzeit beauftragten steuerlichen Berater der Kläger legten gegen den Bescheid vom 11.12.2003 Einspruch mit der Begründung ein, für den Kläger zu 1) und für die Klägerin zu 3) sei auf den 31.12.2000 ein gem. § 15 a EStG verrechenbarer Verlust in Höhe von 235.062 DM bzw. 34.601 DM festgestellt worden, der in dem ursprünglichen Bescheid für das Jahr 2001 vom 2.12.2002 zutreffend und bei dem Änderungsbescheid vom 1.12.2003 nicht berücksichtigt worden sei. Es werde um entsprechende Änderung des Bescheides gebeten. Weitere Einwendungen wurden gegen den Bescheid vom 11.12.2003 nicht erhoben.

    Am 2.2.2004 erließ der Beklagte einen geänderten Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen.

    Die Bearbeiterin, die Zeugin „H”, füllte dazu die Anlage „FE-V” aus. Darin zog sie handschriftlich von dem im Bescheid vom 11.12.2003 für den Kläger zu 1) in der ersten Zeile der Ermittlung des laufenden Gewinns aufgeführten Betrag von 410.900 DM den auf den 31.12.2000 als gem. § 15 a EStG verrechenbaren Verlust festgestellten Betrag von 235.062 DM ab, ermittelte einen verbleibenden laufenden Gewinn in Höhe von 175.838 DM und vermerkte dazu in Zeile 23 des Vordruckes (Anmerkung: nach Ausgleich des verrechenbaren Verlustes mit den laufenden Einkünften zum Ausgleich mit etwaigen Veräußerungsgewinnen verbleibender verrechenbarer Verlust) den Betrag von 0.

    In der Anlage zog sie handschriftlich von dem im Bescheid vom 11.12.2003 für die Klägerin zu 3) in der ersten Zeile der Ermittlung des laufenden Gewinns aufgeführten Betrag von 77.044 DM den auf den 31.12.2000 als gem. § 15 a EStG verrechenbaren Verlust festgestellten Betrag von 34.601 DM ab, ermittelte einen verbleibenden laufenden Gewinn von 42.443 DM und vermerkte dazu in Zeile 23 des Vordruckes (Anmerkung: nach Ausgleich des verrechenbaren Verlustes mit den laufenden Einkünften zum Ausgleich mit etwaigen Veräußerungsgewinnen verbleibender verrechenbarer Verlust) den Betrag von 0.

    Im Eingabewertbogen für die Datenverarbeitung vom 9.1.2004, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, trug sie für die KG im Sachbereich 14, Untersachbereich 99999 in der Zeile „steuerpflichtige laufende Einkünfte nach (Anwendung) § 15 (a EStG)” unter der Kennziffer 702 „0 Pfennig” ein. Sie trug für die KG im Sachbereich 14, Untersachbereich 99999 in der Zeile „steuerpflichtige tarifbegünstigte Einkünfte nach (§ (Anwendung)1 15 (a EStG)” unter der Kennziffer 703 „0 Pfennig” ein.

    Für den Kläger zu 1) trug sie im Sachbereich 14, Untersachbereich 2 unter der Kennziffer 702 „steuerpflichtige laufende Einkünfte nach (Anwendung)1 von § 15 (a EStG)” den Betrag von „17583800 Pfennig” ein. Für die Klägerin zu 2) trug sie im Sachbereich 14, Untersachbereich 2, unter der Kennziffer 702 „steuerpflichtige laufende Einkünfte nach (Anwendung)1 von § 15 (a EStG)” den Betrag von „9423000 Pfennig” ein. Für die Klägerin zu 3) trug sie im Sachbereich 14, Untersachbereich 4, unter der Kennziffer 702 „steuerpflichtige laufende Einkünfte nach (Anwendung)1 von § 15 (a EStG)” den Betrag von „4244300 Pfennig” ein. Für die Klägerin zu 4) trug sie im Sachbereich 14, Untersachbereich 5, unter der Kennziffer 702 „steuerpflichtige laufende Einkünfte nach (Anwendung)1 von § 15 (a EStG)” den Betrag von „82902400 Pfennig” ein. Im Sachbereich 12, Untersachbereich 2 wies die Zeugin als Erläuterungstext an: „Hierdurch erledigt sich Ihr Einspruch vom 6.1.2004”.

    Der Eingabewertbogen wurde am 13.1.2004 von der Sachgebietsleiterin, der Zeugin „U”, abgezeichnet. Mit Datum vom 16.1.2004 erging eine schriftliche „FEin-Hinweismitteilung 2001”, in der auf die Zuständigkeit des Sachgebietsleiters wegen der Abgrenzung der zu begünstigenden Einkünfte vom laufenden Gewinn und darauf hingewiesen wurde, dass der Bescheid zentral ausgesteuert werden würde und die Anlage FE-V dem Bescheid beizufügen sei. Die Hinweismitteilung wurde von dem Mitarbeiter der Zeugin „H” aus dem mittleren Dienst nach Beifügung der Anlage FE-V mit einem Erledigungsvermerk versehen.

    Der daraufhin ergangene Änderungsbescheid vom 2.2.2004, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, wies folgendes Bild auf:

    Für alle Gesellschafter wurde der nach Anwendung von § 15 a EStG verbleibende Veräußerungsgewinn mit Null festgestellt. Bei den Klägern zu 1) und zu 3) entsprach der nach Anwendung von § 15 a EStG festgestellte verbleibende laufende Gewinn den Beträgen, die die Zeugin „H” in der dem Bescheid beigefügten Anlage FE-V ermittelt hatte; Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben waren nicht mehr berücksichtigt. Bei den Klägerinnen zu 2) und 4) entsprachen die als laufender Gewinn angesetzten Beträge den Beträgen, die in dem Bescheid vom 11.12.2003 als Einkünfte aus Gewerbebetrieb insgesamt (= laufender und Veräußerungsgewinn) angesetzt worden waren. Alle übrigen Werte in dem Bescheid entsprachen nicht den Werten des Bescheides (nach Betriebsprüfung) vom 11.12.2003, sondern den Werten des Bescheides vom 2.12.2002 (vor Betriebsprüfung). In dem Bescheid heißt es außerdem:” Der Bescheid ist nach § 164 Abs. 2 AO geändert. Der Vorbehalt der Nachprüfung wird aufgehoben.” In den Erläuterungen ist ausgeführt: „Besonders wichtig. Hierdurch erledigt sich Ihr Einspruch vom 6.1.2004”.

    Am 9.11.2004 fiel die Fehlerhaftigkeit auf. In einem Aktenvermerk vom gleichen Tag, auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, heißt es:

    ”.....Durch eine falsche Eingabe einer Kennziffer wurde der Veräußerungsgewinn nach Anwendung des § 15 a EStG bei allen Beteiligten auf Null festgesetzt. Es handelt sich um ein technisches Versehen, das nach § 129 AO zu berichtigen ist. In Absprache mit dem Hauptsachgebietsleiter und dem Hauptsachbearbeiter AO soll der Bescheid so berichtigt werden (mit allen übrigen Fehlern), dass er so aussieht, wie er hätte ursprünglich ergehen sollen.”

    In der Steuerakte befindet sich im Anschluss an diesen Vermerk eine ausgedruckte Prüfberechnung, in der die Werte wieder denen im Bescheid vom 11.12.2003 entsprechen. Die Werte waren sämtlich neu eingegeben worden. Abweichend vom Bescheid vom 11.12.2003 war beim Kläger zu 1) nun der auf den 31.12.2000 verbliebene verrechenbare Verlust in Höhe von 235.062 DM von den vollständigen laufenden Einkünften (einschließlich Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben) in Höhe von 597.146 DM abgezogen worden und der laufende Gewinn auf 362.132 DM festgestellt worden. Abweichend vom Bescheid im 11.12.2003 war bei der Klägerin zu 3) nun der auf den 31.12.2000 verbliebene verrechenbare Verlust in Höhe von 34.601 DM von den vollständigen laufenden Einkünften (einschließlich Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben) in Höhe von 71.512 DM abgezogen worden und der laufende Gewinn auf 36.911 DM festgestellt worden. Der Sachbearbeiter hatte die verbleibenden laufenden Gewinne handschriftlich ausgerechnet und die so ermittelten Werte in die Datenverarbeitung des Beklagten zusammen mit den übrigen Werten eingepflegt.

    Am 30.11.2004 erging ein – entsprechend der Prüfberechnung – geänderter Bescheid über die gesonderte Feststellung der Einkünfte für das Jahr 2001. Die Änderung wurde auf § 129 AO gestützt. In den Erläuterungen zum Bescheid heißt es, „Dieser Bescheid berichtigt einen Eingabefehler bei der Datensatzeingabe, die automationsgestützt zu dem offenkundig fehlerhaften Feststellungsbescheid vom 2.2.2004 geführt hat”. Der geänderte Bescheid wurde – ebenso wie alle vorhergehenden Bescheide –, an den Kläger zu 1) als Empfangsbevollmächtigtem für die KG gerichtet.

    Am 22.12.2004 wurde die Firma der Komplementär-GmbH im Handelsregister wegen Beendigung der Liquidation gelöscht. Am 27.12.2004 wurde die Firma der KG im Handelsregister wegen Beendigung der Liquidation gelöscht.

    Am 29.12.2004 erhoben die seinerzeitigen steuerlichen Berater namens der KG i.L. Einspruch gegen den geänderten Bescheid, den sie im Schreiben vom 14.2.2005 – nunmehr für „ehemals „X” „C” GmbH & Co KG” – im Wesentlichen damit begründeten, dass die Voraussetzungen von § 129 AO nicht erfüllt seien, denn es könne sich nicht um einen schlichten Eingabefehler gehandelt haben, der zu dem fehlerhaften Bescheid geführt habe. Der Bearbeiter müsse rechtliche Überlegungen angestellt und Berechnungen durchgeführt haben. Anders sei nicht zu erklären, dass sämtliche Zahlen in dem Bescheid vom 2.2.2004 von den Werten im vorhergehenden Bescheid abwichen. Zudem sei seinerzeit mit dem Einspruch die Berücksichtigung der verrechenbaren Verluste der Vorjahre beantragt worden und der Sachbearbeiter habe den Bescheid als Abhilfebescheid bezeichnet, was nur den Schluss zulasse, dass sich der Sachbearbeiter zuvor mit der Frage befasst habe, welche Werte nach der Berücksichtigung der verrechenbaren Verluste, also nach Anwendung von § 15 a EStG, noch festzustellen seien.

    Im Erörterungsschreiben vom 17.3.2005 führte der Beklagte aus, dass anhand des Eingabebogens ersichtlich sei, dass der Bearbeiter nur die Kennziffern neu eingegeben habe, die für die Feststellung der Einkünfte nach Anwendung von § 15 a EStG benötigt worden seien. Der Computer habe im Übrigen auf die Daten des ersten Bescheides vom 2.12.2002 zurückgegriffen. Des Weiteren habe der Rechner den Veräußerungsgewinn nach Anwendung des § 15 a EStG dargestellt, obwohl aus der Feststellung des verrechenbaren Verlustes offensichtlich hervorgehe, dass keine verrechenbaren Verluste nach § 15a EStG zur Verrechnung mit einem Veräußerungsgewinn vorhanden gewesen seien. Der Fehler sei durch die Einführung eines neuen Fachprogramms und die Umspeicherung der Daten auf das neue Programm aufgetreten.

    Die ablehnende Einspruchsentscheidung vom 20.8.2008 wurde an die steuerlichen Berater bekannt gegeben. Als Einspruchsführerin wurde die KG i.L. bezeichnet, vertreten durch die Komplementär-GmbH, diese vertreten durch den Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) als Liquidatoren, zugleich in Prozeßstandschaft für alle Prozessbeteiligten. Seine Entscheidung begründete der Beklagte im Wesentlichen damit, dass mehrere Fehler kumuliert aufgetreten seien. Die Bearbeiterin habe seinerzeit in der Absicht, die automationsgestützte Berechnung und Verteilung der anteiligen Einkünfte nach § 15 a EStG anzusteuern, bei der Kennziffer 703 statt einer 1 eine Null eingegeben. Die Eingabe der Ziffer 0 habe aber nicht zu dem gewünschten Ergebnis geführt, nur die Einkünfte der durch die bisherige Nichtberücksichtigung des verrechenbaren Verlustes beschwerten Gesellschafter neu zu berechnen, sondern habe dazu geführt, dass bisher steuerpflichtige Veräußerungsgewinne bei allen Gesellschaftern nunmehr völlig außer Ansatz geblieben und bei den Gesellschaftern ohne Verrechnungspotential i.S.v. § 15 a EStG die laufenden Einkünfte um die jeweiligen Veräußerungsgewinne erhöht worden seien. Zudem habe die Eingabe zu einer Störung im Programmablauf geführt, so dass die Daten aus dem Bescheid vom 2.12.2002 beigestellt worden seien. Dass der Programmablauf gestört gewesen sei, werde dadurch belegt, dass in dem Bescheid vom 2.2.2004 automationsgestützt der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben worden sei, obwohl dies bereits im Bescheid vom 11.12.2003 nach Auswertung der Feststellungen der Betriebsprüfung geschehen sei.

    Zur Begründung der im Namen der KG i. L. am 10.9.2008 und im Namen der Kläger zu 1) bis 4) am 22.9.2008 erhobene Klage wird vorgetragen:

    Die Einspruchsentscheidung sei fehlerhaft bekannt gegeben worden, denn sie sei an die „C” GmbH & Co KG i.L., vertreten durch die „C” Verwaltungs GmbH i. L., diese vertreten durch ihre Liquidatoren „I.C.” und „D.C.” adressiert gewesen. Beide Gesellschaften seien am 20.8.2008 nicht mehr existent gewesen, denn die KG sei am 27.12.2004 und die GmbH am 22.12.2004 im Handelsregister gelöscht worden, weil die Liquidation abgeschlossen gewesen sei. Entsprechend seien „I.C.” und „D.C.” nicht mehr Liquidatoren gewesen.

    Die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 129 AO seien nicht erfüllt.

    Eine fehlerhafte Rechtsanwendung seitens der Bearbeiterin des Beklagten könne nicht ausgeschlossen werden. Ein mechanisches Versehen, ein Rechen-, Schreib- oder ähnlicher Fehler i.S.v. § 129 AO liege daher nicht vor. Die Bearbeiterin habe durch die Eingabe der Kennziffer 0 im Eingabewertbogen ihre rechtliche Würdigung des Sachverhaltes Verlustverrechnung nach § 15 a EStG zum Ausdruck gebracht. Der Bearbeiter müsse stets eine rechtliche Würdigung vornehmen, bevor er eine bestimmte Kennziffer im Eingabewertbogen eintrage. Der Beklagte habe selbst ausgeführt, die Bearbeiterin habe die Kennziffer eingegeben, um die Verlustverrechnung programmgesteuert einzuleiten. Es werde bestritten, dass das Resultat im Bescheid nicht das von der Bearbeiterin gewünschte Ergebnis gewesen sei.

    Es liege keine offenbare Unrichtigkeit vor. Davon sei nur auszugehen, wenn ein objektiver Dritter bei Kenntnis der Verhältnisse des Betroffenen die Unrichtigkeit an dessen Stelle ohne weiteres hätte erkennen können. Bei der Anwendung von § 15a EStG und

    § 34 EStG sei eine etwaige Unrichtigkeit für einen Laien regelmäßig nicht zu erkennen. Der Beklagte habe in seiner Einspruchsentscheidung fünf Seiten auf die Darstellung des Sachverhaltes verwendet, was deutlich gegen eine offenbare Unrichtigkeit spreche. Es werde bestritten, dass aufgrund einer Störung im Programmablauf falsche Daten beigestellt worden seien. Dies sei für die Kläger auch nicht zu durchschauen und könne nicht zu ihren Lasten gehen.

    Gegen die Offenkundigkeit spreche ferner die lange Dauer des Einspruchsverfahrens.

    Der Beklagte habe sein Ermessen über die Frage des „Ob” einer Korrektur des fehlerhaften Bescheides nicht ausgeübt oder jedenfalls die Gründe seiner Ermessensentscheidung nicht mitgeteilt.

    Die Kläger beantragen,

    den angefochtenen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2001 vom 30.11.2004 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben,

    hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Zur Begründung trägt er unter Bezugnahme auf sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren vor:

    Die Einspruchsentscheidung sei zutreffend adressiert gewesen. Die Personengesellschaft sei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) so lange steuerrechtlich als existent anzusehen, bis das Rechtsverhältnis zwischen ihr und der Finanzverwaltung abgewickelt ist. Befinde sich die Personengesellschaft im Stadium der Liquidation, sei an die Liquidatoren bekannt zu geben. Seien nach der Löschung der Gesellschaft im Handelsregister, die im übrigen nur deklaratorische Wirkung habe, noch Bescheide bekannt zu geben, sei die Bestellung eines Nachtragsliquidators entbehrlich, denn eine KG werde dann durch ihre ehemaligen Kommanditisten als gesetzliche Liquidatoren vertreten (Hinweis auf BFH-Beschluss vom 12. April 2007 IV B 69/05, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2007, 1923; Anwendungserlass AO – AEAO – zu § 122 Tz. 2.7.1 u.2.7.2 mit weiteren Nachweisen auf die ständige Rechtsprechung des BFH).

    Die Voraussetzungen von § 129 AO seien erfüllt.

    Die Einlassung der Kläger, dass auch der irrtümlichen Eingabe einer falschen Kennziffer zwangsläufig eine rechtliche Würdigung zugrunde liegen müsse, stehe im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des BFH zu der Thematik mechanischer Irrtümer bei der Verwendung von EDV-Programmen. Es könne ausgeschlossen werden, dass die Bearbeiterin seinerzeit den Sachverhalt so habe würdigen wollen, wie er sich im Bescheid vom 2.2.2004 manifestiert habe. Denn sie habe offenkundig dem Einspruchsbegehren abhelfen wollen, das nur darauf gerichtet gewesen sei, die auf den 31.12.2000 für den Kläger zu 1) und die Klägerin zu 3) festgestellten verrechenbaren Verluste im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung des Gewinns für den Veranlagungszeitraum 2001 zu berücksichtigen. Aus der Akte ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Bearbeiterin den Bescheid auch wegen anderer Punkte habe aufgreifen wollen. Dass der Bescheid falsch sei, sei ohne weiteres zu erkennen gewesen, weil alle Zahlen verändert gewesen seien, was offenkundig nicht mit der Einspruchsabhilfe in Zusammenhang habe stehen können. Da alle Zahlen verändert worden seien, sei auch klar gewesen, dass keine rechtlichen Überlegungen zu den neuen Zahlen geführt haben könnten. Letzte Gewissheit, dass nur ein Fehler in der EDV zu dem Bescheid geführt haben könne, hätte jeder Dritte schließlich aufgrund der Tatsache gewonnen, dass im Bescheidkopf ein Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben worden sei, obwohl der ursprünglich ausgebrachte Vorbehaltsvermerk bereits im Bescheid vom 11.12.2003 aufgehoben worden sei.

    Das Gericht hat zunächst auch die KG als Klägerin angesehen und diese als Klägerin zu 1) und die Kläger zu 1) -4) als Kläger zu 2) bis 5) bezeichnet. Nach Erörterung des Sachverhaltes in der mündlichen Verhandlung wurde die Klage im Einverständnis mit den Beteiligten nur noch als von den Gesellschaftern erhoben angesehen und das Rubrum entsprechend berichtigt. Die ursprünglich als Kläger zu 2) bis 5) bezeichneten Kläger sind seither die Kläger zu 1) -4).

    Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen „H” und „U”. Wegen des Beweisthemas wird auf Blatt 105 und 108 der Gerichtsakte und wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 01.03.2011 Bezug genommen. Auf die Vernehmung des ebenfalls erschienenen Zeugen „A” wurde im Einvernehmen mit allen Beteiligten verzichtet.

    Gründe

    Die Klage ist zulässig und begründet.

    A. Die Klage ist zulässig.

    1. Der im Namen der KG i.L. eingelegte Einspruch ist als für die Kläger zu 1) bis 4) erhoben anzusehen.

    Die KG ist am 27.12.2004 im Handelsregister gelöscht worden und war damit zivilrechtlich nicht mehr existent. Dementsprechend stand der KG am 29.12.2004 die Einspruchsbefugnis aus § 352 Abs. 2 AO nicht mehr zu (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofes – BFH – vom 1. Juli 2004 IV R 4/03, BFH/NV 2005, 162 mit weiteren Nachweisen), diese ist vielmehr uneingeschränkt auf die betroffenen Gesellschafter übergegangen. Der Einspruch kann aber als Rechtsbehelf der ehemaligen Gesellschafter ausgelegt werden, weil davon auszugehen ist, dass die seinerzeit tätigen steuerlichen Berater den Rechtsbehelf einlegen wollten, der dem Begehren der (ehemaligen) Gesellschafter zum Erfolg verhilft (Zur Auslegung des von einer rechtskundigen Person eingelegten Rechtmittels vgl. BFH-Urteil vom 1. Juli 2004 IV R 4/03, BFH/NV 2005, 162 mit weiteren Nachweisen). Vorliegend dauerte die Liquidation der KG bereits längere Zeit an, weshalb die steuerlichen Berater jederzeit damit rechnen mussten, dass die KG – ggf. auch ohne dass ihnen das bekannt werden würde – gelöscht und damit zivilrechtlich vollbeendet wird. In einer solchen Situation wird man den Einspruch zumindest auch als im Namen der ehemaligen Gesellschafter erhoben ansehen müssen. Dieser Auffassung waren ersichtlich auch die Beteiligten: Die Gesellschafter haben alle selbst Klage erhoben. Der Beklagte hat im Termin bestätigt, dass auch er davon ausgehe, dass der Einspruch im Namen der Gesellschafter erhoben worden sei.

    2. Auf die zwischen den Beteiligten problematisierte Frage, ob das Einspruchsverfahren durch ordnungsgemäße Bekanntgabe einer Einspruchsentscheidung durchgeführt worden ist (vgl. § 44 Finanzgerichtsordnung – FGO–), kommt es nicht an, da die am 10.9.2008 und damit drei Jahre und neun Monate nach Einlegung des Rechtsbehelfes erhobene Klage jedenfalls als Untätigkeitsklage gem. § 46 FGO zulässig wäre.

    B. Die Klage ist begründet.

    Der angefochtene Änderungsbescheid vom 30.11.2004 über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte der KG für das Jahr 2001 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung sind rechtwidrig und verletzten die Kläger in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

    Der Beklagte durfte den Bescheid vom 2.2.2004 nicht gem. § 129 AO ändern.

    1. Nach § 129 Satz 1 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen.

    a) „Ähnliche offenbare Unrichtigkeiten” sind einem Schreib- oder Rechenfehler ähnliche mechanische Versehen. Bei der automatisierten Bearbeitung von Steuerbescheiden kann eine offenbare Unrichtigkeit in Gestalt fehlerhafter Eintragungen in Eingabewertbögen, etwa bei einem unbeabsichtigten, unrichtigen Ausfüllen, vorliegen. In Betracht kommen auch offenbare Unrichtigkeiten, die auf Irrtümern über den tatsächlichen Ablauf des maschinellen Verfahrens bzw. auf der Nichtbeachtung der für das maschinelle Veranlagungsverfahren geltenden Dienstanweisung beruhen, etwa bei Verwendung falscher Schlüsselzahlen oder beim Übersehen notwendiger Eintragungen (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 5. Februar 1998 IV R 17/97, Sammlung amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFHE – 185, 345, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1998, 535; BFH-Urteil vom 11. Juli 2007 XI R 17/05, BFH/NV 2007, 1810 und BFH-Urteil vom 1. Juli 2010 IV R 56/07, BFH/NV 2010, 2004, jeweils m.w.N.). Erst Recht ist eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit bei der automationsgestützten Bearbeitung von Steuerbescheiden anzunehmen, wenn sich der Bearbeiter nicht über die einzugebende Kennziffer irrt, sondern sich bei Eingabe dieser Zahl lediglich vertippt.

    b) In den Bereich der Willensbildung fallende Fehler bei der Auslegung oder Nichtanwendung einer Rechtsnorm, unrichtige Tatsachenwürdigung, unzutreffende Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts oder Fehler, die auf mangelnder Sachaufklärung bzw. Nichtbeachtung feststehender Tatsachen beruhen, schließen die Anwendung des § 129 Satz 1 AO aus (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 27. März 1987 VI R 63/84, BFH/NV 1987, 480; BFH-Urteil vom 5. Februar 1998 IV R 17/97, BFHE 185, 345, BStBl II 1998, 535; BFH-Urteil vom 16. März 2000 IV R 3/99, BFHE 191, 226, BStBl II 2000, 372; BFH/NV 2005, 1013; BFH-Urteil vom 1. Juli 2010 IV R 56/07, BFH/NV 2010, 2004, jeweils m.w.N). Besteht eine mehr als nur theoretische Möglichkeit eines Rechtsirrtums, so liegt kein bloßes mechanisches Versehen und damit auch keine offenbare Unrichtigkeit mehr vor, ebenso nicht bei einer unrichtigen Tatsachenwürdigung, bei der unzutreffenden Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts oder bei Fehlern, die auf mangelnder Sachaufklärung beruhen (vgl. BFH- Urteil vom 5. Februar 1998 IV R 17/97, BFHE 185, 345, BStBl II 1998, 535 und BFH-Urteil vom 1. Juli 2010 IV R 56/07, BFH/NV 2010, 2004, jeweils m.w.N).

    c) Eine nur oberflächliche Bearbeitung des Steuerfalles hindert die Anwendung der Vorschrift nicht. Häufen sich aber die Unachtsamkeiten und wird Zweifeln, die sich aufdrängen, nicht nachgegangen, so ist kein einem Schreibfehler oder Rechenfehler ähnliches mechanisches Versehen mehr gegeben (BFH-Urteil vom 4.November 1992 XI R 40/91, BFH/NV 1993, 509 m.w.N.).

    d) Auch wenn nur das offenbar ist, was für alle Beteiligten durchschaubar, erkennbar, eindeutig oder augenfällig ist, muss die offenbare Unrichtigkeit nicht aus dem Bescheid selbst erkennbar sein (z.B. BFH-Urteil vom 22. August 1989 VIII R 110/86, BFH/NV 1990, 205; BFH-Urteil vom 17. November 1998 III R 2/97, BFHE 187, 148, BStBl II 1999, 62,BFH-Urteil vom 11. Juli 2007 XI R 17/05, BFH/NV 2007, 1810, alle m.w.N.; BFH-Beschluss vom 5. Januar 2005 III B 79/04, BFH/NV 2005, 1013). Indem der Wortlaut des § 129 Satz 1 AO auf „offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind,” abstellt, kommt es entscheidend auf die Umstände bei der Entscheidungsfindung und demzufolge vornehmlich auf den Akteninhalt an (vgl. BFH-Urteil vom 11. Juli 2007 XI R 17/05, BFH/NV 2007, 1810 und BFH-Urteil vom 1. Juli 2010 IV R 56/07, BFH/NV 2010, 2004, beide m.w.N.). Maßgebend ist deshalb, ob der Fehler bei Offenlegung des aktenkundigen Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen (objektiven) Dritten klar und deutlich als offenbare Unrichtigkeit erkennbar ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 17. Juni 2004 IV R 9/02, BFH/NV 2004, 1505; BFH-Urteil vom 22. August 1989 VIII R 110/86, BFH/NV 1990, 205, BFH-Urteil vom 11. Juli 2007 XI R 17/05, BFH/NV 2007, 1810; BFH-Beschluss vom 22. August 2006 I B 21/06, BFH/NV 2007, 10, jeweils m.w.N.; vgl. auch Klein/Brockmeyer, Kommentar zur Abgabenordnung 10. Auflage 2009, § 129 Rz 13; von Wedelstädt in Beermann/Gosch, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung mit Nebengesetzen, EuGH-Verfahrensrecht, § 129 AO Rz 38). In den objektivierten Erkenntnishorizont dieses Dritten sind neben dem Akteninhalt regelmäßig auch im konkreten Fall einschlägige interne Arbeits- und Dienstanweisungen einzubeziehen (vgl. BFH-Urteil vom 1. Juli 2010 IV R 56/07, BFH/NV 2010, 2004).

    e) Ob ein die Berichtigung ausschließender Sachverhalt oder aber ein Versehen im Sinne von § 129 AO vorliegt, das zum Erlass eines offenbar unrichtigen Bescheides geführt hat, muss nach den Verhältnissen des Einzelfalls und dabei insbesondere nach der Aktenlage beurteilt werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 5. Februar 1998 IV R 17/97, BFHE 185, 345, BStBl II 1998, 535; BFH-Urteil vom 16. März 2000 IV R 3/99, BFHE 191, 226, BStBl II 2000, 372; BFH-Urteil vom 11. Juli 2007 XI R 17/05, BFH/NV 2007, 1810 und BFH-Urteil vom 1. Juli 2010 IV R 56/07, BFH/NV 2010, 2004, alle m.w.N.; Klein/Brockmeyer, § 129 Rz 4).

    2. Das Gericht geht aufgrund des Inhaltes der Akten und dem Ergebnis der Beweisaufnahme von folgendem Sachverhalt aus, der zu dem missglückten Bescheid vom 2.2.2004 geführt hat:

    Die Zeugin „H” wollte dem Einspruch der KG abhelfen. Dazu hat sie zunächst den laufenden Gewinn des Klägers zu 1) aus dem Gesamthandsbereich der KG und den laufenden Gewinn der Klägerin zu 3) aus dem Gesamthandsbereich der KG mit dem jeweils auf den 31.12.2000 festgestellten Verlust im Sinne von § 15 a EStG personell verrechnet. Um im Rechner eine Veränderung bei den laufenden Gewinnen vornehmen zu können, hat sie im Sachbereich der KG unter der Kennziffer 702 den Wert 0 eingegeben. Sie ist dann davon ausgegangen, dass aufgrund der Eingabe der 0 im Sachbereich der Gesellschaft bei allen Gesellschaftern zu der Kennziffer 702 eine Eingabe zu erfolgen hat, denn anders ist nicht zu erklären, dass sie auch zu den laufenden Gewinnen der von § 15 a EStG nicht betroffenen Gesellschafter Anweisungen getroffen hat, wie der Eingabewertbogen belegt.

    Bei der Anweisung des laufenden Gewinns (nach Anwendung von § 15 a EStG) des Klägers zu 1) hat die Zeugin den für die Anlage FE-V personell errechneten Betrag nicht um die laufenden Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben des Klägers zu 1) erhöht und deshalb statt 362.132 DM einen verbleibenden laufenden Gewinn von nur 175.838 DM angesetzt (Fehler 1 a). Bei der Anweisung des laufenden Gewinns der Klägerin zu 3) ist ihr derselbe Fehler unterlaufen (Fehler 1 b).

    Bei der Anweisung des laufenden Gewinns der Klägerin zu 2) und der Klägerin zu 4), bei denen keine Verrechnung gem. § 15 a EStG zu erfolgen hatte, hat die Zeugin aus dem Bescheid vom 11.12.2003 weder den laufenden Gewinn aus dem Gesamthandbereich noch den gesamten laufenden Gewinn (Gesamthands- und Sonderbetriebsvermögensbereich), sondern den Gesamtgewinn des jeweiligen Gesellschafters (laufender und Veräußerungsgewinn) übernommen (Fehler 2 a und Fehler 2 b), was dazu geführt hat, dass die laufenden Gewinne dieser Gesellschafter um die jeweiligen Aufgabegewinne erhöht wurden. Aus den Akten lässt sich nicht entnehmen, dass die Zeugin Berechnungen zum Gewinn der Klägerinnen zu 2) und 4) vorgenommen hat. Sie ist in der Vernehmung selbst davon ausgegangen, dass sie die Beträge aus dem Vorbescheid abgeschrieben und sich hierbei in der Zeile vertan hat. Die Umpolung beruhte nicht, wie vom Beklagten im Einspruchsverfahren vorgetragen, auf der Anweisung der 0 im Sachbereich der Gesellschaft zu der Kennziffer 703, denn der Eingabewertbogen bestätigt, dass die geänderten Daten auf einer personellen Eingabe beruhen; außerdem war eine solche programmgesteuerte Umpolung nicht möglich (vgl. insoweit auch den im Einspruchsvorgang befindlichen Auszug aus der Dienstanweisung des Beklagten über die automatische Datenverarbeitung – DA – ADV).

    Die Zeugin hat des Weiteren im Sachbereich der Gesellschaft zu der Kennziffer 703 eine 0 angewiesen, ohne Eintragungen zu der Kennziffer 703 in dem Sachbereich jedes Gesellschafters vorzunehmen (Fehler 3), was dazu geführt hat, dass für alle Gesellschafter ein Veräußerungsgewinn von 0 im Bescheid ausgewiesen wurde.

    Hinsichtlich der Daten, zu denen die Zeugin keine Veränderungen in den Finanzamtsrechner angewiesen hatte, hat der Computer nicht die Werte des Bescheides vom 1.12.2003, sondern die des Bescheides vom 2.12.2002 beigestellt (Fehler 4).

    Nach der Prüfberechnung hat die Zeugin „U” als für die Zeugin „H” zuständige Sachgebietsleiterin den Bescheid als ordnungsgemäß freigegeben (Fehler 5).

    3. Eine Korrektur der Fehler gem. § 129 AO kommt nicht in Betracht.

    Zwar könnte ein Teil der Fehler möglicherweise berichtigt werden, wenn die Zeugin „H” den Bescheid erlassen hätte (dazu nachfolgend 3 a), wobei die Korrekturbefugnis auch dann wegen der Anhäufung der Unkorrektheiten bei der Bearbeitung des Bescheides zumindest zweifelhaft wäre (siehe dazu unter 4). Da die Zeugin aber kein eigenes Zeichnungsrecht hatte, ist die Zeugin „U” als zuständige Sachgebietsleiterin als diejenige anzusehen, die den Bescheid erlassen hat. Ihr ist dabei kein Schreib- oder Rechenfehler oder eine einem solchen Fehler ähnliche Unrichtigkeit unterlaufen (dazu nachfolgend 3 b).

    a) Die Fehler 1, 2 und 4 hätten gem. § 129 AO jedenfalls dann korrigiert werden können, wenn die Zeugin „H” ein Zeichnungsrecht für den zu beurteilenden Steuerfall gehabt hätte, für die Frage einer Berichtigung jeweils nur auf das einzelne Versehen abzustellen wäre und der Tatsache, dass eine Vielzahl von Versehen zu einem Bescheid geführt hat, in dem keine Zahl richtig ist, für die Berichtigungsbefugnis keine Bedeutung zukommt. Der Fehler 3 wäre auch unter diesen Voraussetzungen nicht nach § 129 AO zu korrigieren gewesen.

    aa) Hinsichtlich des Fehlers zu 1) ist die Zeugin „H” wahrscheinlich davon ausgegangen, dass nur der nach Anwendung von § 15 a EStG verbleibende laufende Gewinn aus dem Gesamthandsbereich unter der Kennziffer 702 einzugeben war und das Ergebnis aus dem Sonderbetriebsvermögensbereich automatisch beigestellt werden würde. Diese Annahme wäre zwar falsch, aber plausibel, weil das Ergebnis aus dem Sonderbetriebsvermögensbereich unter diversen Kennzahlen separat im Rechner hinterlegt war und auch materiell- rechtlich eine Verrechnung gem. § 15a EStG (grundsätzlich) nur mit laufenden Gewinnen aus dem Gesamthandsbereich erfolgen darf, was es logisch erscheinen ließe, wenn auch der Rechner (nur) den nach Anwendung von § 15 a EStG verbleibenden laufenden Gesamthandsgewinn unter der Kennziffer 702 abfragte. Für ein solches Programmverständnis der Zeugin spräche auch, dass sie hinsichtlich der Kläger zu 2) und 4) als laufende Gewinne die Gesamtsumme (laufender Gewinn und Veräußerungsgewinn) der Einkünfte aus der KG eingetragen hat (Fehler 2). Zwar war auch diese Eintragung falsch. Sie beruht aber ersichtlich darauf, dass die Zeugin den laufenden Gewinn aus dem Gesamthandsbereich, wie er in dem Bescheid vom 1.12.2003 ausgewiesen war, übernehmen wollte und hierbei eine Zeile zu weit nach oben gerutscht ist. Der Gesamtgewinn (laufender und Veräußerungsgewinn) des jeweiligen Gesellschafters aus seiner Beteiligung steht im Bescheid eine Zeile über dem laufenden Gewinn aus dem Gesamthandsbereich, so dass es leicht passieren kann, beide Beträge zu vertauschen. Es gab ersichtlich keinen Grund, anlässlich der Abhilfe, die nur den Kläger zu 1) und die Klägerin zu 3) betraf, die Veräußerungsgewinne der Klägerinnen zu 2) und 4) in laufende Gewinne umzuqualifizieren.

    Wenn auch viel für diese Version spricht, kann aufgrund der Aussage der Zeugin „H” nicht ausgeschlossen werden, dass sie seinerzeit davon ausgegangen ist, dass der unter der Kennziffer 702 einzugebende laufende Gewinn auch die Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben beinhalten musste. In diesem Fall hätte die Zeugin bei den Klägern zu 1) und 3) das Ergebnis aus dem Sonderbetriebsvermögen übersehen, was zu dem Fehler 1 geführt hätte.

    Fehler 1 (in beiden Varianten) und Fehler 2 wären aber grundsätzlich gem. § 129 AO korrigierbar gewesen (vgl. zum Irrtum über die Arbeitsweise eines Programms z. B. BFH-Urteil vom 5. Februar 1998 IV R 17/97, BFHE 185, 345, BStBl II 1998, 535; BFH-Urteil vom 11. Juli 2007 XI R 17/05, BFH/NV 2007, 1810 und BFH-Urteil vom 1. Juli 2010 IV R 56/07, BFH/NV 2010, 2004, jeweils m.w.N.; vgl. zum Übersehen bestimmter Besteuerungsgrundlagen z.B. BFH-Urteil vom 4. November 1992 XI R 40/91, BFH/NV 1993, 509 und zum Vertun beim Ablesen von Zahlen oder Daten vgl. z. B. BFH-Urteil vom 2. August 1974 VI R 137/71, BStBl. II 1974, 727; vgl. zu allen Versehen die Nachweise bei Tipke/Kruse § 129 AO Rz. 18 ff), denn anhand aller Umstände des Falles und dem Inhalt der Akten wäre ein objektiver Dritter zu dem Schluss gelangt, dass es nur aufgrund eines Irrtums über den Programmablauf/eines Übersehens der Ergebnisse aus dem Sonderbetriebsvermögensbereich und einer Übertragung falscher Werte aus dem Vorbescheid vom 11.12.2003 zu den Fehlern 1) und 2) gekommen sein konnte: Die Zeugin „H” wollte nur dem Einspruch abhelfen, wie der Erläuterungstext belegt. Das Ergebnis dieser Abhilfe konnte nur eine Verringerung des laufenden Gewinns der von § 15 a EStG betroffenen Gesellschafter in Höhe der jeweils für sie auf den 31.12.2000 festgestellten verrechenbaren Verluste sein. Eine darüber hinaus gehende Minderung hätte einen zusätzlichen Anlass haben müssen, der aus den Akten aber nicht ersichtlich ist. In diesem Zusammenhang ist besonders zu berücksichtigen, dass es sich um einen Fall der Großbetriebsprüfung handelte, von deren Feststellungen abzuweichen der Zeugin nach den innerdienstlichen Weisungen der Finanzverwaltung nicht gestattet war. Es lässt sich den Akten kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass die Zeugin weisungswidrig – über die Verlustverrechnung nach § 15 a EStG hinaus – eine weitere Minderung der Einkünfte vornehmen wollte. Aus dem Eingabewertbogen ergibt sich zudem, dass der bei den Klägern zu 1) und 3) zu der Kennziffer 702 eingetragene Betrag dem Wert in der personell angefertigten Anlage FE-V entspricht, in der nur das Ergebnis aus dem Gesamthandsbereich, nicht hingegen der Sonderbetriebsvermögensbereich zu berücksichtigen war. Auch dies indiziert, dass die Nichteinbeziehung des laufenden Sonderbetriebsergebnisses in den laufenden Gewinn nur auf einem Versehen beruhen kann.

    Der Feststellungsakte und den Gesamtumständen des Falles lässt sich ferner entnehmen, dass zwar (auch) die laufenden Gewinne der Kläger zu 2) und 4) im Rahmen der Einspruchsabhilfe neu einzugeben waren, aber kein Anlass (und auch keine Berechtigung) dafür bestand, von den Beträgen im Vorbescheid abzuweichen, so dass die Erfassung der Aufgabegewinne als Teil der laufenden Gewinne nur darauf beruhen kann, dass der Bearbeiter aus dem Vorbescheid falsch abgeschrieben hat.

    bb) Der Fehler zu 3) wäre auch dann nicht nach § 129 AO zu korrigieren, wenn die Zeugin „H” verantwortlich den Bescheid erlassen hätte.

    Der Senat ist davon überzeugt, dass die Eingabe der Null im Sachbereich der Gesellschaft nicht aufgrund eines Vergreifens oder Vertippens erfolgt ist, sondern die Kennziffer 703 bewusst, wenn auch lediglich zu dem Zweck angesprochen wurde, den Bescheid „rechenbar” zu machen. Hierbei hat sich die Zeugin nicht über die Wirkungsweise des Programms geirrt, sondern es spricht viel dafür, dass sie sich überhaupt keine Gedanken zu den aus dieser Eingabe herrührenden weiteren Konsequenzen für den Inhalt des Bescheides gemacht hat. Unter diesen Umständen konnte sie über die (programmtechnischen) Folgen ihrer Eingabe nicht irren, denn ein Irrtum setzt ein Auseinanderfallen zwischen der konkreten eigenen Vorstellung über die Wirkungsweise des Programms und dem tatsächlichen Resultat in Gestalt des Bescheides voraus. Wer sich keine Gedanken macht, irrt nicht, sondern hofft allenfalls, dass der Bescheid richtig sein werde.

    Wie die Zeugin „H” bekundet hat, war zum Zwecke der Einspruchsabhilfe grundsätzlich unter der Kennziffer 703 weder für die Gesellschaft noch für die Gesellschafter eine Eingabe erforderlich. Diese Einlassung entspricht dem anhand der vorliegenden Da-ADV gewonnenen Verständnis des Senates von der Arbeitsweise des Programms. Die Veräußerungsgewinne waren aufgrund der Eingaben zum Vorbescheid bereits im Rechner gespeichert. An diesen Werten waren keine Veränderungen geboten. Die Zeugin hat ferner ausgesagt, sie habe diesbezüglich auch keine Veränderungen vornehmen wollen, sondern einen Wert unter der Kennziffer 703 im Bereich der Gesellschaft wohl nur deswegen eingegeben, weil der Rechner eine Eingabe verlangt habe und anders kein Bescheid habe produziert werden können.

    Ein irrtümliches Ansprechen der Kennziffer 703 ist aufgrund dieser Einlassung auszuschließen. Aufgrund der Aussage ist auch auszuschließen, dass die Zeugin, so wie noch im Einspruchsverfahren vorgetragen, davon ausgegangen ist, sie müsse unter der Kennziffer 703 im Sachbereich der Gesellschaft eine Eingabe machen, damit die Veräußerungsgewinne automationsgestützt beigestellt werden würden. Schließlich kann die Zeugin auch nicht irrtümlich davon ausgegangen sein, der Rechner werde bei Eingabe der 0 im Sachbereich der Gesellschaft für die Gesellschafter automatisch die Werte aus dem Vorbescheid beistellen, denn wie das Verhalten bei der Bearbeitung der Kennziffer 702 gezeigt hat, war der Zeugin durchaus bewusst, dass im Falle der Eingabe einer 0 im Sachbereich der Gesellschaft die Werte für alle Gesellschafter, soweit sie nicht ebenfalls 0 sein sollten, personell in deren Sachbereich eingegeben werden mussten. Anders ist nämlich nicht zu erklären, dass sie dort auch für die Klägerinnen zu 2) und 4) die laufenden Gewinne eingeben wollte, obwohl diese nicht vom Vorbescheid abwichen.

    Dass die Zeugin um die Wirkungsweise der 0 im Sachbereich der Gesellschaft grundsätzlich wusste und trotzdem für die Gewinne der Gesellschafter in deren Sachbereich keine Eingabe getätigt hat, kann nicht anders als damit erklärt werden, dass sie sich damit begnügt hat, dass sich der Bescheid nach Eingabe der 0 zur Kennziffer 703 rechnen ließ, sie sich aber keine weiteren Gedanken über die Konsequenzen ihrer Eingabe gemacht hat.

    Einer Änderung nach § 129 AO stünde im übrigen, selbst wenn man ein Versehen im Sinne dieser Vorschrift annähme, entgegen, dass die Unrichtigkeit nicht offenbar ist. Ein objektiver Dritter könnte aus den Akten nicht entnehmen, was die Zeugin zur Eingabe der 0 zur Kennziffer 703 im Sachbereich der Gesellschaft veranlasst hat, denn ein entsprechender Programmhinweis des Rechners ist in den Akten nicht enthalten.

    cc) Der Fehler zu 4) wäre nach § 129 AO grundsätzlich als Programmfehler zu korrigieren gewesen. Die falschen Zahlenangaben beruhen nicht auf einer Eingabe der Zeugin „H” und können deshalb nur vom Rechner selbst beigesteuert worden sein. Dieses „Versehen” des Rechners führt zu einer offenbaren Unrichtigkeit, denn aus den Steuerakten ist zu erkennen, dass mit Ausnahme der personell von der Zeugin „H” veränderten Daten automatisch das Zahlenwerk des Bescheids vom 2.12.2002 beigestellt worden ist.

    b) Eine Korrektur des Bescheides vom 2.2.2004 gem. § 129 AO ist aber ausgeschlossen, weil die Zeugin „H” seinerzeit für den hier zu beurteilenden Steuerfall kein eigenes Zeichnungsrecht hatte und daher nicht sie, sondern die Zeugin „U” den Bescheid erlassen hat. Ihr ist dabei kein Schreib- oder Rechenfehler oder ein ähnliches Versehen unterlaufen.

    Die Zeugin „U” hat ausgesagt, dass sie den betreffenden Bescheid als Prüfberechnung gesehen, geprüft, für zutreffend befunden und anschließend freigegeben habe. Es kann dahinstehen, ob der Senat diese Aussage für glaubhaft hält.

    Sollte sich die Zeugin den Bescheid tatsächlich angeschaut haben, mussten sich ihr Zweifel an der Richtigkeit des Bescheides aufdrängen. Es waren nicht nur ein oder zwei Werte, sondern alle Zahlen falsch. Sie wichen zudem von den Werten des zu ändernden Bescheides vom 11.12.2003 erheblich und in einer Weise ab, die mit der Einspruchserledigung nicht erklärt werden konnte. Die Werte in dem Bescheid waren außerdem untereinander nicht plausibel, denn die Summe der auf die Gesellschafter verteilten laufenden Gewinne entsprach offensichtlich nicht dem im Bereich der Gesellschaft ausgewiesenem laufenden Gewinn und die Summe der auf die Gesellschafter verteilten Aufgabegewinne wich erheblich von dem im Bereich der Gesellschaft ausgewiesenen Aufgabegewinn ab, was beides bei einem richtigen Bescheid nicht möglich ist. Wird solch offenkundigen Mängeln des Bescheids nicht nachgegangen, ist kein einem Schreib- oder Rechenfehler ähnliches mechanisches Versehen mehr gegeben (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1993, 509). Wenn die Sachgebietsleiterin den Bescheid trotzdem als ordnungsgemäß freigegeben hat, ist nicht auszuschließen, dass die Freigabe das Resultat einer – wenn auch abwegigen – rechtlichen Würdigung gewesen ist.

    Sollte sich die Zeugin den Bescheid nicht angeschaut haben, könnte der Bescheid erst Recht nicht geändert werden, denn wenn eine Korrektur nach § 129 AO bei sich aufdrängenden Zweifeln ausgeschlossen ist, muss dies allemal dann gelten, wenn dem zur Prüfung Verpflichteten deswegen keine Zweifel kommen, weil er von vornherein keine Kontrolle vornimmt.

    4. Da schon aufgrund der vorstehenden Ausführungen eine Änderung des Bescheides vom 2.12.2004 nach § 129 AO ausgeschlossen war, braucht der Frage nicht nachgegangen zu werden, ob eine Korrektur nicht auch wegen der Häufung der Unachtsamkeiten im Bescheid ausgeschlossen gewesen wäre (vgl. dazu BFH-Urteil in BFH/NV 1993, 509) und ob von einer offenbaren Unrichtigkeit noch gesprochen werden kann, wenn zwar jedes „Versehen” einer (Folge-) Unrichtigkeit im Bescheid zugeordnet werden kann, aufgrund der Vielzahl der Versehen und der Unrichtigkeiten aber diese Zuordnung wie im vorliegenden Fall langwierige Ermittlungen über die seinerzeitige Funktionsweise des Programms und eine Beweisaufnahme über die Überlegungen des Sachbearbeiters und des Sachgebietsleiters erfordert. Dass sich diese Zuordnung nicht offenkundig und ohne weiteres aus den Akten ergibt, ist im vorliegenden Fall nicht zuletzt daran deutlich geworden, dass der Beklagte selbst bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens den Sachverhalt nicht vollständig rekonstruieren konnte, denn noch in der Einspruchsentscheidung heißt es, die Zeugin „H” habe zu der Kennziffer 703 im Bereich der Gesellschaft eine Eingabe machen wollen, weil sie auf diesem Wege die automatische Neuberechnung der (laufenden) Einkünfte der Kläger zu 1) und 3) habe erreichen wollen, hierbei dann irrtümlich die 0 statt der 1 eingegeben, wobei die Eingabe der 0 dann (unter anderem) zu der Umqualifizierung der Veräußerungsgewinne der nicht von § 15 a EStG betroffenen Gesellschafter in laufende Gewinne geführt habe.

    5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    6. Die Entscheidung über die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 FGO.

    VorschriftenAO § 129, EStG § 15, EStG § 15a, EStG § 16