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  • 15.06.2011

    Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 24.08.2010 – 2 K 2076/09

    - Eine Haushaltsaufnahme i.S. des § 64 Abs. 2 S. 1 EStG ist dann gegeben, wenn das Kind in die Familiengemeinschaft mit einem dort begründeten Betreuungs- und Erziehungsverhältnis aufgenommen worden ist; neben dem örtlich gebundenen Zusammenleben müssen Voraussetzungen materieller Art (Versorgung, Unterhaltsgewährung) und immaterieller Art (Fürsorge, Betreuung) erfüllt sein. Die Betreuung des Kindes im Haushalt eines Berechtigten muss dabei einen zeitlich bedeutsamen Umfang und nicht nur Besuchs- oder Feriencharakter haben.


    - Von einer gleichwertigen oder annähernd gleichwertigen Haushaltsaufnahme in getrennten Haushalten ist auszugehen, wenn beide Berechtigte die allgemeinen Obhutsvoraussetzungen einer Haushaltsaufnahme in annähernd gleichem zeitlichem Umfang erfüllen.


    - Von einer Haushaltsaufnahme in annähernd gleichem zeitlichem Umfang ist auszugehen, wenn sich das Kind in zeitlicher Hinsicht zumindest zu 40% im Haushalt des einen Berechtigten aufhält. Ein Verhältnis von 30% zu 70% erfüllt diese Voraussetzungen nicht mehr.


    - Für den Fall der gleichwertigen Aufnahme in mehreren Haushalten, ist § 64 Abs. 2 – 4 EStG analog anzuwenden mit der Maßgabe, dass die Elternteile bestimmen, wer in Bezug auf das Kindergeld vorrangig Berechtigter ist. Tragen Sie hier den Leitsatz ein, der den wesentlichen Inhalt der Entscheidung in Kurzform wiedergibt


    Tatbestand

    Streitgegenstand im vorliegenden Klageverfahren ist der Bescheid vom 2.3.2009, mit welchem die beklagte Behörde die Kindergeldfestsetzung gegenüber dem Kläger mit Wirkung ab Februar 2009 gemäß § 70 Abs. 2 EStG aufgehoben hat sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 16.7.2009.

    Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger im Streitzeitraum ab Februar 2009 bis Ende Juli 2009 (Monatsende der letzten Verwaltungsentscheidung) das minderjährige leibliche Kind K. überwiegend in seinen Haushalt aufgenommen hatte oder ob diese Voraussetzung bei der Kindsmutter vorlag (so im Verwaltungsverfahren die Auffassung der beklagten Familienkasse). Die Kindsmutter wurde mit Beschluss vom 26.2.2010 zum Verfahren beigeladen

    60 Abs. 1 FGO, § 174 Abs. 5 Satz 2 AO).

    Im Streit ist ferner, wem von beiden (Kläger oder Beigeladene) das Kindergeld für den Streitzeitraum zusteht, falls beide das gemeinsame leibliche Kind während dieser Zeit in einem annähernd gleichen zeitlichen Umfang in den jeweiligen (getrennten) Haushalt aufgenommen hatten.

    Dem Rechtsstreit liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:

    Der Kläger und die Beigeladene haben am 3.8.1995 geheiratet. Aus dieser Ehe ging die am 6.9.1995 geborene leibliche Tochter K. hervor. Für dieses Kind beantragte der Kläger unter dem 27.9.1995 Kindergeld zur Auszahlung an sich, womit sich die Beigeladene ausdrücklich durch ihre Unterschrift auf dem Antragsvordruck einverstanden erklärte.

    Das Kindergeld wurde seitdem an den Kläger ausgezahlt. Daran änderte sich auch nichts, nachdem sich die Beigeladene im Jahr 2000 vom Kläger getrennt hatte und in eine andere Wohnung – F., AA-Str. – gezogen war. Der Kläger verblieb damals in der bisherigen – zuvor gemeinsam genutzten ehelichen – Wohnung in F., BB-Str..

    Zeitnah zum Umzug der Beigeladenen im Jahr 2000 hatte der Kläger der beklagten Familienkasse lediglich eine neue Bankverbindung für die Überweisung des Kindergeldes für K. mitgeteilt, jedoch nichts über die Veränderung in den familiären Verhältnissen (wozu er verpflichtet war).

    Nachdem die beklagte Familienkasse Kenntnis davon erlangt hatte, dass sich die Beigeladene polizeilich in die F., AA-Str. umgemeldet hatte sowie davon, dass für die Tochter die Anschrift F., AA-Str. als Hauptwohnsitz und die Anschrift des Klägers, F., BB-Str., als Nebenwohnsitz registriert war, forderte die beklagte Familienkasse den Kläger mit Schreiben vom 15.9.2003 auf klarzustellen, in wessen Haushalt die Tochter K. sich denn nun aufhalte.

    Mit Schreiben vom 6.10.2003 teilte der Kläger daraufhin der beklagten Familienkasse mit, dass die Beigeladene und er das Sorgerecht bezüglich der Tochter K. gemeinsam ausübten und dass auch die Betreuung des Kindes von beiden Elternteilen in etwa zu gleichen Teilen ausgeübt werde. K. halte sich in der 1. Wochenhälfte bei der Mutter, in der 2. Wochenhälfte bei ihm auf, die Betreuung in den Ferien werde geteilt.

    Im weiteren Verfahren legte der Kläger schließlich am 11.12.2003 der beklagten Familienkasse eine schriftliche Einverständniserklärung der Beigeladenen vor, dass dem Kläger das Kindergeld ausgezahlt werde.

    Das Kindergeld wurde daraufhin weiterhin bis Ende 2006 an den Kläger ausgezahlt.

    Mit Schreiben vom 2.11.2006 bat der Kläger die beklagte Familienkasse – unter der Überschrift: „Änderung der Bankverbindung” – um künftige Auszahlung des Kindergeldes auf ein Konto der Beigeladenen.

    Daraus entwickelte sich zwischen der beklagten Familienkasse und dem Kläger ein Schriftverkehr darüber, in wessen Haushalt die Tochter K. aufgenommen sei. Dieser mündete in den Bescheid vom 12.1.2007, mit welchem die beklagte Familienkasse die Kindergeldfestsetzung gegenüber dem Kläger mit Wirkung ab Dezember 2006 aufhob mit der Begründung, die Beigeladene habe das Kind in ihren Haushalt aufgenommen und sei daher vorrangig kindergeldberechtigt.

    In dem darauf folgenden Einspruchsverfahren legte der Kläger unter Vorlage von entsprechenden Aufstellungen (für den gesamten bisherigen Trennungszeitraum) und Haushaltsbescheinigungen dezidiert dar, dass die Tochter K. in etwa gleichem zeitlichen Umfang sowohl in den Haushalt der Beigeladenen als auch in seinen aufgenommen gewesen sei und dass beide Elternteile mit der Weiterzahlung an ihn einverstanden seien. Unter dem 23.1.2007 legte er außerdem eine von der Beigeladenen unterschriebene Weiterleitungsbestätigung für den Zeitraum vom Januar 2001 bis zum November 2006 vor.

    Mit Bescheid vom 12.2.2007 half die beklagte Familienkasse daraufhin dem Einspruch ab und verfügte das Weiterbestehen der Kindergeldfestsetzung zugunsten des Klägers mit der Begründung: „Die zu Ihren Gunsten getroffene Berechtigtenbestimmung bleibt bis zum Widerruf wirksam.” Dementsprechend wurde das Kindergeld weiter an den Kläger ausgezahlt.

    Mit Bescheid vom 2.3.2009, das ist der im vorliegenden Verfahren angefochtene Bescheid, hob die beklagte Familienkasse die Kindergeldfestsetzung gegenüber dem Kläger – ohne vorherige Anhörung und für den Kläger wohl mehr oder weniger „aus heiterem Himmel” – mit Wirkung ab Februar 2009 gemäß

    § 70 Abs. 2 EStG auf mit der Begründung. „Die Mutter hat das Kind in ihren Haushalt aufgenommen. Sie hat somit den vorrangigen Anspruch auf Kindergeld (§ 64 Abs. 2 Satz 1 EStG).”

    Dem lag offenbar ein Ende Januar 2009 bei der beklagten Familienkasse eingegangener Kindergeldantrag der Beigeladenen zugrunde, der eine Haushaltbescheinigung vom 27.1.2009 beigefügt war, wonach die Tochter K. zum Haushalt der Beigeladenen gehöre. Die Familienkasse zahlte daraufhin sofort – ohne weitere Prüfung des Sachverhalts – der Beigeladenen Kindergeld für die Monate Februar und März 2009 aus und hob zugleich die Kindergeldfestsetzung gegenüber dem Kläger mit dem oben genannten Bescheid auf. Wegen des anschließenden Schriftverkehrs zwischen der Familienkasse und der Beigeladenen wird auf den Inhalt der Kindergeldakte der Beigeladenen (KD-Nr. 00000) Bezug genommen.

    Im Einspruchsverfahren wegen des Bescheids vom 2.3.2009 zog die Familienkasse die Beigeladene gemäß § 360 Abs. 3 AO zum Verfahren hinzu. Diese widersprach der Darstellung des Klägers, es liege eine etwa hälftige Haushaltsaufnahme vor und war auch zunächst nicht bereit, der Aufforderung der Familienkasse zu einer erneuten Berechtigtenbestimmung zu folgen.

    Darauf erging die mit der Klage ebenfalls angegriffene Einspruchsentscheidung vom 16.7.2009, mit welcher die Familienkasse die Auffassung vertrat, die Tochter K. sei im Streitzeitraum nicht in den Haushalt des Klägers, sondern den der Beigeladenen aufgenommen.

    Mit der hiergegen rechtzeitig erhobenen Klage vertritt der Kläger – unter Beifügung entsprechender Aufstellungen – weiterhin die Auffassung, die Tochter K. sei im Streitzeitraum in etwa im gleichen zeitlichen Umfang sowohl in den Haushalt der Beigeladenen als auch in seinen aufgenommen gewesen. Außerdem legte er eine neue Berechtigtenbestimmung vom 1.10.2009 vor, wonach beide Elternteile weiterhin den Kläger zum Kindergeldberechtigten bestimmten.

    Auf der Grundlage der neuen Berechtigtenbestimmung vom 1.10.2009 und in Ansehung der rechtlich nur eingeschränkt möglichen Rückwirkung derselben auf Monate, für die noch kein Kindergeld ausgezahlt wurde (im Streitfall: Auszahlung an die Beigeladene für Februar und März 2009) machte das Gericht den Beteiligten unter dem 27.1.2010 (vgl. Bl. 71,72 der Gerichtsakten) einen Vergleichsvorschlag, den zwar der Kläger, nicht jedoch die Beigeladene annahm (vgl. E-Mail der Beigeladenen vom 12.4.2010; Bl. 105 der Gerichtsakten).

    Wegen des weiteren Vorbringens des Klägers und der Beigeladenen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.

    Der Kläger beantragt,

    den streitbefangenen Bescheid vom 2.3.2009 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 16.7.2009 aufzuheben.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

    Wegen des Vorbringens der Beklagten wird auf die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen. Die Beklagte vertritt demnach die Auffassung, dass nach dem Gesamtbild der Verhältnisse von einer überwiegenden Haushaltsaufnahme bei der Beigeladenen auszugehen sei.

    Das Gericht hat auf der Grundlage des Beweisbeschlusses vom 8.7.2010 die Tochter K. in der mündlichen Verhandlung vom 24.8.2010 als Zeugin vernommen. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Kindergeldakten (KG-Nr. 111111 (Kläger) und KG-Nr. 000000 (Beigeladene) verwiesen.

    Gründe

    Die Klage ist begründet, soweit es die Monate April bis Juli 2009 betrifft. Das Gericht ist dabei zu der Überzeugung gelangt, dass das Kind K. im Streitzeitraum von Februar bis Juli 2009 in annähernd gleichem Umfang sowohl in den Haushalt des Klägers als auch der Beigeladenen aufgenommen war.

    Hinsichtlich der Monate Februar und März 2009 konnte die Klage deshalb keinen Erfolg haben, weil die im Verlaufe des Klageverfahrens getroffene neue Berechtigtenbestimmung des Klägers und der Beigeladenen vom 1.10.2009 insoweit keine Rückwirkung entfalten konnte, weil das Kindergeld für die Monate Februar und März 2009 bereits an die Beigeladene ausgezahlt worden war.

    Im Einzelnen gilt folgendes:

    Der Streitgegenstand bzw. der Streitzeitraum im vorliegenden Klageverfahren wird zum einen durch den Inhalt der angefochtenen Veraltungsakte konkretisiert, zum anderen durch den Klageantrag.

    Der im Streitfall angefochtene Bescheid vom 2.3.2009 war ein klassischer Aufhebungsbescheid. Mit ihm wurde die vorangegangene positive Kindergeldfestsetzung mit Wirkung ab Februar 2009 zu Lasten des Klägers aufgehoben. Die beklagte Familienkasse hat dies damit begründet, dass das Kind K. ab Februar nicht mehr im Haushalt des Klägers, sondern in den Haushalt der Kindsmutter, der Beigeladenen, aufgenommen gewesen sei. Das ist eine Änderung in den anspruchsbegründenden Verhältnissen, für die § 70 Abs. 2 EStG als Korrekturnorm heranzuziehen ist. Zugrunde zu legen ist beim Erlass eines solchen Bescheids der Sach- und Rechtsstand zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung. In dem darauf folgenden Einspruchsverfahren hatte die beklagte Behörde sodann den Einzelfall in vollem Umfang erneut zu prüfen und der Einspruchsentscheidung vom 16.7.2009 den Sach- und Rechtsstand zum Entscheidungsdatum zugrunde zu legen, d.h. nach dem im Kindergeldrecht geltenden Monatsprinzip den Sach- und Rechtsstand bis zum Ende des Monats Juli 2009.

    Da mit der vorliegenden Klage eine reine Anfechtungsklage anhängig gemacht wurde, prüft das Gericht lediglich, ob die beiden angefochtenen Verwaltungsakte (Bescheid und Einspruchsentscheidung) rechtmäßig waren, und zwar ebenfalls unter Zugrundelegung des Sach- und Rechtsstandes bis zum Ende des Monats Juli 2009.

    Nicht Gegenstand der vorliegenden Klage war dagegen, ob dem Kläger für eine unbestimmte Zeit in die Zukunft gerichtet (ab der letzten Verwaltungsentscheidung) ein Anspruch auf Kindergeld für die Tochter K. zusteht, wie es bei Verpflichtungsklagen üblich ist.

    Für den nach vorstehenden Kriterien bestimmten Streitzeitraum von Februar bis einschließlich Juli 2009 ist von folgenden Rechtsgrundsätzen auszugehen:

    Sowohl der Kläger als auch die Beigeladene erfüllen die tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 62 Abs. 1 Nr. 1, 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG für einen Anspruch auf Kindergeld für die gemeinsame Tochter. Beide haben einen inländischen Wohnsitz und die Tochter K. ist ihr gemeinsames leibliches Kind. Gemäß § 64 Abs. 1 EStG wird jedoch für jedes Kind nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt. Aus diesem Grund sind in § 64 Abs. 2 und 3 EStG Regelungen dafür getroffen, an welchen Berechtigten das Kindergeld bei konkurrierenden Ansprüchen mehrerer Berechtigter zu zahlen ist. Gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG wird das Kindergeld bei mehreren Berechtigten demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.

    Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine Haushaltsaufnahme i.S. des § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG dann gegeben, wenn das Kind in die Familiengemeinschaft mit einem dort begründeten Betreuungs- und Erziehungsverhältnis aufgenommen worden ist; neben dem örtlich gebundenen Zusammenleben müssen Voraussetzungen materieller Art (Versorgung, Unterhaltsgewährung) und immaterieller Art (Fürsorge, Betreuung) erfüllt sein (Urteile vom 20. Juni 2001 VI R 224/98, BFHE 195, 564, BStBl II 2001, 713; vom 26. August 2003 VIII R 91/98, BFH/NV 2004, 324; vom 16. Dezember 2003 VIII R 67/00, BFH/NV 2004, 934). Dabei muss die Betreuung des Kindes im Haushalt eines Berechtigten einen zeitlich bedeutsamen Umfang haben und die Aufenthalte des Kindes dürfen nicht nur Besuchs- oder Feriencharakter haben. Eine den Besuchscharakter überschreitende Dauer liegt auf jeden Fall bei einem Aufenthalt des Kindes im Haushalt des Berechtigten von mehr als drei Monaten im Jahr vor (vgl. BFH-Urteile in BFHE 195, 564, BStBl II 2001, 713; in BFH/NV 2004, 324; BFH-Beschluss vom 14.12.2004, VIII R 106/03, BFHE 208, 220, BStBl II 2008, 762).

    Der BFH hat das Obhutsprinzip des § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG für verfassungsgemäß gehalten. Es trägt der Lebenserfahrung Rechnung, dass derjenige am meisten mit dem Kindesunterhalt belastet ist, der das Kind betreut, erzieht und versorgt (vgl. Urteil vom 19. August 2003 VIII R 60/99, BFH/NV 2004, 320, m.w.N.). Außerdem dient die Anknüpfung an die Haushaltszugehörigkeit der Verfahrensvereinfachung, weil sich diese im Regelfall leicht feststellen lässt (BFH-Beschluss vom 10. November 1998 VI B 125/98, BFHE 187, 477, BStBl II 1999, 137).

    Bei Aufenthalten eines Kindes sowohl in dem Haushalt des einen wie auch des anderen Berechtigten ist, da eine Aufteilung des Kindergeldes nach § 64 Abs. 1 EStG ausgeschlossen ist, darauf abzustellen, wo sich das Kind überwiegend aufhält und wo es seinen Lebensmittelpunkt hat (BFH-Beschluss vom 14.12.2004, VIII R 106/03. a.a.O.; BFH-Urteil vom 23.3.2005, III R 91/03, BFHE 209, 338, BStBl III 2008, 752).

    Für den Fall der gleichwertigen Aufnahme in mehreren Haushalten, wie dies bei getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern, die gewillt sind, die gemeinsame Verantwortung auch nach der Trennung weiter zu tragen, vorkommt, bietet das Gesetz keine ausdrückliche Lösung. § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG verlangt einen gemeinsamen Haushalt mehrerer Berechtigter. § 64 Abs. 3 EStG ist nicht anwendbar, da eine Haushaltsaufnahme i.S. von § 64 Abs. 2 EStG gegeben ist.

    In diesen Fällen ist § 64 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 EStG analog anzuwenden (gl.A. Felix, Kindergeldrecht, § 64 EStG Rz. 7, 24). Das Kriterium der Haushaltsaufnahme nach dem Obhutsprinzip berücksichtigt, dass diejenigen Berechtigten, die sich tatsächlich um das Kind kümmern, materiell und immateriell belastet sind. Nach § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG bestimmen bei Aufnahme eines Kindes in den gemeinsamen Haushalt mehrerer Berechtigter diese untereinander den vorrangig Berechtigten. Der Zweck der Regelung, den Berechtigten in dieser Situation die Bestimmung des vorrangig Berechtigten zu überlassen, trifft ebenso in Fällen gleichwertiger Haushaltsaufnahme bei zwei Berechtigten zu. Denn auch hier sind die Berechtigten typischerweise in gleicher Höhe mit den Leistungen für das Kind belastet, unabhängig davon, ob dies im konkreten Fall tatsächlich so gegeben ist (vgl. BFH-Urteil vom 23.3.2005, III R 91/03, a.a.O.).

    Den vorgenannten Rechtsgrundsätzen hat sich das Gericht angeschlossen (so schon im Urteil des erkennenden Einzelrichters vom 25.1.2006, 2 K 205/01, DStRE 2006, 1387).

    Gemessen an diesen Rechtsgrundsätzen hat das Gericht aufgrund einer Gesamtschau der tatsächlichen Verhältnisse und auf der Grundlage der Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen, dass im Streitzeitraum von einer annähernd gleichwertigen Haushaltsaufnahme der Tochter sowohl durch den Kläger als auch durch die Beigeladene auszugehen ist.

    Dabei bemisst das Gericht den oben geschilderten Merkmalen einer Haushaltaufnahme – Versorgung, Unterhaltsgewährung, Fürsorge, Betreuung – eine jeweils gleichwertige Bedeutung zu bei wie dem Merkmal des zeitlichen Umfangs der örtlich gebundenen häuslichen Aufnahme, soweit bei beiden Kindergeldberechtigten bezüglich der Aufenthaltsdauer der Besuchscharakter überschritten wird (hierzu BFH-Urteil vom 14.12.2004, VIII R 106/03, a.a.O.: „Aufenthalt von mehr als drei Monaten im Kalenderjahr). Das heißt, dass es nach Auffassung des Gerichts nicht allein und ausschließlich auf die reine Anzahl der jeweiligen Aufenthaltstage ankommen kann, vielmehr ist eine Gesamtbetrachtung der Umstände im Einzelfall vorzunehmen.

    Im Streitfall hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, insbesondere aufgrund der Beweisaufnahme, dass die Tochter sowohl in den Haushalt der Beigeladenen als auch in den Haushalt des Klägers familiär eingebunden war. Sie verfügte in beiden Haushalten über ein eigenes, nach ihren persönlichen Bedürfnissen eingerichtetes Zimmer, über das sie allein verfügen konnte und das jeweils mit ihren persönlichen Dingen ausgestattet war, z.B. in ihrem Zimmer in der Wohnung des Klägers mit ihrem Computer. Sie konnte in Einzelfällen selbst bestimmen, wo sie sich aufhalten wollte, z.B. an Feiertagen wie zu Weihnachten. Die im Haushalt des Klägers lebenden Töchter der neuen Familie des Klägers bezeichnete K. in ihrer Vernehmung als ihre Schwestern.

    Beide Kindseltern kümmerten sich nach wie vor um die persönlichen Belange der Tochter, zum Beispiel gemeinsam bei Vorsprachen in der Schule oder getrennt bei verschiedenen Arztbesuchen. Beide Kindseltern versorgten jeweils die Tochter in ihrem Haushalt, brachten sie abwechselnd mal zur Schule, mal zur Musikschule oder ähnliches. K. konnte auch gelegentlich selbst entscheiden, in wessen Haushalt sie sich aufhalten wollte, etwa wenn sie manchmal schon ab Donnerstag im Haushalt des Klägers verweilte statt erst ab Freitag, wie sonst üblich. In den Ferien wurde der Aufenthalt der Tochter hälftig unter den Kindseltern aufgeteilt, gelegentlich verbrachte die Tochter auch ihren Urlaub gemeinsam mit ihrer „Schwester”.

    All dies führt zu der Annahme, dass eine Haushaltsaufnahme im Sinne der oben genannten Rechtsprechungsgrundsätze sowohl beim Kläger als auch bei der Beigeladenen anzunehmen ist. K. hatte in beiden Haushalten – die Wohnungen des Klägers und der Beigeladenen befanden und befinden sich nur wenige km voneinander entfernt im selben Ortsteil von F. – ihren Lebensmittelpunkt.

    Die Haushaltsaufnahme beim Kläger überschritt im Streitzeitraum auch in zeitlicher Hinsicht deutlich die Merkmale eines bloßen Besuchsaufenthaltes.

    Nach Aussage der Tochter K., welche insoweit im Wesentlichen mit den Aufstellungen des Klägers übereinstimmt, befand sich diese in der Zeit von Januar bis zum 3.9.2009, das heißt bis zur Verhandlung beim Familiengericht und der dort vorgenommenen Neuregelung der Betreuungszeiten, jeden Monat für ein verlängertes Wochenende, das heißt von Freitag bis Dienstag, beim Kläger, sodann für monatlich zwei weitere nicht verlängerte Wochenende, das heißt von Freitag bis Sonntag, ebenfalls beim Kläger, ferner am vierten Wochenende eines jeden Monats bei der Beigeladenen sowie die restlichen Werktage eines Monats ebenso bei der Beigeladenen. In den Ferien teilten sich die Kindseltern die Betreuung.

    Für die Übergangs- bzw. Wechseltage geht das Gericht dabei von folgenden Erwägungen aus:

    An Freitagen verbrachte die Tochter die Nacht bis zum Morgen nach dem Frühstück bei der Beigeladenen, kehrte nach der Schule in die Wohnung der Beigeladenen zurück, nahm dort ihr Mittagessen ein und begab sich sodann in der Regel zwischen 17.00 und 19.00 Uhr in die Wohnung des Klägers, von wo sie sich am Montag Morgen nach dem Frühstück etwa gegen 7.30 Uhr zur Schule begab, um nach Schulende zur Wohnung der Beigeladenen zurück zu kehren. Die Tochter hielt sich an den nicht verlängerten Wochenenden danach in etwa 60,5 bis 62,5 Stunden, mithin 2,5 bis 2,6 Tage beim Kläger auf. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, wem die Zeit zuzurechnen ist, welche die Tochter jeweils an den Montagen, vom Kläger kommend, in der Schule verbrachte, bis sie sich wieder in den Haushalt der Beigeladenen begab.

    An den verlängerten Wochenenden, bei denen sich die Tochter bis Dienstag früh beim Kläger aufhielt, verlängerte sich die Aufenthaltsdauer beim Kläger entsprechend auf 108,5 bis 110,5 Stunden, mithin auf 4,5 bis 4,6 Tage.

    Bezogen auf einen Monat mit 30 Tagen ergibt sich daraus in etwa eine Aufteilung der Aufenthaltsdauer von gut 40 % beim Kläger und knapp 60 % bei der Beigeladenen. Dies entspricht dem, was die Beigeladene in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 2.9.2009 zur Vorlage beim Familiengericht dargelegt hatte. Der Kläger hingegen ist in seiner mit Schriftsatz vom 20.7.2010 dem Gericht vorgelegten Aufstellung zu einer Aufteilung von etwa 46 % zu 54 % zugunsten der Beigeladenen gelangt, wobei er die Übergangs- bzw. Wechseltage sich selbst voll zurechnete.

    Das erkennende Gericht sieht darin keine frappierende Abweichung in der Sachverhaltsdarstellung und ist nach eigenen Berechnungen – siehe oben – ebenfalls zu einer Aufteilung von etwa 40 % zu 60 % für den Zeitraum von Januar bis zum 3.9.2009 zugunsten der Beigeladenen gelangt.

    Für den Zeitraum vom 1.1.2009 bis 3.9.2009 bedeutet dies, unter Zugrundelegung von 245 vollendeten Tagen, ein Aufenthalt beim Kläger von 98 Tagen, mithin 3,26 Monaten in einem Zeitraum von rund acht Monaten. Damit ist ein Aufenthalt mit lediglich Besuchscharakter im Sinne des BFH-Beschlusses vom 14.12.2004 (VIII R 106/03 a.a.O.) bei weitem überschritten. Denn in dieser Entscheidung hat der BFH bekundet, dass eine Aufenthaltsdauer von mehr als drei Monaten im Jahr den Charakter eines Besuchsaufenthaltes auf jeden Fall überschreitet.

    Legt man im Weiteren die Betreuungsregelung des Familiengerichts vom 3.9.2009 für den Zeitraum bis zum Ende des Kalenderjahres 2009 zugrunde (wonach der Kläger die Tochter jeweils an zwei aufeinander folgenden nicht verlängerten Wochenenden in seinen Haushalt aufgenommen hatte, die Beigeladene sodann das folgenden Wochenende, im Anschluss daran wieder der Kläger für zwei Wochenende usw., mithin der Kläger an drei nicht verlängerten Wochenenden im Monat), deren tatsächliche Durchführung von der Zeugin K. glaubhaft bestätigt wurde, so ergibt sich für den Zeitraum ab dem 3.9.2009 eine Aufteilung von etwa 25 % zu 75 % zugunsten der Beigeladenen unter der Voraussetzung, dass man für ein nicht verlängertes Wochenende (von Freitag Spätnachmittag bis Montag früh), wie oben berechnet, 2,5 Tage ansetzt. Rechnet man die bis zum 2.9.2009 geltende Betreuungsregelung und die ab dem 3.9.2009 geltende auf das Kalenderjahr 2009 um, wäre die Tochter K. demnach im gesamten Kalenderjahre 2009 etwa an 130 Tagen im Haushalt des Klägers gewesen, das heißt rund 4,3 Monate im Kalenderjahr, mithin rund 36 %.

    Auch diese Aufenthaltsdauer überschreitet – bei Betrachtung des gesamten Kalenderjahres 2009 – den vorgenannten Besuchscharakter bei weitem.

    Das Überschreiten des Besuchscharakters reicht allerdings nicht allein dafür aus, die Vorschrift des § 64 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 EStG analog anzuwenden.

    Nach den oben genannten Rechtsgrundsätzen ist vielmehr erforderlich, dass sich das Kind in den beiden getrennten Haushalten „in annähernd gleichem zeitlichem Umfang” (so BFH-Urteil vom 23.3.2005, III R 91/03, a.a.O.) aufhält.

    Dieser unbestimmte Rechtsbegriff ist durch die Rechtsprechung bislang nicht allgemeingültig zahlenmäßig konkretisiert worden. Es herrscht in der Rechtsprechung auch kein einheitlicher Sprachgebrauch. Das FG München spricht in seinem Urteil vom 12.2.2008 (10 K 275/07, juris-online) von „gleichwertiger Haushaltsaufnahme”, das FG Niedersachsen in seinem Urteil vom 17.5.2010 (14 K 318/07, juris-online) von „annähernd gleichwertiger Haushaltsaufnahme”, der BFH wählt in seinem Beschluss vom 19.7.2007 (III S 31/06 (PKH), juris-online) die Worte „in annähernd gleichem Umfang”. Negativ abgegrenzt darf in Fällen der vorliegenden Art „kein (eindeutiges) Übergewicht einer Haushaltsaufnahme” (FG Köln vom 14.8.2008, 15 K 1468/07, EFG 2008, 1796) vorliegen bzw. die Haushaltaufnahme darf bei einem der Kindseltern nicht die „weit überwiegende Zeit” einnehmen (BFH vom 14.12.2004, VIII R 106/03, a.a.O.).

    Nach der Vorgabe des BFH (VIII R 106/03 wie vor) zur Überschreitung des Besuchscharakters (Haushaltsaufnahme von mehr als 3 Monaten im Jahr) kann als gesichert zunächst nur davon ausgegangen werden, dass sich der Zeitrahmen einer gleichwertigen Haushaltsaufnahme in einem Bereich zwischen mindestens 3 Monaten bis hin zu 6 Monaten bewegen wird. Die ideale gleichwertige Haushaltsaufnahme ist anzunehmen, wenn beide Kindseltern das Kind exakt für jeweils 6 Monate, bezogen auf das Kalenderjahr, aufgenommen haben. Als ausreichend wird man ansehen müssen, wenn sich die Aufnahmezeit den 6 Monaten „annähert”, bzw. die Aufnahmezeit beim anderen Elternteil nicht „deutlich überwiegt”.

    Das erkennende Gericht ist der Auffassung, dass ab einer zeitlichen Aufteilung

    von 40 % zu 60 %, das heißt der eine Elternteil hat das Kind zu mindestens 40 %

    im Kalenderjahr in seinen Haushalt aufgenommen, von einer annähernd gleichwertigen Haushaltsaufnahme auszugehen ist. Denn bei einer solchen Aufnahmezeit von 40 % (das sind 146 Tage pro Kalenderjahr oder 4,8 Monate) ist der Idealwert von 50 % (oder 6 Monaten) zu 80 % erreicht. In vielen Lebensbereichen wird davon ausgegangen, dass man ein angestrebtes Ziel annähernd erreicht hat, wenn man es zu 80 % verwirklichen konnte. Zudem darf man im Rahmen der analogen Anwendung des § 64 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 EStG die Mathematik nicht überstrapazieren, denn bei der unmittelbaren Anwendung dieser Vorschrift im Falle der Aufnahme des Kindes in einen gemeinsamen Haushalt der Kindseltern hat der Gesetzgeber unterstellt, dass beide Kindseltern gleichermaßen das Kind betreuen, ohne dass hierzu Ermittelungen angestellt werden müssten, in welchem zeitlichem Umfang die beiden Elternteile im Einzelnen das Kind konkret betreuen.

    Zudem ist zu berücksichtigen, dass in Trennungsfällen gemeinsame Betreuungsmodelle der vorliegenden Art familienpolitisch förderungswürdig sind und nicht durch eine übermäßig restriktive Verwaltungspraxis der Familienkassen konterkariert werden sollten.

    Solange in solchen Fällen die Haushaltsaufnahme bei einem der beiden Kindseltern nicht schon nach Aktenlage deutlich überwiegt und die Kindseltern sich bei der Berechtigtenbestimmung einig sind, sollte die Familienkasse neutrale Zurückhaltung üben.

    Von einem deutlichen Überwiegen würde das erkennende Gericht allerdings ausgehen, wenn die zeitliche Aufteilung nur noch 30 % zu 70 % betrüge, das heißt wenn sich das Kind nur 109 Tage im Kalenderjahr (bzw. nur noch 3,6 Monate) im Haushalt des einen Elternteils aufhielte. In solchen Fällen würde nicht einmal der Besuchscharakter deutlich überschritten.

    Der Streitfall veranlasst das Gericht im Weiteren zu dem Hinweis, dass es nicht Aufgabe der Familienkassen sein kann, Monat für Monat die Voraussetzungen einer annähernd gleichwertigen Haushaltsaufnahme zu überprüfen. Eine solche Verwaltungspraxis würde nicht nur die Familienkassen überfordern, sondern ein womöglich monatlich wechselnder Kindergeldanspruch könnte auch das gedeihliche Zusammenwirken getrennt lebender Kindseltern bei der aufgeteilten Betreuung des Kindes gefährden. Praktikabel erscheint dem Gericht insoweit allein eine auf das Kalenderjahr bezogene Überprüfung.

    Im Zweifel könnte in derartigen Fällen die Kindergeldfestsetzung vorläufig nach § 165 Abs. 1 AO erfolgen, insbesondere dann, wenn die Familienkasse aufgrund besonderer Umstände schon zu Beginn eines Kalenderjahres zu einer Art Prognoseentscheidung zur Haushaltsaufnahme gezwungen ist, wie im Streitfall.

    In Ansehung aller vorgenannten Grundsätze ist das Gericht, wie schon eingangs der Entscheidungsgründe dargetan, zu dem Ergebnis gelangt, dass im Streitfall von einer – gerade noch – gleichwertigen Haushaltsaufnahme auszugehen ist, soweit es den Zeitraum von Januar bis zum 3.9.2009 betrifft, also bis zur Neuregelung der Kindsbetreuung vor dem Familiengericht. Dies gilt folglich auch für den Streitzeitraum von Februar bis einschließlich Juli 2009.

    Dies hat zur Folge, dass sich die Kindergeldberechtigung im Streitzeitraum nach der Berechtigtenbestimmung zu richten hat.

    Die erste aktenkundige Berechtigtenbestimmung befindet sich im Kindergeldantrag des Klägers vom 27.9.1995, in welchem die Beigeladene ausdrücklich der Auszahlung des Kindergeldes an den Kläger zugestimmt hatte. Auch nach der Trennung im Jahre 2000 hat sich die Beigeladene in der vom Kläger am 11.12.2003 der Familienkasse vorgelegten Bescheinigung ausdrücklich mit der Weiterzahlung an den Kläger einverstanden erklärt.

    Bis zum Januar 2009 ist aus den Akten kein Widerruf dieser Berechtigtenbestimmung durch die Beigeladene ersichtlich.

    Dies änderte sich allerdings durch den im Januar 2009 bei der Familienkasse eingereichten Kindergeldantrag der Beigeladenen, mit welchem sie nunmehr die Auszahlung des Kindergeldes an sich begehrte mit der Behauptung, das Kind sei in ihren Haushalt aufgenommen. Darin liegt ein konkludenter Widerruf der früheren Berechtigtenbestimmungen.

    Dieser Widerruf wird allerdings überlagert durch die erneute dezidierte schriftliche Berechtigtenbestimmung vom 1.10.2009, nach der die Kindergeldberechtigung bis auf weiteres beim Kläger verbleiben solle, und zwar auch bezüglich des Streitzeitraums. Die Unmutsäußerungen der Beigeladenen in der E-Mail vom 12.4.2010 über den Umgang mit dem Kläger wertet das Gericht nicht als Widerruf der Berechtigtenbestimmung vom 1.10.2009. Diese Berechtigtenbestimmung konnte allerdings eine Rückwirkung für den Streitzeitraum nur entfalten, soweit das Kindergeld noch nicht ausbezahlt worden war. Hier gelten dieselben Rechtsgrundsätze wie bei der Rückwirkung eines Widerrufs /vgl. FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 31.3.1999, III 1493/98, EFG 1999, 786; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10.4.2000, 5 K 2268/98, DStRE 2001, 134).

    Für die Monate Februar und März 2009 war im Streitfall das Kindergeld bereits an die Beigeladene ausgezahlt worden, sodass die Klage insoweit keinen Erfolg haben konnte.

    Die beklagte Familienkasse hat inzwischen allerdings der Beigeladenen das Kindergeld für die Zeit ab August 2009 ausgezahlt, obwohl sie zum Auszahlungszeitpunkt positiv Kenntnis von der neuen Berechtigtenbestimmung hatte. Rein nachrichtlich weist das Gericht insoweit darauf hin, dass es nach den obigen Ausführungen von einer gleichwertigen Haushaltsaufnahme zumindest bis zum 3.9.2009 ausgeht. Für den Zeitraum bis Ende September (Monatsprinzip) hätte die Berechtigtenbestimmung vom 1.10.2009 Gültigkeit gehabt.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO. Der Kläger hat hinsichtlich eines Streitzeitraumes von 6 Monaten (Februar bis Juli 2009) für 4 Monate (April bis Juli 2009) obsiegt und für 2 Monate nicht. Er hat danach 2/6, die Beklagte 4/6 der Kosten des Verfahrens zu tragen.

    VorschriftenEStG § 64 Abs. 1, EStG § 62 Abs. 2, EStG § 63 Abs. 1, EStG § 32 Abs. 1 Nr. 1