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  • 15.06.2011

    Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 16.09.2010 – 12 K 8212/06 B

    1. Die Regelungen zur Beschränkung des überperiodischen Verlustabzugs nach den §§ 10d Abs. 2 EStG, 10a GewStG in der für das Streitjahr 2004 geltenden Fassung (Mindestbesteuerung) sind – noch – verfassungsgemäß. Sie verstoßen insbesondere weder gegen das Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit noch gegen den Grundsatz der Normklarheit.

    2. Selbst wenn ein endgültiger Verlust von Verlustvorträgen in bestimmten Fallkonstellationen (z. B. bei Einstellung der wirtschaftlichen Tätigkeit im Rahmen einer Liquidation oder Insolvenz, bei bestimmten Umwandlungsvorgängen oder beim Wechsel im Gesellschafterbestand) im Ergebnis zu einer mit dem Grundgesetz unvereinbaren Übermaßbesteuerung führte, hätte dies nicht die Verfassungswidrigkeit der Normen als solche zur Folge. Ob in solchen Fällen eine teleologische Reduktion der Vorschriften geboten sein könnte, konnte im Streitfall offenbleiben.

    3. Der Annahme einer von Beginn an fehlenden Einkunftserzielungsabsicht (Liebhaberei) ist nach Ansicht des Senats für den Regelfall einer nicht gemeinnützigen inländischen Kapitalgesellschaft bereits durch die gesetzliche Fiktion des § 8 Abs. 2 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG, nach welcher alle Einkünfte eines solchen Rechtsträgers als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln sind, die Grundlage entzogen.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In dem Rechtsstreit

    hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg – 12. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 16. September 2010 durch den Präsidenten des Finanzgerichts … die Richterin am Finanzgericht … den Richter … sowie die ehrenamtlichen Richter … Herr … und Frau …

    für Recht erkannt:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

    Tatbestand:

    Die Beteiligten streiten über die Verfassungsmäßigkeit der im Streitjahr 2004 geltenden Verlustvortragsbeschränkung.

    Die Klägerin wurde im Dezember 1979 mit Sitz in D gegründet; im Jahr 1991 verlegte sie ihren Sitz nach E. Die Dauer der Gesellschaft ist unbestimmt. Die Klägerin hat einen großen Gesellschafterkreis (mehrere Tausend Gesellschafter). Gegenstand der Gesellschaft sind „der Erwerb und die Verwaltung von Vermögensanlagen jeder Art”. Erträge erzielt die Klägerin aus der Anlage von Kapital in Wertpapieren und Festgeldern, wobei gegenwärtig etwa zwei Drittel der Erträge aus dem Halten von Akten und der Beteiligung an Aktienfonds und die übrigen Erträge aus der Anlage in festverzinslichen Wertpapieren und aus Bankguthaben (Festgeldern) resultieren. Zum Ende des Jahres 2003 verfügte die Klägerin über Verlustvorträge zur Körperschaftsteuer in Höhe von 36.532.178 EUR sowie über einen vortragsfähigen Gewebeverlust in Höhe von 38.411.472 EUR.

    Im Geschäftsjahr 2004 (Streitjahr) erzielte die Klägerin positive Einkünfte in Höhe von 2.002.474 EUR sowie einen Gewerbeertrag vor Verlustabzug in Höhe von 2.327.228 EUR. Aufgrund der im Streitjahr geltenden Regelungen des § 8 Körperschaftsteuergesetz (KStG) in Verbindung mit § 10d Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuerbegünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 (Bundesgesetzblatt [BGBl.] I 2003, 2840) sowie § 10a Gewerbesteuergesetz (GewStG) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I 2003, 2922) – der so genannten „Mindestbesteuerung” – berücksichtigte der Beklagte bei der Veranlagung der Klägerin die vorgetragenen Verluste nur bis zu einer Höhe von 1 Mio. EUR zuzüglich 60 % der diesen Betrag übersteigenden Einkünfte und setzte die Körperschaftsteuer für das Streitjahr dem gemäß nach einem zu versteuernden Einkommen von 400.989 EUR auf einen Betrag von 100.247 EUR fest; außerdem veranlagte der Beklagte die Klägerin nach einem Gewerbeertrag von 530.800 EUR zu einer Gewerbesteuer von 108.814 EUR.

    Dass der Beklagte hierbei die vorgetragenen Verluste der Klägerin – den vorgenannten Normen entsprechend – in rechnerischer Hinsicht zutreffend berücksichtigt hat, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Klägerin ist jedoch der Ansicht, dass die Normen verfassungswidrig sind, soweit sie eine vollständige Berücksichtigung der vorgetragenen Verluste, mithin eine Reduzierung des zu versteuernden Einkommens bzw. des Gewerbeertrags im Streitjahr auf jeweils 0 EUR, verhindern.

    Die am 07. November 2005 erhobenen Einsprüche der Klägerin wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 23. Juni 2006 zurück. Die Klägerin hat daraufhin am 11. Juli 2006 Klage erhoben. Soweit sich die Klage ursprünglich auch gegen die Bescheide über den Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuer für 2004 gerichtet hat, hat die Klägerin sie in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen; der Senat hat das Verfahren insoweit abgetrennt und unter dem Aktenzeichen … eingestellt.

    Die Klägerin meint, die Verlustabzugsbeschränkung der §§ 8 KStG, 10d Abs. 2 EStG, 10a GewStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung verletze sie in ihren Grundrechten. Insbesondere verstießen die Normen gegen das in Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verankerte Leistungsfähigkeitsprinzip in Form des objektiven Nettoprinzips. Nach diesem Prinzip dürfe für Zwecke der Körperschaft- und der Gewerbesteuer nur der erwirtschaftete Reinvermögenszuwachs nach Abzug der durch die Einkünfteerzielung veranlassten Erwerbsaufwendungen berücksichtigt werden. Bei Anwendung des objektiven Nettoprinzips sei eine zeitlich und betragsmäßig unbeschränkte Verlustverrechnung in den der Verlustperiode unmittelbar nachfolgenden Besteuerungszeiträumen geboten. Die zeitliche Streckung des Verlustausgleichs führe dem gegenüber zu einer Besteuerung von Scheingewinnen; der Steuerpflichtige sei nach einer Verlustperiode erst dann wieder leistungsfähig, wenn der überperiodische Saldo aus Erwerbsaufwendungen und Erwerbseinnahmen positiv werde. Die mit der Scheingewinnbesteuerung einher gehende Vorfinanzierung der Steuern widerspreche ferner der Grundkonzeption des Ertragsteuerrechts, welches sich dadurch auszeichne, dass die Steuer aus den Ist-Erträgen der eingesetzten Arbeitskraft bzw. des eingesetzten Vermögens entrichtet werden könne. Die Besteuerung fiktiver Gewinne könne dem gegenüber zur Insolvenz des Steuerpflichtigen führen oder – gerade bei neu gegründeten Unternehmen – zumindest negative Liquiditäts- und Zinseffekte haben, die die Investitionskraft dieser Unternehmen hemme.

    Gewichtige Gründe, die einen Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip rechtfertigen könnten, existierten nach ihrer, der Klägerin, Auffassung nicht. Dies gelte auch für die vom Bundesfinanzhof (BFH) allgemein sowie vom Gesetzgeber in der Begründung zu den hier streitigen Normen speziell angeführte Erwägung einer besseren Kalkulierbarkeit des Steueraufkommens für die öffentlichen Haushalte sowie die Verstetigung der Staatseinnahmen. Der Finanzbedarf des Staates sei niemals geeignet, eine verfassungswidrige Steuer zu rechtfertigen. Ebenso könne auch das Prinzip der Abschnittsbesteuerung nicht als Rechtfertigung dienen: Zwar sei das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seiner früheren Rechtsprechung noch von einem Spannungsverhältnis zwischen dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung und dem Grundsatz des abschnittsübergreifenden Nettoprinzips ausgegangen; ein solches Spannungsverhältnis bestehe mittlerweile jedoch nicht mehr, weil dem Gedanken der Rechtssicherheit durch die zwischenzeitlich eingeführte gesonderte Feststellung von verbleibenden Verlustvorträgen gemäß § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG hinreichend Rechnung getragen werde.

    Wenn der BFH dem gegenüber darauf verweise, dass es ausreiche, wenn Verluste nur zu irgendeinem Zeitpunkt – sei es auch zeitlich gestreckt – genutzt werden könnten, so seien die genannten Normen auch auf dieser Grundlage verfassungswidrig; denn die Mindestbesteuerung könne dazu führen, dass z.B. im Fall einer Liquidation des Steuerpflichtigen Verlustvorträge endgültig verloren gingen. Dies betreffe im Besonderen Branchen mit zyklischen Ergebnisverläufen. Gerade in ihrem, der Klägerin, Fall stehe es praktisch bereits fest, dass die vorgetragenen Verluste zukünftig nicht mehr genutzt werden könnten. Mit ihrer Betriebsart werde sie, die Klägerin, nicht auf unbegrenzte Zeit bestehen bleiben, weil die Gesellschafter in ca. zehn bis fünfzehn Jahren ihr Kapital wieder zurückbezahlt bekommen wollten. Aus diesem Grund werde sie, die Klägerin, voraussichtlich bis zum Jahr 2020 aktiv sein und dann bis spätestens 2025 liquidiert werden. Bis dahin werde sie ihre Einkünfte im Wesentlichen aus Beteiligungen erzielen, die zu 95 % steuerfrei seien. Erläuternd legt die Klägerin eine Planungsrechnung über die erwarteten Erträge aus Kapitalanlagen für den Zeitraum 2010 bis 2020 vor; auf diese Planungsrechnung wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Der Prognose zufolge sollen in dieser Zeit Jahresüberschüsse von durchschnittlich rund 560.000 bis 600.000 EUR, dabei jedoch aufgrund des hohen Anteils an Aktienerträgen letztlich jeweils ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte zwischen rund 350.000 EUR und rund 510.000 EUR erzielt werden. Hierdurch bedingt gehe sie, die Klägerin, davon aus, dass die gegenwärtig noch nicht verbrauchten körperschaftsteuerlichen Verlustvorträge von rund 32,9 Mio. EUR auf rund 36,7 Mio EUR ansteigen würden.

    Zudem habe sie, die Klägerin, von Beginn an nicht die Absicht gehabt, einen Totalüberschuss zu erzielen; vielmehr sei ihre Tätigkeit insgesamt als Liebhaberei zu qualifizieren und deshalb von vornherein nicht steuerbar.

    Die Klägerin beantragt,

    die Bescheide über Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbetrag für 2004 vom 14. Oktober 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. Juni 2006 dahingehend zu ändern, dass bei der Ermittlung des Einkommens bzw. des Gewerbeertrags die abzugsfähigen Verluste in voller Höhe von 2.002.474 EUR (Körperschaftsteuer) bzw. 2.327.228 EUR (Gewerbesteuer) berücksichtigt werden.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er hält die Beschränkung der Verrechnung vorgetragener Verluste in der im Streitjahr geltenden Weise für verfassungsgemäß. Ein uneingeschränkter Verlustvortrag sei – wie auch das BVerfG schon mehrfach entschieden habe – verfassungsrechtlich nicht garantiert. So habe das BVerfG etwa gegen eine zeitliche Beschränkung der Verlustnutzung auf sieben Jahre (ein Jahr Rücktrag, Verlustabzug im Einkunftsjahr und fünf Jahre Vortrag) keine verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit geäußert. Mit § 10d Abs. 2 EStG werde die grundsätzliche Abziehbarkeit der entstandenen Verluste nicht in Frage gestellt; mehr sei verfassungsrechtlich nicht geboten.

    Entscheidungsgründe

    I. Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) in ihren Rechten.

    Der Beklagte hat die vorgetragenen Verluste der Klägerin im Streitjahr zu Recht nur in dem durch § 8 KStG in Verbindung mit § 10d Abs. 2 EStG sowie – für die Gewerbesteuer – durch § 10a GewStG eröffneten Rahmen berücksichtigt. Die genannten Normen sind verfassungsgemäß (dazu nachstehend unter 1). Ob sie in besonders gelagerten Fällen aufgrund einer verfassungskonformen Auslegung bzw. einer teleologischen Reduktion nur in eingeschränktem Umfang angewendet werden dürfen (dazu nachstehend unter 2), bedarf vorliegend keiner Entscheidung, da der Senat einen solchen Sonderfall nicht als gegeben ansieht (dazu nachstehend unter 3).

    1. § 10d Abs. 2 EStG sowie § 10a GewStG in der ab dem Streitjahr geltenden Fassung sind mit dem Grundgesetz – noch – vereinbar. Sie schränken – auch in Verbindung mit § 8 KStG im Hinblick auf Körperschaften – das prinzipielle Gebot einer Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit zwar spürbar, jedoch noch nicht in einer die Grundrechte der Klägerin verletzenden Weise ein.

    a) Im Rahmen der Neuregelung des Verlustausgleichs im Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuerrecht ab dem Veranlagungszeitraum 2004 hat der Gesetzgeber die zuvor geltenden Beschränkungen des innerperiodischen Verlustausgleichs (§ 2 Abs. 3 EStG a.F.) wieder abgeschafft, die Beschränkungen des überperiodischen Verlustabzugs hingegen beibehalten und teilweise noch verschärft. Verluste, die weder im Veranlagungszeitraum ihrer Entstehung noch (für Zwecke der Einkommen- und Körperschaftsteuer) im Wege des Verlustrücktrags ausgeglichen werden können, sind im Rahmen des Verlustvortrags nunmehr nur noch bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte bzw. bis zu einem Gewerbeertrag von 1 Mio. EUR vollständig, darüber hinaus hingegen nur in Höhe von 60 % des den Sockelbetrag von 1 Mio. EUR übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte bzw. Gewerbeertrags verrechenbar. Ein danach von der Verrechnung (zunächst) ausgeschlossener Verlust ist – ohne zeitliche Beschränkungen – auf künftige Veranlagungszeiträume vorzutragen.

    Die Regelung führt mithin dazu, dass 40 % des den Sockelbetrag übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte bzw. Gewerbeertrags trotz gleichzeitig noch vorhandener Verlustvorträge aus den Vorjahren der Besteuerung unterworfen werden. Mit dieser Regelung bezweckte der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung, die einkommensteuerliche Verlustverrechnung zu vereinfachen und vor dem Hintergrund erheblicher bestehender Verlustvorträge auf eine Verstetigung des Steueraufkommens hinzuwirken. Hingegen war es ausdrücklich nicht die Intention des Gesetzgebers, die Nutzbarkeit von Verlusten endgültig zu versagen (vgl. BT-Drucksache 15/1518, S. 13: „Durch diese Regelung wird der Verlustabzug lediglich zeitlich gestreckt; es gehen aber keine Verluste endgültig verloren.”)

    b) Der Senat verkennt nicht, dass die vorstehend beschriebene Beschränkung der Verlustnutzung einen erheblichen Eingriff in das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit darstellt. Gleichwohl geht er davon aus, dass die genannten Normen – noch – mit dem Grundgesetz vereinbar sind: Die Beschränkung der Verlustnutzung im Wege einer zeitlichen Streckung in der gewählten Form stellt eine im Ergebnis zulässige Einschränkung des Prinzips der objektiven Nettobesteuerung dar, die Grundrechte der Klägerin nicht verletzt.

    Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG sowie des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, bewegen sich die gesetzlichen Regelungen zum Verlustvortrag in dem Spannungsverhältnis zwischen dem Grundsatz des abschnittsübergreifenden Nettoprinzips als Ausfluss der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einerseits und dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung andererseits (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. Juli 1991 – 1 BvR 313/88, Neue Juristische Wochenschrift [NJW] 1992, 168). Der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung fußt dabei auf dem Prinzip der Rechtssicherheit, dem das Nettoprinzip das Gebot der Einzelfallgerechtigkeit entgegensetzt. Rechtssicherheit und materielle (Einzelfall-)Gerechtigkeit sind jeweils wesentlicher Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips. Geraten beide Aspekte – wie im vorliegenden Fall – miteinander in Widerstreit, ist es Aufgabe des Gesetzgebers, einen solchen Widerstreit zu entscheiden (BVerfG, a.a.O., mit weiteren Nachweisen).

    Art. 3 Abs. 1 GG garantiert demnach – entgegen der Ansicht der Klägerin – nicht die uneingeschränkte Geltung des Nettoprinzips mit einer – in letzter Konsequenz – zeitlich wie betraglich unbegrenzten Möglichkeit des Verlustvor- bzw. -rücktrags (ebenso BFH, Beschluss vom 29. April 2005 – XI B 127/04, Bundessteuerblatt [BStBl.] II 2005, 609 mit Nachweisen zur Rechtsprechung des BVerfG). Das Grundrecht gewährleistet lediglich, dass der Gesetzgeber die unterschiedlichen widerstreitenden Prinzipien frei von Willkür zu einem angemessenen Ausgleich bringt. Diesen Vorgaben ist nach der Rechtsprechung des BFH, der der Senat im Grundsatz folgt, dann genügt, wenn die Verluste nach der im Gesetz angelegten Systematik überhaupt, sei es auch in einem anderen Veranlagungszeitraum, verrechnet werden können (BFH, Beschlüsse vom 09. Mai 2001 – XI B 151/00, BStBl. II 2001, 552; vom 29. April 2005 – XI B 127/04, a.a.O.).

    Zutreffenderweise folgt aus dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit in seiner gleichheitsrechtlichen Ausprägung (Art. 3 Abs. 1 GG) zwar, dass der Gesetzgeber sich für eine Beschränkung der Verlustberücksichtigung auf sachliche Gründe berufen können muss (vgl. Wendt, Prinzipien der Verlustberücksichtigung, Veröffentlichungen der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft e.V. (DStJG), Band 28 [2005], 41 [68]). Einen solchen sachlichen Grund sieht der Senat indes in der laut Gesetzesbegründung angestrebten Verstetigung des Steueraufkommens der Gebietskörperschaften als gegeben an. Die vorausschauende Kalkulierbarkeit der dem Staat zur Verfügung stehenden Einnahmen sowie die Verstetigung des Zuflusses dieser Einnahmen stellen nach Ansicht des Senats wichtige Belange des Gemeinwohls dar. Die vielfältigen staatlicherseits fortlaufend zu finanzierenden Aufgaben – etwa im sozialstaatlichen Bereich – verlangen nahezu zwingend danach, dass dem Staat Einnahmen in Form von Steuern mit einer gewissen Stetigkeit in zeitlicher wie betraglicher Hinsicht zur Verfügung stehen.

    Soweit die Klägerin hiergegen unter Berufung auf die Rechtsprechung des BVerfG argumentiert, der Finanzbedarf des Staates sei niemals geeignet, eine verfassungswidrige Steuer zu rechtfertigen, greift sie damit zu kurz; denn die Frage, ob die Besteuerung der von der Klägerin so bezeichneten, aus der Beschränkung des Verlustvortrags resultierenden „Scheingewinne” verfassungswidrig ist, gilt es ja gerade mit Blick auf die Konkordanz zwischen objektivem Nettoprinzip und Verstetigung des Steueraufkommens zu beantworten. Auch geht es bei der Regelung zur Mindestbesteuerung nicht darum, bestimmte Sachverhalte entweder zu Lasten der Steuerpflichtigen zusätzlich der Besteuerung zu unterwerfen oder, umgekehrt, von einer Berücksichtigung zugunsten der Steuerpflichtigen auszunehmen; lediglich für derartige, die ertragsteuerliche Bemessungsgrundlage gegenüber dem nichtsteuerbaren Bereich abgrenzenden Belastungsentscheidungen des Steuergesetzgebers hat aber das BVerfG entschieden, dass die staatliche Einnahmenvermehrung allein kein Richtmaß bieten kann, da diesem Ziel jede, auch eine willkürliche steuerliche Mehrbelastung diene (BVerfG, Urteil vom 09. Dezember 2008 – 2 BvL 1/07 u.a., BGBl. I 2008, 2888). Anders als bei der Frage nach der Zulässigkeit derartiger steuerlicher Mehrbelastungen stellt, soweit lediglich die zeitliche Verteilung eines insgesamt nicht größer werdenden Steueraufkommens in Rede steht, das Erfordernis einer Verstetigung nach Auffassung des Senats durchaus ein legitimes Regelungsziel dar.

    Diesem legitimen Ziel der Verstetigung des Steueraufkommens hat der Gesetzgeber durch die gewählte Regelung einer zeitlich unbegrenzten, betraglich jedoch beschränkten Verlustnutzung in angemessener Weise Rechnung getragen. Die hierdurch bewirkte Einschränkung des Prinzips der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit steht insbesondere nicht außer Verhältnis zu der Wertigkeit des angestrebten Ziels. Der gesetzlich bestimmte Sockelbetrag, bis zu dem die Verlustnutzung unbeschränkt möglich ist, ist mit 1 Mio. EUR so gewählt, dass dem Steuerpflichtigen auch bei Eingreifen der Mindestbesteuerung jedenfalls im Regelfall keine Übermaßbesteuerung zugemutet wird. Das steuerliche Existenzminimum wird ihm danach in dem betreffenden Veranlagungszeitraum in jedem Fall verbleiben, und auch die Liquidität wird typischerweise nicht unzumutbar beeinträchtigt sein. Letztlich dürfte die vom Gesetzgeber nunmehr gewählte Regelung die betroffenen Steuerpflichtigen im Durchschnitt weniger belasten als die früher geltende – und vom BVerfG (Kammerbeschluss vom 22. Juli 1991 – 1 BvR 313/88, a.a.O.) ausdrücklich als verfassungsgemäß angesehene – zeitliche Beschränkung des Verlustvortrags auf fünf Jahre.

    c) Auch einen Verstoß der die Mindestbesteuerung regelnden Normen gegen andere Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen. Soweit sie hierzu anführt, die Regelungen verstießen gegen den Grundsatz der Normenklarheit (Art. 20 Abs. 3, Art. 19 Abs. 4 GG), vermag der Senat dem nicht zu folgen. Die Normen sind weder sprachlich unverständlich noch widersprüchlich oder gar irreführend (vgl. zu den betreffenden rechtsstaatlichen Anforderungen – in Bezug auf die zuvor geltende Regelung in § 2 Abs. 3 Sätze 2 bis 8 EStG – den Vorlagebeschluss des BFH vom 06. September 2006 – XI R 26/04, BStBl. II 2007, 167). Vielmehr vermag der Normadressat – auch ohne steuerrechtliche Vorkenntnisse – der Grundnorm des § 10d Abs. 2 EStG ohne weiteres zu entnehmen, dass und in welchem Umfang die in einem Veranlagungszeitraum nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte in den folgenden Veranlagungszeiträumen abgezogen werden können und in welchem Stadium der Berechnung, nämlich vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen, dieser Abzug zu erfolgen hat. Die Klägerin hat lediglich vorgetragen, es sei „evident”, dass ein durchschnittlicher Steuerpflichtiger nicht in der Lage sei, diese Regelungen zu verstehen; auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung hat sie diesbezüglich auf die spezifische steuerrechtliche Begrifflichkeit (wie den Begriff des „Verlustvortrags” oder den der „Einkünfte”) verwiesen. Auch wenn der Klägerin zuzugeben sein mag, dass steuerrechtliche Regelungen ein überdurchschnittliches Aufkommen an Fachtermini aufweisen, die ein steuerlich in keiner Weise bewanderter Normadressat nicht ohne nähere Erläuterungen durch einen Experten (etwa einen Steuerberater) vollständig verstehen dürfte, teilt der Senat die Ansicht, dass die Regelungen zur Mindestbesteuerung insoweit einen besonderen Schwierigkeitsgrad aufweisen, nicht. Die von der Klägerin beispielhaft bezeichneten Begriffe lassen sich schon mit geringen steuerlichen Grundkenntnissen verstehen und einordnen. Auch der Mechanismus der Mindestbesteuerung wird in § 10d Abs. 2 EStG sehr anschaulich beschrieben, so dass ein durchschnittlicher Steuerpflichtiger durchaus in der Lage sein sollte, die Regelung dem Grunde wie der Höhe nach auf seinen eigenen konkreten Fall anzuwenden.

    2. Verfassungsrechtliche Bedenken, die die streitgegenständlichen Normen in ihrem Bestand beträfen, ergeben sich auch nicht aus dem Umstand, dass die durch die Mindestbesteuerung intendierte zeitliche Streckung der Verlustnutzung in bestimmten Fällen in einen endgültigen Verlust der Nutzungsmöglichkeit der vorgetragenen Verluste umschlagen kann.

    Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass derartige Fälle denkbar sind. Auf die praktisch wichtigsten Konstellationen – Einstellung der wirtschaftlichen Tätigkeit im Rahmen einer Liquidation oder Insolvenz, bestimmte Umwandlungsvorgänge oder ein Wechsel im Gesellschafterbestand – hat die Klägerin selbst hingewiesen. In der jüngeren finanzgerichtlichen Rechtsprechung sind einige dieser Fälle aufgegriffen worden; die Finanzgerichte haben hierbei mehrfach Zweifel daran geäußert, ob die die Mindestbesteuerung regelnden Normen auch dann noch anzuwenden seien, wenn bereits feststehe, dass die Verlustvorträge, deren Nutzung durch die Mindestbesteuerung versagt werde, auch zukünftig endgültig nicht mehr genutzt werden könnten (vgl. FG München, Beschluss vom 31. Juli 2008 – 8 V 1588/08, Entscheidungen der Finanzgerichte [EFG] 2008, 1736; FG Nürnberg, Beschluss vom 17. März 2010 – 1 V 1379/2009; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15. Juni 2010 – 6 K 6216/06, jeweils veröffentlicht in juris).

    Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob den dort geäußerten Bedenken stets oder doch zumindest in solchen Fällen zu folgen ist, in denen das Ereignis, welches zum endgültigen Verlust der Verlustvorträge führt, den Steuerpflichtigen „unverschuldet” trifft und nicht von ihm aufgrund einer freien Entscheidung selbst herbeigeführt worden ist. Selbst wenn ein endgültiger Verlust von Verlustvorträgen in solchen Fallkonstellationen im Ergebnis zu einer mit dem Grundgesetz unvereinbaren Übermaßbesteuerung führte, hätte dies nicht die Verfassungswidrigkeit der Normen als solche zur Folge; denn der endgültige Verlust von Verlustvorträgen ist – nimmt man die oben wiedergegebene Gesetzesbegründung zum Maßstab – weder das erklärte hauptsächliche oder auch nur als Nebenzweck gewünschte Ziel der Mindestbesteuerung, noch ist es eine typischerweise eintretende Folge dieser Regelung. Mögen die insoweit einschlägigen Fallkonstellationen auch praktisch von einer gewissen Relevanz sein, so handelt es sich eben doch um besonders gelagerte Fälle, die insgesamt nur einen relativ geringen Anteil an der Gesamtzahl der Anwendungsfälle der Mindestbesteuerung haben dürften. Dass grundsätzlich verfassungskonforme Eingriffsnormen in besonders gelagerten Fallgestaltungen eine übermäßige, vom Gesetzgeber nicht gewollte und dem Sinn und Zweck der Norm nicht entsprechende Wirkung entfalten können, ist dem Wesen von Gesetzesnormen als generalisierende und abstrahierende Regelungen geradezu immanent. Hieraus resultierende verfassungswidrige Resultate des Normvollzugs im Einzelfall sind vorrangig im Wege einer verfassungskonformen Auslegung der Norm zu vermeiden; nur wenn eine solche Auslegung nicht möglich ist, stellt sich die Frage nach der Verfassungswidrigkeit der Norm insgesamt. Im Fall der die Mindestbesteuerung regelnden Normen vermag der Senat Hinderungsgründe für eine verfassungskonforme Auslegung nicht zu erkennen (im Ergebnis ebenso Wendt, Prinzipien der Verlustberücksichtigung, a.a.O., S. 78; Orth, Mindestbesteuerung und Verlustnutzungsstrategien, Finanzrundschau [FR] 2005, 515 [530]; für eine verfassungskonforme Auslegung des § 10d EStG a.F. bereits das Niedersächsische FG, Beschluss vom 28. Juli 2003 – 2 V 571/02, EFG 2003, 1467).

    3. Die Frage nach einer etwaigen verfassungskonformen Auslegung der §§ 8 KStG, 10d Abs. 2 EStG, 10a GewStG stellt sich im Streitfall jedoch nicht. Denn der endgültige Verlust der von der Klägerin auf den 31. Dezember 2003 vorgetragenen Verluste drohte im Streitjahr 2004 nicht; er ist selbst im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung und der Abfassung dieses Urteils noch nicht einmal annähernd absehbar. Solange dies nicht der Fall ist, kann aber eine etwaige verfassungswidrige übermäßige Steuerbelastung der Klägerin von vornherein noch nicht eingetreten sein (vgl. ebenso BFH, Beschluss vom 27. Januar 2006 – VIII B 179/05, a.a.O., unter II. 2. a) cc) der Gründe).

    Entgegen der Auffassung der Klägerin vermag der Senat nicht zu erkennen, dass es bereits jetzt „feststeht”, dass die Klägerin ihre Verlustvorträge in Zukunft nicht mehr wird nutzen können. So trägt die Klägerin vor, es sei beabsichtigt, den Geschäftsbetrieb noch bis etwa 2020 fortzusetzen und hieran anschließend das klägerische Unternehmen bis 2025 zu liquidieren. Vom Streitjahr an gerechnet besteht damit bis zum Abschluss der – in Aussicht genommenen – Liquidation ein Zeitraum von einundzwanzig Jahren. Dies ist sowohl hinsichtlich der Prognose der bis dahin erzielten Ergebnisse als auch hinsichtlich der künftigen Entwicklung des Ertragsteuerrechts eine kaum zu überblickende Zeitspanne. Erst recht kann die Klägerin nicht mit Erfolg vertreten, sie könne über diese gesamte Zeitspanne den Willen ihrer Gesellschafter (und gegebenenfalls auch den Willen etwaiger Gesellschafter-Erben) hinsichtlich einer Fortführung der Gesellschaft, einer Einstellung oder Neuausrichtung des Geschäftsbetriebs antizipieren. Gerade weil die Dauer der klägerischen Gesellschaft ihrer Satzung zufolge unbestimmt ist, die Gesellschaft über einen sehr großen Gesellschafterkreis verfügt, der – so der Vortrag der Klägerin – auf eine spätere Rückzahlung des eingesetzten Kapitals abzielt, und weil zudem der satzungsmäßige Gesellschaftszweck der Klägerin hinsichtlich der Art der Vermögensanlage keinerlei einengende Vorgaben macht, hält es der Senat für vollkommen offen, ob die Prognosebetrachtungen der Klägerin zutreffen oder ob die tatsächliche Entwicklung eine andere Richtung nimmt. So geht die Klägerin beispielsweise in ihrer Prognosebetrachtung von einem über zehn Jahre hinweg unveränderten Verhältnis der Erträge aus Aktien einerseits und aus festverzinslichen Wertpapieren und Festgeldern andererseits aus. Sollten sich die Aktienmärkte in den nächsten zehn Jahren – was niemand ausschließen kann – ähnlich volatil verhalten wie in der vergangenen Dekade, oder sollte gar ein noch schlimmerer „Börsencrash” mit einer sich anschließenden Baissephase eintreten, so wäre es lebensfremd anzunehmen, dass die Klägerin hierauf nicht im Sinne ihrer Gesellschafter mit einer Neuausrichtung ihrer Anlageformen zu Lasten der Aktien- und Fondsanlage reagieren würde.

    Anders als in den vorgenannten, von den Finanzgerichten München und Nürnberg entschiedenen Fällen, in denen die bloße Streckung der Verlustnutzung bereits in einen Wegfall der Verlustvorträge umgeschlagen war, steht deshalb im Streitfall gerade noch nicht fest, dass eine Verlustnutzung für die Zukunft ausscheidet. Die Ungewissheit über die künftige Möglichkeit der Verlustnutzung kommt nicht zuletzt auch darin zum Ausdruck, dass die Klägerin – wie sie selbst vorträgt – in dem Zeitraum zwischen dem Streitjahr 2004 und dem Jahr 2009 weitere vorgetragene Verluste in Höhe von rund 2 Mio. EUR (für Körperschaftsteuer) bzw. rund 5 Mio. EUR (für Gewerbesteuer) genutzt hat.

    4. Schließlich verhilft auch der Hinweis auf eine von Beginn an fehlende Einkunftserzielungsabsicht der Klägerin („Liebhaberei”) ihrer Klage nicht zum Erfolg. Einer solchen Argumentation ist nach Ansicht des Senats für den Regelfall einer nicht gemeinnützigen inländischen Kapitalgesellschaft bereits durch die gesetzliche Fiktion des § 8 Abs. 2 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG, nach welcher alle Einkünfte eines solchen Rechtsträgers als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln sind, die Grundlage entzogen. Die Existenz einer „privaten Sphäre” mit der Folge, dass „privat” veranlasste Aufwendungen aus der steuerlich erheblichen Sphäre ausgegrenzt werden müssten, ist dem Wesen der Kapitalgesellschaft fremd. In der Rechtsprechung spielt die „Liebhaberei” bei der Körperschaftsteuer dem gemäß auch nur in Bezug auf die Frage eine Rolle, ob das Handeln einer Kapitalgesellschaft im eigenen oder im Interesse der Gesellschafter erfolgt und ob gegebenenfalls eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt (vgl. etwa FG D, Urteil vom 22. August 2007 – 13 K 4234/03, EFG 2008, 154, mit weiteren Nachweisen). Für das Vorliegen einer solchen Konstellation fehlt es im vorliegenden Sachverhalt indes an jeglichem Anhaltspunkt.

    Davon abgesehen fehlt es aber auch an jeglichem Nachweis dafür, dass die Klägerin das Erzielen eines Totalüberschusses von vornherein nicht angestrebt hätte. Eine solche Annahme liegt auch eher fern, wenn man auf die typische Intention einer (nicht gemeinnützig tätigen) Kapitalgesellschaft und der dahinter stehenden Gesellschafter abstellt. Die Klägerin selbst trägt vor, dass ihre Gesellschafter (jedenfalls) eine vollständige Rückzahlung des eingesetzten Kapitals erwarten. Weshalb die Gesellschafter zwar die Rückzahlung ihrer Einlage erwarten, gleichzeitig aber das Erzielen eines Gewinns aus ihrem Investment nicht angestrebt haben sollten, ist nicht ersichtlich.

    II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    III. Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein nach § 115 Abs. 2 FGO beachtlicher Revisionsgrund nicht erkennbar ist. Dass die Beschränkung der Verlustnutzungsmöglichkeit durch zeitliche Streckung, wie sie § 10d Abs. 2 EStG und § 10a GewStG im Grundsatz vorsehen, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, hat der BFH bereits mehrfach entschieden. Ob in den besonders gelagerten Fällen, in denen die zeitliche Streckung der Verlustnutzung in einen endgültigen Verlust der Verlustvorträge und damit in eine Besteuerung von per Saldo nicht erzielten Gewinnen umschlägt, aus verfassungsrechtlichen Gründen eine teleologische Reduktion der genannten Normen geboten ist, mag zwar eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung sein; sie ist jedoch – wie vorstehend ausgeführt – im Streitfall nicht entscheidungserheblich.

    VorschriftenEStG 2002 § 10d Abs. 2, GewStG 2002 § 10a, GG Art. 3 Abs. 1, GG Art. 19 Abs. 4, GG Art. 20 Abs. 3, KStG 2002 § 8 Abs. 2, KStG 2002 § 1 Abs. 1 Nr. 1