Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 02.03.2011

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 23.09.2010 – 10 K 1966/09

    Unterlässt es das Kind, für das Kindergeld beansprucht wird, seine Meldung als arbeitssuchend alle drei Monate zu erneuern und wird das Kind aus den Akten der Agentur für Arbeit gelöscht, so entfällt der Anspruch auf Kindergeld, auch wenn die Eltern vortragen, es sei die Suche nach Arbeit gegenüber einem Sachbearbeiter der Agentur telefonisch geäußert worden. Mitteilungen müssen aus Beweislastgründen schriftlich erfolgen.


    Im Namen des Volkes

    URTEIL

    In dem Rechtsstreit

    hat der 10. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … ehrenamtliche Richterin … ehrenamtlicher Richter … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 23.09.2010 für Recht erkannt:

    Tatbestand

    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger für sein Kind A (geb. 00.12.1988) für den Zeitraum September 2008 bis März 2009 Kindergeld zusteht.

    Die Beklagte hob mit Verfügung vom 7. Mai 2009 für die Zeit ab September 2008 die Kindergeldfestsetzung auf und forderte das für den Zeitraum September 2008 bis März 2009 gezahlte Kindergeld in Höhe von 1.108,– EUR zurück. Dabei ging die Beklagte davon aus, dass A für die Zeit ab September 2008 nicht mehr bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend gemeldet war. Ein Nachweis über eine entsprechende Meldung habe nur für die Zeit bis zum 21. August 2008 geführt werden können.

    Den hiergegen eingelegten Einspruch wies die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 28. Mai 2009 als unbegründet zurück.

    Mit der Klage trägt der Kläger vor:

    A sei auch nach August 2008 noch arbeitssuchend gemeldet gewesen. Er habe zwar von August bis Dezember eine geringfügige Beschäftigung bei der Firma B bis zum 31. Dezember 2008 und anschließend weitere Nebenbeschäftigungen für den Zeitraum Januar bis März 2009 gehabt. Auch hierbei habe es sich jeweils um geringfügige Beschäftigung unter 15 Stunden gehandelt. Die Unterlagen der Bundesagentur für Arbeit D seien unvollständig bzw. fehlerhaft. A habe sich am 11. Juni 2008 persönlich arbeitslos gemeldet.

    Dass sich A noch nach Juni bzw. August bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend gemeldet hat, wird vom Kläger nicht vorgetragen.

    Der Kläger beantragt,

    die Verfügung über die Aufhebung und Rückforderung von Kindergeld vom 7.Mai 2009 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 28. Mai 2009 aufzuheben.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.

    Der angefochtene Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –.

    Die Beklagte hat zu Recht die Kindergeldfestsetzung ab September 2008 aufgehoben, da dem Kläger ab September 2008 kein Kindergeld mehr für den Sohn A zustand.

    Nach § 63 Abs. 1 i. V. m. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG – wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, nur berücksichtigt, wenn es noch nicht als 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist.

    Zwar hatte A im Streitzeitraum noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet. Er stand auch nicht in einem Beschäftigungsverhältnis, da ein Beschäftigungsverhältnis von weniger als 15 Stunden wöchentlich unschädlich ist (vgl. § 119 Abs. 3 des Sozialgesetzbuches – SGB – III; indirekt bestätigt durch Bundesfinanzhof – BFH – Urteil vom 25. September 2008 III R 91/07, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2010, 47). Er war aber ab September 2008 nicht mehr bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend gemeldet.

    Nach dem vorgenannten Urteil des Bundesfinanzhofs, dem sich der erkennende Senat anschließt, ist entscheidend darauf abzustellen, ob sich das Kind tatsächlich bei der Arbeitsvermittlung als Arbeitsuchender gemeldet bzw. diese Meldung alle 3 Monat erneuert und damit seine kindergeldrechtlichen Mitwirkungspflichten wahrgenommen hat.

    A hatte sich am 11. Juni 2008 als Arbeitsuchender bei der Agentur für Arbeit gemeldet. Damit hatte er seine Mitwirkungspflicht für die Monate Juni, Juli und August 2008 erfüllt. Er hätte sich im August bzw. im September erneut als Arbeitsuchender melden müssen. Dies hat er auch nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht getan. Damit ist die entsprechende Voraussetzung des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG nicht erfüllt und zwar unabhängig davon, ob die Löschung als Arbeitsuchender zu Recht erfolgt ist oder nicht.

    Dem Kläger steht auch kein Kindergeld für den Monat September 2008 zu. Zwar hat A sich am 11.6.2008 arbeitsuchend gemeldet, so dass der Drei-Monats-Zeitraum am 11.9.2008 ablief mit der Folge, dass eigentlich für den Monat September noch Kindergeld zu gewähren wäre.

    Der Senat ist aber der Auffassung, dass die Abmeldung als Arbeitsuchender bei der Agentur für Arbeit zum Erlöschen des Anspruchs führt. Dies ergibt sich daraus, dass die Meldung als Arbeitsuchender im Gesetz ausdrücklich als Tatbestandsvoraussetzung genannt ist („gemeldet ist”).

    Etwas Anderes würde nur dann gelten, wenn die Löschung als Arbeitsuchender zu Unrecht erfolgt wäre. Dies ist vorliegend jedoch trotz der Behauptung des Klägers, die Akten der Agentur für Arbeit seien unvollständig bzw. fehlerhaft, nicht der Fall.

    Der Senat geht davon aus, dass für die Akten der Agentur für Arbeit die Vermutung ihrer Richtigkeit gilt. Diese Richtigkeit muss substantiiert bestritten werden. Dazu reicht es nicht aus, einfach zu behaupten, in einem Telefongespräch des Kindergeldberechtigten bzw. des Kindes sei anderes besprochen worden, als was dokumentiert wurde. Sowohl bei dem Arbeitsvermittlungs- als auch dem Kindergeldverfahren handelt es sich um Massenverfahren. Nach der Lebenserfahrung muss davon ausgegangen werden, dass sich der zuständige Sachbearbeiter Monate später nicht mehr an den Inhalt des Telefongesprächs wird erinnern können und auf den Aktenvermerk, den er zeitnah gefertigt hat, verweisen muss. Deshalb muss der Mitarbeiter auch nicht im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes von Amts wegen gehört werden. Im Rahmen der Risikoverteilung müssen, um Missverständnisse auszuschließen, Mitteilungen an die Agentur für Arbeit schriftlich erfolgen. Ob andere Beweismittel auch möglich sind, z.B. dritte Zeugen, braucht der Senat nicht zu entscheiden, da solche im Streitfall nicht vorhanden sind. Das Kind selber ist kein geeignetes Beweismittel für den Inhalt des von ihm geführten Telefonats.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    Der Senat lässt nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zu. Zwar hat der Bundesfinanzhof (Beschluss vom 14.11.2008 III B 73/08, BFH/NV 2009, 414; ebenso FG Köln, Urteil vom 17.7.2008 14 K 3413/07, EFG 2008, 1903; Siegers, EFG 2009, 262) entschieden, dass das Kind bei bloßer Behauptung von Bewerbungen ohne schriftliche Unterlagen nicht als Zeuge gehört werden muss. Ob dies allerdings auch für den Inhalt von Telefongesprächen mit der Agentur für Arbeit gilt, wovon der Senat ausgeht, bedarf einer höchstrichterlichen Entscheidung und ist in einer Vielzahl von Fällen von Bedeutung.

    VorschriftenEStG § 32 Abs 4 Satz 1 Nr 1, EStG § 63 Abs 1