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  • 26.01.2011

    Finanzgericht Bremen: Urteil vom 18.08.2010 – 2 K 94/09 (5)

    1. Eine KG, deren einzige Aktivität in den Veranlagungszeiträumen 2001 und 2002 die Kommanditbeteiligung an einer gewerblich tätigen GmbH & Co. KG war, war keine vermögensverwaltende Personengesellschaft, sondern gem. dem auch rückwirkend anwendbaren § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 2007 gewerblich tätig.

    2. Es ist nicht verfassungswidrig, dass ein von dieser gewerblich tätigen KG mit Wirkung zum 1.1.2002 erzielter Gewinn aus der Veräußerung der Kommanditbeteiligung an der GmbH & Co. KG nach § 7 S. 2 GewStG in der Fassung von Art. 5 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen v. 23.7.2002 (StBAÄG, BGBl I 2002, 2715) zum steuerpflichtigen Gewerbeertrag bei der GmbH & Co. KG gehört.

    3. § 7 S. 2 GewStG 2002 ist nicht im Wege der teleologischen Reduktion dahin auszulegen, dass die von einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft vermittelte Beteiligung einer natürlichen Person an einer Mitunternehmerschaft der unmittelbaren Beteiligung einer natürlichen Person gleichzustellen ist.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In dem Rechtsstreit

    hat das Finanzgericht Bremen – 2. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 18. August 2010 durch …

    für Recht erkannt:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die Klägerin wendet sich dagegen, dass der Beklagte bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags für den Erhebungszeitraum 2002 den von einer Kommanditistin bei der Veräußerung ihres Kommanditanteils erzielten Veräußerungsgewinn bei der Ermittlung des Gewerbeertrages einbezogen hat.

    Die Klägerin hält § 7 Satz 2 GewStG in der Fassung von Art. 5 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen vom 23. Juli 2002 (StBAÄG, BGBl. I, 2715) für verfassungswidrig.

    Die Klägerin ist eine GmbH & Co KG. Gegenstand ihres Unternehmens ist das …-geschäft. Ihr persönlich haftender Gesellschafter ist die A-GmbH.

    Die Kommanditistin B-KG übertrug mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom 12. September/22. Oktober 2001 ihren Anteil an die C-GmbH mit Wirkung zum 1. Januar 2002. Die B-KG erzielte einen Veräußerungsgewinn in Höhe von EUR …. Die weiteren Kommanditisten D, E und F übertrugen ihre Anteile mit weiteren Verträgen im Jahre 2002 ebenfalls an die C-GmbH.

    Nach Nr. 6 und 7 des Kauf- und Abtretungsvertrages zwischen der B-KG und der C-GmbH stand der auf den Kommanditanteil entfallende Gewinn des Geschäftsjahres 2002 allein der C-GmbH zu, während der auf den Kommanditanteil entfallende Gewinn des Geschäftsjahres 2001 der B-KG zustand.

    Am 1. September 2009 wurde zwischen der Klägerin, der C-GmbH und der G-GmbH einerseits und E und F andererseits eine Vereinbarung geschlossen, in der für den Fall einer gewerbesteuerlichen Belastung des von der B-KG erzielten Veräußerungsgewinns nach § 7 Satz 2 GewStG eine Anpassung der Gewinnverteilung der Klägerin für das Jahr 2002 bestimmt wurde.

    Die eigene mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit der B-KG beschränkt sich nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten auf die Vermögensverwaltung. Sie ist beim Amtsgericht … im Handelsregister unter … eingetragen. Im Jahre 2001 waren ihre persönlich haftenden Gesellschafter die Kaufleute H und I, Kommanditisten waren J und K. Am 6. September 2002 trat die L-GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin ein, die Kommanditisten J und K schieden aus. Zugleich trat die M-GmbH & Co KG als Kommanditistin ein.

    Mit Prüfungsanordnung des Finanzamtes … vom 19. November 2004 wurde für die Klägerin eine Betriebsprüfung angeordnet, die auch die Gewerbesteuer 1999 bis 2002 betraf.

    Mit Gewerbesteuermessbescheid 2002 vom 24. Januar 2006 wurde der Gewerbesteuermessbetrag ohne Berücksichtigung des von der B-KG erzielten Veräußerungsgewinns festgesetzt. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 AO.

    Die Betriebsprüfung wurde in der Zeit vom 15. Februar 2006 bis 23. Februar 2007 durchgeführt. Die Betriebsprüferin sah den von der B-KG erzielten Veräußerungsgewinn gemäß § 7 Satz 2 GewStG als zum Gewerbeertrag des Kalenderjahres 2002 zugehörig an und teilte dies der Klägerin mit. Die Klägerin wandte sich mit Schreiben vom 2. November 2006 gegen die Auffassung der Prüferin, da es sich bei der B-KG um eine vermögensverwaltende Gesellschaft handele, die nicht gewerbesteuerpflichtig sei. Auch sei § 7 Satz 2 GewStG zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Veräußerungstatbestandes noch nicht in Kraft gewesen. Die Betriebsprüferin teilte der Klägerin mit E-Mail vom 10. Januar 2008 mit, dass der Beklagte der Auffassung sei, dass der Veräußerungsgewinn der Gewerbesteuer zu unterwerfen und bei der Klägerin zu berücksichtigen sei.

    Mit Bescheid vom 9. Juli 2008 wurde die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für 2002 entsprechend den Feststellungen der Betriebsprüfung geändert.

    Die Klägerin hat am 7. August 2008 Sprungklage erhoben.

    Zur Begründung ihrer Klage führt sie aus, dass der Veräußerungsgewinn der B-KG nicht der Gewerbesteuer unterliege, da § 7 Satz 2 GewStG im Wege der teleologischen Reduktion dahin auszulegen sei, dass die über eine vermögensverwaltende Personengesellschaft gehaltene Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft der unmittelbaren Beteiligung einer natürlichen Person gleichzustellen sei. Der Gewinn aus der Veräußerung eines Kommanditanteils gehöre nur dann zum Gewerbeertrag der Mitunternehmerschaft, wenn der veräußernde Rechtsträger einen Betrieb im gewerbesteuerlichen Sinne unterhalte. Die Urteilsgründe des Urteils des Finanzgerichts Bremen vom 7. Februar 2007 3 K 73/05 (5), EFG 2007, 1720 seien nicht übertragbar, da diese Frage nicht entscheidungserheblich gewesen sei. Weiterhin sei § 7 Satz 2 GewStG in der Fassung des Gesetzes vom 23. Juli 2002 aus verfassungsrechtlichen Gründen auf den Veräußerungsvorgang nicht anwendbar.

    Die B-KG sei trotz ihrer Beteiligung an der Mitunternehmerschaft der Klägerin weder gewerblich tätig noch gewerblich geprägt oder infiziert, sondern allein als vermögensverwaltend zu qualifizieren. Nach dem BFH-Urteil vom 6. Oktober 2004 IX R 53/01, BFHE 207, 466, BStBl. 2005, 383 seien die Einkünfte aus der Beteiligung an der Klägerin nicht geeignet, eine Abfärbewirkung im Sinne des § 15 Abs. 3 EStG herbeizuführen. Soweit nach der durch das JStG 2007 rückwirkend eingeführten Neufassung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG bereits die Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft zur Gewerblichkeit der im Übrigen nur vermögensverwaltenden Obergesellschaft führe, sei die Rückwirkung entgegen dem Beschluss des Finanzgerichts Düsseldorf vom 2. August 2007 14 V 1366/07 A(G), EFG 2008, 62 verfassungswidrig. Es habe sich nicht um eine lediglich deklaratorische Klarstellung der Rechtslage gehandelt. Der BFH habe über die Auslegung des bis dahin geltenden Rechts verbindlich entschieden. Für eine rückwirkende Änderung der Rechtslage hätten keine besonderen Gründe vorgelegen. In den Jahren 2001/2002 hätte nicht mit der Änderung der objektiven Rechtslage gerechnet werden müssen.

    Die an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft beteiligten Personen seien mit einer direkt an der Mitunternehmerschaft beteiligten Person gleichzusetzen, da nach Maßgabe der sog. Bruchteilsbetrachtung gemäß § 39 AO auf die hinter der Gesellschaft stehenden Personen durchgegriffen werde. Bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften wie der B-KG könne der durch § 7 Satz 2 GewStG verfolgte Gesetzeszweck nicht erreicht werden. Bei diesen bestehe das Potential einer Umgehung der Gewerbesteuer bei der Veräußerung von Einzelwirtschaftsgütern durch die Einbringung eine Personengesellschaft und die anschließende steuerfreie Veräußerung der Beteiligung an dieser Personengesellschaft nicht. Anders als bei Kapitalgesellschaften und gewerblich tätigen oder geprägten Personengesellschaften unterliege bei einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft die Veräußerung eines Wirtschaftsgutes nicht der Gewerbesteuer.

    Die Gewerbesteuerbelastung der Klägerin werde nicht dadurch ausgeglichen, dass den Gesellschaftern der B-KG eine Steuerermäßigung gemäß § 35 EStG gewährt würde. Die Zuordnung der Ermäßigungsbeträge nach § 35 EStG richte sich strikt nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel und sei einer vertraglichen Regelung nicht zugänglich. Nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel der Klägerin stehe der B-KG kein Gewinnanteil zu. Für deren Gesellschafter seien mit Bescheid vom 23. September 2005 anteilige Gewerbesteuer-Messbeträge in Höhe von jeweils EUR … festgestellt worden. Wegen der fehlenden Entlastung fehle die Rechtfertigung für die steuerbegründende Typisierung.

    Es liege ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit vor. Denn der Klägerin sei durch die Veräußerung keine Liquidität zugeflossen. Die stillen Reserven seien nicht von der Klägerin, sondern von der B-KG realisiert worden.

    Die Klägerin sieht entgegen dem Urteil des Finanzgerichts Bremen vom 7. Februar 2007 3 K 73/05 (5), EFG 2007, 1720 in der Anwendung des § 7 Satz 2 GewStG auf im Jahre 2001 vereinbarte und bis zum 23. Juli 2002 vollzogene Übertragungen einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot. Es liege ein Fall der echten Rückwirkung vor, die auch nicht wegen einer etwaigen verworrenen Rechtslage oder wegen des Entfallens eines schutzwürdigen Vertrauens des Steuerpflichtigen entfallen sei. Das Bundesverfassungsgericht habe mit dem Beschluss vom 3. Dezember 1997 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67 – Schiffbauverträge – die veranlagungszeitraumbezogene Rechtsprechung aufgegeben und durch eine dispositionsbezogene Sichtweise abgelöst. Bis zum endgültigen Gesetzesbeschluss vom 23. Juli 2002 über das StBAÄG habe Vertrauensschutz bestanden. Das Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 10. September 2001 (Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz – UntStFG) sei für die Neuregelung des § 7 Satz 2 GewStG nicht konstitutiv gewesen.

    Anknüpfungspunkt des Vertrauensschutzes sei die vom Steuerpflichtigen getätigte Disposition. Diese Auffassung des BVerfG werde vom IX., XI und V. Senat des BFH geteilt (Hinweis auf Vorlagebeschluss vom 16. Dezember 2003 IX R 46/02, BFHE 204, 228, BStBl. II 2004, 284; Vorlagebeschluss vom 2. August 2006 XI R 30/03, BFHE 214, 406, BStBl II 2006, 895; Beschluss vom 26. September 2007 V B 8/06, BFHE 219, 245, BStBl II 2008, 405). Disposition in diesem Sinne sei nicht erst die dingliche Übertragung der Beteiligung, sondern der Zeitpunkt der Eingehung einer rechtlichen Bindung. Vorliegend sei dies mit dem Vertragsschluss am 12. September/22. Oktober 2001 geschehen.

    Die Klägerin und die am Vertragsschluss Beteiligten seien in ihrem Vertrauen auf die Gewerbesteuerfreiheit des Veräußerungsgewinns geschützt gewesen. Denn die Einschränkung, dass die Steuerbefreiung nur im Hinblick auf natürliche Personen als unmittelbar beteiligte Mitunternehmer gelten sollte, sei erst am 8. November 2001 in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden. Die vorliegende echte Rückwirkung sei weder durch zwingende Gründe des Gemeinwohls noch wegen eines nicht mehr bestehenden rückwirkenden Vertrauens des Steuerpflichtigen gerechtfertigt.

    Die Vertragsparteien hätten nicht die Möglichkeit gehabt, durch entsprechende vertragliche Gestaltungen die gewerbesteuerliche Belastung zu vermeiden. Der Vertrag sei rechtsverbindlich abgeschlossen gewesen, als sich das Gesetzgebungsverfahren erstmalig mit der Gewerbesteuerpflicht mittelbar beteiligter Mitunternehmer beschäftigt hätte. Eine entsprechende Gewinnverteilungsabrede werde von der Verwaltung selbst für unzulässig gehalten.

    Die Klägerin beantragt,

    den Gewerbesteuermessbetrag 2002 unter Aufhebung des Bescheides vom 9. Juli 2008 auf EUR … festzusetzen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er stimmt der Sprungklage gemäß § 45 Abs. 1 FGO zu.

    Der Streitfall unterscheide sich nicht von dem bereits vom Finanzgericht Bremen entschiedenen Fall. Denn die B-KG habe im Streitjahr durch ihre Beteiligung an der gewerblich tätigen Klägerin gewerbliche Einkünfte gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG erzielt, so dass insgesamt ein Gewerbebetrieb mit ausschließlich gewerblichen Einkünften im Streitjahr bestanden habe. Die nach § 52 Abs. 32a EStG vorzunehmende Anwendung der Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auch für Veranlagungszeiträume vor 2006 sei verfassungsgemäß. In der Kommentarliteratur würden keine Bedenken geäußert. Denn bereits nach früherer Rechtsprechung sei durchgängig eine Abfärbewirkung eines Teilbereichs gewerblicher Tätigkeit bei Personengesellschaften auch dann angenommen worden, wenn eine Obergesellschaft an einer gewerblich tätigen Untergesellschaft mitunternehmerisch beteiligt sei. Auf das BFH-Urteil vom 6. Oktober 2004 IX R 53/01, BFHE 207, 466, BStBl. 2005, 383 habe das BMF mit einem Nichtanwendungserlass vom 18. Mai 2005, IV B 2-S 2241-34/05 BStBl. I 2005, 698 reagiert und eine Gesetzesänderung angekündigt, die mit dem JStG 2007 umgesetzt worden sei. Durch die Änderung von § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG durch das JStG 2007 sei lediglich die Rechtslage vor dem Ergehen des BFH-Urteil vom 6. Oktober 2004 IX R 53/01, BFHE 207, 466, BStBl. 2005, 383 wiederhergestellt worden. Während der Veranlagungszeiträume 2001 und 2002 habe keine unklare Rechtslage bestanden. Gerichte und Verwaltung seien von der Abfärbewirkung bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft ausgegangen. Die geänderte Rechtsprechung habe zumindest für die vor 2004 liegenden Jahre kein schutzwürdiges Vertrauen begründen können.

    Soweit die Anwendung der Vorschrift des § 7 Satz 2 GewStG zu einer gewerbesteuerlichen Belastung der Klägerin führe, hätte dies durch entsprechende vertragliche Gestaltungen vermieden werden können. Durch vertragliche Gestaltungen hätte die durch den Veräußerungsgewinn hervorgerufene Gewerbesteuer verursachungsgerecht zugerechnet werden können.

    Von einem Vertrauensschutz für die Klägerin könne nicht ausgegangen werden, da die Einführung der Gewerbesteuerpflicht für Gewinne aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen Gegenstand intensiver Auseinandersetzungen in der Fachpresse gewesen sei. Es liege kein Fall einer echten Rückwirkung vor. Für den Vertrauensschutz sei nicht auf den Zeitpunkt der wirtschaftlichen Disposition, sondern auf den Abschluss des Sachverhalts abzustellen. Die Erfassung in der Vergangenheit angelegter, noch nicht abgeschlossener Sachverhalte beeinträchtige keine schutzwürdigen Belange Einzelner. Die Erfassung solcher Veräußerungen durch § 7 Satz 2 GewStG, die erst nach dem maßgeblichen Gesetzesbeschluss zum UntStFG vom 20. Dezember 2001 abgeschlossen seien, stellten keinen Eingriff in einen abgeschlossenen Sachverhalt dar. Der Steueranspruch entstehe gemäß § 38 AO, wenn der Tatbestand des § 7 Satz 2 GewStG erfüllt sei, d.h. wenn der Veräußerungsgewinn realisiert sei. Auch der XI. Senat des BFH, der die Veranlagungszeitraumrechtsprechung verwerfe, stelle in seinem Beschluss vom 2. August 2006 XI R 30/03, BFHE 214, 406, BStBl II 2006, 895 auf die Entstehung des Steueranspruchs ab.

    Nach dem Urteil des BVerfG vom 15. Januar 2008 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 verstoße die Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht gegen den Gleichheitssatz.

    Während der Beklagte sein Einverständnis mit der Anregung des Gerichts, den Rechtsstreit im Hinblick auf das Revisionsverfahren IV R 29/07 zum Ruhen zu bringen, erklärt hat, begehrt die Klägerin eine Entscheidung in der Sache unter Hinweis darauf, dass es sich bei der B-KG um eine vermögensverwaltende Personengesellschaft handele.

    Die vom Beklagten vorgelegten Steuerakten (…) haben vorgelegen. Ihr Inhalt ist, wie der der Gerichtsakten, Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen, soweit die Entscheidung darauf beruht. Insoweit wird auf den Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist unbegründet.

    Der Gewerbesteuermessbescheid vom 9. Juli 2008 ist rechtmäßig.

    Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass der Beklagte den von der veräußernden Kommanditistin der Klägerin erzielten Veräußerungsgewinn als Gewerbeertrag erfasst hat. Der Anwendung des § 7 Satz 2 GewStG in der Fassung des StBAÄG stehen verfassungsrechtliche Bedenken nicht entgegen. Es liegt kein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Verbot unzulässiger Rückwirkung von Gesetzen vor (I.). § 7 Satz 2 GewStG ist nicht im Wege der teleologischen Reduktion dahin auszulegen, dass die von einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft vermittelte Beteiligung einer natürlichen Person an einer Mitunternehmerschaft der unmittelbaren Beteiligung einer natürlichen Person gleichzustellen ist (II.).

    I. Soweit die Klägerin geltend macht, dass die Berücksichtigung von Veräußerungsgewinnen, die vor dem Gesetzesbeschluss zum StBAÄG am 23. Juli 2002 entstanden sind, bei der Ermittlung des Gewerbeertrags gemäß § 7 Satz 2 GewStG wegen eines Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot verfassungswidrig sei, wird darauf verwiesen, dass das Finanzgericht Bremen mit Urteil vom 7. Februar 2007 3 K 73/05 (5), EFG 2007, 1720 dieses verneint hat. Der Senat teilt die in diesem Urteil dargelegte Auffassung, wonach § 7 Satz 2 GewStG verfassungsgemäß ist, und sieht auch im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin in diesem Verfahren keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung.

    II. Der von der B-KG bei der Veräußerung des Kommanditanteils an der Klägerin erzielte Veräußerungsgewinn ist nicht deshalb aus dem Gewerbeertrag auszuscheiden, weil die B-KG neben der Beteiligung an der Klägerin keine gewerbliche Tätigkeit entfaltet hat. Bei der B-KG handelte es sich in den Veranlagungszeiträumen 2001 und 2002 nicht um eine vermögensverwaltende Personengesellschaft (1.) § 7 Satz 2 GewStG kann nicht dahin ausgelegt werden, dass der Gewinn aus der Veräußerung des Anteils eines Gesellschafters nicht zum Gewerbeertrag gehört, soweit er auf eine natürliche Person entfällt, die über eine Personengesellschaft, die neben der Beteiligung an der Mitunternehmerschaft keine gewerbliche Tätigkeit entfaltet, mittelbar beteiligt ist (2.).

    1. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelte es sich bei der B-KG in den Veranlagungszeiträumen 2001 und 2002 nicht um eine vermögensverwaltende Personengesellschaft. Eine Personengesellschaft, die keine eigene gewerbliche Tätigkeit ausübt, ist gewerblich geprägt, wenn sie Einkünfte aus der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft erzielt. Gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gilt als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft gewerbliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 bezieht. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Personengesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist. Dies hat zur Folge, dass dann, wenn sich eine vermögensverwaltende KG an einer gewerblich tätigen KG beteiligt, ihre sämtlichen Einkünfte als gewerblich zu qualifizieren sind (vgl. Stuhrmann in Blümich, EStGKStGGewStG, 104. Aufl., § 15 EStG, Rn. 230).

    Durch das JStG 2007 (Gesetz vom 13. Dezember 2006 <BGBl. I S. 2878>) ist § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG dahin ergänzt worden, dass auch eine mittelbare gewerbliche Tätigkeit genügt, um die Gewerblichkeit einer Personengesellschaft zu begründen. Gemäß § 52 Abs. 32a EStG ist § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in der Fassung des JStG 2007 auch für Veranlagungszeiträume vor 2006 anzuwenden. Diese Regelung ist verfassungsgemäß (vgl. FG Düsseldorf, Beschluss vom 2. August 2007 14 V 1366/07 A, EFG 2008, 62; Kauffmann, Herrmann, in Frotscher, EStG, § 15 EStG Rz. 178, Stand: 15.05.2008; Wacker in Schmidt, EStG, 28. Aufl. 2009, § 15 EStG Rz. 189; Lademann, EStG, Stand März 2010, § 15 Rn. 251 e). Der Senat teilt nicht die in der Literatur (vgl. Stuhrmann in Blümich, EStGKStGGewStG, 104. Aufl., § 15 EStG, Rn. 282 c) geäußerten Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der durch § 52 Abs. 32a EStG angeordneten Rückwirkung von § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG

    Dies gilt jedenfalls, soweit die Veranlagungszeiträume 2001 und 2002 betroffen sind. Denn mit der Änderung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG wurde auf das BFH-Urteil vom 6. Oktober 2004 IX R 53/01, BFHE 207, 466, BStBl. 2005, 383, das mit Zustimmung des IV. Senats (Beschluss vom 6. November 2003 IV ER – S – 3/03, BFHE 207, 462, BStBl II 2005, 376) eine Abfärbewirkung der Beteiligung an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft verneint hatte, reagiert. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG kodifiziert die bis zu dem BFH-Urteil vom 6. Oktober 2004 IX R 53/01, BFHE 207, 466, BStBl. 2005, 383 bestehende Rechtslage, so dass bezogen auf die Veranlagungszeiträume vor dem Ergehen dieser Entscheidung kein schutzwürdiges Vertrauen in eine andere Rechtslage entstehen konnte (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 19. November 2008 6 K 174/05, EFG 2009, 573; FG Düsseldorf, Beschluss vom 2. August 2007 14 V 1366/07 A, EFG 2008, 62).

    Danach handelte es sich bei der B-KG nicht um eine vermögensverwaltende Personengesellschaft. Sie erzielte in den Veranlagungszeiträumen 2001 und 2002 als Mitunternehmerin des Betriebs der Klägerin gewerbliche Einkünfte im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gilt daher ihre Tätigkeit in vollem Umfang als Gewerbebetrieb.

    2. Selbst wenn der Klägerin entgegen den vorstehenden Ausführungen darin zu folgen sein sollte, dass die B-KG als vermögensverwaltende Personengesellschaft zu qualifizieren ist, gehörte der bei der Veräußerung ihres Kommanditanteils an der Klägerin erzielte Veräußerungsgewinn zum Gewerbeertrag der Klägerin. Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin wäre die über eine vermögensverwaltende Personengesellschaft mittelbare Beteiligung einer natürlichen Person am Betrieb einer Mitunternehmerschaft nicht mit einer unmittelbaren Beteiligung gleichzusetzen. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 7 Satz 2 GewStG gehört der Gewinn aus der Veräußerung des Anteils eines Gesellschafters, der als Mitunternehmer des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist, zum Gewerbeertrag, soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer anzusehen ist. Daraus folgt, dass im Falle der mittelbaren Beteiligung natürlicher Personen an einer gewerbesteuerpflichtigen Personengesellschaft, einer doppelstöckigen Personengesellschaft der Veräußerungsgewinn zum Gewerbeertrag zählt. Darüber besteht in der Literatur Einigkeit (vgl. Schnitter, in Frotscher/Maas, GewStG, Stand: 15.03.2009, § 7 GewStG Rz. 76; von Twickel in Blümich, EStGKStGGewStG, 104. Aufl., § 7 GewStG Rn. 151; Roser in Lenski/Steinberg, GewStG, Juli 2009, § 7 Anm. 374ff.; Selder in Glanegger/Güroff, GewStG, 7. Aufl., § 7 Rn. 706; Ludwig, BB 2007, 2152, Suchanek, GmbHR 2007, 248 ff.).

    Neben dem Wortlaut spricht auch die Entstehungsgeschichte der Norm gegen die von der Klägerin vertretene Auslegung. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten nur die Veräußerungsgewinne gewerbesteuerfrei bleiben, die auf unmittelbar beteiligte natürliche Personen entfallen. In Art. 4 Nr. 2 des Regierungsentwurfs des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz – UntStFG) vom 10. September 2001 (BT-Drs. 14/6882 vom 10. September 2001) war diese Beschränkung noch nicht vorgesehen. Danach war für § 7 Satz 2 GewStG folgender Wortlaut vorgesehen:

    „In § 7 wird nach Satz 1 folgender Satz eingefügt:

    „Zum Gewerbeertrag gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe

    des Betriebs oder eines Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft,

    des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist,

    des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien,

    soweit er nicht auf eine natürliche Person als Mitunternehmer entfällt.”

    Im Bericht des Finanzausschusses vom 8. November 2001 wurde der Regierungsentwurf dahingehend geändert, dass im letzten Halbsatz vor Mitunternehmer „unmittelbar beteiligter” eingefügt wurde (BT-Drs. 14/7343, S. 40). Die Begründung hierfür lautet (BT-Drs. 14/7344, S. 12):

    „Durch die Änderung werden nur die Veräußerungsgewinne bei Mitunternehmerschaften von der Gewerbesteuer steuerfrei gelassen, die auf unmittelbar beteiligte natürliche Personen entfallen. Soweit eine natürliche Person mittelbar beteiligt ist, erfolgt eine Entlastung um die Gewerbesteuer durch die Steuerermäßigung nach § 35 EStG. Die Ergänzung ist notwendig, um die Regelung in der Praxis anwenden zu können. Bei mehrstufigen Personengesellschaften ist es für das Betriebsfinanzamt regelmäßig nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten feststellbar, ob und in welchem Umfang eine natürliche Person mittelbar an dem Veräußerungsgewinn der Personengesellschaft beteiligt ist.”

    Durch die Übernahme dieser Änderung hat der Gesetzgeber aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität davon abgesehen, die steuerliche Entlastung des auf eine natürliche Person entfallenden Veräußerungsgewinns, der mittelbar über eine zwischengeschaltete Personengesellschaft auf sie entfällt, bereits auf der gewerbesteuerlichen Ebene vorzunehmen. Der Gesetzgeber hat es insofern für ausreichend gehalten, dass die Minderung der steuerlichen Gesamtbelastung für mittelbar beteiligte natürliche Personen durch die Steuerermäßigung nach § 35 EStG erfolgt. Darin liegt keine verfassungsrechtlich unzulässige Ungleichbehandlung (vgl. Finanzgericht Bremen, Urteil vom 7. Februar 2007 3 K 73/05 (5), EFG 2007, 1720).

    Es ist keine Gleichsetzung der mittelbar über eine Personengesellschaft beteiligten natürlichen Personen mit den unmittelbar an einer Mitunternehmerschaft beteiligten natürlichen Personen wegen der sog. Bruchteilsbetrachtung nach § 39 AO vorzunehmen. Der Klägerin ist darin zuzustimmen, dass diese erforderlich wird, wenn nicht die Gesellschaft, sondern die Gesellschafter Steuerrechtssubjekte sind, wie dies bei der einkommensteuerlichen Erfassung der Einkünfte der Fall ist. Für eine Bruchteilsbetrachtung besteht allerdings kein Anlass, wenn die Gesellschaft selbst Steuerschuldnerin ist, so wie es bei der Gewerbesteuer gemäß § 5 Satz 2 GewStG der Fall ist. Insoweit ist vorliegend nicht auf die B-KG, sondern auf die Klägerin, um deren Gewerbesteuerschuld gestritten wird, abzustellen.

    Der mit der Regelung des § 7 Satz 2 GewStG verfolgte Gesetzeszweck erfordert keine Gleichsetzung der mittelbar über eine Personengesellschaft beteiligten natürlichen Personen mit den unmittelbar an einer Mitunternehmerschaft beteiligten natürlichen Personen. Nach der Begründung der Bundesregierung (BT-Drs. 14/6882, S. 41) hatte die gesetzliche Neuregelung folgendes Ziel:

    „Veräußerungsgewinne sollen bei Mitunternehmerschaften (Personengesellschaften, Erbengemeinschaften) künftig der Gewerbesteuer unterliegen, soweit sie nicht auf natürliche Personen als Mitunternehmer entfallen. Insbesondere bei einer Kapitalgesellschaft wird dies zur Vermeidung von missbräuchlichen Gestaltungen für unverzichtbar gehalten. Kapitalgesellschaften hätten ohne die Regelung die Möglichkeit, Einzelwirtschaftsgüter, die bei ihrer Veräußerung mit Gewinn der Gewerbesteuer unterliegen, statt dessen nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG steuerneutral auf eine Personengesellschaft zu übertragen und könnten anschließend die Beteiligung an der Personengesellschaft steuerfrei veräußern.”

    Dieser Zweck erfordert keine Differenzierung zwischen selbst gewerblich tätigen oder gewerblich geprägten Personengesellschaften einerseits und vermögensverwaltenden Personengesellschaften als beteiligten Mitunternehmern andererseits. Denn, wie bereits dargelegt, ist gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in der Fassung, die die Vorschrift durch das JStG 2007 erfahren hat, auch eine Personengesellschaft, die keine eigene gewerbliche Tätigkeit ausübt, gewerblich geprägt, wenn sie Einkünfte aus der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft erzielt. Dies entspricht auch der Rechtspraxis zum Zeitpunkt der Einfügung des § 7 Satz 2 GewStG (vgl. BFH-Urteile vom 8. Dezember 1994 IV R 7/92, BFHE 176, 555, BStBl II 1996, 264; vom 29. November 2001 IV R 91/99, BFHE 197, 400, BStBl II 2002, 221; vom 18. April 2000 VIII R 68/98, BFHE 192, 100, BStBl II 2001, 359). Für die von der Klägerin geforderte Ausweitung der Gewerbesteuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen, soweit sie auf (ansonsten) vermögensverwaltende Personengesellschaften entfallen, im Wege der teleologischen Reduktion besteht danach kein Anlass.

    Die Nichteinbeziehung des von der B-KG erzielten Veräußerungsgewinns kann auch nicht im Hinblick darauf verlangt werden, dass den Gesellschaftern der B-KG im Jahre 2002 keine Steuerermäßigung nach § 35 EStG gewährt wurde, da der B-KG für dieses Jahr kein Anteil am Gewinn der Klägerin zustand. Denn dies ist keine Folge einer Fehlfunktion des in den gesetzlichen Regelungen vorgesehenen Entlastungsmechanismus. Vielmehr resultiert diese Folge aus den zwischen den Beteiligten getroffenen vertraglichen Vereinbarungen, insbesondere der Vereinbarung eines Zeitpunktes der Übertragung der Kommanditbeteiligung nicht im Jahre 2001, in dem für die B-KG ein Anteil am Gewerbesteuermessbetrag festzustellen war, sondern für den 1. Januar 2002.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO

    Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zuzulassen.

    VorschriftenGewStG 2002 § 7 S. 2, GG Art. 3 Abs. 1, GG Art. 20 Abs. 3, EStG 15 Abs. 3 Nr. 1