22.12.2010
Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 16.09.2010 – 4 K 4/10
Wenn der Zollwert nicht nach der Transaktionswertmethode berechnet werden kann, weil der Preis zur Ausfuhr in die Gemeinschaft nicht bekannt ist, und auch eine Berechnung nach Art. 30 Zollkodex ausscheidet, wird der Zollwert nach Art. 31 Zollkodex berechnet.
Im Rahmen dieser Methode kann auf einen Durchschnittspreis für Waren (hier Schuhe) der betreffenden Warennummer des EZT zurückgegriffen werden, der von der Exportstatistik des Ausfuhrlandes (hier China) ausgeworfen wird.
Die Revision wurde zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Einfuhrabgaben.
Die Klägerin war Hauptverpflichtete eines am 27.06.2007 eröffneten Versandverfahrens T 1. Ausweislich der Versandscheine sollten im Versandverfahren Damen- und Herrenschuhe von einem Versender in A zu einem Empfänger in Polen befördert werden. Dabei handelte es sich um 1.203 Kartons Herrenschuhe sowie 92 Kartons Damenschuhe. In der Versandanmeldung wurde Bezug genommen auf die dem Empfänger in Polen vom Versender in Deutschland gestellte Handelsrechnung 46/07 vom 25.06.2007, die im Verlauf auch vorgelegt wurde. Eine Warennummer wurde nicht angegeben. Ausweislich der Versandanmeldung handelte es sich jeweils um Schuhe aus 100 % PU bzw. PVC.
Mit Schreiben vom 30.07.2007 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass der Abgangsstelle, dem Zollamt Hamburg-1, bisher kein Nachweis über die Beendigung des Versandverfahrens vorliege. Die Klägerin wurde aufgefordert, bis zum 10.09.2007 die Beendigung des Versandverfahrens nachzuweisen. Nach erneuter Aufforderung übersandte die Klägerin unter dem 07.11.2007 verschiedene Unterlagen, räumte im Verlauf aber ein, dass es zu einer Verwechslung von Dokumenten gekommen sei und die Ware nach Eröffnung des Versandverfahrens vom Zollpapier getrennt worden sei. Den Unterlagen lag auch die vom Einführer in Deutschland dem Empfänger in Polen gestellte Handelsrechnung Nr. 46/07 bei, nach der die 14.436 Paar Herrenschuhe 3.609,00 US-Dollar (0,25 US-Dollar) und die 2.208 Paar Damenschuhe 397,44 US-Dollar (0,18 US-Dollar je Paar) gekostet haben sollen. Die Beendigung des gemeinschaftlichen Versandverfahrens konnte nicht nachgewiesen werden.
Mit an die Klägerin gerichtetem Schreiben vom 09.11.2007 zweifelte der Beklagte die Richtigkeit des sich aus der Rechnung ergebenden Zollwerts nach Art. 181a ZK-DVO an, da die angegebenen Preise von 0,18 US-Dollar bzw. 0,25 US-Dollar für ein Paar Damen- bzw. Herrenschuhe nicht kostendeckend erschienen und gab der Klägerin Gelegenheit, weitere Unterlagen vorzulegen, um den tatsächlichen Zollwert zu belegen. Darauf reagierte die Klägerin nicht. Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 07.04.2008 setzte der Beklagte daraufhin Einfuhrabgaben in Höhe von insgesamt 17.786,97 € fest. Zur Begründung führte er aus, die Waren seien im Versandverfahren nicht wiedergestellt worden. Der mit den Rechnungen angegebene Zollwert sei nach Art. 181 a ZK-DVO angezweifelt worden. Der Zollwert sei nach Art. 31 ZK auf der Grundlage der chinesischen Exportstatistik ermittelt worden. Daraus ergebe sich für Waren der Waren-Nr 64029900 ein Wert von 3,68 US-Dollar je Einheit.
Am 23.09.2008 legte die Klägerin Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Bei den Schuhen handele es sich um billigste Kunststofferzeugnisse aus der Volksrepublik China. Sie fügte ein Schreiben des Einführers in A bei, wonach Rechnungen verwechselt worden seien. Zutreffend sei nach Angaben des deutschen Versenders die Rechnung 47/07 vom 06.07.2007 (ebenfalls vom deutschen Versender dem polnischen Empfänger gestellt), wonach es sich um 14.436 Paar Herrenschuhe für 0,50 US-Dollar je Paar und 2.208 Paar Damenslipper für 0,20 US-Dollar je Paar gehandelt hat. Weiter fügte sie ein polnisches Zollpapier bei, das einen Zollwert von 7.659,60 US-Dollar ausweist. Sie sei nicht Partei des Kaufgeschäfts, daher sei es ihr unmöglich, weitere warenbezogene Dokumente beizubringen. Die Schätzung des Zollwertes durch den Beklagten sei weder belegt noch nachvollziehbar. Sie berücksichtige auch nicht, dass es sich um Billigerzeugnisse handele.
Mit Beschluss vom 04.08.2009 (4 V 121/09) lehnte der Senat einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Einfuhrabgabenbescheides vom 07.04.2008 ohne Sicherheitsleistung ab. Auf den Beschluss wird verwiesen.
Die Klägerin legte noch im Einspruchsverfahren eine eidesstattliche Versicherung des seinerzeitigen Geschäftsführers der deutschen Versenderin vom 31.08. 2009 vor, wonach es eine Ladungsverwechslung gegeben habe und die Rechnung Nr. 46/07 storniert worden sei. Durch Ausstellung der Rechnung Nr. 47/07 sei eine Korrektur vorgenommen worden.
Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 17.12.2009 zurückgewiesen. Zur Begründung legte der Beklagte im Einzelnen dar, weshalb eine Zollschuld dem Grunde nach entstanden sei. Hinsichtlich des Zollwertes legte er dar, dass die in der Rechnung Nr. 46/07 angegebenen Preise in deutlichem Missverhältnis zu den Preisen von Waren aus der Risikoanalyse stünden. Davon abgesehen könne die Warenrechnung nicht bei der Zollwertbemessung nach Art. 29 ZK berücksichtigt werden, weil ihr nicht ein Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft zu Grunde gelegen habe. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass Rechnungen als Gefälligkeitsbelege ausgestellt worden seien, in die die deutsche Versenderin jeden beliebigen Betrag hätte eintragen können. Sämtliche Verkäufe dieser Firma seien als Scheingeschäfte zu werten. Der Zollwert müsse daher nach Art. 31 ZK ermittelt werden. Hier sei der Zollwert anhand eines aus einer Risikoanalyse gewonnenen Wertes einer vergleichbaren Ware ermittelt worden. Hinsichtlich der Risikoanalyse sei abgestellt worden auf die Informationen der Zentralstelle für den Zollwert, hier auf das Risikoprofil Nr. .../.../... und die darin aufgeführten durchschnittlichen Exportpreise aus der Exportstatistik Chinas. In diesen durchschnittlichen Exportpreisen seien sowohl hochwertige Waren als auch minderwertige Waren erfasst. Auf Grundlage dieser chinesischen Exportstatistik im maßgeblichen Zeitraum sei der Zollwert auf 3,68 US-Dollar je Paar, also 2,74 € je Paar festgesetzt worden. Den Durchschnittspreisen liege eine Auswertung einer von OLAF zur Verfügung gestellten Tabelle mit chinesischen Exportpreisen zu Grunde. OLAF beziehe die gesamte Exportstatistik Chinas entgeltlich von einer Firma in B, die die Daten im Auftrag der chinesischen Regierung vertreibe. Quelle und Art der Daten würden von OLAF als glaubwürdig unter seriös eingeschätzt, einzelne Datenansätze seien in der Vergangenheit mit den tatsächlichen Angaben beim jeweiligen Import in die EU überprüft und verifiziert worden. Ein Auszug aus der chinesischen Exportstatistik, der die Warenwerte für verschiedene Waren des Kapitels 64 zu entnehmen sind, wurde angelegt. Sofern die Klägerin bereits in Polen Einfuhrabgaben entrichtet habe, ändere dies nichts, da die Abgaben in Deutschland entstanden seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsscheidung nebst Anlage Bezug genommen.
Mit ihrer am 05.01.2010 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie räumt ein, dass die Einfuhrabgabenschuld dem Grunde nach in ihrer Person entstanden sei. Im Verlauf des Versandverfahrens sei es zu einer Verwechslung der Rechnungen 46/07 und 47/07 gekommen. Letztlich seien aber nach den zollfahndungsamtlichen Feststellungen beide Rechnungen zu verwerfen, da es sich um Gefälligkeitsrechnungen gehandelt habe. Da in Polen bereits eine Verzollung stattgefunden habe, liege ein Fall der Doppelbesteuerung vor. Zwar komme dem Beklagten das Recht der Erstbesteuerung zu, dieser habe jedoch eine Erstattung in Polen von Amts wegen zu bewirken bzw. vorbereiten zu lassen.
Laut Einfuhrabgabenbescheid sei der Beklagte von der Warennummer 6402 9998 90 0 ausgegangen, diese Codenummer beziehe sich indessen nur auf Frauenschuhe. Aber auch die eher einschlägigen Warennummern 6402 9996 und 6402 9998 führten zum gleichen Drittlandszollsatz von 16,8 %. Über die Art der Schuhe gebe es überhaupt keine Anhaltspunkte. Mangels besserer Erkenntnisse müssten die Schuhe in die zuletzt in Betracht kommende Unterposition 6405 9090 eingereiht werden. Dann betrage der Drittlandszollsatz nur 4 %. Unabhängig von der Frage der Brauchbarkeit der chinesischen Exportstatistik liege der vom Beklagten angenommene Wert deutlich über den gängigen Werten solcher chinesischer Schuhe. Unter Berücksichtigung der Frachtkosten sei ein Preis von 2 US-Dollar je Paar Schuhe angemessen.
Die Klägerin beantragt, den Einfuhrabgabenbescheid vom 07.04.2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 17.12.2009 aufzuheben, hilfsweise den Einfuhrabgabenbescheid vom 07.04.2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 17.12.2009 insoweit aufzuheben, als höhere Einfuhrabgaben gefordert werden, als sie sich unter Berücksichtigung der in der Rechnung Nr. 47/07 vom 06.07.2007 der Firma C Import-Export genannten Preise errechnen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er nimmt im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung und das Vorbringen im Verfahren 4 V 121/09 Bezug. Dass es sich im Streitfall um minderwertige Ware gehandelt habe, sei nicht belegt worden. Nach der Packliste bestünden die Schuhe aus 100 % PU, hätten also Laufsohlen und Oberteil aus Kunststoff. Dann gehörten sie in die Unterposition 6402 9996 und nicht in die Unterposition 6402 9090.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zwei Bände Sachakten sowie die Gerichtsakte 4 V 121/09 haben vorgelegen.
Gründe
Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 FGO.
Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.
I.
Der Einfuhrabgabenbescheid vom 07.04.2008 ist in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 17.12.2009 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 S. 1 FGO.
Die auf Art. 203 Abs. 1 ZK gestützte Einfuhrabgabenerhebung ist rechtmäßig. Davon, dass die Einfuhrabgaben im Streitfall aufgrund der fehlenden Wiedergestellung bei der Bestimmungszollstelle bzw. der Trennung von Ware und Versandschein entstanden sind, gehen die Beteiligten übereinstimmend aus. Weiterer Ausführungen des Senats bedarf es dazu nicht. Im Streit ist zwischen den Beteiligten lediglich die Höhe des Zollwerts.
Eine Zollwertbestimmung nach dem Transaktionswert kommt vorliegend nicht in Betracht, weil dieser Wert nicht bekannt ist. Nach Art. 29 Abs. 1 lit. d) ZK ist der Zollwert eingeführter Waren der Transaktionswert, das heißt der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis. Diesen Preis hat die darlegungspflichtige Klägerin nicht mitgeteilt. Auf entsprechende Anforderung des Beklagten hat sie lediglich die Handelsrechnung Nr. 46/07 vom 25.06.2007 vorgelegt, die der Versender in A dem Warenempfänger in Polen gestellt hat. Diese Handelsrechnung kann allenfalls Auskunft über den Verkaufspreis innerhalb der Gemeinschaft, nicht jedoch über den Preis für den Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft geben. Offen bleiben kann, ob den streitigen Waren tatsächlich diese Handelsrechnung zugeordnet werden kann, oder ob ihnen - wie die Klägerin zwischenzeitlich vorgetragen hat - die Handelsrechnung Nr. 47/07 vom 06.07.2007 zuzuordnen ist. Auch die Handelsrechnung Nr. 47/07 wurde vom Versender in A dem Warenempfänger in Polen gestellt und gibt keinen Aufschluss über den Preis für den Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft.
Abgesehen davon ist der angegebene Kaufpreis von 4.006,44 US-Dollar (Handelsrechnung Nr. 46/07) bzw. 7.659,60 US-Dollar (Handelsrechnung Nr. 47/07) unrealistisch niedrig, so dass der Antragsgegner gemäß Art. 181a ZK-DVO nicht verpflichtet war, die Zollwertangaben der Antragstellerin zu Grunde zu legen. Geht man von 16.644 Paar Schuhen und einem Kaufpreis von 4.006,44 US-Dollar aus, beträgt der Kaufpreis je Paar 0,24 US-Dollar (bzw. 0,46 US-Dollar bei einem Kaufpreis von 7.659,60 US-Dollar). Derart niedrige Preise können zwar gerade im Chinahandel nicht ausgeschlossen werden, sondern sind in Einzelfällen durchaus realistisch, etwa wenn Restbestände „verschleudert” werden, weil es sich um Ausschussware handelt, oder um Lagerkapazitäten in China freizubekommen. Dies hat der Senat im ebenfalls von den Beteiligten dieses Rechtsstreits geführt Verfahren 4 K 6/09 (Urteil vom 06.11.2009) festgestellt. Allerdings sind derart niedrige Preise, die ausweislich der Lieferbestimmung CIF auch die Frachtkosten ab China (unstreitig etwa 3.300,00 US-Dollar) umfassen, erklärungsbedürftig. Im Verfahren 4 K 6/09, in dem es um die Einfuhr von Schuhen mit ebenfalls auffällig niedrigen Preisen ging, ist der Klägerin eine hinreichende Erklärung gelungen. In jenem Verfahren lag sowohl ein Kaufvertrag als auch eine Handelsrechnung, die der chinesische Verkäufer gestellt hatte, vor. Aus diesen Urkunden ergab sich zur Überzeugung des Senats, dass es sich um Ware niedriger Qualität bzw. 2. Wahl handelte, die mängelbehaftet (full of faults and disadvantages) war. Zudem war Mängelgewährleistung ausgeschlossen und es hieß ausdrücklich, dass eine Rücksendung der Ware nicht möglich sei. Vor diesem Hintergrund hielt es der Senat in jenem Verfahren für vorstellbar, dass die Ware vom chinesischen Verkäufer nicht gewinnbringend veräußert und daher tatsächlich zu dem in der Rechnung genannten Preis erworben werden konnten. Im Streitfall fehlt es jedoch an Vertragsurkunden oder Rechnungen, denen entnommen werden könnte, dass die Schuhe eine Qualität aufwiesen, die den behaupteten Kaufpreis erklären könnte. Auch sonstige Umstände, die diesen Kaufpreis plausibel machen könnten, sind nicht ersichtlich und werden von der Klägerin auch nicht vorgetragen.
Kann der Transaktionswert nicht nach Art. 29 ZK bestimmt werden, muss die Wertermittlung nach Art. 30 ZK oder Art. 31 ZK erfolgen. Anhaltspunkte für eine Wertermittlung nach Art. 30 Abs. 2 ZK liegen nicht vor.
Nach Art. 31 ZK ist der Zollwert auf der Grundlage von in der Gemeinschaft verfügbaren Daten durch zweckmäßige Methoden zu ermitteln. Dem entspricht der seitens des Beklagten für die Schuhe ermittelte Zollwert.
Die Zugrundelegung der aus der chinesischen Exportstatistik ermittelten Durchschnittspreise ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Dass es sich bei der Zugrundelegung dieser Daten um eine zweckmäßige Methode handelt, und dass die Daten in der EG verfügbar sind, hält der Senat nicht für zweifelhaft. Weder aus dem Vorbringen der Klägerin noch aufgrund sonstiger Erkenntnisse drängen sich dem Senat erhebliche Zweifel an der Brauchbarkeit dieser Statistik auf. Die im Verfahren 4 K 6/09 geäußerten Bedenken hinsichtlich der Verwendung dieser Statistik greifen im Streitfall nicht. In jenem Verfahren handelte es sich um Schuhe von sehr geringer Qualität, so dass es unangemessen war, den in der Statistik genannten Durchschnittspreis, der sich aus den Preisen für Waren des gesamten Qualitätsspektrums errechnet, der also Preise sowohl für geringwertige als auch für hochwertige Schuhe enthält, zugrunde zu legen. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte muss im Streitfall jedoch davon ausgegangen werden, dass die Schuhe von durchschnittlicher Qualität sind. Bei alledem hat der Senat auch berücksichtigt, dass die Klägerin in Bezug auf die Zollwertangabe darlegungs- und beweispflichtig ist. Sofern der Prozessbevollmächtigte der Klägerin rügt, dass der in der Exportstatistik angegebene Wert für ihn nicht nachprüfbar sei, ist dies nachvollziehbar. Insbesondere auch mangels besser geeigneter Alternativen hält der Senat die Statistik gleichwohl für anwendbar. Die Exportstatistik wird von OLAF, dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung, nach unbestrittenen Angaben des Beklagten als glaubwürdig und seriös eingestuft. Anhaltspunkte dafür, dass in diese, im Auftrag der chinesischen Regierung erstellte Statistik aus welchen Gründen auch immer unzutreffende Daten einfließen, oder dass die Datenerfassung bzw. -auswertung systematisch fehlerhaft sein könnte, sieht der Senat nicht. Dass eine solche Statistik, in die eine kaum übersehbare Masse von Daten einfließt, nicht im Einzelnen überprüfbar ist, hält der Senat jedenfalls dann nicht für problematisch, wenn - wie hier - die Zweifel an dieser Statistik nicht substantiiert werden können und wenn sie Werte ausweist, die nicht unplausibel sind. Im Streitfall sieht der Senat auch keine überzeugende Alternative, um den Zollwert nach Art. 31 ZK zu berechnen. Der Senat sieht keine Möglichkeit, den Zollwert von Amts wegen anderweitig auf der Grundlage von in der Gemeinschaft verfügbaren Daten durch zweckmäßige Methoden zu ermitteln.
Ebenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden ist die Warennummer 6402 9998 90 0, von der der Beklagte ausweislich des Einfuhrabgabenbescheides ausgegangen ist. Bei der Position 6402 handelt es sich um andere Schuhe mit Laufsohlen und Oberteil aus Kautschuk oder Kunststoff. Die Unterposition 9998 bezeichnet dann entsprechende Schuhe für Frauen, die Unterposition 9996 bezieht sich auf Schuhe für Männer. Bei der Warennummer 6402 9998 90 0 handelt es sich um eine Auffangnummer „andere” (Schuhe für Frauen, entsprechend Warennummer 6402 9998 90 0 für Schuhe für Männer). In jedem Fall gilt der gleiche Drittlandszollsatz von 16,8 %, so dass nicht zu beanstanden ist, dass der Beklagte ausschließlich die für Damenschuhe relevante Warennummer angegeben hat. Da es sich ausweislich der Versandanmeldung um Damen- und Herrenschuhe aus 100 % PU bzw. PVC (in jedem Fall Kunststoff) handelt, ist diese Tarifierung grundsätzlich nicht zu beanstanden. Insbesondere ist die von der Klägerin für richtig gehaltene Warennummer 6405 9090 00 0 nicht spezieller. Dabei handelt es sich um andere Schuhe (Position 6405) mit einem anderen Oberteil als aus Leder, rekonstruiertem Leder oder Spinnstoffen mit Laufsohlen aus anderen Stoffen als Kautschuk, Kunststoff, Leder oder rekonstruiertem Leder. Schuhe aus 100 % PU haben zwangsläufig auch eine Sohle aus PU und können daher nicht unter diese Warennummer fallen. Ebenfalls nicht vorrangig ist die Warennummer 6405 9010 00 0. Dabei handelt es sich zwar auch um Schuhe aus Kunststoff, die Position 6402 ist jedoch spezieller, da dort ausdrücklich andere Schuhe mit Laufsohlen und Oberteil aus Kunststoff erfasst sind, während die Position 6405 ganz allgemein von anderen Schuhen spricht. Daher ist die Position 6402 nach der Allgemeinen Vorschrift 3 a vorrangig.
Für Waren der Unterposition 6402 99 beträgt der Durchschnittspreis je Paar 3,68 US-Dollar.
Als Hauptverpflichtete ist die Klägerin auch Zollschuldnerin geworden, was sie selbst auch einräumt.
Auf eine mögliche Doppelverzollung kann sich die Klägerin nicht berufen. Sie ist auf die Möglichkeit, gemäß Art. 236 ZK die Erstattung von Einfuhrabgaben, die in einem unzuständigen Mitgliedstaat entrichtet worden sind, zu verlangen, zu verweisen. Es ist auch nicht nachgewiesen, dass es sich bei den in Polen mutmaßlich verzollten Schuhen um die nämlichen Schuhe gehandelt hat.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
Anmerkung
Revision eingelegt (BFH VII R 65/10)