Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 09.12.2010

    Finanzgericht München: Urteil vom 23.09.2010 – 5 K 113/09

    1. Wird die Einkommensteuerfestsetzung mit der Folge der Entstehung eines Unterschiedsbetrags zugunsten des Steuerpflichtigen geändert, sind bisher festgesetzte Nachzahlungszinsen mit demselben Zinslaufbeginn beginnend mit den Nachzahlungszinsen mit dem jüngsten Zinslaufende zu mindern.

    2. „Darauf festgesetzte Zinsen” i. S. d. § 233a Abs. 5 S. 3 HS 2 AO, die zu mindern sind oder ggf. vollständig entfallen, sind nicht nur solche Zinsen, deren Berechnung derselbe Zinslaufbeginn zugrunde liegt wie Zinsen, die zu berechnen gewesen wären, wenn der die Steueränderung auslösende Umstand nicht zu einem Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen, sondern zu seinen Ungunsten geführt hätte.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In der Streitsache

    hat der 5. Senat des Finanzgerichts München … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. September 2010

    für Recht erkannt:

    1. Der Bescheid über Zinsen zur Einkommensteuer 1996 vom 11. August 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Dezember 2008 wird geändert; die Zinsen zur Einkommensteuer werden auf 160.744,00 EUR herabgesetzt.

    2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    3. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

    4. Die Revision wird zugelassen.

    Gründe

    I.

    Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Zinsen gemäß § 233a der Abgabenordnung (AO).

    Die Kläger wurden im Streitjahr 1996 bei dem Beklagten (dem Finanzamt – FA –) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte u. a. Einkünfte aus selbständiger Arbeit aufgrund seiner Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater sowie der Beteiligung an der P und Partner Steuerberatungsgesellschaft bürgerlichen Rechts (P-GbR).

    Mit Zinsbescheid vom 11. August 2008 setzte das FA für 1996 Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO in Höhe von 161.227 EUR fest. Dem Erlass dieses Zinsbescheids liegt folgende Entwicklung zugrunde:

    Mit Einkommensteueränderungsbescheid für 1996 vom 12. März 1999 setzte das FA nach Durchführung einer Außenprüfung Einkommensteuer in Höhe von 2.130.281 DM sowie zugleich erstmals Zinsen in Höhe von 117.161 DM (Zinslauf: 1. April 1998 bis 15. März 1999) fest. Der Einkommensteuerfestsetzung lagen Einkünfte aus selbständiger Arbeit des Klägers in Höhe von 5.899.649 DM zugrunde, wobei hiervon 51.220 DM auf die Beteiligung an der P-GbR entfielen und 5.848.428 DM auf die Tätigkeit als Einzelunternehmer. In diesen 5.848.428 DM war eine Betriebseinnahme in Höhe von 1.105.308 DM enthalten, die auf einem Vertrag des Klägers mit der C GmbH über die Erledigung von Steuerberatungsaufträgen von Fondsgesellschaften an die C GmbH beruhte, jedoch als Sicherungseinbehalt von 20 % des gesamten Honoraranspruchs von der C GmbH zurückbehalten worden war, und erst ab dem Jahr 1999 ratenweise zur Auszahlung kam. Auf den Beratungsrahmenvertrag vom 30. November 1998 wird Bezug genommen.

    Aufgrund eines geänderten Feststellungsbescheides erhöhte das FA im Einkommensteueränderungsbescheid vom 1. Juni 1999 die Einkünfte aus der Beteiligung an der P-GbR auf 170.031 DM, die festgesetzte Einkommensteuer auf 2.193.300 DM, und setzte zugleich zusätzliche Zinsen in Höhe von 4.410 DM (Zinslauf: 1. April 1998 bis 4. Juni 1999), damit insgesamt 121.571 DM Zinsen fest.

    Im Einkommensteueränderungsbescheid vom 18. August 2000 berücksichtigte das FA einen Verlustrücktrag aus dem Jahr 1998 in Höhe von 2.019.277 DM und setzte die Einkommensteuer auf 1.123.132 DM herab, wobei aufgrund zwischenzeitlicher Zahlungen in Höhe von 1.530.344,38 DM ein Betrag von 416.465,38 DM (212.935,37 EUR) zu erstatten war. Im Zinsbescheid vom selben Tag errechnete das FA Erstattungszinsen in Höhe von 8.328 DM (4.258,04 EUR) mit einem Zinslauf vom 1. April 2000 bis 21. August 2000, wobei eine Minderung der bisher festgesetzten Zinsen unterblieb, sodass insgesamt Zinsen in Höhe von 113.243 DM (57.900,23 EUR) festgesetzt wurden.

    Im Einkommensteueränderungsbescheid vom 7. November 2000 folgte das FA der Auffassung der Kläger, wonach die Einkünfte aus der Beteiligung an der P-GbR lediglich mit 118.811 DM und nicht mit 170.031 DM anzusetzen seien, und setzte die Einkommensteuer auf 1.095.946 DM herab, sodass aufgrund der Zahlungen der Kläger bis zum 14. Februar 2000 ein weiterer Betrag von 27.186 DM (insgesamt mit dem gemäß Einkommensteueränderungsbescheid vom 18. August 2000 zu erstattenden Betrag von 416.465,38 DM ein Betrag von 443.651,38 DM [226.835,35 EUR]) zu erstatten war. Für den Erstattungsbetrag von 27.186 DM wurden Erstattungszinsen in Höhe von 1.084 DM (554,24 EUR) berechnet (Zinslauf vom 14. Februar 2000 bis 10. November 2000), sowie die bisher festgesetzten Nachzahlungszinsen mit Zinslauf vom 1. April 1998 bis 15. März 1999 (Einkommensteuerbescheid vom 12. März 1999) um 1.496 DM (764,89 EUR) gemindert. Im Zinsbescheid vom 7. November 2000 wurden daher 110.663 DM (56.581,09 EUR) Zinsen festgesetzt.

    Der insgesamt zu erstattende Betrag von 443.651,38 DM wurde laut Umbuchungsmitteilung vom 15. November 2000 mit Wirkung zum 9. November 2000 auf andere Steuern und steuerliche Nebenleistungen umgebucht.

    Aufgrund eines erneut geänderten Feststellungsbescheides erhöhte das FA im Einkommensteueränderungsbescheid vom 8. März 2002 die Einkünfte aus der Beteiligung an der P-GbR auf endgültig 152.207 DM, die festgesetzte Einkommensteuer auf 1.113.687 DM, und setzte zugleich mit einem Zinslauf vom 1. April 1998 bis 11. März 2002 zusätzliche Zinsen in Höhe von 2.126,75 EUR (4.159,56 DM), damit insgesamt 58.707 EUR (114.820,91 DM) Zinsen fest.

    Am 28. Juli 2005 erging ein erneuter Einkommensteueränderungsbescheid, weil der Verlustrücktrag aus dem Jahr 1998 nach Durchführung einer Außenprüfung für das Jahr 1998 nur noch mit 627.908 DM anzusetzen war. Ausweislich des Berichts über die Außenprüfung vom 24. Mai 2005 ging die Betriebsprüfung nunmehr u. a. davon aus, dass – wie vom Kläger erklärt – 20 % der von der C GmbH geschuldeten Honorare tatsächlich als Sicherheitseinbehalt zurückgehalten wurden, andererseits vom Kläger in Höhe von 30 % der geschuldeten Honorare als Honorarvorschüsse für spätere Jahre an die C GmbH für die Erbringung von Fremdleistungen seitens der C GmbH an den Kläger geltend gemachte Betriebsausgaben für 1998 nur in Höhe von 5 % der geschuldeten Honorare anzuerkennen waren. Dies führte für das Jahr 1996 zu einer Steuererhöhung auf 946.438,09 EUR und einer zusätzlichen Zinsfestsetzung (Zinslauf vom 1. April 2000 bis 1. August 2005) in Höhe von 120.640 EUR (235.951,33 DM), sodass insgesamt 179.347 EUR (350.772,24 DM) Zinsen zu zahlen waren.

    Mit Einkommensteueränderungsbescheid vom 11. August 2008 half das FA dem gegen den Einkommensteueränderungsbescheid vom 28. Juli 2005 erhobenen Einspruch ab und setzte die Einkommensteuer auf endgültig 646.912,05 EUR herab, wobei der Besteuerung nur noch Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von insgesamt 4.895.327 DM (darin enthalten Einkünfte aus der Beteiligung an der P-GbR in Höhe von 152.207 DM, nicht mehr jedoch der als Sicherungseinbehalt zurückbehaltene Betrag von 1.105.308 DM) zugrunde gelegt wurden. Aufgrund bisheriger Zahlungen der Kläger waren 123,77 EUR zu erstatten, für die das FA im Zinsbescheid vom 11. August 2008 Erstattungszinsen mit einem Zinslauf vom 30. August 2005, dem Tag der Zahlung des zu erstattenden Betrages, bis 14. August 2008 in Höhe von 17,50 EUR errechnete. Weiter minderte es wegen des Unterschiedsbetrages zugunsten der Kläger in Höhe von 299.526,03 EUR aus einem Betrag vom 9.050 EUR mit Zinslauf vom 1. April 1998 bis 11. März 2002 (Einkommensteueränderungsbescheid vom 8. März 2002) bisher festgesetzte Nachzahlungszinsen in Höhe von 2.126,75 EUR sowie aus einem Betrag von 290.464,92 EUR bisher festgesetzte Nachzahlungszinsen mit Zinslauf vom 1. April 1998 bis 15. März 1999 (Einkommensteueränderungsbescheid vom 12. März 1999) in Höhe von 15.975,57 EUR, sodass insgesamt Zinsen in Höhe von 161.227 EUR festgesetzt wurden.

    Der gegen den Zinsbescheid vom 11. August 2008 eingelegte Einspruch blieb in der Einspruchsentscheidung vom 9. Dezember 2008 ohne Erfolg.

    Zur Begründung ihrer hiergegen erhobenen Klage tragen die Kläger im Wesentlichen vor, das FA habe im Zinsbescheid vom 11. August 2008 für die Minderung der bisher festgesetzten Nachzahlungszinsen zu Unrecht für einen Teilbetrag von 9.050 EUR einen Zinslauf vom 1. April 1998 bis 11. März 2002 und für einen Teilbetrag von 290.464,92 EUR einen Zinslauf vom 1. April 1998 bis 15. März 1999 zugrunde gelegt. § 233a AO enthalte für den vorliegenden Sachverhalt, bei dem es nicht um die Festsetzung von Zinsen aufgrund eines Bescheids, in dem zwei rückwirkende Ereignisse mit unterschiedlichem Zinslaufbeginn berücksichtigt worden seien, keine ausdrückliche Regelung, welche der bisher festgesetzten Zinsen bei Entstehung eines Unterschiedsbetrags i. S. des § 233a Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 AO zugunsten des Steuerpflichtigen zu mindern seien. Weder die Gesetzesbegründung noch die Rechtsprechung liefere Anhaltspunkte dafür, was unter dem Begriff der darauf festgesetzten Zinsen i. S. des § 233a Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 AO in Fällen wie dem Streitfall zu verstehen sei. Die Vorschrift bezwecke die Abschöpfung von Zins- und Liquiditätsvorteilen aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Die bisher auf den Herabsetzungsbetrag berechneten Nachzahlungszinsen seien für die Zeit ab Beginn des Zinslaufs rückgängig zu machen. § 233a Abs. 5 Satz 3 i. V. m. Abs. 3 Satz 3 AO solle lediglich verhindern, dass eine Korrektur für einen Zeitraum erfolge, für den überhaupt keine Nachzahlungszinsen berechnet worden seien. Aus der Gesetzesbegründung lasse sich damit nicht herleiten, dass für die Zinsberechnung der Grund für die Steueränderung – mit der Folge der Entstehung eines Unterschiedsbetrags – von Bedeutung sei. Nach § 233a Abs. 5 AO entfielen vielmehr bei jeder Art der Steuerfestsetzung bei einem Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen die darauf festgesetzten Zinsen.

    Selbst wenn es auf den Anlass der Änderung der Steuerfestsetzung ankommen sollte, sei die Zinsberechnung des FA bei Berücksichtigung der Besonderheiten des Streitfalles unzutreffend. Aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung für das Jahr 1998 stehe fest, dass im Jahr 1996 ein Sicherheitseinbehalt in Höhe von 20 % des geschuldeten Honorars tatsächlich erfolgt und erst in späteren Jahren ratenweise zur Auszahlung gekommen sei. Aufgrund dessen seien die Veranlagungen für spätere Zeiträume zu korrigieren gewesen mit der Folge der Minderung des Verlustrücktrags aus dem Jahr 1998 gemäß Bescheid vom 28. Juli 2005. Die Korrektur der Zurechnung des im Wege des Sicherheitseinbehalts zurückgehaltenen Honorars im Jahr 1996 sei aufgrund des Rechtsbehelfs des Klägers jedoch erst im Einkommensteueränderungsbescheid vom 11. August 2008 erfolgt. Obwohl zwischen den mit Bescheid vom 11. August 2008 endgültig festgestellten Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit in 1996 und den für 1998 festgestellten Einkünften sowie dem hieraus resultierenden Verlustrücktrag aus 1998 ein unmittelbarer Zusammenhang bestehe, und damit Auslöser aller Steuerfestsetzungsänderungen für 1996 die Frage der zutreffenden Zurechnung des Sicherungseinbehalts gewesen sei, sei bei der Minderung der bisher im Bescheid vom 28. Juli 2005 festgesetzten Nachzahlungszinsen differenziert worden; dies werde dem Sinn und Zweck des § 233a AO nicht gerecht.

    Auch aus § 233a Abs. 7 AO sei nichts anderes herzuleiten. Selbst wenn die Zurechnung des Sicherungseinbehalts bereits im Einkommensteueränderungsbescheid vom 28. Juli 2005 zutreffend erfolgt wäre, seien nach dem Zweck der Regelung keine Teil-Unterschiedsbeträge zu bilden gewesen, da wirtschaftlich derselbe Sachverhalt zur Korrektur des vorangegangenen Einkommensteuerbescheids hinsichtlich zu berücksichtigender Besteuerungsgrundlagen und hinsichtlich des Verlustrücktrags geführt hätte.

    Die Kläger beantragen,

    den Bescheid über Zinsen zur Einkommensteuer vom 11. August 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Dezember 2008 zu ändern, und die Zinsen zur Einkommensteuer auf 83.489 EUR herabzusetzen,

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Das FA beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung bezieht es sich unter Hinweis auf den Anwendungserlass zur AO (AEAO) zu § 233a Nrn. 38 und 57 darauf, dass die Zinsberechnungen je nachdem, ob sie in Zusammenhang mit der Änderung der Besteuerungsgrundlagen aus 1996 bzw. in Zusammenhang mit der Änderung des Verlustrücktrags aus 1998 berechnet worden seien, zutreffend seien. Weiter verweist das FA auf die Anmerkung zu AEAO zu § 233a Nr. 39, weshalb in den Zinsbescheiden vom 7. November 2000 und vom 11. August 2008 die für den Zeitraum bis 31. März 2000 festgesetzten Nachzahlungszinsen richtiger Weise nicht gemindert worden seien. Diese für den Zeitraum bis 31. März 2000 verbliebenen Nachzahlungszinsen könnten auch in späteren Zinsfestsetzungen nicht mehr gemindert werden.

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten, die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 23. September 2010 Bezug genommen.

    II.

    Die Klage ist nur teilweise begründet.

    1. Von den bisher festgesetzten Nachzahlungszinsen hat das FA im Zinsbescheid vom 11. August 2008 zu Unrecht zwar die im Zinsbescheid vom 8. März 2002 zusätzlich festgesetzten Nachzahlungszinsen von 2.126,75 EUR, nicht aber auch die im Zinsbescheid vom 1. Juni 1999 zusätzlich festgesetzten Nachzahlungszinsen von 4.410 DM (2.254,80 EUR) mit einem Zinslauf vom 1. April 1998 bis 4. Juni 1999 (14 volle Monate) gemindert.

    a) Nach § 233a Abs. 1 AO ist, wenn die Festsetzung der Einkommensteuer zu einem Unterschiedsbetrag i. S. des § 233a Abs. 3 AO führt, dieser zu verzinsen. Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist und endet mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird (§ 233a Abs. 2 Sätze 1 und 3 AO). Jedoch enthält § 233a AO in Abs. 2a Sonderregelungen, die u. a. die hier vorliegende Fallgestaltung betreffen, in der die Steuerfestsetzung auf der Berücksichtigung eines Verlustabzugs nach § 10d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) beruht. In einem solchen Fall beginnt der Zinslauf – abweichend von der in § 233a Abs. 2 Satz 1 AO getroffenen Regelung – 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verlust entstanden ist (§ 233a Abs. 2a AO). Der für die Verzinsung maßgebliche Unterschiedsbetrag bemisst sich nach der festgesetzten Steuer abzüglich der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, der anzurechnenden Körperschaftsteuer und der bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen (§ 233a Abs. 3 Satz 1 AO).

    Wird die Steuerfestsetzung später geändert, so ist für die Zinsberechnung der Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten und der zuvor festgesetzten Steuer – jeweils vermindert um anzurechnende Steuerabzugsbeträge und anzurechnende Körperschaftsteuer – maßgeblich (§ 233a Abs. 5 Satz 2 AO). Nach § 233a Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 AO entfallen in Fällen der Änderung der Steuerfestsetzung bei einem Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer und der vorher festgesetzten Steuer (jeweils gemindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge und um die anzurechnende Körperschaftsteuer) zugunsten des Steuerpflichtigen „darauf festgesetzte” Zinsen.

    b) Der Einkommensteueränderungsbescheid vom 1. Juni 1999 beruhte ebenso wie der vom 8. März 2002 auf einer Änderung der Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit im Jahr 1996 und nicht auf einer Änderung des Verlustrücktrags aus dem Jahr 1998. Dementsprechend war der Zinslaufbeginn in beiden Fällen derselbe. Aus welchem Grund das FA zwar die mit Zinsbescheid vom 8. März 2002 zusätzlich festgesetzten Zinsen von 2.126,75 EUR im Zinsbescheid vom 11. August 2008 gemindert hat, nicht aber die mit Zinsbescheid vom 1. Juni 1999, ist für den erkennenden Senat nicht nachvollziehbar. Das FA kann sich insoweit jedenfalls nicht auf die Bestimmung des § 233a Abs. 7 Satz 2 Halbsatz 2 AO berufen oder auf die Anmerkung zu AEAO zu § 233a Nr. 39. Das FA ist zwar aus Sicht des Gerichts bei der Zinsfestsetzung im Bescheid vom 18. August 2000 richtig verfahren, die bisher in den Bescheiden vom 12. März 1999 und 1. Juni 1999 festgesetzten Zinsen nicht zu mindern, da der Unterschiedsbetrag zugunsten der Kläger gemäß Einkommensteueränderungsbescheid vom 18. August 2000 auf die erstmalige Berücksichtigung eines Verlustrücktrags aus dem Jahr 1998 mit der Folge des Zinslaufbeginns am 1. April 2000 zurückzuführen war. Dies rechtfertigt aber nicht die Verfahrensweise im Bescheid vom 11. August 2008, da hier der Unterschiedsbetrag zugunsten der Kläger auf einer Änderung der Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit im Jahr 1996 beruhte. Auch aus der Anmerkung zu AEAO zu § 233a Nr. 39 ergibt sich nichts anderes, vielmehr setzt sich auch diese lediglich mit dem Inhalt des § 233a Abs. 7 Satz 2 AO auseinander. Wäre es zutreffend – wie das FA hervorhebt –, dass die für den Zeitraum bis 31. März 2000 verbliebenen Nachzahlungszinsen in späteren Zinsfestsetzungen nicht mehr geändert werden könnten, wäre auch nicht erklärlich, weshalb das FA im Zinsbescheid vom 11. August 2008 sowohl die mit Bescheiden vom 8. März 2002 als auch vom 12. März 1999 festgesetzten Zinsen gemindert hat, die beide auch einen Zinszeitraum vor dem 31. März 2000 betrafen (Zinslauf vom 1. April 1998 bis 11. März 2002 bzw. 1. April 1998 bis 15. März 1999).

    2. Soweit die Kläger begehren, die im Zinsbescheid vom 28. Juli 2005 zusätzlich festgesetzten Zinsen mit Zinslauf vom 1. April 2000 bis 1. August 2005 zu mindern, ist die Klage unbegründet.

    a) Nach Auffassung des erkennenden Senats kann im Streitfall letztlich dahingestellt bleiben, ob nach Sinn und Zweck des § 233a AO dessen Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 so auszulegen ist, dass in Fällen, in denen sich ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen ergibt, unter den „darauf festgesetzte Zinsen”, die zu mindern sind oder ggf. vollständig entfallen, nur solche Zinsen zu verstehen sind, deren Berechnung derselbe Zinslaufbeginn zugrunde liegt wie den Zinsen, die zu berechnen gewesen wären, wenn der die Steueränderung auslösende Umstand nicht zu einem Unterschiedsbetrag zugunsten sondern zuungunsten des Steuerpflichtigen geführt hätte (so im Ergebnis das FA).

    Dagegen spricht allerdings der Wortlaut des § 233a Abs. 7 Satz 2 AO, wonach in Fällen in denen sich ein Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen ergibt, auf diesen Betrag festgesetzte Zinsen frühestens ab Beginn des für diesen Teil-Unterschiedsbetrag maßgebenden Zinslaufs entfallen, und Zinsen für den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs für diesen Teil-Unterschiedsbetrag endgültig bestehen bleiben. Diese Regelung hat nur dann einen Sinn, wenn sich bei Entstehung von Teil-Unterschiedsbeträgen zugunsten des Steuerpflichtigen die Minderung bisher festgesetzter bzw. berechneter Nachzahlungszinsen nicht nur auf solche Nachzahlungszinsen bezieht, deren Festsetzung bzw. Berechnung Umstände mit demselben Zinslaufbeginn zugrunde liegen wie der Teil-Unterschiedsbetragsberechnung, die die Zinsminderungsberechnung auslöst. Wären jeweils nur Zinsen mit gleichem Zinslaufbeginn zu mindern, bedürfte es keiner einschränkenden Regelung für Zeiträume vor Beginn des für den Teil-Unterschiedsbetrag maßgeblichen Zinslaufbeginns.

    b) Die Auffassung des FA, dass im Streitfall aufgrund der Steueränderung im Bescheid vom 11. August 2008 die im Bescheid vom 28. Juli 2005 festgesetzten Nachzahlungszinsen mit einem Zinslauf vom 1. April 2000 bis 1. August 2005 nicht zu mindern waren, erweist sich jedoch aus anderen Gründen als zutreffend.

    Bei den im Zinsbescheid vom 28. Juli 2005 festgesetzten Nachzahlungszinsen handelt es sich nicht um „auf einen Unterschiedsbetrag zugunsten der Kläger”, d. h. „darauf” festgesetzte Zinsen. Dies ergibt sich aus einem Vergleich zu der Zinsberechnung, die vorzunehmen gewesen wäre, wenn das FA nicht erst im Steuerbescheid vom 11. August 2008, sondern bereits im Steuerbescheid vom 28. Juli 2005, auf dem die nach Auffassung der Kläger rückgängig zu machende Zinsfestsetzung beruht, der Auffassung der Kläger zum Ansatz der Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit aus dem Jahr 1996 gefolgt wäre. In diesem Falle hätten nach § 233a Abs. 7 AO im Wege der Schattenveranlagung zunächst Teil-Unterschiedsbeträge gebildet, und dann für jeden Teil-Unterschiedsbetrag Zinsen gesondert und in der zeitlichen Reihenfolge der Teil-Unterschiedsbeträge – beginnend mit den Zinsen auf den Teil-Unterschiedsbetrag mit dem ältesten Zinslaufbeginn – berechnet werden müssen:

    Im Rahmen einer ersten Schattenveranlagung wäre zunächst die Steuer zu berechnen gewesen, die sich unter Zugrundelegung der im Bescheid vom 8. März 2002 berücksichtigten Besteuerungsgrundlagen sowie der verminderten Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit (4.895.327 DM) ergeben hätte. Ausweislich der vom FA mit Fax vom 12. August 2008 vorgelegten Steuerberechnung hätte sich nach Abzug der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge und der anzurechnenden Körperschaftsteuer eine Steuer von 265.200,96 EUR und damit ein Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten der Kläger von 299.487,96 EUR (265.200,96 EUR abzüglich Vorsoll von 564.688,14 EUR laut Steuerbescheid vom 8. März 2002) ergeben. Hinsichtlich des abgerundeten Betrags von 299.480 EUR wären ggf. Erstattungszinsen zu berechnen sowie die bisher festgesetzten Nachzahlungszinsen (lt. Bescheiden vom 8. März 2002, 1. Juni 1999 und 12. März 1999) entsprechend zu mindern gewesen. Die erst im Rahmen der zweiten Schattenveranlagung erst noch zu berechnenden Nachzahlungszinsen wegen Verminderung des Verlustrücktrags aus 1998 wären im Rahmen der ersten Schattenveranlagung jedoch nicht zu mindern gewesen.

    Im Rahmen der zweiten Schattenveranlagung wäre nunmehr die Steuer unter Berücksichtigung des verminderten Verlustrücktrags aus 1998 zu berechnen gewesen; diese entspricht der mit Bescheid vom 11. August 2008 festgesetzten Steuer. Nach Abzug der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge und der anzurechnenden Körperschaftsteuer hätte der zweite Teil-Unterschiedsbetrag zuungunsten der Kläger 376.980,11 EUR betragen (642.181,07 EUR abzüglich 265.200,96 EUR), wobei hierauf Nachzahlungszinsen mit Zinslauf vom 1. April 2000 bis 1. August 2005 in Höhe von 120.624 EUR zu berechnen gewesen wären. Bei diesen Nachzahlungszinsen wäre es bei Errechnung der insgesamt festzusetzenden Zinsen verblieben, da nach § 233a Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 2 AO die Zinsen für jeden Teil-Unterschiedsbetrag gesondert zu berechnen sind, und mit den Zinsen auf den Teil-Unterschiedsbetrag mit dem ältesten Zinslaufbeginn zu beginnen ist.

    Im Ergebnis ist dem FA also aufgrund des Umstandes, dass die Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit aus dem Jahr 1996 nicht bereits im Bescheid vom 28. Juli 2005, in dem auch der verminderte Verlustrücktrag aus dem Jahr 1998 berücksichtigt wurde, sondern erst im Bescheid vom 11. August 2008 in zutreffender Höhe angesetzt wurden, die Nachzahlungszinsen wegen Verminderung des Verlustrücktrags betreffend ein nicht ins Gewicht fallender Vorteil von lediglich 16 EUR entstanden.

    c) Dem können die Kläger nicht mit Erfolg entgegen halten, dass nach dem Zweck der

    Regelung des § 233a Abs. 7 AO selbst bei zutreffender Besteuerung bereits im Bescheid vom 28. Juli 2005 zum Zwecke der Zinsberechnung keine Teil-Unterschiedsbeträge zu bilden gewesen wären, weil Auslöser aller Steuerfestsetzungsänderungen für 1996 die Frage der zutreffenden Zurechnung des Sicherungseinbehalts gewesen sei, und damit wirtschaftlich derselbe Sachverhalt zur Korrektur des Einkommensteuerbescheids sowohl hinsichtlich zu berücksichtigender Einkünfte aus selbständiger Arbeit des Jahres 1996 als auch des Verlustrücktrags geführt habe.

    Dies ist schon deshalb nicht zutreffend, weil die Änderung der Steuerfestsetzung zwar in beiden Fällen in Zusammenhang mit dem Beratungsrahmenvertrag vom 30. November 1998 stand, die Änderung der Höhe der Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit des Jahres 1996 aber auf dem Umstand beruhte, dass nach Durchführung der Außenprüfung für das Jahr 1998 von einem Zufluss der im Wege des Sicherungseinbehalts zunächst von der C GmbH zurückgehaltenen Honoraranteile des Klägers in den Jahren ab 1999 ausgegangen wurde, sich dieser Umstand im Jahr 1998 aber gerade nicht ausgewirkt hat. Vielmehr beruhte die Feststellung eines erheblich geringeren negativen Gesamtbetrags der Einkünfte und damit geringeren Verlustrücktrags aus dem Jahr 1998 darauf, dass als Betriebsausgaben des Jahres 1998 nicht Honorarvorschüsse des Klägers an die C GmbH in Höhe von 30 % des Gesamthonorars des Klägers sondern nur in Höhe von 5 % anzuerkennen waren. Die Frage, wann der Sicherungseinbehalt dem Kläger zugeflossen ist, steht mit der Frage, in welchen Veranlagungszeiträumen Honorarvorschüsse für künftige Fremdleistungen an den Kläger als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind, nicht in untrennbarem Zusammenhang.

    Aus diesem Grund ist auch der Behauptung der Kläger zu widersprechen, dass sie mit Zinsen in Höhe von 77.742,54 EUR allein deshalb belastet seien, weil der Sicherungseinbehalt nach der Außenprüfung für das Jahr 1996 dem Kläger rechtswidrig hinzugerechnet worden sei.

    3. Die Zinsberechnung ist wie folgt vorzunehmen:

    Zinsen laut Zinsbescheid vom 28. Juli 2005179.347,00 EUR
    ./. Erstattungszinsen (unstreitig)17,50 EUR
    ./. Minderung der im Zinsbescheid vom 8. März 2002 zusätzlich festgesetzten Zinsen2.126,75 EUR
    ./. Minderung der im Zinsbescheid vom 1. Juni 1999 zusätzlich festgesetzten Zinsen (4.410 DM umgerechnet in EUR)2.254,80 EUR
    ./. Minderung der im Zinsbescheid vom 12. März 1999 festgesetzten Zinsen (vgl. unten)14.203,75 EUR
    insgesamt festzusetzende Zinsen160.744,20 EUR
    abgerundet160.744,00 EUR


    Berechnung der Minderung der mit Bescheid vom 12. März 1999 festgesetzten Zinsen:

    Unterschiedsbetrag zugunsten der Kläger laut ESt-Bescheid vom 11. August 2008299.526,03EUR
    umgerechnet in DM585.822,00DM
    ./. 9.050 EUR umgerechnet in DM (Zinsbescheid vom 8. März 2002)17.700,26DM
    ./. 63.000 DM (Zinsbescheid vom 1. Juni 1999)63.000,00DM
    505.121,74DM
    umgerechnet in EUR258.264,64EUR
    abgerundet258.250,00EUR
    Zinslauf 1. April 1998 bis 15. März 1999: 11 Monate *0,5 %14.203,75EUR


    4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO), die Entscheidung über die Zulassung der Revision auf § 115 Abs. 2 FGO.

    VorschriftenAO § 233a Abs. 5 S. 3 HS. 2, AO § 233a Abs. 7 S. 2 HS. 2, AO § 233a Abs. 2a