22.11.2010
Finanzgericht Schleswig-Holstein: Urteil vom 03.03.2010 – 5 K 42/09
Eine Nutzung eines Wirtschaftsguts „zu eigenen Wohnzwecken” im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG liegt nicht vor, wenn der Steuerpflichtige und seine Familie, die ein Wohngebäude auf einem unmittelbar angrenzenden Grundstück bewohnen, ein bereits bei Erwerb rechtlich selbstständiges und verkehrsfähiges, im wesentlichen unbebautes Grundstück, das lediglich mit einem Gartenpavillon bebaut ist, tatsächlich in die Gartennutzung einbeziehen.
Der Charakter des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG als Ausnahmevorschrift gebietet eine restriktive Auslegung. Vor diesem Hintergrund ist die Privilegierung dieser Vorschrift grundsätzlich auf den dem Wohngebäude rechtlich zuzuordenenden Grund und Boden zu beschränken. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die zu dem Wohngebäude rechtlich gehörenden Flächen - auch unter Berücksichtigung gebietsspezifischer Besonderheiten - eine für die Wohnnutzung erforderliche und übliche Gartennutzung ermöglichen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns gemäß §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) aus der Veräußerung eines neben dem Wohngrundstück des Klägers belegenen, im Wesentlichen unbebauten, lediglich mit einem befestigten Pavillon bebauten Grundstücks.
Der Kläger, der mit seiner Ehefrau zusammen veranlagt wurde, erzielte im Streitjahr (2005) Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Daneben erzielte er geringfügige Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Er erwarb in 1999 ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück mit einer Größe von 3661 qm. Der Kaufpreis betrug 2 Mio. DM (1.022.568,00 EUR). Das Gebäude wurde seit 1999 von der Familie des Klägers überwiegend zu Wohnzwecken genutzt. Ferner befand sich in dem Gebäude das Büro des Klägers.
Ebenfalls in 1999 erwarb der Kläger das dem Wohngrundstück angrenzende, mit einem im Jahr 1950 errichteten gemauerten, geschlossenen und beheizbaren Gartenpavillon bebaute Grundstück mit einer Größe von 2956 qm zu einem Kaufpreis von 650.000 DM (332.334,00 EUR).
Die ursprünglich zusammengehörenden Grundstücke waren bereits im Jahr 1994 parzelliert worden.
Im Jahr 2004 begann der Kläger mit einer weiteren Teilung des Grundstücks. Es entstand das Flurstück … mit 126 qm, das als Grundstücksstreifen an das mit dem Wohnhaus bebaute Grundstück angrenzt, sowie das Flurstück .. mit 415 qm, das als Einfahrt zum Büro diente. Eigentümer dieser Grundstücke blieb weiterhin der Kläger. Das weitere neu entstandene Flurstück … mit einer Grundstücksgröße von 2385 qm wurde sodann am 15. Juni 2005 als Baugrundstück veräußert. Der Verkaufspreis betrug 425.000,00 EUR.
Im Rahmen einer vom 15. September 2008 bis 29. September 2008 für die Jahre 2004 bis 2006 durchgeführten Außenprüfung kam die Prüferin u. a. zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Verkauf des Flurstücks im Jahr 2005 um ein privates Veräußerungsgeschäft gemäß § 23 EStG handele und ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 134.715,77 EUR, dessen Höhe unstreitig ist, der Besteuerung zu Grunde zu legen sei.
Mit gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geändertem Einkommensteuer(ESt)-Bescheid vom 12. November 2008 berücksichtigte der Beklagte entsprechend dem Ergebnis der Außenprüfung unter anderem den von dem Beklagten ermittelten Veräußerungsgewinn aus dem o.g. Grundstücksverkauf und setzte die ESt entsprechend neu fest. Im bisherigen Einkommensteuerbescheid vom 25. April 2007 war der Veräußerungsgewinn nicht berücksichtigt worden.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit seinem am 9. Dezember 2008 bei dem Beklagten eingegangenen Einspruch. Zur Begründung führte er mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 18. Dezember 2008 aus, dass hier ein Fall des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG vorliege, wonach von der Spekulationssteuer Wirtschaftsgüter ausgenommen seien, die im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken des veräußernden Steuerpflichtigen genutzt worden seien. Diese Voraussetzungen lägen im Fall des Klägers vor. Es habe sich bei dem Erwerb der beiden in Rede stehenden Flurstücke im Jahr 1999 nach den tatsächlichen Verhältnissen um ein einheitliches, großzügig geschnittenes und parkartig angelegtes Einfamilienhausgrundstück gehandelt. Dieses sei fortan von dem Kläger mit seiner Familie bewohnt worden. Der gesamte Garten sei als Hausgarten der Wohnung genutzt worden. Der fest gemauerte, geschlossene und beheizbare Gartenpavillon sei in die Wohnnutzung mit einbezogen worden. Es handele sich um ein von dem Kläger zu eigenen Wohnzwecken genutztes Gebäude. Vom Nutzungs- und Funktionszusammenhang her handele es sich bei dem veräußerten Grundstück um einen Teil des Hausgartens des Wohnhauses. Anwesen vergleichbarer Größe seien in der Gemeinde als parkartige Villengrundstücke durchaus üblich.
Soweit die Finanzverwaltung auf das Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) vom 5. Oktober 2000 (Bundessteuerblatt -BStBl- I 2000, 1383, Tz. 17) verweise, so sei zum einen anzumerken, dass im Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 24. Oktober 1996 (BStBl II 1997, 50), auf das dort verwiesen werde, zu Fragen des § 23 EStG überhaupt nicht Stellung genommen werde. Zum anderen sei die zu § 52 Abs. 15 EStG a. F. ergangene einschränkende Rechtsprechung des BFH inzwischen mit Urteil vom 24. April 2008 (BStBl II 2008, 707) aufgegeben worden. Danach könne auch ein als Hausgarten genutzter Grundstücksteil von 2000 qm steuerfrei entnommen werden. Es sei auf den bis zum Entnahmezeitpunkt bestehenden Nutzungs- und Funktionszusammenhang abzustellen, der sich nach den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen sowie den tatsächlich gegendüblichen Verhältnissen bestimme. Auf eine zukünftige andere Zweckbestimmung komme es dagegen nicht an.
Mit Schreiben vom 11. Dezember 2008 lehnte der Beklagte einen Antrag des Klägers auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) ab. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 17. Februar 2009 zurück.
Den Einspruch gegen den geänderten ESt-Bescheid vom 12. November 2008 wies der Beklagte ebenfalls mit Einspruchsentscheidung vom 17. Februar 2009 zurück. Auf die Gründe der Einspruchsentscheidung wird Bezug genommen.
Hiergegen hat der Kläger am 19. März 2009 Klage erhoben.
Ferner hat der Kläger am 3. April 2009 einen Antrag auf AdV beim Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht gestellt. Der AdV-Antrag wurde mit Beschluss des Senats vom 8. Juni 2009 abgelehnt. Auf die Gründe der Entscheidung wird Bezug genommen.
Zur Begründung der Klage macht der Kläger in Ergänzung seines Einspruchsvorbringens geltend:
Soweit der Beklagte darauf abstelle, dass nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nur der Grund und Boden von der Veräußerungsgewinnbesteuerung ausgenommen sei, der zu einem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude gehöre, dieser auch nur die für die entsprechende Gebäudenutzung erforderlichen und üblichen Flächen umfasse und dies insbesondere gelte, soweit Teilflächen parzelliert worden und dadurch ein weiteres verkehrsfähiges Grundstück entstanden sei, das in absehbarer Zeit einer anderen Nutzung, z.B. als Bauland, zugeführt werden könne, könne diese Auffassung des Beklagten weder eine Stütze im Gesetz finden noch passe die Argumentation zum vorliegenden Sachverhalt. Zum einen habe der BFH die zur Frage der steuerfreien Entnahme von Grund und Boden durch Landwirte entschiedene, von der Beklagten zur Stützung ihrer Rechtsansicht herangezogene Entscheidung mit Urteil vom 24. April 2008 (BStBl II 2008, 707) aufgegeben. Insbesondere solle es auf eine zukünftige andere Zweckbestimmung nach diesem Zeitpunkt nicht mehr ankommen. Zum anderen sei es aber auch sachgerecht, die dort zu § 52 Abs. 15 EStG entwickelte Rechtsprechung auch auf die Besteuerungsfragen bei § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG anzuwenden. Im Streitfall bestehe mit dem zu Wohnzwecken genutzten Gebäude ein Nutzungs- und Funktionszusammenhang, da es sich bei dem veräußerten Grundstücksteil im Jahr 2005 um einen Teil des - gegendüblichen - Hausgartens des Klägers handele. Nach den gegendüblichen Verhältnissen seien die veräußerten Grundstücksflächen auch zur Wohnnutzung erforderliche und übliche Flächen. Hierauf komme es jedoch nicht an, da im Ergebnis nach dem Inhalt der gesetzlichen Regelung von der Veräußerungsgewinnbesteuerung nicht nur die für die Wohnung erforderlichen und üblichen Flächen ausgenommen seien. Eine derartige Beschränkung enthalte die gesetzliche Regelung nämlich nicht. Der Pavillon und die Gartenfläche seien Teil der Wohnung des Klägers gewesen. Auch die in der Einspruchsentscheidung vertretene Auffassung, es sei grundsätzlich nur das Grundstück begünstigt, auf dem sich die Wohnung befinde, finde ebenso wenig eine Stütze im Gesetz wie die Auffassung des Beklagten, ein unbebautes Grundstück sei kein begünstigtes Wirtschaftsgut. Die Regelung in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG stelle nur auf den Nutzungszweck ab. Das vom Beklagten zur Begründung seiner Auffassung weiter herangezogene Urteil des BFH vom 20. August 1997 (X R 127/94) betreffe sowohl einen anderen Sachverhalt als auch eine andere steuerliche Regelung. Auch eine teilweise Besteuerung des Veräußerungsgewinns komme nicht in Betracht, da veräußerte Grundstücksteile nicht betrieblich genutzt worden seien.
Der Kläger beantragt,
den ESt-Bescheid für 2005 vom 25. April 2007 betreffend den Kläger und seine Ehefrau in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 12. November 2008 und der Einspruchsentscheidung vom 17. Februar 2009 dahingehend zu ändern, dass die ESt mit der Maßgabe herabgesetzt wird, dass keine Einkünfte des Klägers aus privaten Veräußerungsgeschäften angesetzt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er macht geltend: Bei dem veräußerten Flurstück handele es sich um ein unabhängig vom angrenzenden Wohngrundstück bestehendes unbebautes Grundstück, das als Bauland vom Kläger veräußert worden sei. Der von dem Kläger herangezogene § 52 Abs. 15 EStG a.F. sei mit § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nicht vergleichbar. Insbesondere sei die steuerfreie Veräußerung ausgeschlossen, soweit Teilflächen parzelliert würden und dadurch ein verkehrsfähiges Grundstück entstanden sei, das in absehbarer Zeit einer anderen Nutzung, z.B. als Bauland, zugeführt werden könne. Ein Nutzungs- und Funktionszusammenhang zwischen einem selbstgenutzten Wohngrundstück und einem angrenzenden selbstständig nutzbaren unbebauten Grundstück sei bei der Besteuerung gemäß § 23 EStG unbeachtlich, weil eine Zuordnung zum selbstgenutzten Wirtschaftsgut von vornherein ausscheide. Insbesondere ergebe sich aus dem BFH-Urteil vom 24. April 2008 nichts anderes. Es gelte auch danach weiterhin, dass für die Bestimmung des zur Wohnung gehörenden Grund und Bodens maßgeblich sei, in welchem Umfang dieser für die Wohnnutzung erforderlich und üblich sei. Hierzu gehöre grundsätzlich nur das Grundstück, auf dem sich die Wohnung befinde. Trenne der Eigentümer aber eine unbebaute Teilfläche von dem ursprünglichen Wohngrundstück ab, so dass ein weiteres verkehrsfähiges Grundstück entstehe, gehöre das abgetrennte Grundstück nicht mehr zur Wohnung, auch wenn es weiterhin als Hausgarten genutzt werde. Zudem entspreche der Grund- und Bodenanteil auf dem 3661 qm großen Wohngrundstück dem für die Gegend notwendigen und üblichen Umfang. Allein diese Tatsache führe im vorliegenden Fall bereits zum Ausschluss der Ausnahmeregelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG. Denn nur der für die Eigennutzung übliche und notwendige Grund und Boden sei unstreitig dem selbstgenutzten Wohnungseigentum zuzurechnen.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie die beigezogenen Steuervorgänge des Beklagten und die beigezogene Akte des gerichtlichen AdV-Verfahrens (Az.: 5 V 53/09) Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2005 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 12. November 2008 und der Einspruchsentscheidung vom 17. Februar 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat zu Recht bei der Festsetzung der Einkommensteuer einen der Höhe nach unstreitigen Veräußerungsgewinn von 134.715,00 EUR bei den sonstigen Einkünften (Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften) gemäß § 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG berücksichtigt.
Nach § 22 Nr. 2 EStG zählen zu den sonstigen Einkünften auch private Veräußerungsgeschäfte im Sinne des § 23 EStG. Gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG sind private Veräußerungsgeschäfte u. a. Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (z.B. Erbbaurecht, Mineralgewinnungsrecht), bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre beträgt. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind unstreitig erfüllt, da das hier in Rede stehende Grundstück von dem Kläger im Jahr 1999 angeschafft wurde und - bis auf die zuvor abgetrennten und nicht mitveräußerten Flächen - im Jahr 2005 veräußert wurde. Insoweit liegt auch die erforderliche (Teil-)Identität zwischen angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut vor.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist aber auch der Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG im Streitfall nicht einschlägig. Nach dieser Vorschrift sind Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden, von der Besteuerung nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausgenommen. Die Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift sind im Streitfall nicht erfüllt.
Wirtschaftsgüter im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG sind grundsätzlich alle Objekte, deren Veräußerung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sätze 1 und 2 EStG zu versteuern ist. Dabei ist der Grund und Boden grundsätzlich von dem darauf errichteten Gebäude als eigenständiges Wirtschaftsgut abzugrenzen (vgl. Musil in: Hermann/Heuer/ Raupach, EStG und KStG, § 23 EStG, Rn. 83 und 129). Für die in der Vorschrift geforderte „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken” kann auf den auch in § 10 e EStG und § 4 Satz 1 Eigenheimzulagengesetz (EigZulG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. März 1997 (vgl. BGBl I 1997, 734) verwandten Begriff und die hierzu in der Rechtsprechung entwickelte Auslegung zurückgegriffen werden (vgl. BFH, Urteil vom 18. Januar 2006 IX R 18/03, BFH/NV 2006, 936; FG Münster, Urteil vom 18. Juni 2007 1 K 3749/05 E, EFG 2007, 1605). Danach dient eine Wohnung eigenen Wohnzwecken, wenn sie vom Steuerpflichtigen selbst tatsächlich und auf Dauer angelegt bewohnt wird (BFH, Urteil vom 18. Januar 2006 IX R 18/03, a.a.O.). Eine Nutzung zu Wohnzwecken erfordert auch das Vorhandensein einer Wohnung; darunter ist die Zusammenfassung einer Mehrheit von Räumen zu verstehen, die aufgrund ihrer Beschaffenheit (Küche, Toilette, Nebenräume etc.) die Führung eines selbstständigen Haushalts ermöglicht (Musil in: Hermann/Heuer/ Raupach, EStG-KStG § 23 EStG Rn 129; Kleeberg in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, § 10 e EStG, Rn B 1 m.w.N. zur Rspr.). Grund und Boden, auf dem sich ein Wohngebäude befindet, wird dabei lediglich mittelbar zu Wohnzwecken genutzt; nur das Gebäude selbst bzw. eine darin befindliche Wohnung werden unmittelbar zu Wohnzwecken genutzt. Unbebauter Grund und Boden kann dagegen grundsätzlich nicht zu Wohnzwecken genutzt werden (vgl. Musil in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG und KStG, § 23 Rn. 129; Weber-Grellet in: Schmidt, EStG, § 23 Rn 18; Kube in: Kirchhof, EStG, Kompaktkommentar, § 23 Rn 6; BMF-Schreiben vom 5.10.2000, BStBl I 2000, 1383,Tz 20; Seitz, DStR 2001, 276, 280).
Nach Auffassung des Senats kann vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des mit dieser gesetzlichen Ausnahmevorschrift verfolgten Zwecks grundsätzlich lediglich der dem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude rechtlich zuzuordnende Grund und Boden, d.h. das Grundstück, auf dem sich das Wohngebäude befindet, von dieser Ausnahmevorschrift erfasst sein. Wird hingegen - wie vorliegend - ein ehemals zusammenhängendes größeres Grundstück bereits vor der Anschaffung durch den Steuerpflichtigen parzelliert und entstand dadurch ein weiteres – hier im Wesentlichen unbebautes – verkehrsfähiges Grundstück, das der Steuerpflichtige sodann als selbstständiges Grundstück erwirbt, so kann dies auch dann, wenn es bis zum Veräußerungszeitpunkt als ein dem Wohngrundstück angrenzendes Grundstück tatsächlich als Hausgarten mitbenutzt wurde, nicht zu einer steuerlichen Freistellung des insoweit bei der Veräußerung innerhalb der Spekulationsfrist anfallenden Veräußerungsgewinns führen (so auch BMF- Schreiben vom 5. Oktober 2002, a.a.O. Tz 20, Seitz, DStR 2001, S. 278, 280; Musil in: Hermann/Heuer/Raupach, EStG-KStG, § 23 EStG, Rn 129). Dies ergibt sich nach Auffassung des Senats insbesondere aus dem Zweck der Ausnahmevorschrift des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG. Diese diente – wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt (vgl. BTDrucks 14/265, S. 181 zu Nr. 27, § 23) – im Wesentlichen der Abmilderung etwaiger beruflich bedingter Härten, die durch notwendige Umzüge entstehen; eine als ungerechtfertigt angesehene Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei einer - bspw. beruflich bedingten - Aufgabe des Wohnsitzes sollte vermieden werden (vgl. BFH, Urteil vom 18. Januar 2006, IX R 18/03, BFH/NV 2006, 936; Wernsmann in: Kirchhof/Söhn/Melling-hoff, EStG, § 23 Rn B 43). Erwirbt der Steuerpflichtige aber von vorneherein zwei eigenständige, wenn auch aneinander grenzende Grundstücke, von denen lediglich eines mit einem Wohnhaus bzw. einer von dem Steuerpflichtigen genutzten Wohnung bebaut ist, so ist ihm von Beginn an die Möglichkeit eröffnet, das unbebaute Grundstück zu veräußern und gleichzeitig den Wohnsitz beizubehalten. Angesichts des Zwecks der Ausnahmevorschrift, die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen vor allem bei (u. a. beruflich bedingten) Wohnsitzaufgaben zu vermeiden, liefe die steuerliche Freistellung auch dieser, gerade nicht mit einer Wohnsitzaufgabe verbundenen Veräußerung des Grundstücks auf eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Privilegierung des Sachverhalts gegenüber dem Grundtatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG hinaus. Die Beschränkung der Privilegierung auf den rechtlich mit dem Wohnhaus verbundenen Grund und Boden entspricht auch der zu § 10 e EStG ergangenen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. So hat der BFH (vgl. Urt. vom 2. Juni 1999 X R 16/96, BFHE 189, 67, BStBl II 1999, 596) etwa entschieden, dass grundsätzlich getrennte, ohne bautechnische Verbindung auf einem Grundstück stehende Baulichkeiten gesonderte Wirtschaftsgüter seien. Ohne Bedeutung sei insoweit, dass Grund und Boden und aufstehende Gebäude zivilrechtlich einen einheitlichen Vermögensgegenstand bildeten. Auch eine einheitliche Nutzung mehrerer Gebäude ändere an der Bewertung nichts; ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang sei regelmäßig nicht geeignet, mehrere getrennt stehende Baulichkeiten zu einem Wirtschaftsgut zusammenzufassen. Eine Ausnahme gelte allenfalls dann, wenn bei fehlender baulicher Verbindung eine Baulichkeit oder sonstige Einrichtung den auf dem gleichen Grundstück befindlichen Hauptgebäude derart diene, dass diese ohne die Einrichtung als unvollständig erscheine (vgl. zum Ganzen, BFH, Urt. vom 02. Juni 1999, X R 16/96, BFHE 189, 67 BStBl II 1999, 596). Gleiches muss aber auch für ein von dem Wohngrundstück getrenntes, unbebautes und eigenständig verkehrsfähiges Grundstück gelten. Dieses stellt ein eigenes Wirtschaftsgut dar. Ein etwaiger tatsächlicher Nutzungszusammenhang kann auch hier an der Bewertung nichts ändern, dass lediglich das Wirtschaftsgut „Wohnhaus” zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird und allenfalls mittelbar noch der rechtlich diesem zuzuordnende Grund und Boden. Etwas anderes könnte sich allenfalls dann ergeben, wenn wegen beengter Verhältnisse auf dem mit dem Wohnhaus bebauten Grundstück die Nutzung eines weiteren, in unmittelbarer räumlicher Nähe befindlichen unbebauten Grundstücks als Garten erforderlich wäre (vgl. dazu BFH, Urteil vom 26. September 2001 IV R 31/00, BFHE 197, 37; BStBl II 2002, 78 im Rahmen der Bestimmung des Rechtsbegriffs „dazugehörender Grund und Boden” in § 52 Abs. 15 EStG a. F.). Ob in einer solchen Konstellation und unter welchen Voraussetzungen auch bei unbebauten, in unmittelbarer räumlicher Nähe der Wohnung befindlichen Grundstücken die tatsächliche Nutzung als Garten zu einer „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken” führen kann, kann aber hier dahinstehen. Denn angesichts der Größe des mit dem Wohnhaus bebauten Grundstücks von 3.661m war im Streitfall ein Ausweichen auf das Nachbargrundstück für eine Gartennutzung nicht erforderlich.
Etwas anderes ergibt sich vorliegend auch nicht dadurch, dass sich auf dem hier in Rede stehenden veräußerten Grund und Boden ein von der Familie des Klägers mitgenutzter gemauerter, befestigter, abschließbarer und beheizbarer Pavillon befand. Denn dieser ermöglichte nach Aktenlage jedenfalls nicht selbstständig die Führung eines eigenständigen Haushalts, so dass eine selbstständige „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken” des Pavillons, die gegebenenfalls auch dem im Streitfall veräußerten Grund und Boden zu der vom Gesetzgeber beabsichtigten Privilegierung verhelfen könnte, nicht vorlag.
Der Gartenpavillon stellt nach der Rechtsprechung des BFH auch kein unselbstständiges Nebengebäude des Wohnhauses dar, so dass auch nicht etwa ein anteilig darauf entfallender Veräußerungsgewinn von der Privilegierung des § 23 Abs. 1 N. 1 Satz 3 EStG erfasst wäre. Denn bereits auf dem gleichen Grundstück freistehende Gartenlauben stellen nach der oben bereits zitierten Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH, Urt. vom 02. Juni 1999 X R 16/96, BFHE 189, 67; BStBl II 1999, 596) nicht - wie etwa Garagen - unselbstständige, dem Hauptgebäude dienende Nebengebäude dar, sondern sind eigenständige Wirtschaftsgüter. Dies muss erst recht dann gelten, wenn - wie hier - sich der Gartenpavillon auf einem anderen Grundstück als das Wohnhaus befindet.
Schließlich gelangte man selbst dann, wenn man nicht allein darauf abstellte, dass im Streitfall ein bereits bei Anschaffung eigenständiges, im Wesentlichen unbebautes Grundstück vorlag, das bereits deshalb nach der oben dargelegten Auffassung nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden kann, sondern auch einen tatsächlichen Nutzungszusammenhang mit dem auf einem anderen Grundstück befindlichen Wohnhaus für eine Privilegierung nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ausreichen ließe, nicht zu einem anderen Ergebnis. Dies gilt auch unter entsprechender Berücksichtigung der von dem Kläger zur Stützung der von ihm vertretenen Auffassung zitierten neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu dem Begriff des „dazugehörenden Grund und Bodens” in § 52 Abs. 15 Satz 6 EStG a.F. im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG. Zwar hat der BFH insoweit mit Urteil vom 24. April 2008 (IV R 30/05, BStBl II 2008, 707) seine bisherige, auch im BMF-Schreiben vom 5. Oktober 2000 berücksichtigte Rechtsprechung (vgl. BFH, Urteil vom 24. Oktober 1996 IV R 43/95, BFE 181, 333, BStBl II 1997, 50) insoweit aufgegeben, als er nunmehr für den Nutzungs- und Funktionszusammenhang des Grund und Bodens mit der Wohnung allein auf die tatsächliche Nutzung sowie die tatsächlichen gegendüblichen Verhältnisse im Entnahmezeitpunkt abstellt. Auf eine zukünftige andere Zweckbestimmung des Grund und Bodens nach diesem Zeitpunkt komme es dagegen nicht an, es sei denn, die Kausalkette für eine spätere Nutzungsänderung sei schon vor dem maßgeblichen Abwahlzeitpunkt in Gang gesetzt worden. Beibehalten wurde jedoch die bisherige Rechtsprechung des BFH insoweit, als zur Bestimmung des Umfangs der Flächen, die noch in den Nutzungs- und Funktionszusammenhang einzubeziehen seien, auch auf die tatsächlichen gegendüblichen Verhältnisse landwirtschaftlicher Hausgärten abzustellen sei. Dazu hat der BFH ausgeführt, dass zum einen den Gewohnheiten der ländlichen Bevölkerung Rechnung zu tragen sei, sich in weit größerem Umfang selbst zu versorgen, was auch bei auf dem Land lebenden Nichtlandwirten der Fall sei. Andererseits bedürfe es der Begrenzung auf die orts- bzw. gegendüblichen landwirtschaftlichen Gärten, um dem Bestreben nach einer möglichst weitgehenden Steuerbefreiung entgegenzuwirken. Es könne insoweit nicht unberücksichtigt bleiben, dass es de facto kaum nachprüfbar und nachweisbar sei, ob eine als Haus- oder Obstgarten bezeichnete Fläche tatsächlich rein privat genutzt werde.
Überträgt man diese Rechtsprechung auf die hier in Rede stehende Konstellation, so erfordert gerade auch der bereits o. g., in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommende Zweck der Ausnahmevorschrift des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG, insbesondere bei einer (etwa beruflich bedingten) Wohnsitzaufgabe eine Besteuerung von Veräußerungsgewinnen zu vermeiden, eine Beschränkung des privilegierten Grund und Bodens auf die für die Wohnnutzung erforderlichen und üblichen Flächen vorzunehmen (vgl. auch Wernsmann in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 23 Rn B 45; Weber-Grellet, in Schmidt, EStG, 27. Aufl. § 23 Rn 18; Kube in: Kirchhof, EStG, § 23 Rn 6; Musil, in: Hermann/Heuer/Raupach, EStG-KStG, § 23 Rn 129, BMF Schreiben vom 5. Oktober 2000,BStBl I 2000, 1383, Tz 17). Wie auch im Rahmen des § 52 Abs. 15 EStG a. F. muss dadurch dem Bestreben einer Einbeziehung unbebauter Flächen, deren tatsächliche Nutzung auch nur schwer nachprüfbar ist, in die „Nutzung zu Wohnzwecken” begegnet werden. Denn damit würden – trotz etwa bestehender Parzellierungsmöglichkeit oder bereits erfolgter Parzellierung – in großem Umfang unbebaute Flächen in eine Steuerbefreiung einbezogen, ohne dass gleichzeitig die eigentlich als privilegierungswürdig angesehene Wohnsitzaufgabe erfolgte. Dadurch würde der Ausnahmecharakter der Vorschrift ausgehöhlt. Hiervon ausgehend mag zwar berücksichtigt werden, dass für die Bestimmung der Üblichkeit und Erforderlichkeit der Flächen auch die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen sind. Wenn jedoch - wie vorliegend - das bebaute Grundstück selbst bereits eine Größe von 3.661m aufweist, so bestehen aus Sicht des Senats keine Zweifel daran, dass auch unter Berücksichtigung der aus den eingereichten Plänen ersichtlichen sonstigen gegendüblichen Grundstücksgrößen und der Mindestgröße für Grundstücke in diesem B-Planbereich von 2.000 m hinsichtlich der veräußerten Fläche nicht mehr von einer für eine Gartennutzung erforderlichen und üblichen Fläche ausgegangen werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 143 FGO.
Mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO war die Revision nicht zuzulassen.
Anmerkung
Revision eingelegt (BFH IX R 48/10)