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  • 08.11.2010

    Finanzgericht Münster: Urteil vom 03.09.2010 – 15 K 3863/06 U

    1. Es ist nicht ausgeschlossen, die Kosten für unterschiedliche Gegenstände bzw. sonstige Leistungen nach jeweils unterschiedlichen Methoden auf die steuerpflichtigen und steuerfreien Ausgangsumsätze aufzuteilen. Die Schätzungsmethoden müssen für sich gesehen jeweils sachgerecht sein.

    2. Ein an die Anzahl oder Standfläche der eingesetzten Spielgeräte anknüpfender Aufteilungsmaßstab ist wegen der Schwankungsbreite der Einspielergebnisse der verschiedenen Geräte strukturell nicht geeignet, den notwendigen Bezug zwischen dem auf jedes Gerät entfallenden Anteil der Aufwendungen für die Anmietung und Unterhalt der Räumlichkeiten und den mit diesem Gerät ausgeführten Umsätzen herzustellen.


    Im Namen des Volkes

    URTEIL

    In dem Rechtsstreit

    hat der 15. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richter … ehrenamtlicher Richter … ehrenamtlicher Richter … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 03.09.2010 für Recht erkannt:

    Tatbestand

    Streitig ist im Rahmen der Umsatzsteuer(USt)-Festsetzung für 1996, ob der Beklagte die Vorsteuern aus den Raum- und Energiekosten zweier Spielhallen nach dem sog. Umsatzschlüssel aufteilen durfte.

    Die Klägerin betrieb im Streitjahr zwei Spielhallen, in denen insgesamt 10 Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit und 24 Unterhaltungsspielgeräte, darunter drei Dartscheiben und zwei Billardtische, aufgestellt waren. Die Geldspielgeräte hatten dabei einen Gesamtflächenbedarf von 1,8 Quadratmetern und die Unterhaltungsspielgeräte einen Gesamtflächenbedarf von 17,82 Quadratmetern.

    In der am 28.04.1998 bei dem Beklagten eingereichten USt-Erklärung für das Streitjahr erfasste die Klägerin sowohl die Umsätze mit den Geldspielgeräten (DM 332.447,07) als auch die Umsätze mit den Unterhaltungsspielgeräten (DM 5.094,61) als steuerpflichtige Leistungen. Der Beklagte stimmte der USt-Erklärung durch Mitteilung vom 15.05.1998 zu. Mit Schriftsatz vom 13.12.2001 stellte die Klägerin den Antrag, die USt-Festsetzung nach § 164 der Abgabenordnung (AO) zu ändern und die Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielgeräten nunmehr als steuerfreie Umsätze zu erfassen. Zur Begründung berief sie sich auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30.11.2000 (V B 187/00, BFH/NV 2001, 657), wonach es ernstlich zweifelhaft sei, ob Geldspielautomatenumsätze gemeinschaftsrechtlich besteuert werden dürften. Dieser Antrag wurde von dem Beklagten am 11.11.2002 abgelehnt. Gegen diesen Ablehnungsbescheid legte die Klägerin am 18.11.2002 Einspruch ein. Das Einspruchsverfahren wurde von den Beteiligten sodann im Hinblick auf ausstehende Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des BFH zu der Steuerpflicht von Umsätzen mit Geldspielgeräten einvernehmlich ruhend gestellt.

    Am 17.02.2005 entschied der EuGH zur Steuerpflicht von Geldspielgeräten, dass es mit Art. 13 Teil B Buchst. F der Richtlinie 77/388/EWG (Sechste Umsatzsteuerrichtlinie, ABl. 1977 L 145/1) unvereinbar sei, die Veranstaltung oder den Betrieb von Glücksspielen oder Glücksspielgeräten aller Art in zugelassenen öffentlichen Spielbanken steuerfrei zu stellen, während diese Steuerbefreiung für die Ausübung derselben Tätigkeit durch Wirtschaftsteilnehmer, die nicht Spielbankbetreiber seien, nicht gelte (EuGH-Urteil vom 17. Februar 2005, C-453/02 u.a., Linneweber u.a, Slg. 2005, I-1131). Das Folgeurteil des BFH in dieser Sache erging am 12.05.2005 (BFH-Urteil vom 12. Mai 2005 V R 7/02, BFHE 210, 164, BStBl. II 2005, 617).

    Am 16.09.2005 reichte die Klägerin unter Hinweis auf diese Rechtsprechung eine geänderte USt-Erklärung für das Streitjahr ein, in der sie die mit den Geldspielgeräten erzielten Umsätze als steuerfrei und die mit den Unterhaltungsspielgeräten erzielten Umsätze als steuerpflichtig behandelte. Vorsteuern, die weder mit den steuerfreien noch mit den steuerpflichtigen Umsätzen in unmittelbarem Zusammenhang standen, wurden entsprechend der Anzahl der in den Spielhallen aufgestellten Geldspiel- und Unterhaltungsspielgeräte auf die steuerfreien und die steuerpflichtigen Umsätze aufgeteilt.

    Der Beklagte stimmte dieser Erklärung jedoch nicht zu. Vielmehr fand bei der Klägerin ab dem 24.11.2005 eine Betriebsprüfung (Bp) statt. Die Prüferin vertrat in ihrem Bp-Bericht vom 28.12.2005 die Auffassung, dass eine Aufteilung der Vorsteuern nach der Anzahl der Geräte zu wirtschaftlich nicht vertretbaren Ergebnissen führe und daher nicht als sachgerechte Schätzung der abziehbaren Vorsteuern angesehen werden könne. Auch eine Aufteilung der Vorsteuern nach dem jeweiligen Flächenbedarf der Geld- und Unterhaltungsspielgeräte werde den wirtschaftlichen Verhältnissen nicht gerecht. Da kein anderer sachgerechterer Aufteilungsmaßstab ersichtlich sei, müssten die nicht direkt zurechenbaren Vorsteuern im Verhältnis der steuerfreien zu den steuerpflichtigen Umsätzen (DM 332.447,07 zu DM 5.094,61, entspricht 98,49 % zu 1,51 %) aufgeteilt werden.

    Der Beklagte schloss sich der Rechtsauffassung der Prüferin an und erließ auf Grundlage der Prüfungsfeststellungen am 16.01.2006 einen geänderten USt-Bescheid für das Streitjahr.

    Die Klägerin legte gegen den geänderten USt-Bescheid 1996 am 14.02.2006 Einspruch ein. Zur Begründung trug sie vor: Bei der Aufteilung der Vorsteuern sei nach Abschnitt 208 Abs. 3 UStR auf die im Einzelfall bestehenden wirtschaftlichen Verhältnisse abzustellen. Eine Aufteilung, die allein an die Höhe der Umsätze des Unternehmers anknüpfe, werde diesen Anforderungen nicht gerecht. So würden die Raum- und Energiekosten unabhängig von Art und Höhe der in der Spielhalle erzielten Umsätze verursacht. Daher sei es sachgerecht, die Vorsteuern aus der Anmietung der Spielhallen (Miete und Nebenkosten) nach dem Verhältnis der von den jeweiligen Gerätearten beanspruchten Flächen und die Vorsteuern aus den Energiekosten nach der Anzahl der von jedem Gerätetyp aufgestellten Elektrogeräte (sämtliche Spielgeräte mit Ausnahme von zwei Billardtischen) aufzuteilen.

    Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 14.08.2006 zurück. Die von der Klägerin beantragte Aufteilung der Vorsteuern aus den Raumkosten nach dem Verhältnis der von den jeweiligen Gerätearten beanspruchten Flächen werde den wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht gerecht und könne daher der USt-Festsetzung nicht zu Grunde gelegt werden. Eine Aufteilung der Vorsteuern nach dem Flächenverbrauch lasse außer Acht, dass bei Spielhallen ein Missverhältnis zwischen dem Flächenanteil, der auf die Geldspielgeräte entfalle und ihrem in den Ausgangsumsätzen zum Ausdruck kommenden wirtschaftlichen Gewicht bestehe. Die geringe Höhe der mit den Unterhaltungsspielgeräten erzielten Umsätze zeige, dass der Bereich, der zu steuerpflichtigen Umsätzen führe, betriebswirtschaftlich für sich allein nicht lebensfähig sei. Im Übrigen sei eine räumliche Abgrenzung der Flächen mit steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätzen nach Bauart der Hallen regelmäßig nicht möglich.

    Auch eine Aufteilung der in den Energiekosten enthaltenen Vorsteuern nach der Anzahl der von jedem Gerätetyp aufgestellten Elektrogeräte sei nicht sachgerecht. Die Kosten würden nicht im gleichen Verhältnis von den Unterhaltungsspielgeräten und den Geldspielgeräten verursacht. Ausschlaggebend für die wirtschaftliche Zugehörigkeit der Kosten sei vielmehr die tatsächliche Nutzung der Spielhalle. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Geldspielgeräte von mehr Personen genutzt würden als die Unterhaltungsspielgeräte. Dies ergebe sich schon aus den Umsatzzahlen der beiden Gerätearten, da keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Umsätze pro Besucher im Bereich der Geldspielgeräte höher seien als bei den Unterhaltungsspielgeräten.

    Überdies müsse die Aufteilung der Vorsteuern stets nach einer einheitlichen Methode erfolgen. Schon aus diesem Grund sei es ausgeschlossen, die aufzuteilenden Vorsteuern teilweise nach einem Flächenschlüssel und teilweise nach der Anzahl der in den Spielhallen von jedem Gerätetyp eingesetzten Geräte zuzuordnen. Dies ergebe sich aus Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Sechste Umsatzsteuerrichtlinie; ABl 1977 L 145/1), auf den auch der BFH in seinem Urteil vom 17.08.2001 (V R 1/01, BFHE 196, 345, BStBl II 2002, 833) Bezug genommen habe. Danach sei nur ein Aufteilungsverfahren sachgerecht, das – objektiv nachprüfbar – nach einheitlicher Methode Vorsteuern den steuerfreien bzw. den steuerpflichtigen Umsätzen zuordne.

    Am 11.09.2006 hat die Klägerin daraufhin die vorliegende Klage erhoben.

    Zur Begründung führt die Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrags aus: Gemäß Abschnitt 208 Abs. 2 UStR seien die nicht direkt zurechenbaren Vorsteuern nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Zurechnung durch eine sog. gegenständliche Zuordnung oder nach Kostenzurechnungsgesichtspunkten aufzuteilen. Nach Kostenzurechnungsgesichtspunkten sei es sachgerecht, Mietaufwendungen nach der von den jeweiligen Umsatzarten beanspruchten Flächen aufzuteilen, da diese Kosten unabhängig von der späteren Verwendung (dem erzielbaren Umsatz) immer in fester Höhe anfielen. Auch entstünden diese Kosten unabhängig davon, von wie vielen Personen die betreffenden Räumlichkeiten genutzt würden. Auch der Umstand, dass der Geschäftsbereich Unterhaltungsgeräte aufgrund der hohen Fixkosten für sich allein nicht lebensfähig sei, belege, dass die Aufwendungen unabhängig von der Höhe der erzielten Umsätze anfielen und der Umsatzschlüssel insoweit kein sachgerechter Aufteilungsmaßstab sein könne. Ebenso verhalte es sich mit den Energiekosten, die in erster Linie durch den laufenden Betrieb der durchgehend eingeschalteten Geräte verursacht würden und damit nur in geringem Umfang von der tatsächlichen Nutzung der Geräte und den mit ihnen erzielten Umsätzen abhängig seien.

    Auch die Auffassung des Beklagten, gemeinschaftsrechtlich dürfe nur ein Aufteilungsschlüssel für sämtliche Vorsteuern verwendet werden, sei unzutreffend. Aus der Rechtsprechung des BFH folge nur, dass die Kosten für einen gemischt verwendeten Gegenstand oder eine sonstige Leistung nach einheitlicher Methode aufzuteilen seien. Es sei jedoch nicht ausgeschlossen, die Kosten für unterschiedliche Gegenstände bzw. sonstige Leistungen jeweils nach unterschiedlichen Methoden auf die steuerfreien und steuerpflichtigen Ausgangsumsätze aufzuteilen.

    Die Klägerin beantragt,

    die USt für 1996 unter Änderung des geänderten USt-Bescheids 1996 vom 16.01.2006 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.08.2006 auf DM ./. 5.901,45 (= EUR ./. 3.017,36) festzusetzen,

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung wiederholt und vertieft er die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist überwiegend unbegründet.

    Der USt-Bescheid 2003 vom 16.01.2006 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.08.2006 ist nur insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –), als der Anteil der aufgrund des Umsatzschlüssels abziehbaren Vorsteuern nicht wie von Art. 19 Abs. 1 Satz der Richtlinie 77/388/EWG (heute Art. 175 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG) gefordert auf einen vollen Prozentsatz aufgerundet wurde.

    1. Der Beklagte hat die nicht direkt zurechenbaren Vorsteuern zu Recht nach dem sog. Umsatzschlüssel auf die steuerfreien und die steuerpflichtigen Umsätze der Klägerin aufgeteilt.

    Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in der im Streitjahr geltenden Fassung kann der Unternehmer die in Rechnungen im Sinne des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG die Steuer für die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet. Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist.

    Hiervon ausgehend ist im Streitfall – was zwischen den Beteiligten dem Grunde und der Höhe nach unstreitig ist – für Vorsteuern in Höhe von EUR 17.502,65 eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG vorzunehmen, da diese Vorsteuerbeträge zum Teil den steuerfreien Umsätzen mit Geldspielgeräten und zum Teil den steuerpflichtigen Umsätzen mit Unterhaltungsspielgeräten zuzurechnen sind.

    Dabei ist es nach § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG grundsätzlich Sache des Unternehmers den nicht abziehbaren Teil der aufzuteilenden Vorsteuern im Wege einer sachgerechten Schätzung zu ermitteln. Nur wenn die Aufteilung durch den Steuerpflichtigen nicht sachgerecht ist, darf das Finanzamt die Vorsteuern anderweitig – sachgerecht – aufteilen (BFH-Urteil vom 12. März 1998, V R 50/97, BStBl. II 1998, 525; BFH-Beschlüsse vom 3. Mai 2005, V B 200/04, BFH/NV 2005, 1641 und vom 27. November 2008, XI B 60/08, BFH/NV 2009, 431).

    Entgegen der Auffassung des Beklagten ist es dabei nicht ausgeschlossen, dass sich der Unternehmer bei der Schätzung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuern für unterschiedliche Leistungsbezüge auch unterschiedlicher Schätzungsmethoden bedient und etwa wie die Klägerin im Streitfall zwischen Vorsteuern aus Raumkosten, Energiekosten und sonstigen Leistungsbezügen unterscheidet. Die in der Einspruchsentscheidung zitierten Ausführungen des BFH beziehen sich auf eine einzelne für das Unternehmen bezogene Eingangsleistung. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, die Kosten für unterschiedliche Gegenstände bzw. sonstige Leistungen nach jeweils unterschiedlichen Methoden auf die steuerfreien und steuerpflichtigen Ausgangsumsätze aufzuteilen. Diese Schätzungsmethoden müssen nur für sich gesehen jeweils sachgerecht sein (wie hier auch Niedersächsisches FG, Urteil vom 4. Mai 2010 16 K 329/07, StE 2010, 454).

    Nach welchen Kriterien zu bestimmen ist, ob eine vom Unternehmer gewählte Schätzungsmethode „sachgerecht” im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG ist, kann dem UStG nicht unmittelbar entnommen werden. Aus § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG ergibt sich lediglich das Erfordernis einer „wirtschaftlichen Zurechnung” von Vorsteuerbeträgen zu den mit der bezogenen Leistung ausgeführten Umsätzen.

    Der BFH greift daher zur Auslegung von § 15 Abs. 4 UStG auf die gemeinschaftsrecht-lichen Vorgaben für die Aufteilung von Vorsteuern zurück (vgl. BFH-Urteil vom 17. August 2001 V R 1/01, BFHE 196, 345, BStBl II 2002, 833, unter II. 1. a). Maßgeblich sind insoweit die Art. 17 und 19 der im Streitjahr geltenden Richtlinie 77/388/EWG (heute Art. 173 bis Art. 175 der Richtlinie 2006/112/EG). Diese sehen als Regelaufteilungsmaßstab für die Aufteilung von Vorsteuerbeträgen in Fällen gemischter (d.h. zum Vorsteuerabzug berechtigender und nicht berechtigender) Verwendungen einen sog Umsatzschlüssel vor (vgl. Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 und Art. 19; hierzu BFH-Urteil vom 1. Juli 2004, V R 32/00, BFHE 205, 555, BStBl II 2004, 1022, unter II. 3. A). Danach ist der Teil der aufzuteilenden Vorsteuern abzugsfähig, der dem Anteil der steuerpflichtigen Umsätze an den Gesamtumsätzen des Unternehmens entspricht. Bei richtlinienkonformer Auslegung des § 15 Abs. 4 UStG können deshalb nur solche Aufteilungsverfahren als „sachgerecht” anerkannt werden, die – objektiv nachprüfbar – mindestens in gleicher Weise wie der Umsatzschlüssel geeignet sind, die beiden „Nutzungsteile” eines gemischt verwendeten Gegenstandes bzw. einer gemischt verwendeten sonstigen Leistung den damit ausgeführten steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätzen zuzurechnen (vgl. BFH-Urteil vom 17. August 2001, V R 1/01, BFHE 196, 345, BStBl. II 2002, 833). Dies setzt einen inneren Zusammenhang zwischen den bezogenen Eingangsleistungen und dem Aufteilungskriterium voraus (vgl. Senatsurteil vom 16.02.2010 15 K 5246/06 U, EFG 2010, 988; siehe auch Niedersächsisches FG, Urteil vom 24.04.2008 16 K 335/07, DStRE 2009, 874, dort zu der Aufteilung der Vorsteuern nach der Anzahl der vorgehaltenen Geldspiel- bzw. Unterhaltungsspielgeräte).

    Ausgehend von diesen Grundsätzen war der Beklagte nach Auffassung des Senats berechtigt, die nicht abziehbaren Vorsteuern an Stelle der Klägerin zu schätzen und hierzu auf den als sachgerechte Schätzungsmethode anerkannten Umsatzschlüssel (vgl. BFH-Urteile vom 17. August 2001, V R 1/01, BStBl. II 2002, 833 und vom 18. November 2004, V R 16/03, BStBl. II 2005, 503) zurückzugreifen. Der Umstand, dass die Klägerin bereits selbst eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge vorgenommen hatte, steht der Schätzungsbefugnis des Beklagten im Streitfall nicht entgegen, da weder die Aufteilung der raumbezogenen Vorsteuern nach einem Flächenschlüssel, noch die Aufteilung der Stromkosten nach der Anzahl der in den Spielhallen von jedem Gerätetyp eingesetzten Geräte, den Anforderungen des § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG an eine sachgerechte Schätzung genügt.

    a) Die Aufteilung der raumbezogenen Vorsteuern nach einem Flächenschlüssel ist nach Auffassung des Senats im Streitfall nicht sachgerecht, da dem Flächenschlüssel der für eine sachgerechte Vorsteueraufteilung notwendige innere Zusammenhang zwischen den von dem Unternehmen bezogenen Eingangsleistungen und dem gewählten Aufteilungskriterium fehlt.

    Es ist im Streitfall nicht erkennbar, dass die Höhe der Aufwendungen für die Anmietung der betrieblichen Räumlichkeiten überwiegend von dem als Aufteilungsmaßstab gewählten Verhältnis der für die Geldspiel- bzw. die Unterhaltungsspielgeräte jeweils vorgehaltenen Standflächen abhängt. Das gilt insbesondere für Aufwendungen, die der Klägerin im Zusammenhang mit nicht unmittelbar dem Spielbetrieb dienenden Flächen entstanden sind. Zu nennen sind hier etwa die der Verwaltung des Unternehmens dienenden Räumlichkeiten (Büros, Aktenräume), vor allem jedoch die verhältnismäßig großen und im Unterhalt aufwendigen sanitären Anlagen und Gastronomiebereiche. Die Höhe der durch die Anmietung dieser Räume bzw. Bereiche entstehenden Aufwendungen hängt nicht von dem Verhältnis der für die Geldspiel- und die Unterhaltungsspielgeräte jeweils benötigten Standflächen ab. Von Bedeutung ist insoweit eher, von wie vielen Personen und in welcher Frequenz diese Bereiche aufgesucht werden, da hiervon die notwendige Größe der Räume bzw. Bereiche und die Höhe der verbrauchsabhängigen Mietnebenkosten (z.B. Wasser, Müll) abhängt. Dass ein Zusammenhang zwischen dem Verhältnis der von den Geldspiel- und Unterhaltungsspielgeräten jeweils bean-spruchten Flächen und der Anzahl der Nutzer des Gastronomiebereichs bzw. der sanitären Anlagen besteht, hat die Klägerin nicht dargetan und ist für den Senat auch sonst nicht ersichtlich.

    Selbst für die unmittelbar dem Spielbetrieb dienenden Flächen führt eine Zurechnung der entstehenden Aufwendungen nach dem Flächenschlüssel nicht zu sachgerechten Ergebnissen. So ist es wenig plausibel, wenn der zur Benutzung einer Dartscheibe erforderliche Raum rechnerisch fast ausschließlich anderen Geräten zugerechnet wird, weil die Dartscheibe praktisch keine Standfläche benötigt. Ähnlich ist die Situation bei vielen Geldspielgeräten, die an Wänden hängen und daher ebenfalls mit nur geringen Standflächen auskommen.

    b) Auch eine Aufteilung der Vorsteuern aus den Energiekosten nach der Anzahl der von jedem Gerätetyp vorhandenen Geräte ist nicht sachgerecht (vgl. zur Aufteilung von Vorsteuern eines Spielhallenbetriebs nach der Anzahl der aufgestellten Geräte Niedersächsisches FG, Urteil vom 24. April 2008, 16 K 335/07, DStRE 2009, 874, BFH-Beschluss vom 27. November 2008, XI B 60/08, BFH/NV 2009, 431). Der von der Klägerin gewählte Aufteilungsschlüssel berücksichtigt nicht, dass der Strom in den Spielhallen nicht nur von den Spielgeräten, sondern auch von anderen elektronischen Geräten und Einrichtungen verbraucht wird. Neben den für die Beleuchtung der Räumlichkeiten notwendigen Lampen sind hier insbesondere Fernseher, Computer, Kühlschränke, Musikanlagen oder die laut Bestandsverzeichnis in den Spielhallen der Klägerin installierte Videoüberwachungsanlage zu nennen. Dass ein Zusammenhang zwischen den nicht durch die Spielgeräte verursachten Energiekosten und der Anzahl der von den beiden Gerätetypen jeweils vorhandenen Spielgeräte besteht, hat die Klägerin nicht dargelegt. Ein solcher Zusammenhang ist auch nicht erkennbar.

    c) Bestärkt sieht sich der Senat in seiner Rechtsauffassung durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 04.02.2009 (1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1; HFR 2009, 708, siehe hierzu bereits das Senatsurteil vom 16.02.2010 15 K 5246/06 U, EFG 2010, 988). Nach dieser Entscheidung ist die Verwendung des Stückzahlmaßstabes für die Besteuerung von Geldspielautomaten in § 4 Abs. 1 des Hamburgischen Spielgerätesteuergesetzes in der Fassung vom 07.12.1994 wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes) verfassungswidrig. Begründet wurde die Verfassungswidrigkeit der an die Stückzahl anknüpfenden Besteuerung mit der erheblichen Schwankungsbreite der Einspielergebnisse der besteuerten Automaten. Die festgestellten Schwankungsbreiten in den Einspielergebnissen der Automaten seien so gravierend, dass es an jeder Korrelation zwischen dem – bloßen – Aufstellen von Automaten und dem Einspielergebnis fehle (vgl. BVerfG-Beschluss vom 4. Februar 2009 1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1; HFR 2009, 708, unter Ziffer II 2 a). Übertragen auf den Streitfall folgt aus den Ausführungen des BVerfG, dass ein an die an die Anzahl oder die Standflächen der eingesetzten Geräte anknüpfender Aufteilungsmaßstab wegen der großen Schwankungsbreite der Einspielergebnisse der verschiedenen Geräte strukturell nicht geeignet ist, den notwendigen Bezug zwischen den auf jedes Gerät (bzw. jeden Gerätetyp) entfallenden Anteil der Aufwendungen für die Anmietung und den Unterhalt der Räumlichkeiten und den mit diesem Gerät (bzw. Gerätetyp) ausgeführten Umsätzen herzustellen.

    Bei dieser Sachlage kann sich die Klägerin auch nicht mit Erfolg auf Abschnitt 208 der Umsatzsteuerrichtlinien (UStR) der Finanzverwaltung berufen. Selbst wenn den UStR zu entnehmen wäre, dass die Aufteilung der nicht direkt zurechenbaren Vorsteuern im vorliegenden Fall nach dem Verhältnis des Flächenbedarfs der Geldspielgeräte zu dem der Unterhaltungsspielgeräte vorzunehmen sei, geht der Hinweis auf die Richtlinien im vorliegenden Verfahren ins Leere, weil der Senat, der eine solche Aufteilung aus den dargelegten Gründen nicht für sachgerecht hält, an norminterpretierende Verwaltungsanweisungen nicht gebunden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 04.12.2008, XI B 250/07, BFH/NV 2009, 394). Sollte die Klägerin unter Hinweis auf die UStR eine Billigkeitsregelung anstreben, vermag dies der vorliegenden Klage ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Billigkeitsgesichtspunkte können im vorliegenden Verfahren, das allein die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzungsbescheide betrifft, nicht geltend gemacht werden, zumal der Beklagte bisher nicht über eine eventuell begehrte Billigkeitsmaßnahme entschieden hat, sodass es insoweit auch an einem finanzgerichtlichen Vorverfahren fehlt (BFH-Urteil vom 21.09.2000 IV R 54/99, BStBl. II 2001, 178; BFH-Beschluss vom 18.12.2007 XI B 179/06, BFH/NV 2008, 564).

    Da die Klägerin keinen sachgerechten Aufteilungsmaßstab gewählt oder benannt hat, verbleibt es bei der durch den Beklagten vorgenommenen Vorsteueraufteilung nach dem Verhältnis der steuerpflichtigen Umsätze zu den Gesamtumsätzen des Unternehmens. Die von dem Niedersächsischen Finanzgericht geäußerten Bedenken gegen die Anwendung des Umsatzschlüssels auf Spielhallenbetriebe (vgl. Niedersächsisches FG, Urteil vom 4. Mai 2010 16 K 329/07, StE 2010, 454), greifen bei dieser Sachlage – wie letztlich auch das Niedersächsische Finanzgericht festgestellt hat – nicht durch. Andernfalls käme man zu dem gemeinschaftsrechtlich kaum vertretbaren Ergebnis, dass der durch die MwStSystRL (bzw. die Richtlinie 77/388/EWG) vorgegebene Regelaufteilungsmaßstab nach nationalem Recht als nicht sachgerecht angesehen werden kann (so auch Heidner in Bunjes/Geist, UStG, 9. Aufl., § 15 Rz. 392).

    2. Der Höhe nach war der abziehbare Teilbetrag der aufzuteilenden Vorsteuern gleichwohl um DM 85,88 zu Gunsten der Klägerin zu erhöhen, da der Beklagte bei der Ermittlung des Verhältnisses der steuerpflichtigen Umsätze zu den Gesamtumsätzen des Betriebs gemeinschaftsrechtliche Vorgaben zur Rundung des ermittelten Prozentsatzes der abziehbaren Vorsteuern außer Acht gelassen hat.

    Nach Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG (heute Art. 174 Abs. 1 und Art. 175 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG) ergibt sich im Fall einer Anwendung des Umsatzschlüssels der Teil der abziehbaren Vorsteuern aus einem Bruch, der im Zähler den je Jahr ermittelten Gesamtbetrag der zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze abzüglich der Mehrwertsteuer und im Nenner den je Jahr ermittelten Gesamtbetrag der im Zähler stehenden sowie der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze abzüglich der Mehrwertsteuer enthält. Dieser Bruch wird auf Jahresbasis in Prozent festgesetzt und auf einen vollen Prozentsatz aufgerundet. Nach Art. 19 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG (heute: Art. 174 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112/EG) können Besonderheiten für Umsätze aus der Lieferung von Investitionsgütern sowie für Hilfsumsätze aus Grundstücks-, Finanz- und bestimmten Bankgeschäften gelten, die aber im Streitfall erkennbar nicht einschlägig sind.

    Im Streitfall beträgt das Verhältnis der steuerpflichtigen Umsätze abzüglich USt zu den Gesamtumsätzen abzüglich USt 1,51/100 (DM 5.094,61/DM 337.541,68). Unter Berücksichtigung der nach Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG (heute Art. 175 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG) gebotenen Aufrundung sind somit 2 % der aufzuteilenden Vorsteuern von DM 17.502,65 als abzugsfähig anzuerkennen. Dies entspricht DM 350,05 (statt bisher DM 264,17).

    3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 135 Abs. 1, 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.

    4. Die Zulassung der Revision folgt aus § 115 Abs. 2 FGO.

    VorschriftenUStG § 15 Abs 4 Satz 2, UStG § 15 Abs 4 Satz 1