25.02.2010
Finanzgericht Köln: Urteil vom 27.10.2009 – 8 K 3437/07
Die anlässlich der Veräußerung von Anteilen an einer KG auf den Veräußerungsgewinn entfallende Gewerbesteuer nach § 18 UmwStG mindert den Veräußerungsgewinn und nicht den laufenden Gewinn der KG.
für Recht erkannt:
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die anlässlich der Veräußerung von Anteilen an einer KG auf den Veräußerungsgewinn entfallende Gewerbesteuer den laufenden Gewinn der KG oder lediglich den Veräußerungsgewinn mindert.
Der Kläger war alleiniger Kommanditist der G GmbH & Co. KG mit Sitz in F mit einer Kommanditeinlage von … DM. Diese Gesellschaft war im Bereich Fachwerkhäuser und Fertigkeller tätig. Alleiniger persönlich haftender Gesellschafter der KG war die G1 Verwaltungs-GmbH, deren alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer ebenfalls der Kläger war. Die KG war durch Formwechsel aus der G2 GmbH gemäß Beschluss vom 11. Dezember 2000 mit Wirkung zum 1. Oktober 2000 entstanden (Bl. 13 unten der Akte).
Im Jahr 2004 wurde das Insolvenzverfahren über die KG eröffnet. Im Handelsregister ist sie seit dem 12. Dezember 2006 als aufgelöst eingetragen (Handelsregister des Amtsgerichts N, HRB …).
Mit notarieller Urkunde des Notars L aus X vom 5. April 2001 veräußerte der Kläger seine Beteiligung an der KG an die Herren H und K. Zu diesem Zweck teilte er seinen Geschäftsanteil an der GmbH in zwei Teilgeschäftsanteile zu je … EUR auf und übertrug je einen Teilgeschäftsanteil an die Erwerber. Zudem veräußerte er den Erwerbern einen Kommanditanteil in Höhe von je … DM. Der Kaufpreis für die GmbH-Anteile entsprach deren Nennwert, der Barverkaufspreis für die Kommanditanteile betrug je … DM. Die Übertragung der GmbH-Anteile erfolgte mit dinglicher Wirkung zum 1. Januar 2001, die Übertragung der Kommanditanteile mit schuldrechtlicher Wirkung zwischen den Vertragsbeteiligten zum Ablauf des 30. April 2001. Der Vertrag enthält die Regelung, dass der Abschluss zum 30. April 2001, der der Unternehmensveräußerung zugrundegelegt wird, noch aufzustellen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt des Übertragungsvertrags (Bl. 38 ff. d. A.) Bezug genommen.
In einem Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers an die Erwerber vom 1. August 2001 ist u.a. festgehalten, dass nach dem Sinn des Übertragungsvertrags der allgemeine Gewinnverteilungsschlüssel für das Wirtschaftsjahr 2001 so vorzunehmen ist, dass dem Kläger das Ergebnis per 30.4.20001 zu 100% zuzurechnen ist und das Ergebnis für die Zeit vom 1.5. bis 31.12.2001 den neuen Gesellschaftern zu je ½ zugerechnet wird; den Inhalt dieses Schreibens haben die Erwerber per Unterschrift genehmigt. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt des Schreibens (abgeheftet am Ende der Bilanzakte) Bezug genommen.
In der Feststellungserklärung für das Streitjahr – unterschrieben von K und erstellt unter Mitwirkung des Prozessbevollmächtigten des Klägers – erklärte die KG laufende Einkünfte in Höhe von … DM, denen Sonderbetriebsausgaben in Höhe von … DM gegenüberstanden, so dass sich zuzurechnende laufende Einkünfte in Höhe von minus … DM ergaben. Für den Kläger sind für den Zeitraum 1.1. bis 30.4. 2001 folgende Feststellungsgrundlagen erklärt:
Laufende Einkünfte: | – … DM |
Gewinne/Verluste aus Ergänzungsbilanzen: | – … DM; |
Vergütungen auf gesellschaftlicher Grundlage: | … DM |
Zwischensumme: | – … DM |
Sonderbetriebsausgaben: | … DM |
Zuzurechnende laufende Einkünfte: | – … DM |
Desweiteren ist in der Erklärung ein dem Kläger alleine zuzurechnender Veräußerungsgewinn in Höhe von … DM deklariert, der wie folgt ermittelt ist:
Kaufpreis KG – Anteile | … DM |
Kaufpreis Verwaltungs – GmbH | … DM |
… DM |
abzüglich
Kommandit-Kapital | … DM |
Restkapital (Gewinnvortrag) | … DM |
Kapital Ergänzungsbilanz | … DM |
Anschaffungskosten GmbH-Anteile | … DM |
Steuerberatungskosten | … DM |
… DM | |
Veräußerungsgewinn | … DM |
Der Beklagte folgte dieser Feststellungserklärung und erließ am 6. September 2002 einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (folgend nur: Feststellungsbescheid) für das Jahr 2001 in dem er laufende Einkünfte in Höhe von … DM, Sonderbetriebsausgaben in Höhe von … DM und Veräußerungsgewinne in Höhe von … DM feststellte, die er auf die Beteiligten wie folgt verteilte:
Kläger:
Laufende Gewinne: | … DM |
Sonderbetriebsausgaben: | … DM |
Veräußerungsgewinne: | … DM |
K
Laufende Gewinne: | … DM |
Sonderbetriebsausgaben: | … DM |
H
Laufende Gewinne: | … DM |
Sonderbetriebsausgaben: | … DM |
G1 Verwaltungs-GmbH
Laufende Einkünfte: | … DM |
Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt des Bescheids Bezug genommen.
In einem Vermerk zur Prüfungsvorbereitung des Finanzamts für Groß- und Konzernbetriebsprüfung B (Konz-Bp B) vom 22. November 2004 betreffend die KG ist in Ziffer 5 festgehalten, der Veräußerungsgewinn unterliege gemäß § 18 Abs. 4 UmwStG der Gewerbesteuer, wenn eine umgewandelte Personengesellschaft innerhalb von 5 Jahren nach der Umwandlung veräußert werde. Dies sei hier gegeben, weil die KG mit Wirkung vom 1. Oktober 2000 aus der bisherigen Firma G2 GmbH umgewandelt worden sei. Die Umwandlung sei gemäß § 4 UmwStG zu Buchwerten erfolgt (Ziffer 5 f des Vermerks).
Die auf den Veräußerungsvorgang beruhende Gewerbesteuer sei den Veräußerungskosten zuzuordnen und mindere daher den begünstigten Veräußerungsgewinn. Die Gewerbesteuer sei aber bisher zu Lasten des laufenden Gewinns erfasst worden. Dies sei zu korrigieren und der laufende Gewinn entsprechend zu erhöhen (Ziffer 5 b des Vermerks). Zur Begründung dieses Standpunkts nahm die Konz-BP B Bezug auf eine Veröffentlichung des „Centrale-Gutachtendienst” in GmbHR-Praxis 2004, 793 und auf einen Aufsatz von Kuhl in Bonner Bp-Nachrichten 2004, 18.
Der Beklagte folgte dieser Auffassung und forderte den Prozessbevollmächtigten des Klägers auf, zur Änderung des Feststellungsbescheids mitzuteilen, in welcher Höhe die Gewerbesteuer auf den Gewinn als Aufwand berücksichtigt worden sei.
Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 21. März 2005 mitgeteilt hatte, die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Gewerbesteuer in Höhe von … DM sei beim laufenden Gewinn des Klägers in Abzug gebracht worden, änderte der Beklagte mit (gemäß § 164 Abs. 2 AO geändertem Feststellungsbescheid vom 3. Mai 2005) die vorherige Feststellung und berücksichtigte nunmehr Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von … DM, die sich aus laufenden Einkünften in Höhe von … DM, Sonderbetriebsausgaben in Höhe von … DM und Veräußerungsgewinnen in Höhe von … DM zusammensetzen. Diese verteilte er wie folgt:
Kläger:
Einkünfte aus Gewerbebetrieb: | … DM |
Laufende Gewinne: | … DM |
Sonderbetriebsausgaben: | … DM |
Veräußerungsgewinne: | … DM |
K
Einkünfte aus Gewerbebetrieb: | – … DM |
Laufende Gewinne: | … DM |
Sonderbetriebsausgaben: | … DM |
H
Einkünfte aus Gewerbebetrieb: | … DM |
Laufende Gewinne: | … DM |
Sonderbetriebsausgaben: | … DM |
G1 Verwaltungs-GmbH
Einkünfte aus Gewerbebetrieb
Laufende Einkünfte: | … DM |
Adressiert war der Bescheid an die G1 Verwaltungs-GmbH als Empfangsbevollmächtigte für die G GmbH & Co KG in Insolvenz. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt des Änderungsbescheids Bezug genommen.
Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers im August 2005 die fehlerhafte Bekanntgabe des Bescheids gerügt hatte, gab der Beklagte den geänderten Feststellungsbescheid gegenüber dem Kläger in Form der Einzelbekanntgabe für die G GmbH & Co. KG am 12. September 2005 abermals bekannt.
Hiergegen legte der Kläger am 4. Oktober 2005 Einspruch ein. Hierzu machte er geltend, die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung erfasse zwar alle Aufwendungen, die durch den Veräußerungsvorgang verursacht werden, als Veräußerungskosten. Es müsse jedoch differenziert werden, worauf die vorliegende Gewerbesteuerbelastung beruhe. Der im vorliegende Fall einschlägige § 18 Abs. 4 UmwStG verhindere bei der Umwandlung einer GmbH in eine Personengesellschaft, dass der bei der Auflösung der GmbH entstehende Gewinn der Gewerbesteuerbelastung entzogen werde. Ursache der vorliegenden Gewerbesteuerbelastung sei daher nicht die Veräußerung der KG-Anteile, sondern die Umwandlung der G2 GmbH in die G GmbH & Co KG. Die Veräußerung der Anteile bewirke insoweit lediglich die Erfüllung der aufschiebenden Bedingung für die Entstehung der Gewerbesteuer. Eine neue Rechtsgrundlage für die Entstehung der Gewerbesteuer werde hierdurch nicht geschaffen, sondern lediglich eine zu Zeiten des laufenden Betriebs begründete Schuld beglichen. Hierzu verwies er auf das BFH-Urteil vom 22. Januar 2005 IV R 22/03, BStBl II 2005, 559.
Nachdem der Beklagte die Erwerber notwendig zum Verfahren hinzugezogen hatte, wies er den Einspruch des Klägers mit Einspruchsentscheidung vom 9. August 2007 als unbegründet zurück.
Hierzu führte er aus, auch bei der Abgrenzung, ob Aufwendungen als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) bei der Ermittlung des laufenden Gewinns zu berücksichtigen oder Veräußerungskosten i.S. des § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG seien, müsse auf den Veranlassungszusammenhang abgestellt werden. Es komme darauf an, welches das auslösende Moment für die Entstehung der Betriebsausgaben sei. Die durch die Veräußerung der KG – Anteile entstandene Gewerbesteuer sei der Veräußerungssphäre zuzuordnen und damit bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns abzuziehen, weil das auslösende Moment für die Entstehung der Steuer die Veräußerung der KG-Anteile sei. Die vormalige Umwandlung der G2 GmbH in eine KG sei zwar mit ursächlich für die Entstehung der Steuer, aber nicht das auslösende Moment. Daher werde die Zweckbestimmung der Gewerbesteuer durch die Betriebsveräußerung überlagert und diene somit nicht der Erwirtschaftung des laufenden Gewinns. Die Entstehung der Gewerbesteuer stelle auch keine zu Zeiten des laufenden Betriebs begründete Schuld dar, die nunmehr beglichen werde; sie sei vielmehr eine gemäß § 18 Abs. 4 UmwStG durch den Veräußerungsvorgang entstandene Schuld. Rechtsgrundlage für die Entstehung der Gewerbesteuer sei daher in § 18 Abs. 4 UmwStG (Veräußerung der Geschäftsanteile innerhalb von fünf Jahren) und nicht in der Umwandlung der GmbH in die KG zu sehen. Schließlich stellte die Gewerbesteuer bis zur Veräußerung keine betriebliche Schuld dar, da sie vor der Veräußerung der Geschäftsanteile noch nicht entstanden sei.
Der Kläger hat am 6. September 2007 die vorliegende Klage erhoben.
Er macht geltend, der Gewinn aus der Veräußerung u.a. eines Mitunternehmeranteils unterliege bei einer natürlichen Person nicht der Gewerbesteuer, selbst wenn die Mitunternehmerschaft gewerbliche Einkünfte erziele. Entsprechend werde gemäß § 18 Abs. 2 UmwStG ein beim Vermögensübergang durch Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft zu ermittelnder Übernahmegewinn bei der Gewerbesteuer nicht erfasst. Hiervon mache § 18 Abs. 4 UmwStG eine Ausnahme, wenn innerhalb von fünf Jahren nach der Umwandlung Anteile an der Personengesellschaft veräußert werden. Diese Regelung sei darauf zurückzuführen, dass bei Kapitalgesellschaften auch der Gewinn aus der Veräußerung eines Betriebes oder Teilbetriebes der Gewerbesteuer unterliege und damit die Möglichkeit bestünde, über eine zwischengeschaltete Umwandlung den Betrieb bzw. Teilbetrieb durch die Übernehmerin zu veräußern, ohne dass der Veräußerungsgewinn der Gewerbesteuer unterliege. Der Gewerbesteuer unterlägen dabei auch die stillen Reserven, die nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag entstanden seien.
§ 18 Abs. 4 UmwStG gehe auf § 24 Abs. 2 UmwStG 1969 sowie § 25 Abs. 2 und 3 UmwStG 1977 zurück. Nach diesen ebenfalls der Verhinderung von Umgehungsgestaltungen dienenden Vorläuferbestimmungen des § 18 Abs. 4 UmwStG habe eine Nachversteuerung der stillen Reserven u.a. dann stattgefunden, wenn die übernehmende Personengesellschaft den auf sie von der Kapitalgesellschaft übergegangenen Betrieb innerhalb von fünf Jahren nach der Umwandlung bzw. steuerlichen Übertragungsstichtag ohne triftigen Grund veräußert oder aufgegeben habe. Hieran knüpfe § 18 Abs. 4 UmwStG erkennbar an. Im Unterschied zu den genannten Vorläuferregelungen verzichte aber § 18 Abs. 4 UmwStG nicht nur auf das einschränkende Tatbestandsmerkmals des Fehlens eines triftigen Grundes, sondern unterwerfe anstelle des früher vorgesehenen rückwirkenden Wegfalls der gewerbesteuerlichen Vergünstigung den erzielten Veräußerungsgewinn der Gewerbesteuer. Eindeutiger Zweck dieser Vorschrift sei und bleibe jedoch einzig und allein die Verhinderung einer Umgehung der Gewerbesteuer dadurch, dass die Kapitalgesellschaft in kürzerer Zeit vor der Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe in ein Personenunternehmen umgewandelt werde.
Das bisher von der Rechtsprechung bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns geforderte Merkmal des unmittelbaren Zusammenhangs mit der Veräußerung halte der BFH in seinem Urteil vom 25. Januar 2000 VIII R 55/97, BStBl II 2000, 458 nicht mehr für sachgerecht. Entscheidend sei vielmehr, dass bei Veräußerungskosten die Aufwendungen eine Folge des Veräußerungsentschlusses seien. Wegen dieser Ausweitung des Veräußerungskostenbegriffs stelle sich die Frage, ob auch die auf die Veräußerung der Anteile an der KG durch den Kläger gemäß § 18 Abs. 4 UmwStG anfallende Gewerbesteuer zu den Veräußerungskosten oder zu den laufenden Betriebsausgaben zähle: Dabei müsse differenziert werden, worauf die Gewerbesteuerbelastung beruhe. Im Falle des § 18 Abs. 4 UmwStG basiere sie auf der gewerbesteuerfreien Einbringung des Betriebes aus der Kapitalgesellschaft in die Personengesellschaft gemäß § 18 Abs. 2 UmwStG. Es werde mit dem späteren Verkauf der Mitunternehmeranteile die Gewerbesteuer auf die stillen Reserven der Kapitalgesellschaft nachgeholt. Dieser Umstand stehe einer Zuordnung der Gewerbesteuer zu den Veräußerungskosten im Fall des § 18 UmwStG entgegen. Hierfür spreche auch die Entstehungsgeschichte des § 18 UmwStG als Nachfolgevorschrift zu den §§ 24 Abs. 2 UmwStG 1969 sowie 25 Abs. 2 und 3 UmwStG 1977, die zuvor einen rückwirkenden Wegfall der gewerbesteuerlichen Vergünstigung vorgesehen hätten.
Diese Auffassung werde bestätigt durch das BFH-Urteil vom 20. Januar 2005 IV R 22/03, BBStBl II 2005, 559. Dort heiße es:
„Allerdings sind von den Aufwendungen, die das Unternehmen leistet, um eine nicht mehr benötigte Leistung wie Darlehen, Grundstücksnutzung oder Arbeit nicht mehr in Anspruch zu nehmen und vergüten zu müssen, solche Leistungen zu unterscheiden, die lediglich eine modifizierte Zahlung der zu Zeiten des laufenden Betriebs begründeten Schuld selbst darstellen. Ein solcher Fall kann beispielsweise dann vorliegen, wenn rückständige Mieten oder Arbeitslöhne anlässlich der Betriebsaufgabe gezahlt werden, und zwar auch dann, wenn der gezahlte Betrag in Folge der durch die Betriebsaufgabe eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten hinter der ursprünglichen Verpflichtung zurück bleibt.”
In diesem Sinne sei die aufschiebend bedingte Schuld der Gewerbesteuer auf den Veräußerungsgewinn unter Hinweis auf § 18 UmwStG im laufenden Betrieb durch die formwechselnde Vermögensübertragung begründet worden. Hierfür spreche auch, dass die Gewerbesteuer, die bei Realisierung der stillen Reserven durch die vermögensübertragende Kapitalgesellschaft anfielen, laufende Betriebsausgaben der Kapitalgesellschaft darstellen würden.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid für 2001 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 12.09.2005 in Form der Einspruchsentscheidung vom 09.08.2007 dahingehend abzuändern, dass
1. die laufenden Einkünfte mit | … DM |
2. die Sonderbetriebsausgaben mit | … DM |
3. Veräußerungsgewinne mit | … DM |
festgestellt und dem Kläger anteilig wie folgt zugerechnet werden | |
4. Laufende Einkünfte: | - … DM |
5. Sonderbetriebsausgaben | … DM |
6. Veräußerungsgewinne | … DM, |
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Er bezieht sich zur Begründung auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung und macht ergänzend geltend, die Ausnahmeregelung im Urteil des BFH vom 20. Januar 2005 IV R 22/03 greife hier nicht. Bei der Gewerbesteuer handele es sich nicht um eine Leistung, die lediglich eine modifizierte Zahlung der zu Zeiten des laufenden Betriebs begründeten Schuld darstelle. Ein Vergleich mit rückständigen Mieten und Arbeitslöhnen gehe an der Sache vorbei.
Weil über die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nur einheitlich entschieden werden könne, seien die Mitgesellschafter H und K zum Verfahren beizuladen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt des Protokolls zur mündlichen Verhandlung vom 27. Oktober 2009 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1.
Der Senat sah – obschon vom Beklagten angeregt – keine Veranlassung, den ehemaligen Gesellschafter H und die Erben des ehemaligen Gesellschafters K zum Verfahren gemäß § 60 der Finanzgerichtsordnung – FGO – (notwendig) beizuladen. Nach Absatz 3 Satz 1 der genannten Vorschrift sind Dritte beizuladen, soweit sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (notwendige Beiladung). In Angelegenheiten, die einen einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheid betreffen, kommt eine Beiladung nur dann in Betracht, wenn die Mitberechtigten nach § 48 Abs. 1 FGO klagebefugt waren (§ 60 Abs. 3 Satz 2 FGO).
Die handelsrechtliche Vollbeendigung einer Kommanditgesellschaft – KG – hat zur Folge, dass die KG selbst kein Klagerecht mehr in Anspruch nehmen kann. Die Klagebefugnis gegenüber den Gewinnfeststellungsbescheiden steht uneingeschränkt den beteiligten Gesellschaftern zu. Deshalb müssen nach der Vollbeendigung einer Personengesellschaft die früheren Gesellschafter einen die Zeit ihrer Mitgliedschaft betreffenden Gewinnfeststellungsbescheid selbständig angreifen. Da in diesem Fall die Entscheidung allen Beteiligten gegenüber nur einheitlich ergehen kann, müssen grundsätzlich alle Personen, die am Gewinn/Verlust beteiligt waren, nach § 60 Abs. 3 FGO notwendig beigeladen werden, sofern sie nicht selbst Klage erhoben haben. Ausnahmsweise hat jedoch auch nach Vollbeendigung der Personengesellschaft die Beiladung eines früheren Gesellschafters zu unterbleiben, wenn die Klage offensichtlich unzulässig ist oder wenn der nicht klagende Gesellschafter unter keinem denkbaren Gesichtspunkt steuerrechtlich betroffen ist (vergl. zum Ganzen: BFH-Beschluss vom 4. Mai 1999 VIII B 94/98, BFH/NV 1999, 1483).
Ist nach diesen Grundsätzen dem Grunde nach die Beiladung der ehemaligen Gesellschafter der nach dem Inhalt des Handelsregisters aufgelösten G GmbH & Co. KG geboten, bedarf es solcher Beiladungen im Streitfall nicht, weil die ehemaligen Gesellschafter H und K – bzw. deren Rechtsnachfolger – unter keinem Gesichtspunkt vom Ausgang des Verfahrens rechtlich betroffen sein können. Denn der vorliegende Fall zeichnet sich dadurch aus, dass trotz des unterjährig erfolgten Gesellschafterwechsels (vergl. zur Möglichkeit des Erlasses eines Feststellungsbescheids für das gesamte Wirtschaftsjahr auch in solchen Fällen: BFH-Urteil vom 28. November 1989 VII R 40/84, BStBl II 1990, 561) zwischen den Beteiligten unstreitig ist, dass die Gewinnzurechnung zeitanteilig dergestalt zu erfolgen hat, dass das Ergebnis der KG dem Kläger bis Ende April 2001 alleine und danach den Gebrüdern H und K alleine zuzurechnen ist. Da die hier alleine streitige Frage, ob die durch den Veräußerungsvorgang entstandene Gewerbesteuer den Veräußerungsgewinn oder den laufenden Gewinn mindert, alleine Bezugsgrößen im Feststellungsbescheid für den erstgenannten Zeitraum betrifft, ist das Ergebnis des vorliegenden Verfahrens für die ehemaligen Gesellschafter H und K belanglos: Denn unabhängig vom Ergebnis des vorliegenden Verfahrens bleiben die ihnen zuzurechnenden Ergebnisse der KG – wie auch die bestehende Bescheidlage im Streitfall erhellt – unverändert. Entsprechend haben sich die ehemaligen Gesellschafter H und K trotz ihrer Hinzuziehung im Vorverfahren am Ausgang des Verfahrens desinteressiert gezeigt. Da es sich bei dem Verfahren zur Beiladung nicht um einen Selbstzweck handelt, sondern die Beiladung dienende Funktion im Hinblick auf die Rechtskraftwirkung des Urteils haben soll, solche Rechtskraftwirkungen vorliegend gegenüber den ehemaligen Gesellschaftern H und K aber nicht in Betracht kommen, bedurfte es nach Ansicht des Senats keiner Beiladungen.
2.
Die Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Feststellungsbescheid vom 12. September 2005 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vergl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
Zu Recht hat der Beklagte den ursprünglichen Feststellungsbescheid gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung – AO – geändert und im Ergebnis die durch die Veräußerung der Anteile des Klägers an der KG gemäß § 18 Abs. 4 des im Streitjahr geltenden Umwandlungssteuergesetzes – UmwStG – entstandene Gewerbesteuer in Höhe von … DM nicht beim dem Kläger zuzurechnenden laufenden Gewinn der KG, sondern beim dem Kläger zuzurechnenden Veräußerungsgewinn als Betriebsausgaben in Abzug gebracht.
Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 des im Streitjahr geltenden Einkommensteuergesetzes – EStG – ist Veräußerungsgewinn der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens übersteigt. Ebenso wie sonst im Einkommensteuerrecht ist bei der Abgrenzung, ob Aufwendungen als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) bei der Ermittlung des laufenden Gewinns zu berücksichtigen oder Veräußerungskosten i.S. des § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG sind, auf den Veranlassungszusammenhang abzustellen. Maßgeblich ist, welches „auslösende Moment” für die Entstehung der Aufwendungen verantwortlich ist (BFH-Urteil vom 25. Januar 2000 VIII R 55/97, BStBl II 2000, 458).
Ausgehend hiervon ist nach Überzeugung des Senats „auslösendes Moment” für die hier unstreitig gemäß § 18 Abs. 4 UmwStG entstandene Gewerbesteuer die Veräußerung der KG-Anteile durch den Kläger an die Gebrüder H und K.
§ 18 UmwStG enthält eine Regelung zur Gewerbesteuer u.a. bei Vermögensübergang einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft im Wege der Verschmelzung, der Auf- oder Abspaltung oder – wie hier geschehen – der formwechselnden Umwandlung (Herrmann in: Frotscher/Maas, § 18 UmwStG, Rz. 1). Wird dabei der Betrieb der Personengesellschaft oder der natürlichen Person innerhalb von fünf Jahren nach der Umwandlung aufgegeben oder veräußert, unterliegt ein Auflösungs- oder Veräußerungsgewinn der Gewerbesteuer (§ 18 Abs. 4 Satz 1 UmwStG).
Die Vorschrift dient der Vermeidung von Missbräuchen (Herrmann in: Frotscher/Maas, § 18 UmwStG, Rz. 9): Anders als bei Kapitalgesellschaften unterliegt nämlich bei einem Personenunternehmen der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebes, Teilbetriebes oder Mitunternehmeranteils grundsätzlich nicht der Gewerbesteuer. Hiervon macht § 18 Abs. 4 UmwStG eine Ausnahme. Durch diese Regelung soll verhindert werden, dass die Gewerbesteuerbelastung des Liquidationsgewinns dadurch umgangen wird, dass eine Kapitalgesellschaft innerhalb von fünf Jahren vor der Veräußerung oder der Betriebsaufgabe in ein Personenunternehmen umgewandelt wird (vergl. dazu BFH-Urteil vom 16. November 2005 X R 6/04, BStBl II 2008, 62). Die Entwicklung dieses Missbrauchstatbestandes hat der Kläger detailliert und zutreffend dargestellt. Anders als in den ursprünglichen Fassungen der Missbrauchsvorschrift (§ 24 Abs. 2 UmwStG 1969 und § 25 Abs. 2 und 3 UmwStG 1977) werden durch § 18 Abs. 4 UmwStG in der im Streitjahr geltenden Fassung nicht mehr die im Zeitpunkt der Umwandlung im Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft ruhenden – historischen – stillen Reserven nachversteuert, sondern die aktuellen, beim übernehmenden Rechtsträger vorhandenen stillen Reserven der Gewerbesteuer unterworfen (vergl. dazu BFH-Urteil vom 16. November 2005 X R 6/04, BStBl II 2008, 62). Der Gesetzgeber wollte mit diesem Systemwechsel nach wie vor die beschriebene Missbrauchsmöglichkeit ausschließen, andererseits aber die Umwandlung der Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft zu Buch- oder Zwischenwerten ohne aufwendige und bewertungsrechtlich problematische Zwischenbilanzen ermöglichen; er hat sich deswegen für die volle Gewerbesteuerpflicht des bei der Personengesellschaft entstehenden Veräußerungsgewinns innerhalb einer gewissen Sperrfirst entschieden (vergl. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23. April 2008 2 K 2802/06, EFG 2008, 1307).
Entsprechend dieser Gesetzestechnik besteuert § 18 Abs. 4 UmwStG nicht rückwirkend einen Übernahmegewinn bzw. einen fiktiven Liquidationsgewinn der Kapitalgesellschaft, sondern einen späteren Gewinn aus der Veräußerung bzw. Aufgabe der Personengesellschaft. Angesichts dessen ist nach Auffassung des Senats „auslösendes Moment” für die Entstehung der Gewerbesteuer gemäß § 18 Abs. 4 EStG (als eigenständiger gewerbesteuerlicher Tatbestand, vergl. insoweit Hermann in Frotscher/Maas, § 18 UmwStG Rz. 2) der Veräußerungsvorgang betreffend die Personengesellschaft und nicht etwa der Vorgang der Umwandlung der Kapitalgesellschaft in die Personengesellschaft (ebenso: vergl. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23. April 2008 2 K 2802/06, EFG 2008, 1307).
Die gegenteilige Argumentation des Klägers hält der Senat nicht für überzeugend. Sie geht im Kern dahin, dass trotz der Änderung der Gesetzeslage mit Aufgabe der Nachversteuerung der stillen Reserven und der Erfassung des Veräußerungsgewinns bei der Gewerbesteuer alleiniger Zweck der Vorschrift bleibe, die beschriebene Missbrauchsmöglichkeit zu verhindern. Soweit er aber hieraus den Schluss zieht, die aufschiebend bedingte Schuld der Gewerbesteuer auf den Veräußerungsgewinn sei im laufenden Betrieb durch die formwechselnde Vermögensübertragung begründet worden, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Dem steht entgegen, dass die bei der Umwandlung bestehenden stillen Reserven bei der Kapitalgesellschaft nicht deckungsgleich sein müssen mit der Höhe des Veräußerungsgewinns. Vielmehr unterliegen auch neue, nach dem Umwandlungsstichtag gebildete stille Reserven der Nachversteuerung (Hermann in Frotscher/Maas, UmwStG § 18 Rz. 44; BFH-Urteil vom 26. Juni 2007 IV R 58/06, BStBl II 2008, 73; anders allerdings für die bei der Personengesellschaft bereits im Zeitpunkt der Umwandlung vorhandenen stillen Reserven: BFH-Urteil vom 16. November 2005 X R 6/04, BStBl II 2008, 62). Mit der Vorschrift des § 18 Abs. 4 UmwStG werden damit gerade nicht erfasst die stillen Reserven im Zeitpunkt der Umwandlung, wenn auch der Sinn der Vorschrift in der fortdauernden gewerbesteuerrechtlichen Verstrickung des Vermögens der umgewandelten Kapitalgesellschaft liegt (vergl. zu Letzterem: BFH-Urteil vom 9. Januar 2009 IV B 27/08, BBFH/NV 2009, 818). Wenn aber der der Gewerbesteuer unterliegende Veräußerungsgewinn nicht kongruent sein muss mit den bei der Kapitalgesellschaft im Zeitpunkt der Umwandlung bestehenden stillen Reserven – im Extremfall käme es selbst dann zu einer Besteuerung, wenn bei der Kapitalgesellschaft gar keine stillen Reserven vorhanden gewesen wären, sondern diese alleine innerhalb der 5-Jahres-Frist gebildet wurden – ist nach Auffassung des Senats nicht gerechtfertigt anzunehmen, der Umwandlungsvorgang sei auslösendes Moment für die Gewerbesteuer. Es ist vielmehr der Veräußerungsvorgang, der nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass die Entstehung der Gewerbesteuer gemäß § 18 Abs. 4 UmwStG entfiele.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
4.
Die Revision war mit Rücksicht auf das anhängige Revisionsverfahren beim BFH unter dem Aktenzeichen IV R 22/08 wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).