Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 08.01.2010

    Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 19.03.2008 – 8 K 8374/02 B

    1. Ausführungen zu der Frage, wann die Zwischenschaltung einer ausländischen Gesellschaft, durch die die Tätigkeit der inländischen Gesellschaft auf eine reine Lohnveredelung reduziert wird, als Gestaltungsmissbrauch anzusehen ist. Im Streitfall wurde ein Gestaltungsmissbrauch bejaht, da der inländische Veredler wesentliche Entscheidungen z.B. über den Ankauf des Rohstoffes, die Versendung der Ware und den Vertrieb der fertigen Produkte getroffen hat und die Verlagerung eines Teils der Gewinne auf die ausländische Gesellschaft allein aus steuerlichen Gründen erfolgte.

    2. § 7 AStG setzt im Gegensatz zu § 42 AO neben weiteren Voraussetzungen eine angemessene Gestaltung voraus. § 42 AO geht daher § 7 AStG logisch vor. Ebenso ist die Anwendung des § 42 AO vorrangig gegenüber § 1 AStG.

    3. Bestehen angesichts unterschiedlicher und sich zum Teil wieder aufhebender und rückwirkend geltender Darlehensverträge erhebliche Zweifel, an wen in welcher Höhe tatsächlich Schuldzinsen gezahlt worden sind und ob der Empfänger den Bezug versteuert hat, so ist ein Benennungsverlangen als erste Stufe der Ermessenausübung im Rahmen des § 160 AO grundsätzlich rechtmäßig.

    4. Die auf der zweiten Stufe des im Rahmen des § 160 Abs. 1 Satz 1 AO auszuübenden Ermessens zu treffende Entscheidung des Finanzamts über die steuerlich zu ziehenden Folgerungen aus der mangelnden Empfängernennung kann vom Gericht inhaltlich überprüft, korrigiert oder ersetzt werden.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In dem Rechtsstreit

    hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg – 8. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 19. März 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht …, den Richter am Finanzgericht … und die Richterin am Finanzgericht … sowie die ehrenamtlichen Richter Herr … und Frau …

    für Recht erkannt:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

    Tatbestand:

    Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Gegenstand ihres Unternehmens ist die industrielle Herstellung von Rohlingen für die Soft-Drink-Herstellung – sogenannte PET-Rohlinge bzw. Preforms. Aus diesen Rohlingen werden Getränkeflaschen aus Kunststoff geformt.

    Die Klägerin wurde im März 1996 errichtet. Gesellschafter der Klägerin waren Herr W. und Herr V.. Im Juli 1996 veräußerte Herr V. seine Anteile an Herrn M. und Herrn B.. Im Jahr 1997 beteiligten sich als weitere Gesellschafter Herr C. und Herr G.. Im August 2000 erwarb Herr M. sämtliche Anteile der Klägerin. Sodann erhöhte er das Kapital von zuvor 50.000 DM durch eine Bareinlage auf 4.000.000 DM. Einige der vorgenannten Gesellschafter waren der deutschen Sprache nicht vollumfänglich mächtig. Deshalb war bei den notariellen Beurkundungen der Anteilsübertragungsvorgänge in den meisten Fällen Herr T., teilweise als Dolmetscher, teilweise als bevollmächtigter Vertreter der handelnden Personen anwesend. Geschäftsführer war in der Zeit von der Gründung bis Mitte März 1999 Herr W., dem bis März 2000 Herr N. folgte. Dieser wurde von Herrn O. abgelöst. Die Fabrikationsstätte der Klägerin befindet sich in A. und die Geschäftsleitung in B..

    In den Streitjahren verarbeitete die Klägerin im Rahmen der Lohnveredelung Kunststoffgranulat, welches sie vorwiegend aus dem südostasiatischen Raum bezog, zu PET-Rohlingen bzw. Preforms. Mit Vertrag vom 25. Februar 1997, auf den vollinhaltlich Bezug genommen wird, vereinbarte die Klägerin mit einer in X./L. ansässigen Gesellschaft, der – B. –, die Lohnveredelung von Granulat. Als Preis für die Lohnveredelung waren zunächst … DM/Preform vereinbart. Nach einer Vertragsänderung vergütete die B… die Tätigkeit der Klägerin mit … DM pro Preform. Die Herstellung erfolgte zunächst seit März 1997 mit einer Maschine und seit Februar 1998 mit zwei so genannten Einspritzgußmaschinen. Die Rohlinge lieferte die Klägerin in den Jahren 1997 bis 1999 überwiegend im Auftrag der B. größtenteils an russische, weissrussische, ukrainische und polnische Abnehmer. Das Rohmaterial stellte zu einem großen Teil die B. zur Verfügung. Die Klägerin übernahm für die B. die Organisation für den Versand der Rohlinge an die Abnehmer und erstellte zu diesem Zweck die Zollpapiere und Rechnungen.

    Einer Auskunft des Bundesamtes für Finanzen zufolge hat die B. in L. lediglich einen statuarischen Sitz. Eigner des Unternehmens ist der Y. Trust; als Verwaltungsräte sind die Herren P. und Q. bestimmt. Der Y. Trust ist eine Treuhandgesellschaft in L. und kann L.-Aktiengesellschaften, Anstalten, Anlagegesellschaften, Stiftungen, Trust Settlements und Treuunternehmen gründen und verwalten. Er gehört zu der in L. ansässigen Q.-Gruppe. Im Internet tritt die Q.-Gruppe als eine Gesellschaftsgruppe auf, die privaten Kunden und Gesellschaften Treuhand-, Gesellschafts-, Vermögensverwaltungs- und Family-Office Dienste anbietet. Sie strukturiert, gründet und verwaltet Gesellschaften im Auftrag ihrer Kunden. In der Internetpräsentation über die Dienstleistungen der Q…-Gruppe heißt es unter anderen: „Obwohl wir das Vermögen unserer Kunden nicht verwalten, wenn wir als Direktoren oder Treuhänder fungieren, haben wir doch sehr gute Kontakte…”. Die Q.-Gruppe bietet ihren Kunden unter anderem auch Buchführung und Bilanzierung an.

    Im September 1998 fand bei der Klägerin eine Umsatzsteuersonderprüfung statt. Nach den allgemeinen Feststellungen des Prüfers war zum Zeitpunkt der Prüfung als Folge der wirtschaftlichen Krise in Russland in der Produktionsstätte A. Kurzarbeit auf 0 angeordnet worden.

    Bei Durchsuchungen der Geschäftsräume der Klägerin und der Wohnräume des Herrn T. stellte die Steuerfahndung … diverse Unterlagen sicher. Sie fand unter anderem Schriftverkehr der Klägerin, aber auch Briefe, Stempel, Siegel und Briefpapier der B.. Bei den Unterlagen befand sich eine von Herrn Q. auf Herrn B. ausgestellte Vollmacht, die ihn für die Dauer von einem Jahr berechtigte, Vertragsverhandlungen für die B. zu führen, Anwälte und Agenten zu instruieren, Bankkonten zu eröffnen, aufzulösen und über sie zu verfügen. Ein von einer Managerin der B. am 30. Juni 1997 unterschriebenes Fax an Herrn T. bestätigt den Erhalt eines Auftrages und die Übersendung einer Überweisung in Höhe von … DM. Des Weiteren fand die Steuerfahndung ein auf dem Briefbogen der B. von Herrn W. gezeichnetes Schreiben, in dem eine bestimmte Menge an PETs an die Adresse der D. bestellt und um entsprechende Proforma-Rechnung gebeten wurde. In den sichergestellten Unterlagen war des Weiteren ein Vertrag aus dem Dezember 1996, in dem die Klägerin mit der russischen Firma Z. die Lieferung von PET-Rohlingen zu einem Preis in Höhe von … USD pro Preform vereinbarte. In einem Fax aus dem März 1997 an die … Bank in L. fragte ein Herr H. über den Verbleib von Zahlungen an einen Kunden nach. In den sichergestellten Unterlagen waren Kontoauszüge der B. und einer weiteren Gesellschaft, der R., die bei der … Bank Konten unterhielten.

    Die R. ist wie die B. eine Gesellschaft in L., deren statuarischer Sitz dieselbe Adresse wie die B. aufweist. Die Steuerfahndung stellte des Weiteren eine Zahlungsanweisung des Herrn M. als Vertreter der R. an die … Bank vom 28. Januar 2000 über die Zahlung von … DM sicher. Bei den bei der Durchsuchung vorgefundenen Unterlagen waren ferner Kreditkartenabrechnungen der R. für Herrn M. und Buchungsblätter der B.. Aus einem Buchungskontoblatt der B., überschrieben mit dem Namen R., geht hervor, dass Herr T. im Jahr 1995 für Investitionen in B. … DM und … DM erhalten hat. Daneben stellte die Steuerfahndung mehrere Rechnungen der Klägerin, zum Teil in russischer Sprache sicher, die trotz identischer Rechnungsnummer unterschiedliche Preise und Mengen auswiesen. Des Weiteren befand sich Schriftverkehr der R. und der B. in den sichergestellten Unterlagen. Danach informierte der Y. Trust am 15. Februar 2000 per Fax die Herren S. und M., dass der Y. Trust die Bilanz und den Jahresabschluss für das Jahr 1996 erstellt habe. In diesem Zusammenhang wurden die vorgenannten Herren gebeten, die Unterlagen, insbesondere bezüglich zu eliminierender privater Vorgänge zu prüfen, gegenzuzeichnen und einen Betätigungsvermerk zu erteilen. In einem Schreiben vom 25. Februar 2000 bat der Y. Trust Herrn M., für die B. die Unterlagen und den Jahresabschluss für 1995 und 1996, insbesondere die Verbindlichkeiten der Inhaber, zu prüfen. Einem Kontoblatt der B. betitelt mit Verbindlichkeit Inhaber zufolge sind im Juli 1995 … DM und … DM als Verbindlichkeit mit der Anmerkung Korrektur Darlehen R. (Direktzahlung Inhaber) gebucht worden. Beide Schreiben des Y. Trust wurden per Fax an eine Nummer der Klägerin übermittelt. Die S. Declaration für die R. unterschrieb einer Kopie zufolge Herr M.. Ein als Balance bezeichnetes Kontoblatt der B. unterzeichnete hingegen Herr T.. Mit Fax vom 12. Oktober 2000 bat die …Bank, gerichtet an die B. Adresse der Klägerin, Herrn M. „als Kunden” wegen verschärfter Bankgesetze in L. um Ergänzung der Kundendaten. Dieses Schreiben betraf die R., M.-Group, U. und die B..

    In den sichergestellten Unterlagen fand sich des Weiteren ein Vertrag der B. mit der Firma J. vom April 1999. Dieser betraf den Verkauf von Quellwasser und Limonade in PET-Flaschen. Diesen Vertrag unterschrieb Herr T. als Manager der B.. Einem Schreiben der Klägerin an die Firma C. vom 23. März 1999 zufolge sollte die Lieferung von Granulat nach A. erfolgen, wobei die Rechnung zwar an die B. in L. zu adressieren, jedoch an die B. Adresse der Klägerin zu senden war. Dieselbe Firma bat am 2. Juni 1997 per Fax die Herren T. und W. um Auftragsbestätigung, Mitteilung eines Liefertermins und um Übersendung einer Proforma-Rechnung. In den sichergestellten Unterlagen befand sich des Weiteren eine von Herrn W. als Vertreter der Klägerin unterzeichnete Vereinbarung mit der Firma D. über den Ausgleich von an die Klägerin schadhaft gelieferten Granulats. Einem nicht unterschriebenen Sicherungsübereignungsvertrag aus dem Juni 1998 zufolge plante die Klägerin die Eigentumsübertragung ihrer Maschine an einen Rohstofflieferer zur Sicherung von Forderungen aus Rohstofflieferungen.

    Die Steuerfahndung stellte zudem mehrere Darlehensverträge sicher. Danach schloss Herr W. mit sich als Darlehensgeber und Vertreter der Klägerin als Darlehensnehmerin am 10. April 1996 eine Vereinbarung, wonach er als Darlehensgeber … DM bis zum 1. Juni 1996 auf das Konto der Klägerin zu zahlen hatte. Die Verzinsung sollte 6 vom Hundert betragen und dem Darlehensgeber einen Anspruch auf 8 vom Hundert des jährlichen Reingewinnes sichern. In einer Ergänzungsvereinbarung vom 28. Oktober 1996 beschloss die R., mit Wirkung vom 10. Juli 1996 in die Stellung des Darlehensgebers Herrn W. einzutreten. Zugleich vereinbarten die R… und die Klägerin abweichend vom ursprünglichen Vertrag eine Darlehenssumme von … DM, eine Verzinsung von 10 vom Hundert und eine Gewinnbeteiligung von 10 vom Hundert. Einem weiteren Vertrag vom 15. Dezember 1997 zufolge wurden die vorgenannten Verträge mit Rückwirkung aufgehoben und durch einen neuen Vertrag zwischen der R. und der Klägerin ersetzt. In diesem Vertrag gewährte die R. der Klägerin ein Darlehen in Höhe von … DM, wobei ein Teilbetrag in Höhe von … DM bereits zur Auszahlung gekommen sei. Die Verzinsung betrug 12 vom Hundert, jedoch unterblieb eine Gewinnbeteiligung. Die Steuerfahndung forderte die Klägerin auf, die hinter den Darlehensverträgen stehenden Personen zu benennen. Diesem Verlangen kam die Klägerin nicht nach.

    Die Staatsanwaltschaft beim Landgericht B. nahm ebenfalls Ermittlungen auf. Aus den in diesem Verfahren sichergestellten Unterlagen geht hervor, dass Herr T. im Jahr 1996 bei der Bestellung einer Maschine gegenüber der Herstellerfirma E. für die Klägerin auftrat. Von dem Konto der B. wurde im Jahr 1997 Schulgeld für die Tochter des Herrn T. bezahlt.

    Ausweislich einer notariell beglaubigten Erklärung erklärt Herr A., dass er in der Zeit von 1997 bis 1998 mit dem M. Büro der Firma B. Kontakt aufgenommen hatte. Ferner bestätigte ein Herr F., dass die Firma B. eine Bürofläche angemietet habe. Ein Herr P. erklärte, dass er mit der Firma B. bzw. seinen Mitarbeitern in M. Kontakt aufgenommen habe. In eidesstattlichen Erklärungen der Gesellschafter der Klägerin, der Herren M., C., G., B. und des Herrn W. erklären diese, nicht Gesellschafter der B. gewesen zu sein. In zwei aus dem russischen übersetzten eidesstattlichen Versicherungen vom 7. März 2008 erklärt Herr L., dass er seit der Gründung der Firmen R. und B. Nutznießer der Firmen sei. Er bestätigt in diesen Erklärungen, dass ihm die anderen Nutznießer bekannt seien und es keine Nutznießer gebe, deren Wohnsitz sowie Ort wirtschaftlicher Interessen in Deutschland läge und dass diese keine Gesellschafter der Klägerin seien. Bezogen auf die R. betont Herr L., dass Herr M. kein Nutznießer der R. und auch nicht bevollmächtigt gewesen sei, auf die kommerziellen Interessen Einfluss nehmen zu können. Gleiches gelte in Bezug auf die Firma B. für Herrn T.. Auf den Inhalt der eidesstattlichen Versicherungen wird Bezug genommen.

    Auf der Grundlage der Ermittlungsmaßnahmen der Steuerfahndung …, änderte der Beklagte die Körperschaftsteuerbescheide für 1997 bis 1999 und rechnete nach § 1 Aussensteuergesetz – AStG – für 1997 … DM, für 1998 … DM und für 1999 … DM dem Einkommen hinzu. Die Änderungen basierten auf den Feststellungen der Steuerfahndung und des Bundesamtes für Finanzen, wonach die B. eine Domizilgesellschaft sei. Die Klägerin habe nachhaltig Einfluss auf die Geschäfte der B. ausüben können, so dass es sich bei der Klägerin um eine nahe stehende Person im Sinne von § 1 Abs. 2 AStG handele. Grundlage für die Schätzungen seien Zollbelege über die Ausfuhr der produzierten Waren, wobei die Anzahl der Rohlinge mit dem durchschnittlichen Verkaufspreis unter Abzug von Materialkosten multipliziert worden sei.

    In dem gegen die vorgenannten Bescheide gerichteten Einspruch wendet sich die Klägerin gegen die Hinzuschätzung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach. Die B. sei keine Domizilgesellschaft und die vereinbarten Preise hätten nicht unter dem Marktpreis gelegen. Die B. habe ein Büro in M. unterhalten und es bestünden neben den normalen Geschäftsbeziehungen auch keine gesellschaftsrechtlichen oder anderen Beziehungen. Die Vertragsbeziehung sei eingegangen worden, weil die B. die notwendigen Kontakte zu Abnehmern habe herstellen können und auch bei der Finanzierung der Geschäfte in einer nicht unbeträchtlichen Größenordnung nützlich gewesen sei. Es habe nicht die Absicht einer Gewinnverlagerung ins Ausland bestanden. Dies ergebe sich unter anderem aus der Tatsache, dass bereits im Jahr 2000 ca. 75 vom Hundert der produzierten Waren von ihr – der Klägerin – selber vermarktet worden seien. Wäre die Hinzuschätzung berechtigt, dann sei ein geringerer Gewinn der B. anzunehmen, der sich wie folgt entwickele:

    199719981999
    Produzierte Preforms
    Marktpreise/Stück… DM… DM… DM
    Mögliche Umsätze… DM… DM… DM
    Fremdleistungen (Klägerin)… DM… DM… DM
    Rohstoffkosten… DM… DM… DM
    Sonstige Kosten… DM… DM… DM
    Möglicher Gewinn… DM… DM… DM


    Der Beklagte wies den Einspruch zurück und änderte die Bescheide in seiner Einspruchsentscheidung. Dabei rechnete er für 1997 nunmehr … DM, für 1998 … DM und für 1999 … DM gemäß § 1 AStG hinzu. Außerdem erhöhte der Beklagte für 1999 das Einkommen um weitere … DM, die bisher als Zinsen berücksichtigt worden waren. Nach Auffassung des Beklagten lag zugleich auch ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 Abgabenordnung – AO – vor.

    In seiner Einspruchsbegründung erläuterte der Beklagte seine Entscheidung damit, dass die B. eine Domizilgesellschaft sei und der Gewinnverlagerung diene. Die Klägerin habe im Rahmen der Lohnveredelung sämtliche im normalen Geschäftsbetrieb durch die Firma B. zu erbringenden Tätigkeiten wie Kundenrecherchen, Vertragsverhandlungen und -gestaltungen mit Zulieferern, Rohstoffbestellungen, Absatzorganisation, Rechnungserstellungen und Verauslagungen von der B. zuzurechnender Kosten selber übernommen. Zudem habe die Klägerin das gesamte unternehmerische Risiko allein getragen. Sie habe sowohl die Maschinen selber erworben als auch bei einer Nichtauslastung der Produktion auf eine mögliche Schadensersatzklage gegenüber der B. verzichtet und die Belastung durch die Umstellung auf Kurzarbeit bzw. Nullarbeit selber getragen. 1998 habe die Klägerin sogar Verhandlungen mit dem Granulatzulieferer geführt und in Erwägung gezogen, für den Bezug des Rohstoffes die eigenen Betriebsgrundlagen zur Sicherheit zu übertragen. Die Klägerin habe die Rechnungserstellung für die B. übernommen und Rechnungen an die Abnehmer erstellt, die einen zu niedrigen Preis auswiesen. In den Ausgangsrechnungen sei ein Preis von … DM oder ca. … USD pro Preform angegeben worden, obwohl teilweise ein Preis von mindestens … DM bzw. ca. … bis … USD erzielt worden sei.

    Die LKW- Fahrer hätten doppelte Unterlagen bei sich geführt, um die Zoll- und Steuerbehörden zu täuschen. Auch sei festgestellt worden, dass zwei der Abnehmerfirmen nicht existent gewesen seien. In diesen Fällen sei der Verbleib der Ware ungeklärt. Sämtliche fälligen Rechnungsbeträge seien an Zwischengesellschaften im Ausland geleistet worden und nur ein geringer Teil sei an die Klägerin weitergeleitet worden. Zum Teil seien Zahlungen, die die Klägerin habe leisten müssen, wie zum Beispiel für Ersatzteile oder Sozialversicherung von der B. oder der R. übernommen worden. Erst am Jahresende seien die gegenseitigen Zahlungen und Forderungen verrechnet worden. Es sei jedoch wegen dieser Verrechnungen und diverser Korrekturen nicht möglich gewesen, den tatsächlichen Geldverkehr überprüfen zu können. Das Lohnveredlungsentgelt in Höhe von … DM sei zu niedrig gewesen, da es trotz der Bezuschussung aus öffentlichen Mitteln nicht ausgereicht habe, gewinnwirksam zu produzieren. Bei der Investitionsbank sei zur Erlangung öffentlicher Zuschüsse sogar ein kalkulatorischer Verkaufserlös von … DM pro Preform angegeben worden.

    Bei der Durchsuchung der Geschäftsräume der Klägerin seien diverse Unterlagen gefunden worden, die auf eine Personenidentität zwischen der Klägerin, den hinter ihr stehenden natürlichen Personen und den hinter der B. und der R. stehenden Personen schließen würden. Dies ergebe sich vor allem aus den Kontoauszügen der Unternehmen R. und B., von deren L.-Konten, Schriftverkehr der B., der vom Geschäftsführer Herrn W. unterzeichnet ist, Blanko-Briefbögen der R., Schreiben der B. mit Absenderfaxnummer der Klägerin, Schreiben des Gesellschafters Herrn M. auf Briefbögen der R., Schreiben eines Zulieferers an die B. mit dem Zusatz an Herrn P., obwohl dieser ein Angestellter der Klägerin ist und ein von Herrn T. im Namen der B. als Manager unterzeichneter Vertrag, obwohl dieser Arbeitnehmer der Klägerin gewesen sei.

    Der Umstand, dass die Klägerin die Schadensersatzansprüche gegen den Granulatzulieferer selber geltend gemacht habe, spreche ebenfalls für eine Verflechtung der Unternehmen, ebenso wie der Umstand, dass die Klägerin zum Teil Bürgschaften für den Materialeinkauf übernommen habe. Diverser Schriftverkehr der R. und B. sei nicht nach L. sondern an das Büro der Klägerin mit den Zusätzen c/o D. GmbH, Herr W., Herr T. oder ähnliches nach B. übersandt worden.

    Aus alledem sei ersichtlich, dass die L.-Unternehmen B. und R. nur zur Steuerumgehung eingeschaltet worden seien. Es fehle an wirtschaftlichen Gründen für die Zwischenschaltung. Die Gestaltung sei für eine Verschleierung der tatsächlichen und vollständigen Erfassung der Umsätze zweckdienlich gewesen. Anhand der Buchführung sei nicht möglich gewesen, den genauen Wareneingang nachzuvollziehen. Dieser sei auch nicht aus den gegenüber dem Zoll aufgrund der Lohnveredelung angegebenen Zahlen nachvollziehbar. Erschwerend für eine Überwachung der ordnungsgemäßen Durchführung der aktiven Veredelung sei es auch nach Auskunft des Hauptzollamtes gewesen, dass ständig Änderungen bei der Abrechnung vorgenommen und die Ausfuhrunterlagen den Abmeldungen nicht zugeordnet worden seien. Es seien auch nach den Abrechnungen zeitweise mehr Waren aus der aktiven Veredelung ausgeführt als zuvor Granulat eingeführt worden. Zudem sei Rohstoff an Scheinfirmen ohne Verarbeitung ausgeführt worden. Da im Ausfuhrverfahren keine tatsächliche Kontrolle der Lastkraftwagen vorgenommen worden sei, sei der Verbleib der an Scheinfirmen gelieferten Ware ungeklärt. Aufgrund dessen sei es nicht möglich, einen genauen Wareneingang und auch Warenausgang festzustellen. Da die Ausgangsrechnungen unterfakturiert seien und es an vollständigen Unterlagen fehle, sei der reale Verkaufserlös nur anhand von Schätzungen zu ermitteln. Dabei habe sich die Steuerfahndung an sichergestellten Verträgen, Angeboten und Ausgangsrechnungen der Klägerin oder der B. orientiert.

    Nach diesen Unterlagen habe der Preis zwischen … USD und … USD pro Preform gelegen. Aus dem bei der Beantragung von Subventionsmitteln bei der Investitionsbank des Landes Brandenburg vorgelegten Lizenzvertrages mit der Firma Z. aus M., sei ein Verkaufserlös für eine Preform in Höhe von … DM erzielbar gewesen. Nach Zeugenaussagen habe der Verkaufserlös nach Russland gelieferter Preforms zwischen … USD und … USD gelegen. Es seien auch handschriftlich geführte Listen gefunden worden, die einen höher kalkulierten Preis ausgewiesen haben. Die Hinzuschätzung ermittle sich wie folgt und berücksichtige dabei die mögliche Auslastung und Produktionsmenge der zu unterschiedlichen Zeitpunkten angeschafften Maschinen, einen Abfall von 1 % des Rohstoffes, eine Minderung des Erlöses durch die Lohnveredelung mit … DM/Preform und dass der produzierte Warenumfang durch die maximale Auslastung der Maschinen überhaupt möglich gewesen ist:

    199719981999
    Durchschnittliche Kosten Granulat pro t in DM
    Produzierbare Menge Preforms pro t Granulat23.571,4323.571,4323.571,43
    Durchschnittlicher möglicher Erlös pro Preform in USD
    Umrechnungsfaktor USD in DM1,741,761,83
    Umrechnung durchschnittlicher möglicher Erlös pro Preform in DM
    Möglicher Erlös produzierte Preforms pro t eingesetztes Granulat
    Fixkosten der Produktion bzw. Veredelungsentgelt pro Preform in DM
    Kosten Granulat pro t in DM
    Kosten der Lohnveredelung pro t Granulat in DM
    Möglicher Gewinn pro t eingesetztes Granulat in DM
    Gesamtmenge eingesetztes Granulat in t
    Insgesamt erzielbarer Gewinn in DM (Hinzurechnung)


    t = Tonne

    Des Weiteren begründete der Beklagte seine Einspruchsentscheidung hinsichtlich des versagten Abzugs der Zinsen damit, dass nach den sichergestellten Unterlagen nicht nachvollziehbar sei, woher die Darlehen stammten und welcher Vertrag Gültigkeit beanspruche. Bei der Durchsuchung durch die Steuerfahndung seien zudem weitere vorbereitete, aber noch nicht unterzeichnete Verträge vorgefunden worden, die die ursprünglichen Darlehensverträge erneut abändern sollten. Da die Klägerin trotz Aufforderung keine nachvollziehbare Entwicklung des Darlehenskontos vorgelegt habe und auch nicht angegeben habe, welche natürlichen Personen hinter dem Darlehensgeber R. stünden, sei der Abzug der Zinsen nach § 160 AO zu versagen.

    In ihrer Klage trägt die Klägerin vor, dass abgesehen davon, dass die B. keine Domizilgesellschaft sei, die Berechnung der Steuerfahndung, die sich der Beklagte zu Eigen mache, nicht nachvollziehbar sei. Es bleibe bei der Berechnung unberücksichtigt, dass ein Teil der Produktion wegen Kurzarbeit ausgefallen sei. Auch berücksichtige die Berechnung nicht die Kosten für Mitarbeiter und Räume des M. Büros der B. und dass im Jahr 1998 wegen des Kursverfalls des Rubels zum Dollar Forderungsverluste für die B. entstanden seien. Die vom Beklagten in das Verfahren eingebrachten Unterlagen beträfen auch die R., die aber nicht Beteiligte des Rechtsstreits sei. Ausweislich der eidesstattlichen Versicherungen der Gesellschafter der Klägerin seien diese nicht Gesellschafter der B. gewesen. Dies ergebe sich auch aus einer Amtsbestätigung des Grundbuch- und Öffentlichkeitsamtes L.. Der Handlungsbevollmächtigte der B., Herr D., bestätige im Übrigen, dass er der Nutznießer der L.-Gesellschaften sei. Es sei nicht verständlich, warum der Beklagte auf die Benennung der hinter dem Y. Trust stehenden natürlichen Personen beharre. Es fehle an den Voraussetzungen einer Hinzurechnung nach § 7 AStG, die eine mehrheitliche Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft vorsehe. Die übrigen Unterlagen ließen nicht erkennen, dass sie – die Klägerin – auf die B. hätte Einfluss nehmen können.

    Der Preis für die Lohnveredelung habe dem Marktpreis entsprochen. Es komme nicht auf einen etwaigen Verkaufserlös an, da nur die Herstellung der Preforms beauftragt war. Eine Anfrage von ihr – der Klägerin – an die Firma H., die Arbeiten für … DM/Preform anzubieten, sei als völlig irreal abgewiesen worden. Das Gegenangebot habe nur … DM/Preform betragen. Einem Gutachten der Russischen Finanzbehörden zufolge habe der Preis für eine Preform im Jahr 1997 netto 0,0755 USD, im Jahr 1998 0,0638 USD und im Jahr 1999 0,0413 USD betragen. Aus einem Schreiben der Firma T. ergebe sich ein Preis für die Lohnveredelung von nur … DM/Preform. Auch Konkurrenzunternehmen, wie die Firma P., hätten einer Rechnung aus dem November 1998 zufolge, für eine nach Polen gelieferte Preform nur … DM/Preform erhalten und im März 1999 nur noch … DM/Preform.

    Die B. sei auch keine Domizilgesellschaft. Ausweislich mehrerer notarieller Erklärungen habe die B. in M… ein Büro und ein eigenes wirtschaftliches Geschäftsleben unterhalten. Weitere Nachweise als die notariellen Erklärungen, wie zum Beispiel Mietverträge zu erbringen, sei ihr – der Klägerin – nicht möglich, da es zwischen ihr und der B. keine näheren Verflechtungen gegeben habe. Es hätten auch ausschließlich wirtschaftliche Gründe für die Einschaltung der B. bestanden, denn die B. habe das Risiko von Forderungsverlusten mit dem osteuropäischen Raum minimieren und ausreichend liquide Mittel durch die Vorfinanzierung der Rohstoffe gewährleisten sollen. Der Beklagte verkenne, dass es bei der Lohnveredelung üblich sei, dass der Lohnveredeler sich mit der Rohstofflieferung und dem Absatz beschäftige. Dies erkläre auch, warum die Klägerin im Besitz von Stempel, Siegel und Briefpapier der B. gewesen sei. Nur der Lohnveredeler habe die notwendige Sachkunde für derartige Aufgaben. Die vorgefundenen Unterlagen bestätigten vielmehr, dass die B. ein eigenes wirtschaftliches Leben geführt habe. Die wahren Verkaufspreise für die Preforms seien ihr nicht bekannt, da sie lediglich Proforma-Rechnungen für die Zollabfertigung erstellt habe. Die vom Beklagten als Verträge bezeichneten Unterlagen seien lediglich Angebote, die nicht zu einem Vertragsabschluss geführt hätten.

    Herr T. sei zu keinem Zeitpunkt Angestellter der B. gewesen oder habe Schreiben oder Verträge als Geschäftsführer der B. unterzeichnet. Vielmehr habe er als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt und die Vorgänge seien dann später nachträglich durch den Geschäftsführer Herrn Q. gebilligt worden. Bevor Herr T. vertraglich seit dem 10. Oktober 1997 bei der Klägerin tätig wurde, habe er wohl bei der B. gearbeitet, was die Unterschriften auf zwei der vom Beklagten vorgelegten Schreiben erklären könne. Sie – die Klägerin – habe zum Zeitpunkt der Absatzschwäche nicht auf die Einhaltung des Vertrages und der Abnahmeverpflichtung durch die B. bestanden, weil sie sonst den gesamten Vertrag gefährdet hätte. Es sei lediglich eine Vorfinanzierung von Transportkosten erfolgt, da einige Unternehmen keine ausländischen Vertragspartner akzeptiert hätten.

    Ein von ihr – der Klägerin – an Herrn Prof. E… in Auftrag gegebenes Gutachten komme zu dem Schluss, dass die Vorschriften der §§ 7 und 1 AStG europarechtswidrig seien.

    Den Zinszahlungen läge der Vertrag mit der R. zugrunde. Im Jahr 1999 sei keine Auszahlung der Zinsen erfolgt. Die Zinsverbindlichkeiten setzten sich aus … DM Zinsen und … DM Zinseszinsen zusammen. Die Zinsen hätten nach einem Kontoauszug 12 vom Hundert des Darlehens und die Zinseszinsen 8 vom Hundert betragen.

    Die Klägerin beantragt,

    die Änderungsbescheide über Körperschaftsteuer 1997 bis 1999 vom 12. Februar 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. September 2002 aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Beteiligten beantragen,

    die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte trägt vor, dass die Feststellungen der Steuerfahndung durch Unterlagen belegt seien. Die Erklärungen, dass die hinter der B. stehenden Personen nicht bekannt sind, seien nicht glaubhaft und auch die Erklärungen über das M. Büro nicht aussagekräftig. Deshalb sei auch ein kalkulatorischer Ansatz derartiger Kosten unterblieben. Die Klägerin mache keine detaillierten Angaben zur tatsächlichen Produktionsmenge und zu den realen Verkaufspreisen. Diese müssten ihr aber bekannt sein, da sie die Ausgangsrechnungen für die B. gefertigt habe. Die bei der Kalkulation angesetzten Preise ergäben sich aus diversen Angeboten (Proforma-Rechnungen) und Rechnungen. Für einige Lieferungen seien zwei Rechnungen erstellt worden, die Klägerin gebe aber keine einleuchtende Erklärung für die doppelte Ausfertigung von Rechnungen. Der Schriftwechsel mit der Firma H. sei nicht vollständig und betreffe auch keinen repräsentativen Zeitraum. Es komme nicht entscheidend darauf an, welche Preise Konkurrenzunternehmen erzielt hätten. Nicht erklärbar sei, warum in den Räumen der Klägerin Originalrechnungen der B. gefunden worden sind. Diese hätten bei tatsächlicher Lohnveredelung an den Auftraggeber nach L. weitergeleitet werden müssen. Für eine Verbindung der Gesellschaften und gegenseitige Einflussnahme spreche auch die Tatsache, dass Herr T. sowohl für die B. als auch als Manager der Klägerin aufgetreten sei und eine Genehmigung der zum Teil bedeutenden Vorgänge durch die verantwortlichen Geschäftsführer der B… erst über drei Jahre später erfolgt sei. Auch habe Herr T. ein Konto der B. abgezeichnet und in der Wohnung des Herrn T. seien auch Unterlagen der B. sichergestellt worden. Die Klägerin habe teilweise die Finanzierung der Rohstoffe übernommen. Dies belege eine Vielzahl von Schreiben. Da eine Verrechnung erst zum Ende des Jahres erfolgt sei, sei das Argument der Vorfinanzierung als wirtschaftlichen Hintergrund für die vertraglichen Gestaltungen hinfällig.

    Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung diverse Beweisanträge sowohl über die Höhe der Schätzung an sich, die Höhe der von der Klägerin an die B. in Rechnung gestellten Preise als auch die Tatsache, dass Herr D. wirtschaftlicher Eigentümer der B. gewesen sei, gestellt. Auf das Sitzungsprotokoll vom 19. März 2008 wird verwiesen.

    Das Gericht hat mit Beschluss vom 5. Dezember 2001 (Aktenzeichen 8 B 8156/01) die Vollziehung der Körperschaftsteuerbescheide für 1997 bis 1999 bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung gegen Sicherheitsleistung durch Verpfändung des Maschinenparks ausgesetzt.

    Gegen die Herren T., W., N., B., M., G., C. und J. wird bei der Staatsanwaltschaft B. unter dem Aktenzeichen 2 St Js …/… ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Subventionsbetruges und des Verstoßes gegen die Abgabenordnung geführt. Es haben die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft vorgelegen.

    Entscheidungsgründe:

    Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –). Der Beklagte hat sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach eine zutreffende Hinzuschätzung von Einkünften vorgenommen. Denn in der Zwischenschaltung der B. im Rahmen einer Lohnveredelung liegt ein steuerlicher Gestaltungsmissbrauch vor.

    Gemäß § 42 AO entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht, wenn ein Missbrauch vorliegt. Ein solcher Missbrauch liegt nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, vor, wenn eine Gestaltung gewählt wird, die gemessen an dem erstrebten Ziel unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nicht steuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (vergleiche BFH, Urteil vom 19. August 1999, I R 77/96, Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFHE – 189, 342, Bundessteuerblatt – BStBl. – II 2001, 43). Unangemessen ist danach im Allgemeinen eine rechtliche Gestaltung, die verständige Parteien in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhaltes, insbesondere des erstrebten Ziels als unpassend nicht wählen würden. Diese Gestaltungen stellen sich im Allgemeinen als umständlich, kompliziert, schwerfällig und gekünstelt dar. Zwar respektiert das Steuerrecht in der Regel zivilrechtlich gewählte Gestaltungen, jedoch findet diese Akzeptanz dort seine Grenze, wo Gestaltungen der Manipulation dienen und mit ihnen kein angemessener steuerlicher Zweck verfolgt wird (vergleiche BFH, Urteil vom 20. März 2002, I R 63/99, BFHE 198, 506, BStBl. II 2003, 50). Diese Voraussetzungen liegen vor. Denn die Zwischenschaltung der B. und die Reduzierung der wirtschaftlichen Aktivität der Klägerin auf eine reine Lohnveredelung stellen sich als eine solche unangemessene Gestaltung dar.

    Der Senat ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu der Überzeugung gelangt, dass die Verlagerung eines Teils der Erlöse bzw. der Gewinne aus der Veräußerung der Preforms in das steuerlich günstigere L. der ausschlaggebende Grund für die Einschaltung der B. ist. Die Klägerin hat durch die Einschaltung der B. eine Gestaltung gewählt, die missbräuchlich ist. Die B. in L. stellt sich nämlich hinsichtlich der mit der Klägerin getroffenen Vereinbarungen lediglich als eine Art Briefkastenfirma dar. Wesentliche Entscheidungen, wie der Ankauf des Rohstoffes, die Versendung der Ware und der Vertrieb der fertigen Preforms erfolgte durch die Klägerin im Wesentlichen selber. Die Geschäftspartner kontaktierten regelmäßig die Klägerin in dem B. Büro, sei es direkt oder als Vertreterin der B.. Dies ergibt sich aus diversen Schreiben und Faxen, die an die B. Faxnummer gesandt wurden. Der Senat verkennt nicht, dass bei einer Lohnveredelung der Veredler die bessere Kenntnis über das eigentliche Geschäftsgeschehen hat und es daher von Vorteil und Nutzen ist, dass dieser die Kontrolle der Rohstoffe, deren Reklamation oder auch den Versand der veredelten Stoffe vornimmt. Die Erteilung einer Bevollmächtigung an den Lohnveredler ist daher in eingeschränkten Rahmen durchaus gerechtfertigt.

    Diese Aufgabenübertragung auf den Lohnveredler findet aber dort seine Grenze, wo der Veredler originäre Aufgaben des Auftraggebers, hier der B., wahrnimmt. Die gegenüber Herrn B. eingeräumte Vollmacht geht über diesen Aufgabenzweck hinaus, denn sie berechtigte ihn zum Beispiel zur Begründung und Auflösung von Konten. Auch hat die Klägerin in eigenem Namen Schadensersatzansprüche gegenüber der Firma D. geltend gemacht. Dass es sich um die Geltendmachung eines eventuell abgetretenen Anspruches handeln könnte, kommt weder in dem Schriftverkehr noch in der gütlichen Schadensvereinbarung zum Ausdruck. Die geplante Sicherungsübereignung der Maschine zur Erlangung der Rohstoffe stellt sich ebenfalls als eine solche für den Lohnveredler fremde Aufgabe dar. Denn der wirtschaftliche Hintergrund für die Lohnveredlung ist gerade das Abwälzen des Finanzierungsrisikos. Der Auftraggeber hat für die Bereitstellung der Rohstoffe zu sorgen, deshalb gebührt ihm dafür auch der Erlös des veredelten Produktes. Sein Gewinn rechtfertigt sich aus der Übernahme der Finanzierung, des Vertriebes sowie der Geschäftsanbahnung. Übernimmt hingegen der Veredler diese Aufgaben selber, ist für die Zwischenschaltung einer dritten Firma kein wirtschaftlicher Grund ersichtlich. Auch wenn es gerechtfertigt sein kann, dass der Veredler, wie hier die Klägerin, für den Transport im Verhältnis zur Gesamtinvestition eine geringfügige Bürgschaft abgibt, ist es hingegen nicht üblich, dass der Lohnveredler auch die Rechnungslegung an den Endabnehmer übernimmt. Denn dadurch erhält er Kenntnis über Geschäftsinterna wie zum Beispiel die Gewinnmarge seines Geschäftspartners bzw. Auftraggebers.

    Wie den sichergestellten Unterlagen zu entnehmen ist, hat die Klägerin sowohl im eigenen Namen als auch als Vertreter der B. die Korrespondenz mit den Abnehmern übernommen. Dabei beschränkte sich die Aufgabenübertragung nicht nur auf die Ausstellung der Zollpapiere. Insbesondere hat die Klägerin auch Rechnungen an die Abnehmer erstellt. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin, dass die Proforma-Rechnungen nur unverbindliche Angebote seien, ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass es sich dabei um rechtlich beachtliche Bestätigungen handelt. Dies ergibt sich zum Beispiel aus dem Schreiben der C., in dem die Erteilung einer Proforma-Rechnung erbeten wurde, obwohl letztlich nur noch der Liefertermin ausstand. Vielmehr stellen sich die Proforma-Rechnungen als konkrete Vertragsangebote dar.

    Die gewählte Gestaltung ist umständlich und kompliziert. Angebote und Rechnungen wurden zwar überwiegend an die B. adressiert, tatsächlich gingen sie jedoch an die Klägerin selber. Dies ergibt sich aus den diversen sichergestellten Unterlagen der B., die im Wesentlichen an die B. Fax-Adresse gesandt wurden, aber auch zum Beispiel aus der schriftlichen Bitte der Klägerin an den Vertragspartner der B., der C., die Adressierung und Versendung dementsprechend vorzunehmen. Auch die Tatsache, dass sich Herr H. um die Bezahlung des Lieferanten kümmerte und sich bei Zahlungsschwierigkeiten direkt an die L.ische Bank der B. und R. wandte, spricht für eine gekünstelte Gestaltung. Nach Auffassung des Senats bestätigen ebenso die Umstände, dass die Klägerin zum Teil Rohstoffe selber bestellt hat, die Akquisition durchführte oder andere originäre Aufgaben der B., wie zum Beispiel die Schadensabwicklung gegenüber der N. im eigenen Namen übernommen hat, ebenfalls das Vorliegen einer missbräuchlichen Gestaltung im Ganzen. Denn der Senat geht davon aus, dass aus Vereinfachungsgründen, insbesondere wegen der Umständlichkeit und Kompliziertheit der Gestaltung, diese formale Trennung der Gesellschaften in der Praxis nicht immer strikt eingehalten worden ist bzw. werden konnte.

    Es erfolgte im Übrigen auch keine eindeutige Trennung der Geschäftsbereiche im Verhältnis zur R.. Die R. übernahm nach den Feststellungen der Steuerfahndung gelegentlich sogar Zahlungen an die Sozialversicherung und für Reparaturen der Maschinen. Aus den Buchungsunterlagen und den Kontoauszügen ist ersichtlich, dass auch die B. und die R. miteinander verbunden sind. Denn die B. führte danach ein Inhaberkonto für die R.. So belegt auch der Umstand, dass die Darlehensverträge mehrfach und rückwirkend abgeändert wurden, dass hier unübliche Verträge geschlossen wurden. Unter fremden Dritten wären derartige sich ständig ändernde Vereinbarungen nicht üblich. Zudem wurden die Verträge nicht eingehalten und den jeweiligen Gegebenheiten in Bezug auf Darlehenshöhe und Vergütung angepasst. Auch der Umstand, dass bei der Durchsuchung vertrauliche Unterlagen und Kontoauszüge der L.-Gesellschaften gefunden wurden, ist ungewöhnlich. Der Einwand der Klägerin, dass es normal sei, Konten miteinander zu vergleichen und abzustimmen und nur deshalb die Unterlagen bei der Klägerin und Herrn T. vorgefunden wurden, vermag den Senat nicht zu überzeugen. Er kann vor allem nicht erklären, warum sich persönlicher Schriftverkehr der Bank und des X.-Trust zusammen mit den Kontoauszügen bei der Klägerin befand und warum die Faxe und Schreiben an die B. Adresse gerichtet waren. Vielmehr belegt dieser Umstand, dass in L. lediglich ein Briefkasten bzw. eine Adresse vorhanden war, wesentliche Geschäfte der B. und der R. jedoch in B. abgewickelt wurden. Diese Feststellung wird durch die Ermittlungen des Bundesamtes für Finanzen bestätigt, wonach es sich bei beiden Gesellschaften lediglich um reine Briefkastenfirmen handeln soll.

    Es kommt im Übrigen nicht darauf an, ob die B. als reine Domizilgesellschaft ansonsten keine geschäftlichen Aktivitäten entwickelt hat und ob sie in M. ein eigenes Büro geführt hat. Dafür dass die B. eigene Aktivitäten entwickelt hat, spricht zum Beispiel bereits der Vertrag mit der Firma J.. Doch stellen sich alle diese Aktivitäten nach Überzeugung des Senats lediglich als Tätigkeiten dar, die formal zur Steuerumgehung ins Ausland verlagert wurden. Denn die eigentliche Tätigkeit und Geschäftsleitung wurde tatsächlich in B. ausgeführt und lediglich aus steuerlichen Gründen auf die L.-Gesellschaften übertragen.

    Die Zwischenschaltung der B. ist in missbräuchlicher Absicht erfolgt. Die für einen steuerlichen Missbrauch erforderliche Missbrauchsabsicht ist eine innere Tatsache, die anhand objektiver Merkmale zu bestimmen ist. Die Umgehungsabsicht ist regelmäßig im Wege des Indizienbeweises festzustellen (vergleiche BFH, Urteil vom 5. Februar 1992, I R 127/90, BFHE 166, 356, BStBl. II 1992, 532). Der Steuerpflichtige muss für die von ihm gewählte Gestaltung eine plausible Erklärung abgeben können (vergleiche Tipke in Tipke/Kruse, Kommentar zur Abgabenordnung, § 42 Rz. 44). Eine derartige Begründung hat die Klägerin nicht erbracht. Die Gewinnverlagerung nach L. ist nach Überzeugung des Senats vielmehr im steuerlichen Interesse der hinter der B. und auch der R. stehenden natürlichen Personen erfolgt. Denn die sichergestellten Unterlagen lassen auf gleichgerichtete Interessen der für die Firmen handelnden Personen schließen.

    So ist die Q.-Gruppe darauf gerichtet, Vermögen ihrer Kunden in Gesellschaften anzulegen. Der Y. Trust ist lediglich eine Treuhandgesellschaft, die für die Interessen ihrer Kunden, Gesellschaften gründet und verwaltet. Aus dem bei der Klägerin sichergestellten Schriftwechsel zwischen der Q.-Gruppe, der Bank und Herrn M. ist zu entnehmen, dass Herr M. eine bedeutende Position inne hat. Er war sowohl Gesellschafter der Klägerin, als auch zumindest verantwortlich Handelnder bzw. Bevollmächtigter für die Belange sowohl der B. als auch der R.. Er bestimmte den Jahresabschluss der L.-Gesellschaften, kannte die wirtschaftlichen Verhältnisse und konnte sie gegenüber privaten Vorgängen abgrenzen. Die Tatsache, dass Herr T. als sein Bevollmächtigter auftrat, rundet die Konstruktion ab. Dieser war sowohl für die L.-Gesellschaften als auch für die Klägerin tätig. Dies ergibt sich insbesondere aus den Kontoauszügen, wonach Herr T. von der B. und R. einen höheren Geldbetrag zur Investition zur Verfügung erhalten hat, ihm private Aufwendungen wie das Schulgeld bezahlt wurde, er bei den Anteilsübertragungen zugegen war, als Handlungsbevollmächtigter für Herrn M. aufgetreten ist und auch als Angestellter für die Klägerin tätig war. Er ist ausweislich der sichergestellten Unterlagen auch nicht erst seit Oktober 1997 für die Klägerin aktiv. Denn bereits im Juni 1997 trat Herr T. ausweislich des sichergestellten Schriftwechsels für die Klägerin nach außen auf. Zudem führte er die Verhandlungen zum Erwerb der Maschine der Klägerin im Jahr 1996. Darüber hinaus handelte Herr T. auch noch im Jahr 1999 für die B., in dem er zum Beispiel einen Vertrag mit der Firma J. für die B. abschloss. Dieser Vertrag betraf aber nicht ausschließlich die Lieferung von Preforms im Rahmen der Lohnveredelung sondern diese war lediglich ein Nebenprodukt. Im Vordergrund stand die Lieferung von Wasser und Limonade. Dieser Vertrag belegt vielmehr, dass Herr T. weiterhin für beide Gesellschaften gleichzeitig tätig war. So erklärt sich auch der Umstand, dass in der Privatwohnung des Herrn T. Firmenunterlagen der B. gefunden wurden. Die drei Jahre später erfolgte Genehmigung von Geschäften des Herrn T. für die B. durch Herrn Q. ist in diesem Zusammenhang als bloße Formalie zu werten. Die Ausführungen der Klägerin zur Stellung des Herrn T. sind im Übrigen widersprüchlich. Nachdem die Klägerin zunächst eine Betätigung des Herrn T. für die B. gänzlich bestritt, räumte sie im Lauf des Verfahrens – nachdem weitere Unterlagen durch den Beklagten eingereicht wurden – ein, dass Herr T… auch ein Vorleben gehabt habe. Genauere Erklärungen blieb die Klägerin jedoch schuldig.

    Es kommt im Übrigen für das Vorliegen eines steuerlichen Gestaltungsmissbrauchs nicht darauf an, ob die Gesellschafter der Klägerin, der B. und der R. identisch sind oder wie sich die Beteiligungsverhältnisse im Einzelnen darstellen. Das Gericht konnte daher von der von der Klägerin angebotenen Zeugenvernehmung des Herrn D. absehen. Ob Herr D. wirtschaftlicher Eigentümer der B. war und Herr T. nur auf Anweisung von Herrn D. handelte, ist für die Anwendung des § 42 AO insofern ohne Bedeutung. Die Klägerin erbringt mit einem solchen Vortrag nach Auffassung des Senats keine plausible Erklärung für die Zwischenschaltung der B.. Durch die Bestätigungen der Gesellschafter und des Herrn D. stellt die Klägerin nur den Negativbeweis auf, dass die Gesellschafter der Klägerin nicht Gesellschafter der L.-Gesellschaften sind und dass Herr D. Nutznießer der Gesellschaften sei. Dies erklärt aber nicht die Gründe für die Zwischenschaltung der B. und die Tatsache, warum die wesentlichen Aufgaben der Lohnveredelung – eben als wirtschaftlicher Grund für eine Zwischenschaltung der B. – von der Klägerin selbst übernommen wurden.

    Die Ausführungen der Klägerin, dass die B. nur eingeschaltet wurde, um die Finanzierung der Rohstoffe zu gewährleisten, das Forderungsausfallrisiko zu minimieren und um deren Kontakte nach Russland auszunutzen, können nicht überzeugen. Bei der Beantragung der Fördermittel für die Maschine ging die Klägerin nämlich noch von einer Eigenproduktion ohne Lohnveredelung aus. Die Finanzierung der Rohstoffe erfolgte teils durch die B. aber auch durch die R. und die Klägerin selber. Die Korrespondenz mit den Geschäftspartnern erfolgte im Wesentlichen durch die Klägerin als Vertreterin der B., so dass die Akquisition nur formal der B. zuzuordnen ist. Der Preis für die Lohnveredelung war nicht gewinnorientiert kalkuliert. Auch wenn der B. das Forderungsrisiko übertragen wurde, so erhielt sie doch sämtliche Erlöse und entzog der Klägerin somit die Möglichkeit, überhaupt Gewinne erzielen zu können. Auf die Tatsache, ob der Preis für die Lohnveredelung marktüblich gewesen ist, kommt es hierbei nicht an, da die betriebsinterne Kalkulation des Lohnveredelungsentgelts auf die Besonderheiten des einzelnen Betriebes zugeschnitten ist. Der Senat konnte daher insofern auf die Erhebung des von der Klägerin angebotenen Beweises der Marktüblichkeit des Lohnveredelungsentgelts in Form eines Sachverständigengutachtens verzichten. Denn dieses ist nicht geeignet, den Nachweis zu erbringen, warum die Klägerin nicht gewinnorientiert kalkuliert hat.

    Nach § 42 AO entsteht der Steueranspruch bei einem Missbrauch so wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen Gestaltung entstanden wäre. Da die Zwischenschaltung der B. missbräuchlich war, ist der auf die B. verlagerte Gewinn der Klägerin zuzurechnen. Da die genauen Besteuerungsgrundlagen nicht bekannt bzw. ermittelt werden können, sind diese gemäß § 162 AO im Wege der Schätzung zu ermitteln. Das Gericht schließt sich im Rahmen seiner eigenen Ermittlungsbefugnis nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO in Verbindung mit § 162 AO den Werten des Beklagten an. Denn diese berücksichtigen zutreffend den ins Ausland verlagerten Gewinn, sind schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig. Der Beklagte ist bei seiner Schätzung unter anderem davon ausgegangen, dass die Anzahl der produzierten Preforms nach der Auslastung der Maschinen möglich ist und sich diese Menge anhand des eingeführten Granulates ermittelt. Dabei hat der Beklagte den Einkauf bei den bekannten Zulieferfirmen berücksichtigt. Die Produktionsmenge führt zu einer Auslastung der Maschinen von ca. 74 vom Hundert. Die Schätzung berücksichtigt zwar nicht explizit den Produktionsausfall im Herbst/Winter 1998. Dieser wirkt sich jedoch aus, weil die Schätzung nur vom Wareneingang und dementsprechend nicht von einer vollständigen Auslastung der Maschinen ausgeht. Der Produktionsausfall könnte sich dadurch lediglich in einen anderen Zeitraum verschieben. Derartige Unsicherheiten sind einer Schätzung jedoch immanent. Die Klägerin hat hingegen bei ihrer alternativen Schätzung Produktionsmengen angeben, die sie nicht weiter konkretisiert. Auch das von ihr geführte Veredlungsbuch des Zolls ebenso wie die von ihr geführten Buchführungsunterlagen können nicht herangezogen werden, da sie Unstimmigkeiten aufweisen und eine genaue Ermittlung des ein- und ausgeführten Granulates bzw. der Preforms nicht ermöglichen.

    Der Beklagte hat bei seiner Schätzung als mögliche Erlöse Werte angenommen, die er den Rechnungen und Unterlagen entnommen hat, die die Steuerfahndung bei der Durchsuchung vorgefunden hat. Der Senat geht mit dem Beklagten davon aus, dass diese Werte, die auch zum Teil nur auf so genannten Proforma-Rechnungen aufgeführt sind, der Schätzung zugrunde zu legen sind. Denn die Beurteilung der Klägerin, dass es sich hierbei lediglich um unverbindliche Schreiben und Angebote handelt, teilt der Senat aus den oben genannten Gründen nicht. Diese Werte gehen zum Beispiel auch mit dem Betrag konform, den die Klägerin als kalkulatorischen Ansatz bei ihrem Antrag an die Investitionsbank angeben hat. Die von der Klägerin im Klageverfahren als alternative Erlöswerte angegebenen Zahlen überzeugen hingegen nicht, denn sie sind Schreiben anderer Unternehmen entnommen worden und können nicht den Nachweis darüber erbringen, welches kaufmännische Geschick den Repräsentanten des vorliegenden Unternehmensgebildes im Einzelfall zur Verfügung stand. So sind die Werte der russischen Steuerbehörde ebenfalls nur Empfehlungen und nicht geeignet, die konkret der Klägerin anhand der sichergestellten Unterlagen zugeordneten Werte zu entkräften.

    Auf die Beweiserhebung durch Gutachten zum Preis der Preforms und der Lohnveredelung konnte der Senat verzichten, da diese Gutachten nicht geeignet sind, die Schätzung des Beklagten zu widerlegen. Denn der Beklagte hat die Zahlen zugrunde gelegt, die er im Rahmen seiner Durchsuchung auf Rechnungen der Klägerin und anderem Schriftverkehr bestätigt gefunden hat. Die Klägerin hat hingegen nicht überzeugend aufklären können, warum die auf Rechnungen und den nach Auffassung des Senats bindenden Proforma-Rechnungen benannten Werte nicht zutreffend sein sollen. Der Senat ist zudem überzeugt, dass es der Klägerin wegen der Verflechtung der Gesellschaften möglich wäre, umfangreichere und genauere Daten preiszugeben. Zudem hat die Klägerin, wie sich aus den sichergestellten Unterlagen ergibt, die Rechnungslegung für die B. übernommen, so dass davon auszugehen ist, dass sie genaues Zahlenmaterial zur Verfügung hat. Der Senat konnte daher auf die Erstellung eines allgemeinen Gutachtens verzichten, da dieses nicht geeignet ist, die konkret vorliegenden Werte zu entkräften. Auf ein Gutachten zu den Preisen der Lohnveredelung konnte ebenfalls verzichtet werden, da es für die Hinzurechnung nicht auf das Lohnentgelt sondern auf den Differenzbetrag zwischen den tatsächlich von der B. erzielten Erlösen aus den Preforms- Lieferungen und dem bekannten buchungstechnisch bei der Klägerin erfassten Ertrag ankommt. Das Lohnveredlungsentgelt geht dabei unverändert mit dem von der Klägerin angesetzten Wert in die Berechnung ein.

    Die Klägerin hat nach Auffassung des Senats auch nähere Erkenntnisse über die in ihrer Schätzung geltend gemachten Kosten für eine Verwaltung und Bedienstete in M.. Die Erklärungen diverser Dritter, dass es in Russland ein Büro gegeben habe, sind nach Auffassung des Senats kein genügender Nachweis und Beleg, dass und in welchem Umfang die B. ein Büro in M. unterhalten hat. Die Klägerin kommt daher ihrer Mitwirkungspflicht nicht in ausreichendem Maß nach, so dass es sogar gerechtfertigt wäre, zusätzlich einen Fährnisaufschlag zur Hinzurechung vorzunehmen. Da der Senat über das Klagebegehren gemäß § 96 Abs. 1 FGO nicht hinausgehen darf, verbleibt es insofern bei der vom Beklagten vorgenommenen Schätzung.

    Die Hinzuschätzung ist auch nicht aufgrund des Vortrages der Klägerin zu reduzieren, dass die B. wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse in Russland einen Forderungsausfall erlitten habe. Der Senat konnte auf die Erhebung weiterer Beweise insofern verzichten. Der Umstand, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse in Russland zum Fabrikationsstillstand geführt haben, ist unstreitig. Die weniger produzierte Menge an Preforms ist in der Schätzung dadurch berücksichtigt worden, dass nur das tatsächlich verarbeitete Granulat als Ausgangswert angesetzt wurde. Ein Forderungsausfall kann sich daher nur für einen abgrenzbaren Zeitraum ergeben, nämlich für Lieferungen, die bis zu dem Zeitpunkt erfolgten, bis dem Lieferer bekannt wurde, dass keine Zahlungen mehr erfolgen würden und die Produktion nach Russland gestoppt wurde. Derartige Unwägbarkeiten und Unsicherheiten sind aber einer Schätzung immanent. Der von der Klägerin angebotene Zeugenbeweis des Herrn D., dass die B. einen Forderungsausfall erlitten habe, ist im Übrigen nicht geeignet, die Schätzung zu erschüttern. Denn der Beweisantrag ist zu unbestimmt. Von den Beteiligten ist aufgrund ihrer Mitwirkungspflicht zu fordern, dass sie nur Beweisanträge zu bestimmten, substantiierten Tatsachenbehauptungen stellen (vergleiche BFH, Beschluss vom 2. August 2006, IX B 58/06, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs 2006, 2117). Durch einen mündlichen Vortrag über einen Forderungsausfall kann der notwendige Buchnachweis nicht erbracht werden. Die Klägerin ist vielmehr verpflichtet, im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht nach § 90 AO genaue Nachweise darüber zu erbringen, in welcher Höhe in den Streitjahren Erlöse über die B. in Rechnung gestellt und vereinnahmt wurden. Kommt sie dieser Mitwirkung nicht nach, geht dies zu Lasten der Klägerin und reduziert das Beweismaß des Beklagten bei seiner Schätzung. Die Klägerin würde andernfalls prämiert werden, wenn lediglich zu ihren Gunsten Tatsachen berücksichtigt werden, sie aber die entscheidungserheblichen Informationen vorenthalten könnte (vergleiche auch Seer in Tipke/Kruse, AO-Kommentar, § 162 Rz. 6 zum Verbot der Prämierung einer Mitwirkungsverweigerung).

    Es liegt kein Fall des Aussensteuergesetzes vor. Die Tatbestandsvoraussetzu

    VorschriftenAO § 42, AO § 160 Abs. 1 S. 1, AO § 5, AStG § 1 Abs. 2, AStG § 7