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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 27.05.2003 – 4 K 172/02

    1. Dass Ausländer, die nur über eine Aufenthaltsbefugnis, nicht aber über eine Aufenthaltsberechtigung oder eine -erlaubnis verfügen, nach § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG keinen Kindergeldanspruch haben, gilt auch für staatenlose Ausländer (hier: aus dem Libanon eingereiste Tochter kurdischer Eltern).

    2. § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG ist nicht verfassungswidrig (vgl. Rspr. des BSG zu § 1 Abs. 3 BKGG).


    Im Namen des Volkes

    Urteil

    In dem Finanzrechtsstreit

    wegen Kindergeld

    hat der 4. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg – aufgrund der mündlichen Verhandlung – in der Sitzung vom 27. Mai 2003 durch Vorsitzenden Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht … Ehrenamtliche Richter …

    für Recht erkannt:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

    Gerichtskosten hat die Klägerin nicht zu entrichten.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Streitig ist, ob die Klägerin – Klin – einen Anspruch auf Kindergeld für ihr im Januar 2002 geborenes Kind hat oder ob dem die einschränkenden Bestimmungen für Ausländer nach § 62 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes – EStG – entgegenstehen.

    Die Klin ist die im März 1984 in der Bundesrepublik geborene Tochter kurdischer Eltern, welche aus dem Libanon eingereist sind. Im April 2002 stellte sie für ihre Tochter … Antrag auf Gewährung von Kindergeld nach den Vorschriften des EStG und gab als Staatsangehörigkeit an „libanesisch”. Die Klin ist im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis und eines durch die … ausgestellten Reisedokuments, in dem die Staatsangehörigkeit ebenfalls mit „libanesisch” bezeichnet ist.

    Mit Schriftsatz vom 7. Mai 2002 ließ die Klin durch ihren Prozessbevollmächtigten vor dem Verwaltungsgericht … Klage erheben mit dem Ziel, die Einbürgerung als Staatenlose aus dem Libanon zu erreichen. Über die Klage ist noch nicht entschieden.

    Mit Bescheid vom 16. April 2002 lehnte die Familienkasse der beklagten Behörde den Antrag auf Kindergeld mit dem Hinweis ab, dass ausländischen Staatsangehörigen ohne qualifizierte Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung (§§ 15, 27 des Ausländergesetzes) ein Kindergeldanspruch nicht zustehe. In dem sich anschließenden Einspruchsverfahren machte die Klin geltend, sie sei staatenlos und habe deshalb Anspruch auf Gleichbehandlung mit deutschen Staatsangehörigen.

    Die Familienkasse wies jedoch den Einspruch mit der Begründung zurück, die Klin sei durch die Ausländerbehörde nicht als Staatenlose nach den Staatenlosenabkommen förmlich anerkannt. An diese Feststellung sei das Arbeitsamt gebunden; eigene Feststellungen zum aufenthaltsrechtlichen Status habe die Behörde nicht zu treffen.

    Hiergegen wendet sich die Klin mit der vorliegenden Klage, zu deren Begründung sie im Wesentlichen folgendes vortragen lässt:

    Nach dem Gesetz zu dem Übereinkommen über die Rechtstellung der Staatenlosen vom 12. April 1976, (Bundesgesetzblatt – BGBl – II 1976, 473) und dem darauf beruhenden steuerrechtlichen Gleichbehandlungsgebot habe die Klin Anspruch auf Kindergeld nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes.

    Der Beklagte – Bekl – bestreite zu Unrecht den Status der Staatenlosigkeit der Klin. Im Sinne des vorgenannten Übereinkommens sei ein „Staatenloser” eine Person, die kein Staat aufgrund seines Rechts als Staatsangehörigen ansieht. Gerade dies sei aber bei der Klin der Fall. Denn die Klin hätte die libanesische Staatsbürgerschaft nur aufgrund eines eigenen Antrags bei den zuständigen Stellen im Libanon erhalten können (Schreiben der Botschaft des Libanon Berlin vom 17. Januar 2003 [Bl. 22 d. FG-Akten]). Die Eintragung der … in den vorläufigen Reisedokumenten der Klin „libanesisch” sei demnach falsch. Auf die Anerkennung der Staatenlosigkeit in einem förmlichen Verfahren der Ausländerbehörde könne es jedenfalls bei einem langjährigen rechtmäßigen Aufenthalt eines in der Bundesrepublik geborenen Staatenlosen für den Anspruch auf Kindergeld nicht ankommen.

    Ausgehend von der Staatenlosigkeit der Klin und deren Gleichstellungsanspruch nach dem Staatenlosenabkommen sei es unschädlich, dass die Klin lediglich im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis und keiner qualifizierten Aufenthaltsberechtigung sei. Die Klin habe nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes aufgrund ihres langjährigen rechtmäßigen Aufenthalts in der Bundesrepublik seit ihrer Geburt sogar Anspruch auf Einbürgerung.

    Die Klin beantragte,

    unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung und des Bescheids vom 16. April 2002 den Beklagten zu verpflichten, Kindergeld ab Januar 2002 für das Kind … der Klin festzusetzen.

    Der Beklagte – das Arbeitsamt – beantragte hingegen,

    die Klage abzuweisen.

    In der Klageerwiderung vertritt der Beklagtenvertreter die Auffassung, dass auch Staatenlosen nur Anspruch auf Kindergeld zustehe, wenn sie zugleich eine Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis vorweisen könnten. Die Vorschrift des § 62 EStG treffe keine Unterscheidung nach Staatenlosen und anderen Ausländern.

    Gründe

    Die Klage ist unbegründet.

    Anders als deutsche Staatsbürger haben Ausländer mit Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland – von im Streitfalle offensichtlich nicht vorliegenden Sonderregelungen abgesehen (z.B. EU-Bürger, Bürger aus Ländern mit zwischenstaatlichen Sonderabkommen) – Anspruch auf Kindergeld nach den einkommensteuerlichen Vorschriften nur, wenn sie zugleich im Besitz eines Aufenthaltstitels in Form einer Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung (§§ 15, 27 Ausländergesetz i.d.F. des Neuregelungsgesetzes vom 9.7.1990, BGBl I. 1990, 1354) sind. Dies folgt unmittelbar aus dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung in § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG, die unmissverständlich den „Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis” verlangt. Die Vorschrift setzt also das Vorliegen eines Verwaltungsakts voraus, in dem ein entsprechender Aufenthaltstitel festgeschrieben wird. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klin zweifelsfrei nicht. Denn sie ist lediglich im Besitz einer durch die Stadt … ausgestellten Aufenthaltsbefugnis (Bl. 11 der Kindergeldakte).

    Entgegen der Auffassung der Klin lässt sich auch aus den zwischenstaatlichen Regelungen über die Rechtsstellung von Staatenlosen ein Anspruch auf Kindergeld nicht herleiten. Die Frage, ob Gleichstellungsgebote von Staatenlosen mit Angehörigen des jeweiligen Aufenthaltsstaates wie sie in dem Internationalen Übereinkommen vom 28.9.1954 über die Rechtsstellung von Staatenlosen (StlÜbK) – durch die Bundesrepublik in innerstaatliches Recht überführt nach Maßgabe des Gesetzes vom 12.4.1976 (BGBl II 1976, 473) – geregelt sind, stets zu der Anerkennung von Kindergeldansprüchen wie für Deutsche führen, ist umstritten (bejahend: Finanzgericht Köln, Urteil vom 10.6.1999, 2 K 93/99 in Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 1999, 1139; verneinend: Bundessozialgericht, Urteil vom 3.12.1996, 10 RKg 8/96 – bei JURIS; bejahend jedenfalls für den Fall der ausländerbehördlichen Anerkennung des Antragstellers als Staatenloser: Finanzgericht München, Urteil vom 5.12.2001, 9 K 5246/00 – bei JURIS – Revision VIII R 39/02; ebenso Verwaltungsanweisung DA 62.4.2; unentschieden Bundesfinanzhof – BFH – PKH-Beschluss vom 16.10.1998, VI B 192/98 in BFH/NV 1999, 310).

    Der Senat lässt offen, ob die Ableitung von Ansprüchen auf Kindergeld aus den Regelungen des StlÜbK den Abschluss eines behördlichen Anerkennungsverfahrens – oder wenigstens die Erteilung eines Reisedokuments nach Art. 28 des Abkommens – mit der Feststellung der Staatenlosigkeit des Antragstellers voraussetzt oder ob die Kindergeldkasse (und ggf. das Finanzgericht) die Staatenlosigkeit selbst als rechtliche Vortrage zur Klärung des Kindergeldanspruchs festzustellen hat. Denn der Klin steht ein Kindergeldanspruch auch dann nicht zu, wenn sie nicht libanesische Staatsangehörige, sondern i. S. der Definition des Artikel 1 Abs. 1 des StlÜbK de jure staatenlos wäre, weil kein Staat sie aufgrund seines innerstaatlichen Rechts als (eigene) Staatsangehörige ansieht. Der Schutzcharakter der Bestimmungen des StlÜbK zu Gunsten von Staatenlosen verlangt nicht eine undifferenzierte und uneingeschränkte Gleichstellung mit Inländern, sondern verfolgt – wie sich aus der Präambel ergibt – lediglich das Ziel, die „Ausübung der Menschrechte und Grundfreiheiten in möglichst großem Umfang zu sichern”. Artikel 7 Abs. 1 bestimmt als allgemeinen Grundsatz, dass der Vertragsstaat auch Staatenlosen grundsätzlich die gleiche Behandlung, die er (anderen) Ausländern allgemein gewährt, angedeihen lässt und ordnet gerade nicht eine vollständige Gleichbehandlung mit eigenen Staatsangehörigen an. Ausnahmen von diesem Grundsatz zu Gunsten des Staatenlosen gelten nur für einzelne, in dem Übereinkommen jeweils ausdrücklich genannte Sachgebiete.

    Zu Unrecht beruft sich die Klin in diesem Zusammenhang auf Art. 29 des StlÜbK als einer solchen Ausnahmevorschrift. Hiernach sind die Vertragsstaaten zwar u.a. verpflichtet, von Staatenlosen keine anderen oder höheren Steuern als von ihren eigenen Bürgern zu erheben. Mit der Versagung des Kindergelds wird aber von der Klin keine höhere Steuer als von einem Deutschen in gleicher Lage einverlangt. Der Klin wird nicht eine Steuervergünstigung versagt, sondern eine staatliche Leistung zur Förderung der Familie nicht gewährt.

    Die Klin verkennt die Doppelnatur des Kindergeldes. Nur soweit das Kindergeld zur Freistellung eines steuerpflichtigen Einkommens in Höhe des Existenzminimums und des Betreuungsbedarfs eines bei dem Steuerpflichtigen zu berücksichtigenden Kindes erforderlich ist, liegt eine – sich im wirtschaftlichem Ergebnis steuermindernd auswirkende – Steuervergütung vor (§ 31 Satz 1 EStG). Ist die Steuerbelastung dagegen – wegen geringer oder gänzlich fehlender – steuerpflichtiger Einkünfte indessen wie im Streitfalle ohnehin mit 0 anzusetzen, hat das Kindergeld allein die Funktion einer familienfördernden Sozialleistung (§ 31 Satz 2 EStG). Soziale Leistungen fallen aber zweifelsfrei nicht unter Art. 29 StlÜbK. Vielmehr sind Leistungen in Angelegenheiten der sozialen Sicherheit und insbesondere Leistungen, die ausschließlich aus öffentlichen Mitteln bestritten werden, den Regelungen in Art. 24 Abs. 1 StlÜbK unterworfen und stehen nach dem Abkommenstext unter dem Vorbehalt des Inhalts der jeweils geltenden staatlichen Rechtsvorschriften. Die grundsätzliche Gleichbehandlung Staatenloser mit Inländern gilt danach nicht für soziale Leistungen, welche ausschließlich aus öffentlichen Mitteln finanziert werden, soweit das inländische Recht für die Gewährung dieser Leistungen nach inländischen Staatsangehörigen und ausländischen Bürgern ohne bestimmte Aufenthaltsrechte – wie bei Ansprüchen auf Kindergeld gem. § 62 EStG – unterscheidet.

    Diese auch durch das Bundessozialgericht (a.a.O.) vertretene Verständnis der Abkommensbestimmungen entspricht der in Art. 7 des Abkommens niedergelegten allgemeinen Grundregel, wonach – wie erwähnt – einem Staatenlosen regelmäßig nur die Behandlung und Rechtsstellung eines Ausländers mit rechtmäßigem Inlandsaufenthalt zugebilligt und ihm nur ausnahmsweise die uneingeschränkten Rechte eines inländischen Staatsbürgers zugestanden werden sollen. Diese Abkommensauslegung berücksichtigt zugleich den anerkannten Grundsatz, dass dem Gesetzgeber bei der Ausschüttung staatlicher, insbesondere sozialer Leistungen ein weites Gestaltungsermessen sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach einzuräumen ist (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 26.2.2002, VIII R 92/98 in BStBl II 2002, 596).

    Der Senat vermag auch keinen Sachgrund zu erkennen, der es rechtfertigen würde, Staatenlose bereits vor der Verwirklichung eines möglichen Einbürgerungsanspruchs (vergl. hierzu Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 23.2.1993 – 1 C 45/90, veröffenlicht in NVwZ 1993, 782) gegenüber anderen Ausländern ohne gesicherten Aufenthaltsstatus mit der Gewährung von Kindergeld als soziale Leistung zu bevorzugen und damit von den geltenden innerstaatlichen Regelungen (§ 62 Abs. 2 EStG) im Ergebnis abzuweichen.

    Soweit zum Teil gegenüber der den Kindergeldanspruch von Ausländern im Vergleich zu deutschen Staatsangehörigen einschränkenden Bestimmung des § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG verfassensrechtliche Bedenken (insbesondere Verstoß gegen Art. 3 des Grundgesetzes) erhoben werden (vgl. hierzu BFH – PKH-Beschluss vom 13.9.2000, VI B 134/00, BStBl II 2001, 108 und vom 6.12.2000, VI B 193 in BFH/NV 2001, 599 sowie Greite in Korn, Kommentar zum EStG, Rdnr. 24 zu § 62 EStG) teilt der Senat diese Vorbehalte aus folgenden Gründen nicht:

    Vorbild für die Vorschrift war die ab 1.1.1994 eingeführte, den Kindergeldanspruch einschränkende Regelung in § 1 Abs. 3 des Bundeskindergeldgesetzes. Der Gesetzgeber verfolgte damit den Zweck, besondere staatliche Leistungen in Form von Kindergeld auf solche Ausländer zu begrenzen, von denen ein dauerhaftes Verbleiben im Inland zu erwarten und ferner deren Lebensunterhalt auch ohne staatliche Hilfe als gesichert anzusehen war. Sozialstaatliche Leistungen generell auf alle zugereisten Bürger dieser Welt mit nicht nur kurzfristigem Aufenthalt im Inland uneingeschränkt und gleichermaßen wie an deutsche Staatsangehörige zu erstrecken, kann nicht verfassungsrechtlich gebotene Pflichtaufgabe sein. Dem Sozialstaatsgebot ist genüge getan, wenn der Ausländer und seine Familie ohne Existenzgrundlage aus eigener Quelle während des geduldeten Aufenthalts Mindestleistungen zur materiellen Existenzsicherung nach dem Bundessozialhilfegesetz erhält. Dementsprechend hat auch das Bundessozialgericht (z.B. Urteil vom 31.10.1995, 10 RKg 23/94 – bei juris) mit überzeugender Begründung die Verfassungsmäßigkeit der Vorgängervorschrift des § 62 EStG in § 1 Abs. 3 des Kindergeldgesetzes bejaht. Die zum Teil gegen Parallelentscheidungen des Bundessozialgerichts vom gleichen Tage eingelegten Verfassungsbeschwerden hat das Bundesverfassungsgericht durchweg nicht zur Entscheidung angenommen (Kammerentscheidungen des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 5.3.1996, 1 BvR 86–89/96 – bei juris).

    Hinsichtlich des einkommensteuerrechtlichen Kindergelds gelten im Ergebnis keine anderen Überlegungen. Die gebotene steuerliche Entlastung (zur Berücksichtigung der Existenzsicherung und Betreuung von Kindern) gewährt das Gesetz (§ 32 Abs. 6 EStG) durch den Ansatz des Kinderfreibetrags und Kinderbetreuungsbetrags allen unbeschränkt steuerpflichtigen Personen mit steuerpflichtigem Einkommen unbeschadet ihres ausländerrechtlichen Status – und insbesondere auch einem Staatenlosen mit Wohnsitz im Inland – gleichermaßen. Lediglich eine zusätzliche Vergünstigung in Form des Kindergelds, die an die Stelle der steuerlichen Entlastung durch die Freibetragsregelung in § 32 Abs. 6 EStG tritt, wenn deren Auswirkung finanziell geringer ist, versagt das Gesetz in Fällen, in denen eine Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung nicht vorliegt. Dies rechtfertigt sich aber ohne weiteres deshalb, weil das Kindergeld der Sache nach zumindest überwiegend eine soziale Funktion erfüllt (§ 31 Satz 2 EStG: „zur Förderung der Familie”) – und zwar nicht anders als die frühere Vorschrift des § 1 Abs. 3 des Bundeskindergeldgesetzes. Dem Gesetzgeber muss es aber frei stehen, besondere soziale Zuwendungen von bestimmten sachlichen Voraussetzungen abhängig zu machen und nicht undifferenziert an einen unbegrenzten Kreis von Eltern mit Wohnsitz im Inland auszuschütten.

    Dem verfassungsrechtlichen Gebot der Freistellung des steuerpflichtigen Einkommens in Höhe des Existenzminimums eines Kindes ist auch ohne Zahlung von Kindergeld bereits durch die gesetzlichen Freibeträge nach Maßgabe des § 32 Abs. 6 EStG – und zwar im Veranlagungszeitraum 2002 für jeden Elternteil 2.904 EUR pro Kind – entsprochen.

    Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß § 100 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes und eine Aussetzung des finanzgerichtlichen Verfahrens gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung – FGO – bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts scheidet somit nach den vorstehenden Ausführungen aus.

    Die Streitsache ist spruchreif. Die Klage war abzuweisen.

    Da die Klin mit ihrem Begehren unterlegen ist, fallen ihr auch die Kosten des finanzgerichtlichen Verfahrens zur Last (§ 135 FGO). Nachdem der Klin Prozesskostenhilfe gewährt wurde (Senatsbeschluss vom 14. April 2003) und die Klin ohne eigenes Einkommen ist, sind für das finanzgerichtliche Verfahren Gerichtskosten nicht zu erheben (§ 142 FGO i.V. mit §§ 115 Abs. 1, 122 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozessordnung).

    Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen. Die durch den Senat verneinte Frage, ob staatenlosen Ausländern ohne Rücksicht auf den Aufenthaltsstatus entgegen der Vorschrift des § 62 Abs. 2 EStG dennoch ein Kindergeldanspruch nach dem Einkommensteuergesetz zusteht, ist höchstrichterlich bisher nicht abschließend geklärt und über den entschiedenen Einzelfall hinaus von grundsätzlicher Bedeutung.

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    VorschriftenEStG § 62 Abs. 2 S. 1, StlÜbK Art. 1, StlÜbk Art. 29, AuslG § 15, AuslG § 27, GG Art. 3 Abs. 1