08.01.2010
Finanzgericht Nürnberg: Urteil vom 17.08.2006 – IV 323/2002
Auch soweit in einem Bescheid, in dem Erbschaftsteuer festgesetzt wird und der als Erbschaftsteuerbescheid bezeichnet ist, bei Berechnung des steuerpflichtigen Erwerbs sowie bei der Steuerfestsetzung Vorschenkungen voll einbezogen und nicht nur nach § 14 ErbStG angerechnet worden sind, die Schenkungsteuer aber weder ausdrücklich noch ohne weiteres erkennbar ausgewiesen worden ist, enthält der Bescheid keine wirksame Festsetzung von Schenkungsteuer, sondern insoweit lediglich eine unzutreffende Ermittlung und Festsetzung der Erbschaftsteuer.
Tatbestand
Am ............. verstarb B. A. (Erblasser). Er hatte mit seiner Ehefrau C. A. in Gütertrennung gelebt.
Der Erblasser hatte mit privatschriftlichem Testament vom 01.05.1983 seine Kinder als Erben eingesetzt und mit dem Vermächtnis beschwert, seiner Ehefrau C. A. monatlich eine Rente sei es von der Firma oder selbst zukommen zu lassen, die 50 % seines zuletzt bezogenen Gehalts beträgt. Weiter vermachte er C. A. alle Einrichtungen und Gegenstände in den von ihr bewohnten Häusern, besonders in D. und E.. Sie sollte nach dem Testament denselben Lebensunterhalt haben wie bisher. So soll ihr auch ein Fahrer und ein Gärtner immer zur Verfügung stehen und ebenso ein Wagen.
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Mit Bescheid vom 23.11.1988 setzte das Y. gegenüber C. A. die Erbschaftsteuer für den Erwerb vom Erblasser auf ............. DM fest. Es legte dabei unter Hinweis auf die Darstellung in seinem Schreiben vom 21.10.1988 einen steuerpflichtigen Erwerb von ............ DM zugrunde .......................................... Die Steuerfestsetzung erging in vollem Umfang vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 AO. ................................
Der Prozessbevollmächtigte StB F. erhob gegen den Bescheid Einspruch. ................................. .
Am 23.11.1998 ging beim inzwischen für die Erbschaft- und Schenkungsteuer zuständigen beklagten Finanzamt eine Mitteilung der Betriebsprüfungsstelle des Finanzamts X ein, dass der Wert des Vermächtnisses bezüglich der Bereitstellung eines Fahrers, eines Gärtners und eines Pkws für C. A. ............. DM betrage.
Am 30.11.1998 erhielt das beklagte Finanzamt eine weitere Mitteilung der Betriebsprüfungsstelle des Finanzamts X., die aufgrund eines Prüfungsauftrags gegenüber den Erben des B. A. prüfte. Danach wurden die aufgrund des Vermögens und der Einkünfte von C. A. anfallenden Steuern jeweils vom betrieblichen Steuerkonto des Erblassers bezahlt, ohne mit der Ehefrau einen Vermögensausgleich dafür durchzuführen. Der Mitteilung war eine umfängliche Aufstellung über die Zahlung von Einkommen-, Vermögen- und Kirchensteuern durch den Erblasser im Zeitraum von Juli 1974 bis zu seinem Ableben beigefügt, in der die auf C. A. entfallenden Steuern nach ihren anteiligen Einkünften und ihrem anteiligen Vermögen ermittelt wurden. Nach der Aufstellung beliefen sich die anteiligen Steuerzahlungen für C. A. im genannten Zeitraum auf zusammen ....................... DM.
Am 18.12.1998 teilte die Betriebsprüfungsstelle des Finanzamts X. dem beklagten Finanzamt mit, dass der Erblasser gegenüber C. A.
in den Jahren 1981 bis 1983 die Anschaffungskosten von ca. .................. DM für eine Eigentumswohnung in X. mit einem zum 01.01.1984 festgestellten Einheitswert von ............ DM (bei 140 %: ............. DM) und
in den Jahren 1974 bis 1976 die Kosten für Ausbau und Erweiterung des im Alleineigentum von C. A. stehenden Wohnhauses ................. in E. von ca. ................. DM übernommen habe. Der Einheitswert des Wohnhauses habe sich aufgrund dieser Baumaßnahmen von ursprünglich ......... DM auf ............ DM erhöht (bei 140 %: von ......... DM auf ............... DM).
Zudem habe der Erblasser durch gemeinsame Überweisung den Kaufpreisanteil von 20 % für C. A. an der Z Partnership, USA i.H.v. insgesamt ........................ DM in den Jahren 1980 bis zu seinem Ableben finanziert.
Am 08.02.1999 ging beim beklagten Finanzamt ferner eine Mitteilung der Betriebsprüfungsstelle des Finanzamts X. über weitere Vorschenkungen von Geld-/ Kapitalvermögen durch den Erblasser an C. A. ein.
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Mit geändertem und gemäß § 165 Abs. 2 AO endgültigem Erbschaftsteuerbescheid vom 09.12.1999 setzte das Finanzamt gegenüber C. A. die Erbschaftsteuer auf ..................... DM fest. Als Erwerb von Todes wegen berücksichtigte es dabei gegenüber dem Bescheid vom 23.11.1988 zusätzlich das Vermächtnis über die Bereitstellung eines Fahrers, eines Gärtners und eines Pkw mit ................ DM ............................ . Bei Berechnung der Erbschaftsteuer berücksichtigte das Finanzamt als Vorerwerbe Vorschenkungen i.H.v. ............... DM, die es in einer Anlage zum Bescheid aufschlüsselte in Steuerzahlungen durch den Erblasser über ......... DM, .............. DM für die Eigentumswohnung in X., Umbaukosten von ............ DM für das Wohnhaus in E., die Kaufpreisfinanzierung der Anteile an der Z von .............. DM sowie Schenkungen von Geld-/ Kapitalvermögen i.H.v. ...... Mio. DM. Die auf diese Vorschenkungen entfallende Schenkungsteuer bezog es durch Zusammenrechnung der Erwerbe von Todes wegen und der Vorschenkungen in die Ermittlung der Erbschaftsteuer ein und rechnete die Steuer für Vorerwerbe mit .............. DM auf die Erbschaftsteuer an; nach seinem vorausgegangenem Schreiben an den Prozessbevollmächtigten StB F. vom 23.03.1999 soll es sich bei dem Betrag in dieser Größe nur um die auf die Steuerzahlungen (............... DM) entfallende Schenkungsteuer handeln. Der Prozessbevollmächtigte StB F. wandte sich in vollem Umfang gegen den Änderungsbescheid. Er machte dazu auch in weiterer Begründung seines Einspruchs im Wesentlichen geltend:
Soweit die Einbeziehung von Vorschenkungen in den Änderungsbescheid nicht bereits zu einer Verletzung des in § 119 Abs. 1 AO verankerten Bestimmtheitsgebots führe, handle es sich bei den erfassten Schenkungen um unbenannte (ehebedingte) Zuwendungen, die nach herrschender zivilrechtlicher Auffassung keine Schenkungen darstellten und daher auch nicht steuerbar seien. Davon abgesehen wäre die Übernahme der Umbaukosten für das Haus in E. allenfalls als mittelbare Grundstückschenkung mit einem anteiligen Einheitswert von ............DM zu werten, für die allerdings die Festsetzungsfrist bereits mit dem Jahr 1988 abgelaufen sei. Gleiches gelte für die Geld-/ Kapitalzuwendungen im Gesamtbetrag von ... Mio. DM im Zeitraum von 1974 bis zum Eintritt des Erbfalls; zudem handle es sich bei diesem auf der Grundlage der Einkommensteuer- und Vermögensteuerakte ermittelten Betrag um eine reine Rechengröße der Betriebsprüfung, die im Einzelnen nicht nachgewiesen sei. Wegen der als Vorschenkungen angesetzten Steuerzahlungen des Erblassers für C. A. sei zu beachten, dass dieser jeweils als Gesamtschuldner die Steuern entrichtet habe. Eine Zuwendung könnte allenfalls in seinem Verzicht auf die Rückgriffsforderung nach § 426 BGB gesehen werden, der zeitlich mit dem Eintritt des Erbfalles zusammenfalle, so dass insoweit kein früherer Erwerb im Sinn des § 14 Abs. 1 ErbStG vorliege, sondern allenfalls ein Erwerb von Todes wegen. Doch da die Betriebsprüfungsstelle dem beklagten Finanzamt am 30.11.1998 die von ihr geschätzten Beträge der Steuerzahlungen mitgeteilt habe, sei insoweit nach § 171 Abs. 8 AO mit dem 30.11.1999 eine Ablaufhemmung für die Festsetzungsfrist beendet gewesen. Im Übrigen seien wegen der Steuerzahlungen die Geldbeträge für die vom Finanzamt als ehebedingte Zuwendungen angesehenen Vorgänge zwar geflossen, aber nur, weil für C. A. im Rahmen der Buchführung ein eigenes Privatkonto gefehlt habe und daher die Zahlungen für sie über das Privatkonto des Erblassers abgewickelt worden seien. Im Übrigen müssten bei einer Anrechnung von Vorerwerben nach § 14 ErbStG auch die darauf entfallenden Schenkungsteuern in vollem Umfang abgezogen werden.
C. A. verstarb am 25.04.2002. Sie wurde aufgrund Testaments von den Klägern zu 1. bis 7. beerbt. .....................................
Die Kläger haben am 30.08.2002 hinsichtlich des Bescheids vom 09.12.1999 Klage (Untätigkeitsklage) erhoben.
Mit den Klägern zu 1. – 7. gegenüber ergangener Einspruchsentscheidung vom 15.11.2002 setzte das Finanzamt die Erbschaftsteuer auf ............. (= ............... DM) herab und wies im Übrigen den Einspruch als unbegründet zurück. Dabei berücksichtigte es den Erwerb von Todes wegen unverändert mit dem Betrag wie im Änderungsbescheid vom 09.12.1999 und die Vorschenkungen hinsichtlich Steuerzahlungen, Eigentumswohnung in X., Finanzierung der Anteile Z. und Schenkungen von Geld-/ Kapitalvermögen ebenfalls mit denselben Gesamtbeträgen wie im Änderungsbescheid. Die Schenkungen von Geld-/ Kapitalvermögen teilte es bei Berechnung der Steuer auf die Jahre 1975 bis 1983 mit je ......... DM und die Jahre 1974 und 1984 mit je 100.000 DM auf und setzte bei der Steuerberechnung die Steuerzahlungen aufgeteilt auf die Jahre 1974 bis 1984 mit insgesamt .......... DM an. Die Umbaukosten für das Wohnhaus in E. berücksichtigte es als Zuwendung eines Familienwohnheimes in Anwendung des Ländererlasses vom 10.11.1988 (BStBl. I 1988, 513) nicht mehr. Wegen der Steuerberechnung im Einzelnen wird auf die Anlage 2 zur Einspruchsentscheidung verwiesen.
Mit der Klage wird beantragt, die Erbschaftsteuerbescheide vom 23.11.1988 und 09.12.1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.11.2002 aufzuheben.
Zur Begründung bringen die Prozessbevollmächtigten im Wesentlichen vor:
Die Erbschaftsteuerbescheide vom 23.11.1988 und vom 09.12.1999 sowie die Einspruchsentscheidung seien mangels hinreichender Bestimmtheit nichtig. Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung (z.B. BFH-Urteil vom 22.09.2004 II R 50/03, BFH/NV 2005,993) bedürfe es zur Bestimmtheit eines Erbschaftsteuer- oder Schenkungsteuerbescheides bei Besteuerung mehrerer Erwerbe in einem Bescheid für jeden Erwerb (Steuerfall) neben der genauen Angabe der besteuerten Lebenssachverhalte (Besteuerungstatbestände, -zeiträume) einer gesonderten Festsetzung der Steuer. Dabei sei eine Aufgliederung der Steuerschuld erforderlich. Diesen Anforderungen genügten die beiden Erbschaftsteuerbescheide sowie die Einspruchsentscheidung nicht. ............................ . Auch im Bescheid vom 09.12.1999 fehle eine getrennte Berechnung der Steuer für die einzelnen Erwerbe von Todes wegen und für die dort mit Sammelbezeichnungen benannten Vorschenkungen. In der Einspruchsentscheidung beziehe sich die Steuerberechnung in der Anlage 2 nur auf die geschätzten Geldschenkungen, nicht auf die übrigen Erwerbstatbestände.
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Für Vorschenkungen sei ferner erstmals in der Einspruchsentscheidung Schenkungsteuer festgesetzt worden. Dies sei jedoch nach Ablauf der dafür maßgeblichen Festsetzungsfrist geschehen. ,.............................
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Das Finanzamt beantragt dagegen Klageabweisung.
Zur Begründung bringt es im Wesentlichen vor:
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Im angefochtenen Bescheid vom 09.12.1999 seien auch die Vorschenkungen erfasst worden, davon die in Form von Steuerzahlungen allerdings nur durch Anrechnung im Rahmen des § 14 ErbStG. In einem solchen zusammengefassten Bescheid könne auf eine Bezeichnung der festgesetzten Steuern nach Art und Betrag dann verzichtet werden, wenn die verschiedenen Sachverhalte unter keinem Gesichtspunkt zu einer unterschiedlichen steuerlichen Behandlung führen würden und eine weitere Aufgliederung des Bescheids lediglich Selbstzweck wäre. In der Anlage 2 zur Einspruchsentscheidung sei im Übrigen die festgesetzte Steuer unter genauer Bezeichnung der einzelnen Vorschenkungen nach einzelnen Erwerben aufgegliedert worden, soweit dies möglich gewesen sei; für eine weitergehende Aufgliederung habe dem Finanzamt die genauere Kenntnis der Schenkungszeitpunkte gefehlt.
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Die Vorschenkungen seien bereits im Steuerbescheid vom 09.12.1999 erfasst worden; diejenigen in Form von Steuerzahlungen allerdings nur im Rahmen des § 14 ErbStG, weil insoweit hinsichtlich der Aussetzung der Steuerfestsetzung die Jahresfrist des § 171 Abs. 8 AO verstrichen gewesen sei. Im Übrigen sei hinsichtlich der Vorschenkungen Festsetzungsverjährung nach §§ 171 Abs. 3a i.V.m. 367 Abs. 2 Satz 2 AO noch nicht eingetreten.
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Gründe
I.
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II.
Die Klagen der Kläger zu 1. bis 7. sind teilweise begründet.
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Entgegen der Auffassung der Prozessbevollmächtigten ist die Erbschaftsteuerfestsetzung laut Bescheid vom 23.11.1988 nicht nichtig gewesen. Der Bescheid ist vielmehr hinreichend bestimmt.
Schriftliche Steuerbescheide müssen nach § 119 Abs. 1 AO inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Danach muss der Regelungsinhalt dem Verwaltungsakt eindeutig entnommen werden können. Hierzu gehört, dass der Bescheid die festgesetzte Steuer nach Art und Betrag bezeichnet und angibt, wer die Steuer schuldet (§ 157 Abs.. 1 Satz 2 AO). Dieses Erfordernis verlangt die Angabe der einzelnen, durch die Verwirklichung eines bestimmten Steuertatbestands jeweils ausgelösten Steuerschuld. Dies gilt auch in den Fällen, in denen von der verfahrensrechtlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, mehrere Erwerbe (Steuerfälle) in einem Steuerbescheid zusammenzufassen. Mehrere (getrennte) Steuerfälle erfordern in diesem Fall neben der Angabe, welche Lebenssachverhalte besteuert werden sollen, für jeden Steuerfall eine gesonderte Festsetzung der Steuer. Erforderlich ist eine Aufgliederung der Steuerschuld insbesondere dann, wenn das rechtliche Schicksal der verschiedenen Steueransprüche nach Anspruchsgrund bzw. dessen Wegfall, wegen möglicher Befreiungstatbestände und des Eintritts der Verjährung einen unterschiedlichen Verlauf nehmen sowie der für den Einzelfall festgesetzten Steuer eine weitere rechtliche Bedeutung – wie z.B. im Rahmen des § 14 ErbStG – zukommen kann (vgl. BFH-Urteile vom 02.07.2004 II R 74/01, BFH/NV 2004, 1511, vom 22.09.2004 II R 50/03, BFH/NV 2005,993, vom 09.12.1998 II R 9/97, BFH/NV 1999, 1091, vom 21.05.2001 II R 55/99, BFH/NV 2001, 1377 und vom 16.12.1992 II R 114/89, BFH/NV 1993, 298). Ein Verwaltungsakt und damit ein Steuerbescheid, der mehrere Steuerarten betrifft oder mehrere Erwerbe (Steuerfälle), enthält mehrere selbständige Regelungen, deren inhaltliche Bestimmtheit jeweils für sich zu prüfen ist (vgl. BFH-Urteil vom 25.09.1990 IX R 84/88, BStBl. II 1991, 120, 122; Frotscher in Schwarz, AO, § 119 Rz. 8).
Der Bescheid vom 23.11.1988 bezeichnet die Steuer nach Art –Erbschaftsteuer– und Betrag –............... DM– eindeutig. Indem der Bescheid an C. A. gerichtet ist, ergibt sich diese aus ihm als Steuerschuldnerin. Als Regelungsinhalt des Bescheids ist klar die Erbschaftsteuerveranlagung der C. A. für ihren Erwerb vom Erblasser zu ersehen, denn im Bescheidkopf wird in der Tatbestandsbeschreibung der „Erwerb von Todes wegen nach B. A., gestorben am 18.07.1984,” genannt und sodann bei der Steuerberechnung der Erwerbswert angegeben und dabei auf das Schreiben des Finanzamts vom 21.10.1988 verwiesen, in welchem die Ermittlung dieses Werts aufgeschlüsselt und die einzelnen Besteuerungsgrundlagen dargelegt worden sind. Auch soweit C. A. mit dem Ableben des Erblassers verschiedene Vermögensgegenstände durch Vermächtnis und mehrere Renten aufgrund zeitlich vorangegangener vertraglicher Vereinbarungen erworben hat, handelt es sich bei ihrem mit dem Ableben des Erblassers eingetretenen Erwerb um einen einheitlichen Erwerb im Sinn eines einzigen Steuerfalles (Besteuerungstatbestands). Dass für einzelne der erworbenen Gegenstände und Vermögenswerte teilweise unterschiedliche Erwerbsgründe (Vermächtnis, Anfall eines Vermögensvorteils aufgrund Vertrages mit Eintritt des Erbfalls) bestehen, ändert nichts daran, dass die Erbschaftsteuer für den gesamten Erwerb der C. A. mit dem Ableben des Erblassers entstanden ist (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) und darauf beruht. Es liegt demnach ein einheitlicher Erwerb vor (vgl. auch Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 9 Rn. 5; Gebel, ZEV 2001, 213, 214 unter 2.2 a. E.). Für die erworbenen einzelnen Gegenstände und Vermögenswerte bedarf es aber nicht des Ausweises des durch sie jeweils verursachten Anteils an der festgesetzten Erbschaftsteuer.
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3. a) Der Bescheid vom 09.12.1999 stellt sich hinsichtlich von Vorschenkungen des Erblassers an C. A. nicht als zusammenfassende Steuerfestsetzung dar, er enthält hinsichtlich der in seiner Anlage aufgeführten Vorschenkungen –Steuerzahlungen durch den Erblasser, Eigentumswohnung in X., Umbaukosten für das Wohnhaus in E., Kaufpreisfinanzierung der Anteile an der Z., weitere Schenkungen von Geld- /Kapitalvermögen i.H.v. ..... Mio. DM– keine wirksame Festsetzung von Schenkungsteuer.
Der Regelungsinhalt eines Verwaltungsakts, der nach § 119 Abs. 1 AO inhaltlich hinreichend bestimmt sein muss und in dem auch mehrere Erwerbe im Sinn von mehreren Steuerfällen zusammengefasst werden können (vgl. dazu oben unter 1.f)), ist ggf. im Wege der Auslegung zu ermitteln. Maßgebend ist, wie der Adressat selbst nach dem ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte. Die Auslegung des Verwaltungsakts muss einen Anhalt in der bekannt gegebenen Regelung haben. Der Regelungsinhalt eines Bescheids bestimmt sich nicht nach dem, was das Finanzamt mit seiner Erklärung gewollt hat. Es kommt demnach nicht darauf an, ob das Finanzamt mit dem Bescheid auch erstmalig Vorschenkungen der Schenkungsteuer unterwerfen wollte (vgl. BFH-Urteile vom 24.08.2005 II R 16/02, BStBl. II 2006, 36 und vom 27.11.1996 X R 20/95, BStBl. II 1997, 791).
Der Bescheid vom 09.12.1999 enthält nach seinem objektiven Erklärungsinhalt keine Festsetzung von Schenkungsteuer. Auch wenn das Finanzamt in seinem dem Bescheid vorangegangenen Schreiben an den Prozessbevollmächtigten StB F. vom 23.03.1999 einen steuerlichen Ansatz der Vorschenkungen –ausgenommen diejenigen in Form von Steuerzahlungen– angekündigt hat und alle Vorschenkungen einschließlich der in Form von Steuerzahlungen in der Anlage zum Bescheid unter Hinweis auf weitere Anlagen der Art und dem Gesamtbetrag nach aufgeführt sind, weist der Bescheid weder bei der Steuerfestsetzung noch ihrer Berechnung eine Schenkungsteuer aus. Der Bescheid ist als Erbschaftsteuerbescheid bezeichnet. Nach seinem Wortlaut wird darin Erbschaftsteuer festgesetzt, Schenkungsteuer wird dabei nicht erwähnt. Auch soweit bei Berechnung der Steuer für Vorerwerbe der in der Anlage zum Bescheid für die Vorschenkungen aufgeschlüsselte Betrag von 6.731.583 DM angesetzt wird, weist das Bescheidformular in der entsprechenden Zeile unverändert durch einen Klammerzusatz auf § 14 ErbStG hin. Nach der vor der Steuerberechnung und zur Steuerfestsetzung angegebenen Tatbestandsbeschreibung betrifft der Bescheid (lediglich) den Erwerb der C. A. von Todes wegen nach B. A..
Auch soweit im Bescheid bei Berechnung des steuerpflichtigen Erwerbs sowie der Steuerfestsetzung die Vorschenkungen voll einbezogen und nicht nur nach § 14 ErbStG angerechnet worden sind –Letzteres ist nach den Angaben im Schreiben des Finanzamts vom 23.03.1999 lediglich für die Vorschenkungen in Form von Steuerzahlungen geschehen, wie auch die Berechnung der Schenkungsteuer hierfür in einem Aktenvermerk des Finanzamts vom 02.03.1999 und die Ankündigung einer Festsetzung der Schenkungsteuer für die Steuerzahlungen mit weiterem Schreiben des Finanzamts an StB F. vom 23.03.1999 zeigen–, weist der Bescheid weder ausdrücklich noch ohne weiteres erkennbar eine Schenkungsteuer aus; er enthält insoweit lediglich eine unzutreffende Berechnung der Erbschaftsteuer. Der Bescheid ist wegen Verstoßes gegen § 14 Abs. 1 ErbStG rechtswidrig, soweit seine Steuerfestsetzung auf einer Zusammenrechnung des Werts des Erwerbs von Todes wegen mit dem Wert der Vorschenkungen beruht, ohne dass jedoch ein Steuerabzug für die Vorschenkungen vorgenommen wird (vgl. BFH-Urteil vom 24.08.2005, in BStBl. II 2006,36).
Mit dem Bescheid vom 09.12.1999 hat das Finanzamt –wenn auch in der Höhe teilweise unzutreffend wegen voller Einbeziehung von Vorschenkungen ohne entsprechende Anrechnung der darauf entfallenden Schenkungsteuer– gegenüber C. A. wirksam (lediglich) Erbschaftsteuer festgesetzt. Die teilweise Rechtswidrigkeit des Bescheids berührt nicht seine Wirksamkeit, da er wie dargelegt nicht mit Schenkungsteuerfestsetzungen für Vorschenkungen zusammengefasst ist (vgl. BFH-Urteil in BStBl. II 2006, 36).
Ob für die Vorschenkungen in der Einspruchsentscheidung vom 15.11.2002 trotz der eingehenden Berechnung der Steuer einschließlich der für die Schenkungen (Anlage 2 zur Einspruchsentscheidung) erstmals eine Festsetzung der Schenkungsteuer für die Vorschenkungen erfolgt ist –laut Tenor der Einspruchsentscheidung wurde darin nur die Erbschaftsteuerfestsetzung geändert– kann dahingestellt bleiben. Denn einer erstmaligen Festsetzung von Schenkungsteuer in der Einspruchsentscheidung steht für jede der Vorschenkungen –Steuerzahlungen, Anschaffung Eigentumswohnung in X., Umbaukosten Wohnhaus in E., Finanzierung der Anteile Z. und Zuwendung von Geld-/Kapitalvermögen über insgesamt ..... Mio. DM– der Ablauf der Festsetzungsfrist entgegen.
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4. Obgleich das Finanzamt für die Vorschenkungen wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist Schenkungsteuer nicht mehr festsetzen konnte, können diese mit Ausnahme der Vorschenkung in Form von Steuerzahlungen bei der angefochtenen Erbschaftsteuerfestsetzung als Vorerwerbe im Rahmen des § 14 ErbStG berücksichtigt werden.
a) Nach § 14 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ErbStG werden mehrere innerhalb von 10 Jahren von der selben Person anfallende Vermögensvorteile in der Weise zusammengerechnet, dass dem letzten Erwerb die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert zugerechnet werden und von der Steuer für den Gesamtbetrag die Steuer abgezogen wird, die für die früheren Erwerbe zur Zeit des letzten Erwerbs zu erheben gewesen wäre. Diese Zusammenrechnungsregelung ändert nichts daran, dass die einzelnen Erwerbe als selbständige steuerpflichtige Vorgänge jeweils für sich der Steuer unterliegen. Weder werden frühere Steuerfestsetzungen mit den Steuerfestsetzungen mit dem letzten Erwerb zusammengefasst noch werden die einzelnen Erwerbe innerhalb eines Zehnjahreszeitraums zu einem einheitlichen Erwerb verbunden. Die Vorschrift trifft lediglich eine besondere Anordnung für die Berechnung der Steuer, die für den jeweils letzten Erwerb innerhalb des Zehnjahreszeitraums festzusetzen ist (vgl. BFH-Urteil vom 07.10.1998 II R 64/96, BStBl. II 1999, 25). Entsprechend steht der Berücksichtigung eines früheren Erwerbs aus dem Zehnjahreszeitraum nach § 14 Abs. 1 ErbStG nicht entgegen, dass wegen Festsetzung der Schenkungsteuer für diesen früheren Erwerb bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Denn bei der Zusammenrechnung mehrerer innerhalb von 10 Jahren von der selben Person anfallender Vermögensvorteile mit dem letzten Erwerb sind die früheren Erwerbe unabhängig davon, ob für diese die Steuer (richtig) festgesetzt worden ist, mit den ihnen zukommenden richtigen Werten anzusetzen. Dem steht weder die Bestandskraft vorangegangener Steuerbescheide noch ein Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegen, denn der steuerlichen Behandlung der früheren Erwerbe kommt nach dem Gesetz keine Bindungswirkung für die Steuerfestsetzung nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG für den letzten Erwerb zu (vgl. BFH-Urteil vom 21.05.2001 II R 48/99, BFH/NV 2001, 1407, 1409).
Hinsichtlich einer solchen Berücksichtigung von Zuwendungen des Erblassers an C. A. nach § 14 ErbStG konnte mit dem Bescheid vom 09.12.1999 die bisherige Erbschaftsteuerfestsetzung nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO geändert werden. Nach dieser Vorschrift kann das Finanzamt eine Steuerfestsetzung ändern, soweit es die Steuer vorläufig festgesetzt hat. Der Bescheid vom 23.11.1988 ist in vollem Umfang vorläufig ergangen. Eine vorläufige Steuerfestsetzung ist damals jedenfalls wegen der Berücksichtigung von Vorschenkungen als Vorerwerbe nach § 14 ErbStG zulässig gewesen; demnach war der Vorläufigkeitsvermerk jedenfalls insoweit rechtmäßig und wirksam. Nach Vorschenkungen hatte das Finanzamt Y in seinem in den Erläuterungen zum Bescheid erwähnten Schreiben vom 21.10.1988 gefragt. Auch durch das Antwortschreiben des Prozessbevollmächtigten StB F. vom 15.11.1988, in welchem er die Antwort auf die Frage nach Vorschenkungen in Form von Steuerzahlungen zurückstellte, war die Ungewissheit hinsichtlich des Umfangs und der Höhe von Vorschenkungen nicht entfallen.
Hinsichtlich der Berechnung der Erbschaftsteuer wegen Berücksichtigung von Vorschenkungen nach § 14 ErbStG handelt es sich bei dem Bescheid vom 09.12.1999 auch um einen Änderungsbescheid nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO. Wie oben bereits dargelegt (s. Ziffer 3a), enthält der Bescheid vom 09.12.1999 nicht eine Festsetzung von Schenkungsteuer, sondern lediglich der Erbschaftsteuer. Auch soweit das Finanzamt in diesem Bescheid die Steuer, die auf als Vorerwerbe berücksichtigte Vorschenkungen hinsichtlich der Eigentumswohnung in X., der Umbaukosten für das Wohnhaus in E., der Kaufpreisfinanzierung der Anteile an der Z. sowie bezüglich der Zuwendung von Geld-/ Kapitalvermögen entfällt, zwar eingerechnet, die für die Vorerwerbe an sich zu erhebende Steuer aber nicht abgezogen hat, liegt eine –wenn auch unzutreffende, weil unvollständige– Steuerberechnung nach § 14 Abs. 1 ErbStG vor. Die volle Einbeziehung der auf die Vorschenkung entfallenden Steuer in die Steuerfestsetzung im Bescheid umfasst und beinhaltet auch ihre Einbeziehung nach § 14 Abs. 1 ErbStG. Dass das Finanzamt mit dem Bescheid vom 09.12.1999 erstmals auch Vorschenkungen der Schenkungsteuer unterwerfen wollte und möglicherweise der Prozessbevollmächtigte StB F. als Empfangsbevollmächtigter des Bescheids in diesem eine Festsetzung auch von Schenkungsteuer gesehen hat, ändert nicht den objektiven Erklärungsinhalt des Bescheids ausschließlich als geänderte Erbschaftsteuerfestsetzung, mit der –wenn auch in unvollständiger Weise– Vorschenkungen nach § 14 ErbStG erfasst wurden.
Für die Berücksichtigung von Vorschenkungen nach § 14 Abs. 1 ErbStG wegen der Eigentumswohnung in X., der Finanzierung der Anteile an der Z. sowie durch Zuwendung von Geld-/ Kapitalvermögen war bei Erlass des Änderungsbescheids vom 09.12.1999 Festsetzungsverjährung noch nicht eingetreten. Aufgrund der jedenfalls insoweit zutreffenden vorläufigen Festsetzung der Erbschaftsteuer im Bescheid vom 23.11.1988 war hinsichtlich der Berücksichtigung dieser Vorschenkungen der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 8 AO noch gehemmt. Hinsichtlich dieser Vorschenkungen ist für das beklagte Finanzamt erst aufgrund der Mitteilungen der Betriebsprüfungsstelle vom 18.12.1998 und 08.02.1999 die für die Vorläufigkeit maßgebliche Ungewissheit entfallen und damit der geänderte Bescheid vom 09.12.1999 noch vor Ablauf eines Jahres seit Wegfall dieser Ungewissheit ergangen.
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Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 143 Abs. 1, 136 Abs. 1 FGO.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird wegen der Schwierigkeit der Rechtsfragen für notwendig erklärt (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).