08.01.2010
Finanzgericht Münster: Urteil vom 16.03.2005 – 10 K 1203/03 G
1) Die Grundstücksaktivitäten einer zwischengeschalteten GmbH sind dem Steuerpflichtigen bei Berechnung der Drei-Objekt-Grenze nicht zuzurechnen.
2) Ein Gestaltungsmissbrauch ist nicht anzunehmen, wenn ein Steuerpflichtiger eine GmbH aus dem Grund der Haftungsminimierung zwischenschaltet.
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat der 10. Senat des Finanzgerichts Münster in der Sitzung vom 16.03.2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Finanzgericht …
Richter am Finanzgericht …
Richter am Finanzgericht …
Ehrenamtliche Richterin …
Ehrenamtlicher Richter …
auf Grund mündlicher Verhandlung für Recht erkannt:
Tatbestand:
Streitig ist für die Frage des Bestehens eines gewerblichen Grundstückshandels, ob die Zwischenschaltung einer GmbH im Rahmen der Veräußerung von sechs noch fertig zu stellenden Eigentumswohnungen eines Mehrfamilienhauses einen Gestaltungsmissbrauch darstellt.
Der Kläger war seit dem 4.1.1993 selbstständig als Versicherungsvertreter und Immobilienmakler des X… tätig.
Er erwarb mit notariellem Vertrag vom 22.12.1993 (Urkunde Nr. 924/1993 des Notars N… in X-Stadt) zu einen Kaufpreis von 180.000 DM und veräußerte mit notariellem Vertrag vom 26.3.1999 (Urkunde Nr. 170/1999 des Notars N2… in X-Stadt) zu einem Verkaufpreis von 270.000 DM einen Miteigentumsanteil von 122/1000stel des mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks A-Straße 147 in X-Stadt, verbunden mit dem Sondereigentum an der Eigentumswohnung Nr. 3, die er vom Erwerb bis zur Veräußerung zu eigenen Wohnzwecken nutzte.
Ebenfalls mit notariellen Vertrag vom 22.12.1993 (Urkunde Nr. 923/93 des Notars N… in X-Stadt) erwarb er zu einen –durch Kredit finanzierten– Kaufpreis von 270.000 DM weitere 528/1000stel des Grundstücks A-Straße 147 in X-Stadt, verbunden mit dem Sondereigentum an der Eigentumswohnung Nr. 5 des Mehrfamilienhauses.
Für diese Wohnung, die eine Fläche von ca. 390 m² im Erd- und Obergeschoss, verbunden mit dem Sondernutzungsrecht an einem nicht ausgebauten Dachboden mit einer Fläche von 150 m² hatte, stellte der Kläger am 17.6.1994 einen Bauantrag auf Umgestaltung der Eigentumswohnung in sechs abgeschlossene Wohnungen und begann nach Erteilung der Baugenehmigung am 22.6.94 mit Umbauarbeiten. Nach einer Wertermittlung durch den vereidigten Taxator T… in X-Stadt hatte die Wohnung Nr. 5 zum 1.9.1994 auf Grund der bereits durchgeführten Umbauarbeiten einen Wert von 525.000 DM.
Mit Gesellschaftsvertrag vom 6.9.1994 (Urkunde Nr. 619/1994 des Notars N… in X-Stadt) gründete der Kläger die Firma … GmbH (im folgenden: GmbH) mit einem Stammkapital von 50.000 DM, das er allein übernahm und das in Form einer Sacheinlage durch Übertragung der –im Umbau befindlichen– Eigentumswohnung Nr. 5, von Verbindlichkeiten aus dem Kauf und dem Umbau sowie offener Rechnungen zu leisten war. Ein dabei entstehender Fehlbetrag aus übertragenem Grundstück und übertragenen Verbindlichkeiten sollte sofort bar ausgeglichen, ein Überschuss der GmbH als verzinsliches Darlehen zur Verfügung gestellt werden (Ziffer 2 letzter Absatz des Gesellschaftsvertrages).
Nach dem Sachgründungsbericht vom 6.9.1994 betrugen die von der GmbH übernommenen Verbindlichkeiten aus Handwerkerrechnungen für bereits durchgeführte Arbeiten und aus angefallenen Kosten für Anschaffung des Grundstücks, Architektenleistungen, Materialeinkäufe und Unterhaltung der Eigentumswohnung insgesamt 352.410,35 DM. Bei einem –angesetzten– Wert der übertragenen Eigentumswohnung von 525.000 DM ergab sich danach ein Überschuss von 172.589,65 DM.
Nach der am 20.09.1994 erfolgten Erteilung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung im Sinne des Gesetzes über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (WEG) teilte die GmbH mit Teilungserklärung vom 22.12.1994 die bisherige Eigentumswohnung Nr. 5 in sechs neue Eigentumswohnungen auf, stellte die Eigentumswohnungen –nach und nach und mit nicht unerheblichen Materialaufwand (laut Bilanzen und Gewinn– und Verlustrechnungen der GmbH ergeben sich Zuführungen beim Umlaufvermögen von 170.239 DM in 1994 und 127.532 DM in 1995)– fertig und veräußerte sie in den Jahren 1994 (Wohnung 9), 1995 (Wohnungen 8 und 10), 1997 (Wohnungen 6 und 7) und 1999 (Wohnung 5) an verschiedene Erwerber.
Neben Erlösen aus den Veräußerungen in Höhe von insgesamt 1.042.000 DM und der zwischenzeitlichen Vermietung der Wohnungen erzielte die GmbH lediglich im Jahre 1995 Einnahmen aus 3 Courtage-Rechnungen in Höhe von brutto insgesamt 11.983 DM und 1996 Provisionseinnahmen in Höhe von brutto insgesamt 14.988,26 DM.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen der GmbH Bezug genommen.
Die GmbH ist inzwischen durch Gesellschafterbeschluss vom 19.01.2000 aufgelöst. Einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens hat das Amtsgericht Y-Stadt mit Beschluss des vom 20.05.2003 10 b IN 41/03 mangels Masse abgewiesen. Seit dem 25.06.2003 ist die GmbH im Handelsregister gelöscht.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 28.10.1994 (Urkunde 737/1994 des Notars N… in X-Stadt) erwarb der Kläger zu einem Kaufpreis von 110.000 DM das mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück B-Straße 40 in Z-Stadt. Am 12.10.1995 gab er ein notarielles Angebot (Urkunde Nr. 65/1995 des Notars N2… in X-Stadt) zum Verkauf dieses Grundstücks zu einem Kaufpreis von 220.000 DM ab, das die Erwerber mit notarieller Urkunde vom 4.12.1996 (Urkunde Nr. 450/1996 des Notars N… in X-Stadt) annahmen.
Nach einer Betriebsprüfung beim Kläger rechnete der Prüfer die sechs Grundstücksverkäufe der GmbH dem Kläger zu und vertrat die Auffassung, der Kläger habe einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben. Auch die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung Nr. 3 und das Einfamilienhaus B-Straße 40 seien seinem Betriebsvermögen zuzurechnen.
Er berechnete die gewerblichen Einkünfte des Klägers aus dem Grundstückshandel für 1994 mit 162.815,67 DM und für 1996 mit 100.114,85 DM.
Der Beklagte erließ – dem Prüfer folgend – erstmalige Gewerbesteuermessbescheide für 1994 und 1996. Die hiergegen eingelegten Einsprüche blieben erfolglos.
Mit Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, die Tatbestandsvoraussetzungen eines gewerblichen Grundstückshandels seien nicht erfüllt, da er nicht mehr als 3 Objekte veräußert habe.
Die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung Nr. 3 gehöre selbst bei Bestehen eines gewerblichen Grundstückshandels zum (notwendigen) Privatvermögen.
Mit der Eigentumswohnung Nr. 5 habe er nur ein noch ungeteiltes Objekt veräußert. Die später nach der Aufteilung durch die GmbH erfolgen Veräußerungen seien ihm nicht zuzurechnen. Insbesondere sei kein Fall des § 42 Abgabenordnung (AO) gegeben. Es liege schon deshalb keine unangemessene Gestaltung vor, weil die Sachgründung der eine erhebliche Bautätigkeit entfaltenden GmbH der Minimierung seines Haftungsrisikos gedient habe und weder umständlich und kompliziert noch unvernünftig gewesen sei.
Aber selbst wenn bereits der Erwerb und der Beginn des Umbaus der bisherigen Eigentumswohnung Nr. 5 als gewerblicher Grundstückshandel zu beurteilen sei, stelle die Einbringung dieses gewerblichen Grundstückshandels in die GmbH einen Fall des § 20 UmwStG dar. Insofern unterfalle ein hieraus erzielter Veräußerungsgewinn nicht der Gewerbesteuer.
Auch durch den Verkauf des Einfamilienhauses B-Straße 40 sei der Bereich der privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten. Hier sei auch von Bedeutung, dass ein nach Auffassung des Beklagten eventuell bestehender gewerblicher Grundstückshandel spätestens am 6.9.1994 mit Einbringung des gesamten Betriebes in die GmbH beendet gewesen sei. Das Einfamilienhaus habe er erst danach am 28.10.1994 erworben.
Der Kläger beantragt,
die Gewerbesteuermessbescheide für 1994 und 1996 vom 24.1.2001 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 3.2.2003 aufzuheben,
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist weiterhin der Auffassung, der Kläger habe einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben, da er in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Anschaffung/Herstellung mehr als drei Grundstücke veräußert habe.
Die Anzahl der Objekte ergebe sich durch Zurechnung der Grundstücksverkäufe der GmbH beim Kläger; die Zwischenschaltung der GmbH erfülle die Voraussetzungen eines Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 AO.
Der Kläger habe den Verkauf der sechs Eigentumswohnungen ohne wirtschaftlichen Grund auf die GmbH ausgelagert, deren Alleingesellschafter-Geschäftsführer er gewesen sei. Er habe bereits selbst baurechtlich den Umbau des Objektes in sechs Eigentumswohnungen beantragt und diese Wohnungen nach der vorliegenden Wertermittlung auch bereits im Rohbau erstellt gehabt. Die Abgeschlossenheitsbescheinigung sei vom Kläger beantragt und wenige Tage nach der Übertragung des Objektes auf die GmbH erteilt worden. Der Kläger habe insoweit von Anfang an die in der Absicht gehandelt, die fertig gestellten Eigentumswohnungen weiter zu veräußern.
Die GmbH sei auch ausschließlich zum Zwecke der Weiterveräußerung der sechs Eigentumswohnungen gegründet worden. Sie habe zunächst nur Umsätze aus der Veräußerung dieser Objekte erzielt und keine weiteren Tätigkeiten ausgeübt. Wenn sie nachfolgend in geringem Umfang auch Provisionen vereinnahmt habe, führe das nicht zu einer anderen Beurteilung des Sachverhaltes im Zeitpunkt ihrer Gründung. Der Kaufpreis sei von der zwischengeschalteten GmbH teilweise durch Übernahme von Verbindlichkeiten und teilweise durch ein Darlehen des Klägers erbracht worden, dass erst durch die späteren Verkaufserlöse rückzahlbar gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Steuerakten des Klägers und der GmbH, das Protokoll über die Erörterung vom 14.10.2004 und die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Gründe:
Die Klage ist begründet.
Die Gewerbesteuermessbescheide für 1994 und 1996 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Absatz 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung –FGO–).
Entgegen der Auffassung des Beklagten hat der Kläger keinen gewerblichen Grundstückshandel betrieben.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) i.V.m. § 15 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) ist Gewerbebetrieb eine selbständige und nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung das negative Erfordernis aufgestellt, dass es sich bei der Tätigkeit nicht um private Vermögensverwaltung handeln darf.
Die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb wird überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten entscheidend in den Vordergrund tritt. Zur Konkretisierung dieser Unterscheidung im Bereich des gewerblichen Grundstückshandels hat die Rechtsprechung die sog. Drei-Objekt-Grenze eingeführt. Werden danach innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs ?in der Regel fünf Jahre? zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und Verkauf mindestens vier Objekte veräußert, so kann von einem gewerblichen Grundstückshandel ausgegangen werden, weil die äußeren Umstände den Schluss zulassen, dass es dem Steuerpflichtigen auf die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung ankommt (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 10.12.2001 GrS 1/98, BStBl II 2002, 291, m.w.N.).
Im Streitfall ist bereits der Bereich der privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten.
Der Kläger hat in eigener Person lediglich 3 Objekte (die bis zum Verkauf für eigene Wohnzwecke genutzte, inzwischen unstreitig zum Privatvermögen gehörende Eigentumswohnung Nr. 3, das Einfamilienhaus B-Straße 40 und die ungeteilte Eigentumswohnung Nr. 5) veräußert.
Die bei Einbringung in die GmbH am 06.09.1994 noch ungeteilte Eigentumswohnung Nr. 5 zählt –ebenso wie ein ungeteiltes Mehrfamilienhaus (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 18.05.1999 I R 118/97, BStBl II 2000, 28; vom 15.03.2000 X R 130/97, BStBl II 2001, 530)– als ein Objekt. Insoweit liegen erst dann mehrere Objekte vor, wenn –wie hier frühestens nach Erteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung vom 20.09.1994 und Neufassung der Teilungserklärung vom 22.12.1994– eine Teilung nach dem WEG vollzogen worden ist. Erst eine solche Teilung schafft die zivilrechtlichen Voraussetzungen für die Entstehung selbständiger Wirtschaftsgüter (BFH-Urteil vom 18.09.2002 X R 108/96, BFH/NV 2003, 455). Hieran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Kläger bereits vor dem 6.9.1994 die Abgeschlossenheitsbescheinigung beantragt und mit dem Umbau der Wohnung in sechs Eigentumswohnungen begonnen hatte.
Besondere Umstände (wie z.B. eine nur kurzfristige Finanzierung des Erwerbs und des Umbaus der Eigentumswohnung Nr. 5, Beauftragung eines Maklers mit dem Verkauf des Objekts schon während der Umbauphase, Schaltung von Veräußerungsannoncen, Abschluss eines Vorvertrages mit einem künftigen Erwerber, etc), die es im Streitfall ausnahmsweise rechtfertigen, abweichend von der sog. Drei-Objekt-Grenze deshalb einen Grundstückshandel anzunehmen, weil der Kläger bereits bei Anschaffung der noch ungeteilten Eigentumswohnung Nr. 5 im Jahre 1994 eine unbedingte Weiterveräußerungsabsicht besessen hätte, sind weder vom Beklagten vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich. Allein der begonnene Umbau in sechs Eigentumswohnungen und ein Antrag auf Erteilung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung reichen hierfür noch nicht aus. Auch liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger sich schon an den Markt gewandt hatte.
Entgegen der Ansicht des Beklagten sind dem Kläger die Grundstücksaktivitäten der GmbH nicht zuzurechnen.
Ein unmittelbarer Durchgriff durch die GmbH scheitert bereits daran, dass die GmbH nicht nur zivil-, sondern auch steuerrechtlich ein selbständiges Steuersubjekt (§ 1 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes –KStG–) ist. Ihre Tätigkeit gilt (bereits) stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG). Der Anteilseigner hat unmittelbar keinen Gewinn aus der Tätigkeit der Kapitalgesellschaft gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu versteuern, sondern bezieht ggf. Einkünfte aus Kapitalvermögen.
Dabei ist die Wahl der Rechtsform dem Steuerpflichtigen grundsätzlich freigestellt (BFH-Beschluss vom 24.07.2003 X B 123/02, BFH/NV 2003, 1571, 1573), und zwar auch dann, wenn damit das Ziel verbunden wird, eine geringere Steuerbelastung zu erreichen (BFH-Urteil vom 23.10.1996 I R 55/95, BStBl II 1998, 90). Die unterschiedliche zivil- und steuerrechtliche Struktur von Personen- und Kapitalgesellschaften rechtfertigt nicht nur eine Differenzierung hinsichtlich der Abschirmwirkung, sondern sie gebietet auch eine konsequente Beachtung des Trennungsprinzips im Steuerrecht.
Das Steuerrecht stellt zwar ausdrückliche Ausnahmeregelungen zur Verfügung, u.a. in den Fällen des Scheingeschäftes (§ 41 AO) und des Gestaltungsmissbrauchs
(§ 42 AO). Diese Regelungen enthalten bindende gesetzliche Vorgaben für die Beurteilung, unter welchen Voraussetzungen zivil- und steuerrechtlich grundsätzlich wirksame Gestaltungen für die Besteuerung ausnahmsweise negiert werden dürfen (BFH-Urteil vom 18.03.2004 III R 25/02, BStBl II 2004, 787 m.w.N.).
Eine solche Ausnahmeregelung ist aber im Streitfall nicht gegeben.
Für das Vorliegen eines Scheingeschäftes liegen keinerlei Anhaltspunkte vor.
Die Einbringung der Eigentumswohnung Nr. 5 in die dem Kläger als Alleingesellschafter nahestehende, von ihm als alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer beherrschte GmbH und der anschließende Verkauf der sechs Eigentumswohnungen stellt aufgrund der für die Beurteilung wesentlichen Gesamtumstände des Einzelfalls auch keinen Gestaltungsmissbrauch gemäß § 42 Abs. 1 AO dar.
Nach § 42 Abs. 1 Satz 1 AO kann durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Nach ständiger Rechtsprechung liegt ein solcher Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten vor, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die zur Erreichung des erstrebten wirtschaftlichen Ziels unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonstige beachtliche außersteuerrechtliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist.
Im Streitfall bestehen entgegen der Ansicht des Beklagten beachtliche wirtschaftliche Gründe des Klägers, die im Rohbau befindliche Eigentumswohnung Nr. 5 in die neu gegründete GmbH einzubringen und über sie fertig zu stellen und zu vermarkten.
Solche Gründe ergeben sich bereits aus der hierdurch erreichten Minimierung des persönlichen Haftungsrisikos des Klägers.
Der Beklagte verkennt, dass die GmbH nicht lediglich bereits vom Kläger vollständig fertig gestellte Eigentumswohnungen erworben und vermarktet, sondern ihrerseits die noch im Rohbau befindliche und noch nicht aufgeteilte Eigentumswohnung Nr. 5 vor der möglichen Vermarktung erst mit erheblichen Materialaufwand fertig stellen musste und fertig gestellt hat. Bei vergleichbaren Bauträgertätigkeiten ist es im Wirtschaftsverkehr allgemein üblich und anerkannt, die Tätigkeiten nicht als Einzelunternehmer durchzuführen, sondern insbesondere aus haftungsrechtlichen Gründen eine GmbH zu gründen, die die Wohnungen herstellt bzw. herstellen lässt und vermarktet.
Dies widerspricht auch nicht den Wertungen des Gesetzgebers, der auch für Einzelpersonen den Weg der wirtschaftlichen Betätigung über eine GmbH zur Verfügung stellt, indem er seit längerem die Gründung auch von sog. Einmann-GmbHs zugelassen hat.
Hinreichende Anhaltspunkte, dass durch die Übertragung der Eigentumswohnung Nr. 5 einvernehmlich die Verlagerung von Wertschöpfungen in den außersteuerlichen Bereich geplant und verwirklicht wurde, sind nicht gegeben.
Insbesondere ist die Eigentumswohnung Nr. 5 nicht zu einem offenbar überhöhten Preis, sondern zu dem von einem Taxator für diesen Zeitpunkt ermittelten Wert in die GmbH eingebracht worden. Dies wird auch vom Beklagten, der im Übrigen bei der Veranlagung der GmbH –auch nach erfolgter Betriebsprüfung– diesen Einbringungswert akzeptiert hat, nicht in Abrede gestellt bzw. konkret bestritten.
Dass der Kläger der GmbH den Unterschiedsbetrag zwischen dem Wert der Eigentumswohnung Nr. 5 und den übernommenen Darlehen und Bauverbindlichkeiten in Höhe von einer DM 172.589,65 DM als Darlehen zur Verfügung gestellt hat, ist ebenfalls keine unangemessene Gestaltung. Insbesondere bei neu gegründeten GmbH's ist es bei dem notwendigen Kapitalbedarf nicht ungewöhnlich, dass neben dem Stammkapital u.a. verzinsliche Darlehen der Gesellschafter zur Verfügung gestellt werden, die naturgemäß erst aus späteren Gewinnen zurückgezahlt werden können.
Bei dieser Sachlage rechtfertigt allein die Tatsache, dass der Kläger die GmbH als alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer beherrschen konnte und beherrscht hat und die Verkäufe auch ohne Einschaltung der GmbH in eigener Person hätte durchführen können, nicht die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs im Sinne des § 42 AO.
Da –wie ausgeführt– ein Gestaltungsmissbrauch nicht gegeben ist, kommt nach Auffassung des Senats auch keine Berücksichtigung der sechs Grundstücksverkäufe der GmbH als sog. Zählobjekte des Klägers mit der –jedenfalls nach Auffassung des Beklagten– Folge in Betracht, dass alle weiteren Grundstücksgeschäfte des Klägers von vornherein als gewerbliche Grundstücksveräußerungen zu behandeln sind.
Der Senat verkennt dabei nicht, dass der XI. Senat des BFH in seinem –unterschiedlich interpretierten (vgl. hierzu das BFH-Urteil in BStBl II 2004, 787 m.w.N.)– Urteil vom 13.12.1995 XI R 43-45/89, BStBl II 1996, 232 die vom Großen Senat des BFH (vgl. Beschluss vom 3.07.1995 GrS 1/93, BStBl II 1995, 617) für Personengesellschaften im Interesse einer zutreffenden Besteuerung im Wege einer Gesamtbetrachtung gebilligte Vernachlässigung der Abschirmwirkung der Personengesellschaft auch auf zwischengeschaltete Kapitalgesellschaften übertragen und es für die Merkmale der Nachhaltigkeit und der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr auf Grund besonderer Umstände als ausreichend angesehen hat, wenn der Steuerpflichtige mit einem Dritten (seiner Kapitalgesellschaft) nur ein Geschäft tätigt, sich die Kapitalgesellschaft aber in Wirklichkeit und nach außen erkennbar nach Bestimmung der Steuerpflichtigen an den allgemeinen Markt wendet.
Hieraus kann aber nach Auffassung des Senats nicht geschlossen werden, dass – wie der Beklagte meint – die Veräußerungen einer GmbH, deren alleiniger Geschäftsführer und Gesellschafter der Kläger ist, im Wege des Durchgriffs immer, insbesondere auch in Fällen, in denen ein Gestaltungsmissbrauch nicht gegeben ist, als sog. Zählobjekte für die Beurteilung gewerblicher Aktivitäten des Klägers zu berücksichtigen sind.
Im Übrigen sind der hier vorliegende und der dem BFH-Urteil in BStBl II 1996, 232 zugrunde liegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Anders als im BFH-Fall hat die GmbH nicht fertige Eigentumswohnungen erworben und in kurzer Zeit weiterveräußert, sondern die Wohnungen erst fertiggestellt. Auch war nicht vereinbart, dass der Kaufpreis aus Weiterveräußerungen auf ein Konto des Klägers zu leisten war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit und zur Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren beruhen auf § 151 FGO i.V.m. § 709 Zivilprozessordnung und auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.