08.01.2010
Finanzgericht Köln: Urteil vom 30.06.2004 – 8 K 4932/01
1) Das rückwirkende In-Kraft-Treten des § 34 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 zum 1. Januar 1999 ist jedenfalls insoweit verfassungsgemäß, als hiervon Veräußerungsvorgänge erfasst werden, die zu einem Zeitpunkt vereinbart wurden, in dem die beabsichtigte Gesetzesänderung bekannt war.
2) Die für die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 geltende Regelung des § 34 Abs. 1 EStG verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, die Neuregelung des § 34 EStG i.d.F. des StSenkErgG rückwirkend auf die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 zu erstrecken.
Tatbestand
Streitig ist die Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen nach § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002.
Der Kläger, Jahrgang 0000, und seine Ehefrau, Jahrgang 0000, betrieben seit 0000 bzw. 0000 jeweils getrennt einen …großhandel und einen …einzelhandel auf demselben Betriebsgelände.
Seit 1997 bemühten sich die Kläger darum einen Nachfolger für ihre Unternehmen zu finden, was ihnen im Juli 1998 gelang.
Mit Datum vom 30.11.1998 schlossen die Kläger einen handschriftlichen Vertrag, auf den verwiesen wird, über den Verkauf ihrer beiden Unternehmen, mit der Maßgabe, dass „der Zeitpunkt der Übergabe bzw. des Notartermins schnellstmöglich erfolgen” sollte.
Wegen gesundheitlicher Probleme des Klägers und einem größeren Wasserschaden im Betriebsgebäude konnten die notariellen Kaufverträge, auf die verwiesen wird, erst am 05.02.1999 notariell beurkundet werden. Die Übergabe der beiden Betriebe erfolgte dann – wie im notariellen Vertrag vereinbart – zum 31.03.1999.
Mit Gewinnfeststellungsbescheid 1999 vom 21.12.2000 stellte das für die beiden Betriebe zuständige Feststellungsfinanzamt W entsprechend seiner Auffassung, dass die Betriebsaufgabe entgegen der Ansicht der Kläger nicht im Jahre 1998 sondern im Jahre 1999 stattfand, für den Kläger einen steuerbegünstigten Veräußerungsgewinn in Höhe von 955.577,– DM und mit geändertem Gewinnfeststellungsbescheid 1999 vom 12.04.2001 für die Klägerin einen steuerbegünstigten Veräußerungsgewinn in Höhe von 294.601,– DM fest. Der laufende Gewinn für die Zeit vom 01.01.1999 bis zur Betriebsübergabe am 31.03.1999 wurde für die Klägerin in Höhe von 42.410,– DM und für den Kläger in Höhe von 13.250,– DM festgestellt. Diese Gewinnfeststellungsbescheide sind nach erfolglosem Einspruchsverfahren inzwischen bestandskräftig.
Das Finanzamt F unterwarf als Wohnsitzfinanzamt die Aufgabegewinne der sogenannten 1/5-Regelung des § 34 Abs. 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung und setzte die Einkommensteuer 1999 mit Bescheid vom 21.9.2000 auf 553.494,00 DM fest. Hiergegen wandten sich die Kläger mit der Begründung, aus verfassungsrechtlichen Gründen seien die Aufgabegewinne dem halben durchschnittlichen Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG in der im Jahre 1998 geltenden Fassung zu unterwerfen.
Nach erfolglos geführtem Einspruchsverfahren begehren die Kläger mit ihrer Klage gegen die letztmals aus hier nicht streitigen Gründen mit Bescheid vom 18.6.2004 geänderte Einkommensteuerfestsetzung 1999 weiterhin die Veräußerungsgewinne mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz und nicht nach der sogenannten 1/5-Methode zu versteuern. Sie tragen vor, das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.03.1999 sei, da es sämtliche Veräußerungs- und Aufgabesachverhalte betreffe, die zwischen dem 01.01.1999 und 31.12.2000 erfolgt seien, formal zwar auf die Veräußerung ihrer Unternehmen anwendbar. Allerdings sei § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung verfassungswidrig, da durch die Rückbeziehung des am 24.3.1999 beschlossenen Gesetzes auf den 1.1.1999 bereits abgeschlossene Sachverhalte von der Neuregelung erfasst würden. Sie, die Kläger, hätten bereits mit Abschluss des handschriftlichen Übertragungsvertrags vom 30.11.1998 die wirtschaftliche Disposition, ihr Unternehmen zum 31.12.1998 auf den Erwerber zu übertragen, getroffen. Hierzu sei es in der Folgezeit wegen einer Erkrankung des Klägers und dem Eintritt des Wasserschadens nicht gekommen. Ohne diese Zwischenfälle wären die Unternehmen noch im Jahre 1998 übertragen worden und sie, die Kläger, hätten ohne Zweifel von der Anwendung des halben durchschnittlichen Steuersatzes auf die Veräußerungsgewinne profitiert.
Aus ihrer Sicht habe auch kein Grund zur Eile bestanden, da noch im Dezember 1998 für sie nicht absehbar gewesen sei, dass sich die steuerlichen Vorschriften zu ihrem Nachteil ändern würden. Hätten sie dies geahnt, hätten sie in jedem Fall die Unternehmensübergabe noch im Jahre 1998 vollzogen. Für die Erwerber hätte die Vorverlagerung des Übernahmezeitpunktes keine Rolle gespielt, sofern eine finanzielle Regelung in Bezug auf den Wasserschaden gefunden worden wäre. Hierfür werde als Beweis die Vernehmung der Unternehmenskäufer, der Eheleute N, als Zeugen angeboten. Aufgrund der nicht vorhersehbaren plötzlichen Erkrankung und des Umstandes, dass sie nicht mit einer Abschaffung des halben durchschnittlichen Steuersatzes gerechnet hätten, sei der notarielle Kaufvertrag erst am 05.02.1999 geschlossen und eine Übergabe zum 31.03.1999 vereinbart worden. Auch zum Zeitpunkt der Beurkundung und Abwicklung der Kaufverträge habe noch die Rechtslage gegolten, wonach die Veräußerungsgewinne mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz zu besteuern gewesen wären. An diesen Vertrag seien sie, die Kläger, auch gebunden gewesen.
Vor diesem Hintergrund liege eine echte Rückwirkung der Neuregelung vor. Eine echte Rückwirkung halte das Bundesverfassungsgericht für gegeben, wenn das Gesetz an abgeschlossene, der Vergangenheit angehörende Tatbestände ungünstigere Folgen knüpfe. Nach dieser Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts finde verstärkter Vertrauensschutz Berücksichtigung, der eine Voraussehbarkeit der Rechtsfolgen im Zeitpunkt der wirtschaftlichen Disposition fordere. Daraus folge, dass auch bei der Einkommensteuer für die Bestimmung der Abgeschlossenheit des Tatbestandes statt des Jährlichkeitsprinzips der Zeitpunkt der wirtschaftlichen Disposition maßgeblich sei, wenn das Gesetz Dispositionsbedingungen schaffe, auf die der Bürger sein wirtschaftliches Verhalten des steuerlichen Vorteils wegen ausrichte (BVerfG, NJW 1998, 1547, 1548). Die Frage der verfassungswidrigen Rückwirkung sei allein anhand einer Interessenabwägung zwischen der Planungssicherheit des auf ein bestehendes Gesetz vertrauenden Steuerpflichtigen und dem gesetzgeberischen Änderungsinteresse zu beantworten. Schutzwürdig sei im vorliegenden Fall – vom Tag der Disposition der Entscheidung an – das betätigte Vertrauen der Kläger, d. h. ihre wirtschaftliche Disposition, nämlich die Übergabe bzw. Aufgabe der Unternehmen erst zum 31.03.1999 durchzuführen, die auf dem Vertrauen in das zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Recht beruhte (vgl. BFH, Beschluss vom 05.03.2001, IX B 90/00, DStR 2001, 481 m. w. N. auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).
Hierbei sei vor allem zu berücksichtigen, dass der Veräußerungserlös einen beträchtlichen Teil ihrer Altersversorgung darstelle. Die erhöhte Besteuerung führe nunmehr dazu, dass eine Versorgungslücke entstehe, die sie, die Kläger, nicht mehr schließen könnten. Mit Veräußerung der Unternehmen sei ihnen aber auch die Möglichkeit genommen, diesbezüglich eine anderweitige Versorgung aufzubauen. In der Vergangenheit hätten sie vor allem im Hinblick auf den nur mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz besteuernden zufließenden Veräußerungsgewinn von einer anderweitigen Altersversorgung abgesehen. Die Möglichkeit der Besteuerung von Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinnen mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz habe bereits seit 1971 in praktisch unveränderter Form bestanden. Sie hätten dementsprechend ihre Planungen, insbesondere auch die Versorgung im Alter, auf der Grundlage dieser seit Jahrzehnten bestehenden Rechtslage getroffen. Anhand der vorgenannten Umstände ergebe sich, dass im Rahmen der nach neuer Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vorzunehmenden Interessenabwägung die Planungssicherheit der Kläger das gesetzgeberische Änderungsinteresse überwiege.
Der Gesetzgeber habe durch seine Gesetzgebung darüber hinaus selbst belegt, dass seinem Änderungsinteresse nicht der Vorzug zu geben sei. Mit dem Steuersenkungsgesetz und dem Steuersenkungsergänzungsgesetz habe er für die Veranlagungszeiträume ab 2001 erneut für die Veräußerung bzw. Aufgabegewinne die Möglichkeit eröffnet, diese mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz zu besteuern. Entsprechend der Begründung des § 34 Abs. 3 EStG in der Fassung ab 2001 habe mit der Wiedereinführung des durchschnittlichen halben Steuersatzes dem Umstand Rechnung getragen werden sollen, dass der Aufgabe- bzw. Veräuerungsgewinn der Sicherung der Altersvorsorge diene.
Schließlich würden mit der Steuerfestsetzung unter Anwendung des § 34 EStG in der für die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 geltenden Fassung die Kläger zudem in ihren Grundrechten aus Artikel 3 Abs. 1 GG verletzt. Ein Unterlassen des Gesetzgebers, die Wiedereinführung des halben durchschnittlichen Steuersatzes rückwirkend für die Jahre 1999 und 2000 durchzuführen, führe zu einer nicht zu vertretenden Ungleichbehandlung derjenigen Steuerpflichtigen, die im Veranlagungszeitraum 1999 oder 2000 ihr Unternehmen verkauft hätten, also auch der Kläger. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatzes des Artikel 3 Abs. 1 GG habe die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Grundsätze der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit entwickelt.
Bei der konkreten Ausgestaltung der Steuergesetze habe der Gesetzgeber grundsätzlich zwar einen weiten Entscheidungsspielraum. Dieser Gestaltungsspielraum sei aber nicht unbegrenzt, sondern finde seine Grenzen im Willkürverbot. Gleichgelagerte Sachverhalte dürften nicht willkürlich ungleich behandelt werden.
Schließlich werde auf die Entscheidung des FG Düsseldorf (Beschluss vom 6.2.2002, 2 V 4833/01 A, EFG 2002, 457) verwiesen, auf den Vorlagebeschluss des BFH vom 06.11.2002 (XI R 42/01, BStBl. II 2003, 257) sowie auf die Stellungnahmen des VIII. Senates des BFH vom 27.11.2002 und des IX. Senates vom 31.10.2002 zur verfassungsrechtlichen Prüfung des § 23 Abs. 1 Satz 1 EstG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (Bl. 110 ff d. FG-Akte).
Die Kläger beantragen,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1999 vom 18.6.2004 die Veräußerungsgewinne in Höhe von 955.577,– DM für den Kläger und in Höhe von 294.601,01 DM für die Klägerin mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz zu besteuern,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Er führt aus, das Finanzamt habe zu Recht die vom Betriebsstättenfinanzamt mitgeteilten Veräußerungserlöse für den Veranlagungszeitraum 1999 der sogenannten 1/5 Regelung des § 34 Abs. 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung unterworfen. Entgegen der Annahme der Kläger, die wirtschaftliche Disposition, d. h. die Absicht zur Übertragung des Unternehmens, wäre bereits mit Abschluss des handschriftlichen Übertragungsvertrages vom 30.11.1998 getroffen worden, sei für die Entscheidung, ob und wann eine Betriebsveräußerung im Ganzen bzw. Betriebsaufgabe vorliege, auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem das wirtschaftliche Eigentum an den veräußerten Wirtschaftsgütern übertragen werde. Der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums sei nach § 4 Nr. 2 des Notarvertrages vom 05.02.1999 der 31.03.1999 gewesen. An diesem Tage sollten Besitz, Nutzungen und Lasten und Gefahr einschließlich aller Rechte und Pflichten auf die Erwerber übergehen. Die ursprüngliche handschriftliche Vereinbarung vom 30.11.1998 sei damit gegenstandslos geworden. Dass diese Vereinbarung auch zu keinem Zeitpunkt durchgeführt und erfüllt worden sei, werde auch aus dem Umstand deutlich, dass der gravierende Wasserschaden – nach Unterzeichnung der Vereinbarung eingetreten – noch zu Lasten der Kläger gegangen sei. Insbesondere durch den Wortlaut des notariellen Vertrages vom 05.02.1999, in dem die Übertragung der Gewerbebetriebe zum 31.03.1999 festgehalten worden sei, werde dokumentiert, dass an der ursprünglichen handschriftlichen Vereinbarung vom 30.11.1998 bewusst durch beide Vertragsparteien nicht mehr festgehalten worden sei. Maßgeblicher Ausgangspunkt für die Beurteilung, ob im vorliegenden Sachverhalt eine echte Rückwirkung von Gesetzen durch die Neufassung des Steuerentlastungsgesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung vorliege, sei damit der notarielle Vertrag vom 05.02.1999.
Eine Rechtsnorm entfalte echte Rückwirkung, wenn der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs auf einen Zeitpunkt festgelegt sei, der vor dem Zeitpunkt liege, zu dem die Norm gültig geworden sei. Verfassungsrechtlich erlaubt sei grundsätzlich nur ein belastendes Gesetz, dessen Rechtsfolgen für einen frühestens mit der Verkündung beginnenden Zeitraum eingetreten seien. Für den Bereich des Einkommensteuerrechts sei dabei zu beachten, dass die Einkommensteuer in der Regel mit Ablauf des Kalenderjahres als Veranlagungszeitraum entstehe (§ 36 Abs. 1 i. V. m. § 25 Abs. 1 EstG). Daraus folge, dass die Rechtsfolgen der einkommensteuerrechtlichen Vorschriften, die die Steuerpflicht oder Steuerbegünstigung bestimmter Einkünfte regelten, in Bezug auf die veranlagte Einkommensteuer stets erst mit dem Ablauf des Veranlagungszeitraumes, in der Regel des Kalenderjahres, einträten. Erst wenn eine nach Ablauf des Veranlagungzeitraums verkündete Norm mit Wirkung für diesen Veranlagungszeitraum eine ursprünglich geltende Rechtsfolgenlage nachträglich ändere, liege ein Fall der echten Rückwirkung vor. In allen anderen Fällen, in denen die Änderung noch während des Laufs des Veranlagungszeitraums verkündet werde, handele es sich lediglich um eine Neubestimmung einer bislang noch nicht eingetretenen Rechtsfolge (BVerfG-Beschluss, BverfG 72, 200, 252 ff).
Hieraus ergebe sich, dass im Streitfall keine echte Rückwirkung vorliege. Das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 sei im Laufe des Kalenderjahres 1999 beschlossen und verkündet worden und erfasse alle Betriebsveräußerungen, die nach dem 31.12.1998 vorgenommen worden seien. Die §§ 34, 52 Abs. 1 i. V. m. Abs. 47 EStG knüpften – soweit Betriebsveräußerungen, die zeitlich vor der Verkündung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 gelegen hätten, betroffen seien – an der Vergangenheit zugehörige Tatbestandsmerkmale an und ordneten für diese (künftige) Rechtsfolgen an. Hierin liege eine tatbestandliche Rückanknüpfung (unechte Rückwirkung).
Die Kläger seien mit der Steuerfestsetzung unter Anwendung des § 34 EStG in der für die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 geltenden Fassung auch nicht in ihren Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Der Gesetzgeber habe mit der Wiedereinführung der Möglichkeit der Besteuerung mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz ab 2002 die frühere Rechtslage nicht wiederhergestellt. Durch das Steuersenkungsergänzungsgesetz vom 19.12.2000 sei der halbe durchschnittliche Steuersatz nach § 34 EStG nicht in derselben Form wieder eingeführt worden, wie er nach dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.03.1999 abgeschafft worden sei. Es sei somit lediglich der verfassungsrechtlich unbedenkliche Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers angewendet worden. Es liege keine willkürliche Ungleichbehandlung für die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 vor.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Gründe
Die Entscheidung ergeht nach § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung.
Die Klage ist nicht begründet. Der Beklagte hat den jeweiligen Aufgabegewinn der Kläger zu Recht nach § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung besteuert.
1. Die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen ist vom Gesetzgeber für die Veranlagungszeiträume 1998, 1999-2000 und ab 2001 unterschiedlich geregelt worden.
Nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) 1998 werden Veräußerungsgewinne im Sinne des § 16 EStG als außerordentliche Einkünfte ermäßigt mit dem halben Steuersatz besteuert. Für den Teil der außerordentlichen Einkünfte, der den Betrag von 15.000.000,– DM nicht übersteigt, ist die Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergäbe, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zuzüglich der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte zu bemessen wäre, zugrunde zu legen (§ 34 Abs. 1 Satz 2 EStG 1998).
Durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.03.1999 wurde diese Ermäßigung rückwirkend ab dem 1.1.1999 durch die sogenannte 1/5-Regelung ersetzt. Danach beträgt die Einkommensteuer auf außerordentliche Einkünfte das 5-fache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zzgl. 1/5 dieser Einkünfte (§ 34 Abs. 1 Satz 2 EStG 1999).
Die sogenannte 1/5-Regelung wurde eingeführt, weil die bisherige Regelung Steuerpflichtige, die regelmäßig dem Spitzensteuersatz unterlagen, übermäßig begünstigte. Auch wurde die bisherige Regelung aufgrund unterschiedlicher Entlastung außerordentlicher Einkünfte und der Einkünfte aus mehrjähriger Tätigkeit für zu kompliziert gehalten (vgl. Begründung zum Gesetzesentwurf der Regierungsfraktionen, Bundestagsdrucksache 14/23, 183).
Mit dem Gesetz zur Ergänzung des Steuersenkungsgesetzes vom 19.12.2000 hat der Gesetzgeber die Regelung des § 34 EStG schließlich erneut geändert. Nunmehr kann auf Antrag wahlweise statt der 1/5-Regelung die auf den Teil dieser außerordentlichen Einkünfte, der den Betrag von insgesamt 10.000.000,– DM nicht übersteigt, entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wenn er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist (§ 34 Abs. 3 Satz 1 EStG 2001). Der ermäßigte Steuersatz beträgt die Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergäbe, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zzgl. der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte zu bemessen wäre, mindestens jedoch 19,9 v. H. Die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 kann der Steuerpflichtige nur einmal im Leben in Anspruch nehmen (§ 34 Abs. 3 Satz 2 ff EStG 2001). Die Neufassung gilt ab dem Veranlagungszeitraum 2001 (§ 52 Abs. 1 i. V. m. 52 Abs. 47 Satz 5 ff EStG 2001). Hintergrund dieser Neuregelung war es, dem Mittelstand einen Ausgleich für die ab dem Jahre 2002 geltenden Begünstigungen bei der Besteuerung von Kapitalgesellschaften zu gewähren. Vor diesem Hintergrund sei eine rückwirkende Einführung der Tarifbegünstigung abzulehnen, so die Gesetzesbegründung. Der Mittelstand solle durch die Einführung einer Altersvorsorgekomponente zukünftig entlastet werden. Das Steuersenkungsergänzungsgesetz diene der Erweiterung der Mittelstandskompomente des Steuersenkungsgesetzes und so der vertiefenden Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland (BT-Drucks. 14/4217, 7, vgl. auch Wendt, FR 2000, 1201).
Die Anwendung der für den Veranlagungszeitraum 2000 geltenden Gesetzeslage führt im Streitfall im Vergleich zu der bis 1998 und ab 2001 geltenden Tarifermäßigung zu einer um 233.144,– DM höheren Einkommensteuerschuld. Da die Kläger sowohl die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 EStG 1998 als auch die des § 34 EStG 2001 erfüllen, wäre der Veräußerungsgewinn nach den für diese Zeiträume geltenden Regelungen mit dem halben Steuersatz besteuert worden. Für die 1998 gültige Fassung des § 34 EStG folgt dies ohne weiteres aus § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG 1998 (Tarifermäßigung für Veräußerungsgewinne im Sinne von § 16 EStG), für die 2001 gültige Fassung folgt dies daraus, dass beide Kläger bei Ablauf des Veranlagungszeitraumes 1999 das 55. Lebensjahr vollendet hatten, sie zuvor keinen ermäßigt besteuerten Veräußerungsgewinn erzielt hatten und der Gewinn jeweils nicht die Obergrenze von 10.000.000,– DM übersteigt.
2. Dennoch verstößt die Anwendung der für das Streitjahr geltenden Fassung des § 34 EStG, entgegen der Ansicht der Kläger, weder gegen das verfassungsrechtlich garantierte Rückwirkungsverbot, noch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
a) Ein Verstoß gegen das verfassungsrechtlich garantierte Rückwirkungsverbot scheidet aus, weil es sich im Streitfall um eine sog. unechte Rückwirkung handelt und die hierfür geltenden verfassungsrechtlichen Grundsätze vom Gesetzgeber beachtet worden sind.
aa) Das Bundesverfassungsgericht unterscheidet in ständiger Rechtsprechung zwischen „echter” und „unechter” Rückwirkung bzw. Rückbewirkung der Rechtsfolgen und tatbestandlicher Rückanknüpfung. Erstere liegt vor, wenn der Eintritt nachteiliger Rechtsfolgen auf einen Zeitraum vor der Verkündung des Gesetzes erstreckt wird. Von einer unechten Rückwirkung bzw. einer tatbestandlichen Rückanknüpfung ist auszugehen, wenn das Gesetz auf in der Vergangenheit begründete, aber noch nicht abgeschlossene Sachverhalte einwirkt (vgl. z.B. BVerfG vom 3.12.1997 2 BvR 882/97, FR 1998, 377; BFH-Beschlüsse vom 9.5.2001 XI B 151/00, BStBl II 2001, 552 und vom 6.11.2002, XI R 42/01, BStBl II 2003, 257 m.w.N.).
bb) Dies zugrunde gelegt sind vorliegend – entgegen der Auffassung der Antragsteller – die zur unechten Rückwirkung bzw. tatbestandlichen Rückbewirkung entwickelten Grundsätze anzuwenden, weil die Einkommensteuer erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums (hier: des 31. Dezembers 1999) entsteht (vgl. BVerfG vom 14.5.1986 2 BvL 2/83, BStBl II 1986, 628; BFH-Urteil vom 25.6.1992 IV R 9/92, BStBl II 1992, 702).
cc) Zwar bedarf es im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes (GG) auch bei einer unechten Rückwirkung einer besonderen Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolgen eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert, da der Bürger durch eine solche Änderung in seinem Vertrauen auf die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als einer Grundbedingung freiheitlicher Verfassung enttäuscht wird. Andererseits ist der Gesetzgeber im Hinblick auf die Verfassung nicht grundsätzlich daran gehindert, die steuerrechtlichen Folgen eines in der Vergangenheit liegenden, von schützenswertem Vertrauen getragenen Verhaltens für die Zukunft zu verschärfen und auf veränderte soziale Gegebenheiten mit einer Gesetzesänderung zu reagieren. Steuerpflichtige sind daher in ihrer Erwartung des Fortbestehens einer Steuerbegünstigung grundsätzlich nicht geschützt. Gesetze dürfen allerdings nicht ohne sachlichen Grund geändert werden und sich nicht über höher zu gewichtendes schutzwürdiges Vertrauen hinwegsetzen. Es ist in jedem Einzelfall zu ermitteln, inwieweit und mit welchem Gewicht das Vertrauen in die bestehende günstige Rechtslage schützenswert ist und ob die öffentlichen Belange, die eine nachträgliche Änderung rechtfertigen, dieses Vertrauen überwiegen (BVerfG-Urteil vom 6. März 2002 2 BvL 17/99, BStBl II 2002, 618 und BFH-Beschluss vom 27.8.2002, XI B 94/02, BStBl. II 2003, 18).
dd) Hiervon ausgehend überwiegen im Streitfall die öffentlichen Belange das schützenswerte Interesse des Einzelnen.
Die tarifbegünstigte Besteuerung nach § 34 EStG a.F., die ausschließlich der Progressionsglättung bei zusammengeballtem Zufluss von Einkünften dienen sollte, die typischerweise über mehrere Veranlagungszeiträume erzielt oder erwirtschaftet werden (z.B. BFH-Urteil vom 6.9.2000 XI R 19/00, BFH/NV 2001, 431, m.w.N.), hatte zu – seit Jahren erkannten – unberechtigten Steuervorteilen bei solchen Steuerpflichtigen geführt, die auf Grund ihrer „regulären” hohen Einkommen dem höchsten Steuersatz unterlagen, bei denen die hohe Steuerprogression also nicht durch den zusammengeballten Zufluss von außerordentlichen Einkünften veranlasst war (vgl. BR-Drucks. 910/98; Borggreve in Littmann/Bitz/Pust, § 34 EStG Rz. 3 f.).
Dem Gesetzgeber war ein Gestaltungsspielraum einzuräumen, um dieser aus der Sicht der Steuergerechtigkeit als misslich empfundenen Rechtsfolge durch eine Gesetzesänderung alsbald abzuhelfen (BFH-Beschluss vom 27.8.2002, XI B 94/02, BStBl. II 2003, 18).
Demgegenüber war das Vertrauen der Kläger auf die Bemessung der auf ihre außerordentlichen Einkünfte entfallenden Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz eingeschränkt, weil dieses Vertrauen im Zeitpunkt ihrer Disposition – selbst dann wenn man hierbei mit den Klägern nicht auf die notariellen Verträge am 5.2.1999 oder den Übergabetermin am 31.3.1999, sondern auf den Zeitpunkt des handschriftlichen Vertrages vom 30.11.1998 abstellt – nicht mehr von Verfassungs wegen geschützt war (BFH-Beschluss vom 9.12.2002, X B 28/02, BFH/NV 2003, 471). Bereits in den Petersberger Steuervorschlägen (NJW 1997, Beilage zu Heft 13) und in § 61 Abs. 1 des Gesetzesentwurfs für ein Steuerreformgesetz 1999 war eine entsprechende Regelung vorgesehen. Am 5.11.1998 und somit vor Abschluss der handschriftlichen Vereinbarung vom 30.11.1998 durch die Kläger mit den Erwerbern hat sich der Deutsche Bundestag in erster Lesung mit dem StEntlG 1999/2000/2002 befasst. Der Fraktionsentwurf für das StEntlG 1999/2000/2002 wurde dem Bundestag am 9.11.1998 und der entsprechende Gesetzentwurf der Bundesregierung am 20.11.1998 dem Bundesrat zugeleitet. Die erste Lesung im Bundestag fand am 13.11.1998 statt. Bis Ende 1998 hatten Finanz- und Haushaltsausschuss den Gesetzentwurf beraten. Über das nach Regierungswechsel im Herbst 1998 beabsichtigte Steuersenkungsprogramm, das zur Änderung des § 34 EStG – u.a. als Gegenfinanzierungsmaßnahme – führte, war zudem in den Medien berichtet geworden.
Nach der Rechtsprechung des BVerfG entfällt zwar das schutzwürdige Vertrauen in den Bestand der bisherigen Rechtsfolgenlage in der Regel erst im Zeitpunkt des endgültigen Gesetzesbeschlusses über die Neuregelung (hier der 24.3.1999; vgl. BVerfG vom 3.12.1997 2 BvR 882/97, FR 1998, 377, m.w.N. und vom 14.5.1986, 2 BvL 2/83, BStBl II 1986, 628, 645). Dieser Gesichtspunkt hat aber insbesondere dann weniger Gewicht, wenn es darum geht, den Ankündigungseffekt zu vermeiden, der die beabsichtigte Wirkung der Gesetzesänderung ganz oder teilweise zunichte machen würde. Bei der Beurteilung, ab welchem Zeitpunkt die Wirkung der Ankündigung den Gesetzeszweck durchkreuzt und bei der daran orientierten Bestimmung von Stichtagen, steht dem Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des BVerfG ein beträchtlicher Gestaltungsspielraum zu (BVerfG vom 29.10.1999 1 BvR 1996/97, ZoV 2000, 24 und vom 8.2.1993 2 BvR 1765/92, HFR 1993, 329: Kabinettsbeschluss). Im Hinblick darauf, dass der Veranlagungszeitraum dem Kalenderjahr entspricht (§ 2 Abs. 7 Satz 2 EStG), war es sachgerecht, die Rückwirkung des § 34 EStG n.F. auf den 1.1.1999 anzuordnen. Da das Vertrauen der Kläger bereits am 30.11.1998 nicht mehr geschützt war, kann die Frage dahinstehen, ob im Streitfall – wie der Beklagte meint – erst am 5.2.1999 bei Abschluss der notariellen Verträge oder gar erst am 31.3.1999 bei Übergabe der Betriebe steuererheblich disponiert worden ist.
Auch das Argument der Kläger, die seit Jahrzehnten geltende ermäßigte Besteuerung des Veräußerungs- oder Aufgabegewinns sei konkreter Bestandteil der von ihnen geplanten Altersversorgung gewesen, steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Zum einen ist es bereits zweifelhaft, ob der Veräußerungserlös eines Betriebes – unabhängig von der steuerlichen Beurteilung – über viele Jahre hinweg solchermaßen planbar ist, dass er zu einem konkreten Bestandteil der Altersversorgung gemacht werden kann. Zum anderen könnte dem Vertrauensschutz in einem solchen Fall gegebenenfalls durch eine einzelfallbezogene Billigkeitsmaßnahme Rechnung getragen werden (BFH-Beschlüsse vom 7.3.2003, IV B 163/02, BFH/NV 2003, 777 und vom 12.6.2003, IV B 41/03, Haufe-Index 962757).
b) Ein Verstoß gegen Verfassungsgrundsätze, insbesondere gegen Art 3 GG, ergibt sich entgegen der Ansicht der Kläger vorliegend auch nicht daraus, dass durch das Steuersenkungsergänzungsgesetz vom 19.12.2000 (BGBl I 2000, 1812; kurz: EStG 2001) – wenn auch modifiziert – der halbe Steuersatz für außerordentliche Einkünfte zum Zweck der Altersvorsorge älterer selbständig tätiger Steuerpflichtiger (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks 14/4217, S. 8) ab dem Veranlagungszeitraum 2001 wieder eingeführt wurde, ohne diese Änderung rückwirkend auf die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 zu erstrecken.
aa) Art. 3 Abs. 1 GG verlangt die Gleichbehandlung „aller Menschen” vor dem Gesetz und damit auch eine gleichmäßige Belastung; die Belastungsgleichheit hat sich am Maßstab der Folgerichtigkeit zu orientieren. Der Gleichheitssatz ist umso strikter, je mehr er den Einzelnen als Person betrifft, und umso mehr für gesetzgeberische Gestaltungen offen, als allgemeine, für rechtliche Gestaltungen zugängliche Lebensverhältnisse geregelt werden. Im Sachbereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Gestaltungsraum. Nach Regelung dieses Ausgangstatbestandes aber hat er die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umzusetzen (BVerfG vom 10.11.1999 2 BvR 2861/93, BStBl II 2000, 160; vgl auch BFH – Beschluss vom 10.7.2002 XI B 68/02, BFH/NV 2002, 1568).
bb) Diesen Maßstäben genügt die Neuregelung des § 34 Abs. 3 EStG i.d.F. des StSenkErgG. Der BFH, dessen Ansicht sich der erkennende Senat anschließt, macht hierzu in seinem Beschluss vom 10.7.2002 XI B 68/02, (BFH/NV 2002, 1568) folgende Ausführungen: „ Die Gesetzesänderungen beruhen nicht auf „willkürlichen” Aktionen des Gesetzgebers. Er hatte zunächst die bisherige Begünstigung, die in der Gewährung des halben regulären Steuersatzes bestand, reduziert und durch die sog. Fünftel-Regelung ersetzt. Dieser Rechtszustand war nach Auffassung des Gesetzgebers nicht aufrechtzuerhalten, nachdem durch das Steuersenkungsgesetz (StSenkG) vom 23.10.2000 (BGBl I, 1433, BStBl I, 1428) das System der Körperschaftsbesteuerung grundlegend geändert und auch die Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften in das Halbeinkünfteverfahren einbezogen worden war. Zur Förderung des Mittelstandes wurde die jetzige Regelung in das Gesetz aufgenommen. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung ist erkennbar, dass die Neuregelung des § 34 Abs. 3 EStG in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der durch das StSenkG bewirkten Systemänderung steht. Dieser Zusammenhang erlaubte es dem Gesetzgeber, die Neuregelung ohne rückwirkende Übergangsregelung in Kraft zu setzen. Die Neuregelung des § 34 Abs. 3 EStG war nicht Folge einer Änderung des Binnensystems des § 34 EStG, sondern eine Folge der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens. In diesen Fällen eines Systemwechsels hat der Gesetzgeber größere Freiheiten; er ist berechtigt, die mit dem Systemwechsel verbundenen Konsequenzen zu ziehen, ohne die Altregelung fortführen oder anpassen zu müssen. Bei einem Systemwechsel kann in Bezug auf die alte Regelung Systemgerechtigkeit und Folgerichtigkeit nicht hergestellt werden. Es ist daher nicht gerechtfertigt, wenn vom Gesetzgeber im Hinblick auf die Einführung des § 34 Abs. 3 EStG Kontinuitätsgewähr verlangt wird.
Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, die Neuregelung des § 34 Abs. 3 EStG rückwirkend auf die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 zu erstrecken. Gegenüber Gesetzen, die nur für künftige Tatbestände gelten, wird grundsätzlich kein Vertrauensschutz gewährt (vgl. Sachs, Kommentar zum Grundgesetz, 1999, Art. 20 Rz. 139). Ebenso wie der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz den Begünstigten nicht vor jeder „Enttäuschung” seiner Erwartungen in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage bewahrt (BFH-Urteil vom 5.12.1997 VI R 94/96, BStBl II 1998, 211), sind die Erwartungen des Steuerpflichtigen auch insoweit nicht geschützt, als er an Besserstellungen rückwirkend teilhaben möchte. Bei einem Systemwechsel ist der Gesetzgeber berechtigt, die Neuregelung erst mit dem Systemwechsel wirksam werden zu lassen, ohne einen gleitenden Übergang vorsehen zu müssen. Eine rückwirkende Besserstellung entspricht nicht dem bisherigen System und ist daher verfassungsrechtlich nicht geboten”.
3. Eine Aussetzung dieses Verfahrens im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des BFH vom 6.11.2002, XI R 42/01 (BFH/NV 2003, 392), der die Frage zum Inhalt hat, ob die -höhere- Besteuerung einer Entlassungsentschädigung, die noch vor der Zuleitung des des Gestztesentwurfs der Bundesregierung zum StEntlG 1999/2000/2002 an den Bundesrat (20.11.1998) vereinbart, jedoch erst nach dem 31.12.1998 ausgezahlt worden ist, nach der sog. 1/5-Regelung verfassungsgemäß ist oder gegen das Verbot der Rückwirkung von Steuergesetzen verstößt, kommt nicht in Betracht. Der hier zu beurteilende Streitfall wird durch den Vorlagebeschluss nicht berührt, da selbst die handschriftliche Vereinbarung der Kläger über den Verkauf bereits nach dem 20.11.1998, nämlich am 30.11.1998, getroffen wurde und die steuerlich erhebliche Betriebsaufgabe erst zum 31.3.1999, also nach Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002 am 24.3.1999 erfolgte (vgl. BFH-Beschluss vom 25.2.2003, III B 130/02, BFH/NV 2003, 773).
Desgleichen kommt im Streitfall eine Aussetzung des Verfahrens und Vorlage der streitigen Rechtsfrage nach § 100 Abs. 1 GG nicht in Betracht, da nach Auffassung des erkennenden Senates ein Verfassungsverstoß nicht gegeben ist.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
5. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen im Hinblick darauf, dass es sich bei den einschlägigen BFH-Entscheidungen überwiegend um Beschlüsse in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes handelt.