08.01.2010
Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 20.11.2003 – 15 K 2182/01 E
1. Die unechte Rückwirkung (tatbestandlichen Rückwirkung) einer Gesetzesänderung ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn hiermit ein Missstand aus Gründen der verfassungsrechtlichen Belastungsgleichheit beseitigt werden soll.
2. Wird eine Abfindungsvereinbarung im Dezember 1998 und damit erst nach der Zuleitung des Gesetzesentwurfes zum StEntlG 1999/2000/2002 an den Bundesrat am 20.11.1998 getroffen, so ist wegen des damit verbundenen Ankündigungseffekts das Vertrauen des Steuerpflichtigen in den Fortbestand der bislang geltenden Tarifermäßigung durch Halbierung des Steuersatzes anstelle der Auszahlung am 30.03.1999 geltenden Fünftelregelung nicht verfassungsrechtlich geschützt.
3. Dies gilt insbesondere, wenn der Steuerpflichtige bei Abschluss der Abfindungsvereinbarung zur Erzielung von Progressionsvorteilen den Zufluss der Einnahmen gezielt in ein späteres Jahr verlagert hat.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die ermäßigte Besteuerung einer Abfindung.
Die Kläger wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war seit dem 01.02.1989 bei einer Tochtergesellschaft der „L-AG” als Geschäftsführer beschäftigt. Mit Abwicklungsvertrag vom 16.12.1998 wurde ihm im Rahmen der Kündigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung in Höhe von 750.000,00 DM zugesagt. Diese wurde auf Wunsch des Klägers am 30.03.1999 mit dem Gehalt für den Monat März ausgezahlt, da er im Jahre 1998 bereits über ein hohes zu versteuerndes Einkommen verfügte und seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Jahr 1999 deutlich niedriger waren. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die in den Steuerakten befindliche Abfindungsvereinbarung verwiesen.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1999 beantragten die Kläger, einen Betrag von 726.000,00 DM (= 750.000,00 DM ./. 24.000,00 DM) nach § 34 Abs. 1 Einkommensteuergesetz - EStG - in der bis einschließlich 31.12.1998 geltenden Fassung (§ 34 Abs. 1 EStG a. F.) mit dem halben Steuersatz zu besteuern. Von ihrem Antragsrecht auf Anwendung der ab 01.01.1999 geltenden Fünftelregelung (§ 34 Abs. 1 EStG n. F.) machten die Kläger trotz eines entsprechenden Hinweises des Beklagten ausdrücklich keinen Gebrauch. Mit Einkommensteuerbescheid vom 16.11.2000 setzte daraufhin der Beklagte - das Finanzamt „F-Stadt” - die Einkommensteuer für das Streitjahr ohne Anwendung der Fünftelregelung des § 34 Abs. 1 EStG n. F. fest.
Am 08.12.2000 legten die Kläger Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid vom 16.11.2000 ein. Zur Begründung trugen sie im Wesentlichen vor, dass die im Gesetz angeordnete rückwirkende Anwendung des § 34 Abs. 1 EStG n. F. auf den 01.01.1999 verfassungswidrig sei. Sie hätten nicht damit gerechnet, dass im März/April 1999 eine Gesetzesänderung mit rückwirkender Kraft verabschiedet werde. Es liege ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip nach Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz - GG - vor.
Mit Einspruchsentscheidung vom 06.03.2001 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. In seiner Einspruchsentscheidung führte er aus, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden, da vorliegend lediglich eine unechte Rückwirkung gegeben sei. Denn die Einkommensteuer als Jahressteuer entstehe erst mit Ablauf des Kalenderjahres. Außerdem seien die Kläger bereits im Rahmen der Abfindungsvereinbarung auf mögliche Gesetzesänderungen hingewiesen worden und das Gesetz sei vor Auszahlung der Abfindung verkündet gewesen. Die Änderungen durch das Steuerentlastungsgesetz - StEntlG - seien darüber hinaus schon im Laufe des Jahres 1998 diskutiert worden. Eine rechtsstaatswidrige Rückwirkung liege daher im Ergebnis nicht vor.
Mit ihrer dagegen gerichteten Klage sind die Kläger der Auffassung, ihr Vertrauen auf das im Zeitpunkt der Vereinbarung der Abfindung geltende Recht sei schutzwürdig. Bis zum 24.03.1999 sei aufgrund zahlreicher Änderungen im Gesetzgebungsverfahren nicht klar gewesen, wie die Neuregelung letztlich aussehen werde. Nicht die Gesetzesinitiative und die dazu erfolgte Berichterstattung, sondern erst der Gesetzesbeschluss des Bundestags könnten daher einen ihrerseits bestehenden Vertrauensschutz zerstören. Hätten sie gewusst, dass die steuerliche Vergünstigung des § 34 EStG im Jahr 1999 rückwirkend zum Jahresanfang abgeschafft werde, hätten sie sich die Abfindung noch im Jahr 1998 auszahlen lassen. Aufgrund der rückwirkenden Änderung hätten sie ihr Handeln aber nicht mehr auf die Rechtsänderung einstellen können. Der Gesetzgeber müsse jedoch für den Fall, dass eine Neuregelung sich erkennbar nachteilig auf die Rechtsposition eines oder mehrerer Steuerpflichtigen auswirke, eine Übergangsregelung schaffen. Dies habe er schließlich mit § 52 Abs. 5 EStG in der für das Streitjahr 1999 geltenden Fassung auch für den Freibetrag nach § 3 Nr. 9 EStG getan. Zudem sei die unterschiedliche Behandlung von Abfindungen und Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinnen höchst bedenklich. Dies müsse insbesondere vor dem Hintergrund gesehen werden, dass die kurzzeitige Versagung des halben Steuersatzes für die Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinne in den Jahren 1999 und 2000 verfassungsrechtlich keinen Bestand habe.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 16.11.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.03.2001 dahingehend zu ändern, dass die Abfindung in Höhe von 726.000,00 DM mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz besteuert wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er führt aus, die Neuregelung sei nicht verfassungswidrig zum 01.01.1999 in Kraft getreten. Eine echte Rückwirkung liege nicht vor, da durch die Gesetzesänderung nicht zu Lasten der Kläger in einen bereits abgeschlossenen Lebenssachverhalt eingegriffen werde. Zum Lebenssachverhalt gehöre nämlich nicht nur der Vertragsabschluss, sondern auch die tatsächliche Auszahlung des Abfindungsbetrags am 30.03.1999. Zudem sei zum Zeitpunkt des Abschlusses des Auflösungsvertrags am 16.12.1998 die geplante Gesetzesänderung bereits absehbar gewesen. Die bevorstehenden Änderungen seien ab Oktober 1998 umfangreich in der Öffentlichkeit diskutiert worden. Auch werde in der Abfindungsvereinbarung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Versteuerung nach den im Auszahlungszeitpunkt geltenden Rechtsvorschriften zu erfolgen habe.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Einspruchsentscheidung vom 06.03.2001 verwiesen.
Gründe
Die Klage ist nicht begründet.
Der Beklagte hat auf die am 30.03.1999 zugeflossene Abfindungszahlung die Anwendung des § 34 Abs. 1 EStG a. F. zu Recht abgelehnt. Dies begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
1. Aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - zum sog. „Ankündigungseffekt” ist das rückwirkende Inkrafttreten des § 34 EStG n.F. nach § 52 Abs. 47 EStG auf den 01.01.1999 verfassungsgemäß. Dies gilt jedenfalls soweit, als hiervon Entschädigungen erfasst werden, die zu einem Zeitpunkt vereinbart wurden, in dem die beabsichtigte Änderung des § 34 Abs. 1 EStG a. F. bekannt geworden war und damit kein schutzwürdiges Vertrauen auf ein Fortgelten der bis zum 31.12.1998 geltenden Rechtslage mehr bestand.
a. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist zwischen echter und unechter Rückwirkung bzw. Rückbewirkung der Rechtsfolgen und tatbestandlicher Rückanknüpfung zu unterscheiden. Erstere liegt vor, wenn der Eintritt nachteiliger Rechtsfolgen auf einen Zeitraum vor der Verkündung des Gesetzes erstreckt wird. Von einer unechten Rückwirkung bzw. einer tatbestandlichen Rückanknüpfung ist hingegen auszugehen, wenn das Gesetz auf in der Vergangenheit begründete, aber noch nicht abgeschlossene Sachverhalte einwirkt (Beschluss des BVerfG vom 03.12.1997 2 BvR 882/97, Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts - BVerfGE - 97, 67, Finanzrundschau - FR - 1998, 377; Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 09.05.2001 XI B 151/00, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2001, 552).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind vorliegend die zur unechten Rückwirkung bzw. tatbestandlichen Rückbewirkung entwickelten Rechtsgrundsätze anzuwenden, weil die Einkommensteuer erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums (hier des 31.12.1999) entsteht und die Auszahlung als solche erst im März 1999 erfolgt ist (vergleiche Urteil des BVerfG vom 14.05.1986 2 BvL 2/83, BStBl II 1986, 628; Urteil des BFH vom 25.06.1992 IV R 9/92, BStBl II 1992, 702).
b. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedarf es auch im Falle einer unechten Rückwirkung vor dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes einer besonderen Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolgen eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert. Der Bürger wird im allgemeinen in seinem Vertrauen auf die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als einer Grundbedingung freiheitlicher Verfassung enttäuscht, wenn der Gesetzgeber an bereits abgeschlossene Tatbestände im Nachhinein ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen durfte. Belastende Steuergesetze - dazu gehören auch solche, die eine Vergünstigung einschränken oder aufheben - dürfen daher ihre Wirksamkeit grundsätzlich nicht auf bereits abgeschlossene Tatbestände erstrecken oder schutzwürdiges Vertrauen ohne hinreichende Rechtfertigung anderweitig enttäuschen. Dies ist im Fall einer unechten Rückwirkung nur möglich, wenn das Vertrauen des Einzelnen in die Fortgeltung der Rechtslage nicht schutzwürdig ist und die öffentlichen Belange, die eine nachträgliche Änderung rechtfertigen, das Vertrauen in die bestehende günstige Rechtslage überwiegen (Beschluss des BVerfG vom 05.02.2002 2 BvR 305, 348/93, FR 2002, 1011; Urteil des BVerfG vom 03.12.1997 2 BvR 882/97, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1998, 1547).
c. Der Senat ist der Auffassung, dass im Streitfall ein Vertrauen der Kläger in die Fortgeltung des § 34 EStG a. F. hinter die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers zurückzutreten hat, weil das Vertrauen der Kläger im Zeitpunkt der Disposition (Abschluss der Abfindungsvereinbarung am 16.12.1998) nicht mehr verfassungsrechtlich geschützt war. Vielmehr steht dem Gesetzgeber in diesem Zusammenhang unter Berücksichtigung des Ankündigungseffekts ein beträchtlicher Gestaltungsspielraum zu, den dieser nach Meinung des erkennenden Senats durch die rückwirkende Anwendung des § 34 EStG n. F. auf die ab dem 01.01.1999 geleisteten Abfindungszahlungen in verfassungsgemäßer Weise genutzt hat (so auch Beschluss des BFH vom 27.08.2002 XI B 94/02, Bundessteuerblatt II 2003, 18).
aa. Dem Gesetzgeber ist es von Verfassung wegen grundsätzlich möglich, im Wege tatbestandlicher Rückanknüpfung (unechte Rückwirkung) unter Änderung künftiger Rechtsfolgen auf veränderte soziale Gegebenheiten mit einer Gesetzesänderung zu reagieren. Dies gilt insbesondere, wenn aufgrund veränderter Verhältnisse ein ursprünglich mit der Steuervergünstigung verfolgter Zweck wegfällt oder ein seit dem Inkrafttreten des Gesetzes eingetretener Missstand aus Gründen der verfassungsrechtlich gebotenen steuerlichen Belastungsgleichheit (Artikel 3 Abs. 1 GG; Urteil des BVerfG vom 03.12.1997 2 BvR 882/97, NJW 1998, 1547) beseitigt werden soll. Solchen Zwecken diente die Neufassung des § 34 Abs. 1 EStG. Die tarifbegünstigte Besteuerung nach § 34 EStG a. F. sollte ausschließlich der Progressionsglättung bei einem zusammengeballtem Zufluss von Einkünften dienen, die typischerweise über mehrere Veranlagungszeiträume erzielt oder erwirtschaftet werden (vgl. Urteil des BFH vom 06.09.2000 XI R 19/00, BFH/NV 2001, 431). Sie hatte jedoch zu - seit Jahren erkannten - unberechtigten Steuervorteilen bei solchen Steuerpflichtigen geführt, die auf Grund ihrer regulären hohen Einkommen ohnehin dem höchsten Steuersatz unterlagen, bei denen die hohe Steuerprogression also nicht durch den zusammengeballten Zufluss von außerordentlichen Einkünften veranlasst war (Beschluss des BFH vom 27.08.2002 XI B 94/02, Bundessteuerblatt II 2003, 18). Dem Gesetzgeber ist daher ein Gestaltungsspielraum einzuräumen, um dieser aus Sicht der Steuergerechtigkeit als misslich empfundenen Rechtsfolge durch eine Gesetzesänderung alsbald abzuhelfen.
bb. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass im Zeitpunkt der Disposition des Klägers (16.12.1998) die Änderung des § 34 Abs. 1 EStG bereits hinreichend festgestanden hat. Über das nach dem Regierungswechsel im Herbst 1998 beabsichtigte Steuersenkungsprogramm, dass zur Änderung des § 34 EStG - u. a. als Gegenfinanzierungsmaßnahme - führte, war in den Medien ausführlich berichtet worden. Der Fraktionsentwurf für das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 wurde dem Bundestag am 09.11.1998 und der entsprechende Gesetzentwurf der Bundesregierung dem Bundesrat am 20.11.1998 zugeleitet. Die erste Lesung im Bundestag fand am 13.11.1998 statt. Bis Ende 1998 hatten Finanz- und Haushaltsausschuss den Gesetzentwurf beraten. Aufgrund der bestehenden Mehrheitsverhältnisse im Bundestag und Bundesrat war mit Änderungen des Gesetzesentwurfs im weiteren Verfahren nicht mehr zu rechnen.
Da der Veranlagungszeitraum dem Kalenderjahr entspricht (§ 2 Abs. 7 Satz 2 EStG), erweist sich die rückwirkende Anwendung des § 34 EStG n. F. auf den 01.01.1999 für im Veranlagungszeitraum 1999 geleistete Abfindungszahlungen daher als verfassungsmäßige Ausgestaltung des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers, soweit die zugrunde liegende Vereinbarung jedenfalls nach dem 20.11.1998 getroffen worden ist.
cc. Das Vertrauen der Kläger in die Fortgeltung der alten Rechtslage ist zudem auch nicht schutzwürdig, weil der Kläger bei Vereinbarung der Abfindungszahlung eine Gestaltung wählte, die erst im folgenden Veranlagungszeitraum steuerlich zum Tragen kam. Ein Steuerpflichtiger, der zur Erzielung steuerlicher (Progressions-) Vorteile Einnahmen gezielt in spätere Jahre verlagert, trägt im Hinblick auf die nach § 2 Abs. 7 Satz 2 EStG geltende Abschnittsbesteuerung das Risiko einer bis dahin geänderten Rechtslage. Er kann sich jedenfalls nicht auf Vertrauensschutz berufen, wenn ein Zufluss der Abfindung - wie hier zwischen den Beteiligten unstreitig - noch im Jahr 1998 möglich gewesen wäre.
2. Die von den Klägern in ihrer Klageschrift und in der mündlichen Verhandlung angeführte Rechtsprechung führt zu keinem anderen Ergebnis.
a. Die Entscheidung des BFH vom 05.03.2001 IX B 90/00, BStBl II 2001, 405 erging zur Verfassungsmäßigkeit der Verlängerung der Spekulationsfrist nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG. Der Beschluss des Finanzgerichts Münster vom 15.11.2000 unter den Az. 4 V 1612/00 E und 4 V 1617/00 E, EFG 2001, 77 bezog sich auf die Verlustverrechnungsregelung des § 2 Abs. 3 EStG. Der Senat setzt sich auch nicht in Widerspruch zu dem Vorlagebeschluss des BFH vom 06.11.2002 XI R 42/01, BStBl 2003, 257. Danach verstoßen die Regelungen der §§ 34 Abs. 1 EStG n. F., 52 Abs. 47 EStG nur insoweit gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG), als sie Entschädigungen erfassen, die nach dem Beschluss des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmensteuerreform - UntStRFogG - durch den Bundestag am 05.08.1997 und vor Zuleitung des Regierungsentwurfs zum StEntlG 1999/2000/2002 an den Bundesrat am 20.11.1998 vereinbart und im Veranlagungszeitraum 1999 ausgezahlt worden sind. Denn anders als im hier zu entscheidenden Fall war in diesem Zeitraum mit einer Gesetzesänderung gerade nicht zu rechnen.
c. Der Hinweis auf die (angeblich) verfassungswidrige Lage bei der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen vermag gleichfalls nicht zu überzeugen. Abgesehen davon, dass die Sach- und Rechtslage (Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1, 5 EStG und Stichtagsprinzip gegenüber Überschussermittlung nach §§ 8, 9 EStG und Zuflussprinzip nach § 11 Abs. 1 EStG) nicht vergleichbar ist, hat der Bundesfinanzhof in dem zeitweisen Wegfall des halben Steuersatzes in den Jahren 1999 und 2000 keinen Verstoß gegen das GG gesehen (vgl. Beschlüsse des BFH vom 21.01.2003 X B 106/02, BFH/NV 2003, 618 und vom 25.03.2003 III B 130/02, BFH/NV 2003, 773). Gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 34 Abs. 1 EStG a. F. spricht auch nicht, dass der Gesetzgeber den ermäßigten Steuersatz auf Veräußerungsgewinne unter geänderten Voraussetzungen und unter Ausgestaltung als Sozialzwecknorm zur Sicherung einer Altersvorsorge ab dem Veranlagungszeitraum 2001 wieder eingeführt hat. Das Verhalten des Gesetzgebers kann unter Berücksichtigung des geänderten Regelungszwecks und der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens nicht als willkürlich angesehen werden.
3. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung des BFH und des BVerfG sieht der erkennende Senat daher keine Anhaltspunkte für eine verfassungswidrige Rückwirkung. Da im vorliegenden Fall die Abfindungsvereinbarung erst im Dezember 1998 und somit nach dem vom BFH als maßgeblich angesehenen Zeitpunkt - Zuleitung des Gesetzesentwurfs an den Bundesrat am 20.11.1998 - getroffen wurde, ist der Senat - ebenso wie der BFH mit Beschluss vom 27.08.2002 XI B 94/02, Bundessteuerblatt II 2003, 18 - der Auffassung, dass das Vertrauen der Kläger in den Bestand der bisherigen Rechtslage (halber Steuersatz) nicht bis zum Zeitpunkt des endgültigen Gesetzesbeschlusses über die Neuregelung am 04.03.1999 verfassungsrechtlich geschützt war.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, da die Rechtslage seit der Entscheidung des BFH vom 27.08.2002 XI B 94/02, Bundessteuerblatt II 2003, 18 höchstrichterlich geklärt ist.