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  • 02.11.2010

    Finanzgericht Sachsen: Urteil vom 02.04.2008 – 2 K 286/07 (Kg)

    Die Einkünfte des einer nichtselbstständigen Tätigkeit nachgehenden Ehemanns eines studierenden Kindes sind im Rahmen der Prüfung der für das Bestehen eines Kindergeldanspruchs maßgebenden Kindeseinkünfte nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht um die Aufwendungen für die Kfz-Haftpflichtversicherung, eine Unfallprämienrückerstattungsversicherung bzw. die einbehaltene Lohnsteuer zu mindern.


    Im Namen des Volkes

    URTEIL

    In dem Finanzrechtsstreit

    hat der 2. Senat durch Richter am Finanzgericht … gemäß §§ 5 Abs. 3 Satz 1, 6 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung am 2. April 2008

    für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

    Tatbestand

    Streitig ist die Berücksichtung einer Kfz-Haftpflichtversicherung sowie der Lohnsteuer im Rahmen der Einkünfte für Kindergeld.

    Die Klägerin ist die Mutter des am 15. Januar 1980 geborenen Kindes R, die seit dem Jahr 2003 mit M verheiratet ist. Sie absolvierte ein Studium. Die Klägerin im Jahr erhielt für das Kind Kindergeld von EUR 154 monatlich. Das Kind bekam von Januar bis März 2005 monatlich EUR 134BaföG-Leistungen als Zuschuss, der sich ab April 2005 auf EUR 374 erhöhte. Sie hat ein eine im Jahr 2003 geborene Tochter, für die sie Kindergeld bezieht. Sie zahlte im Jahr 2005 Semesterbeiträge von EUR 126 und EUR 136. Der Ehemann des Kindes bezog ein Einkommen von EUR 22.353 im Jahr 2005. Neben Sozialabgaben von 4.696,41 und Werbungskosten von EUR 1.673 hatte er Kosten für eine Kfz-Haftpflichtversicherung von EUR 412,64 sowie EUR 652,40 für eine Unfall-Prämienrückgewährversicherung. Die Beklagte hob mit Bescheid vom 6. November 2006 die Bewilligung des Kindergeldes für das Jahr 2005 auf und forderte Kindergeld in Höhe von EUR 1.848 von der Klägerin zurück, wogegen die Klägerin Einspruch einlegte, der mit Einspruchsentscheidung vom 15. Januar 2007 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

    Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin geltend, dass das Kind den maßgeblichen Grenzbetrag von EUR 7.680 im Jahr 2005 nicht überschreiten würde. Das Einkommen des Ehemannes sei um die Lohnsteuer von EUR 241,92, Kontoführungsgebühren von EUR 16 sowie die Kfz-Haftpflichtversicherung und die Unfallprämienrückerstattungsversicherung zu mindern. Herr M sei verpflichtet, eine solche abzuschließen, das Fahrzeug sei für seine Berufsausübung erforderlich. Dabei handele es sich um eine notwendige, zwangsläufige und mit Sozialversicherungsbeträgen vergleichbare Versicherung.

    Hilfsweise scheitere die Rücknahme der Bewilligung an § 130 Abs. 2 AO. Sollte das Einkommen des Kindes nur geringfügig über dem Grenzbetrag liegen, so sei eine gleitende Minderung des Kindergeldes vorzunehmen.

    Die Klägerin beantragt,

    den Bescheid vom 6. November 2006 sowie die Einspruchsentscheidung vom 15. Januar 2007 aufzuheben.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Sie ist der Auffassung, dass die Versicherungen keine Werbungskosten darstellten.

    Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie des Sachverhaltes im Einzelnen wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Kindergeldakte verwiesen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter sowie ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 6. November 2006 sowie die Einspruchsentscheidung vom 15. Januar 2007 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

    1. Für ein volljähriges Kind besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ein Anspruch auf Kindergeld nur dann, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 7 680 EUR im Kalenderjahr 2005 hat.

    Die Kosten für die geltend gemachten Versicherungen sind nicht von den Einkünften des Ehemannes des Kindes abziehbar. Soweit er das Fahrzeug für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt, kann er die ihm daraus entstehenden Aufwendungen als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung geltend machen. Die Kosten für die Versicherungen stellen dagegen Sonderausgaben dar, die nicht nach § 2 Abs. 2 EStG die Einkünfte mindern. Diese sind jedoch allein nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG maßgeblich. Dies hat das Bundesverfassungsgericht bestätigt, jedoch eine verfassungskonforme Auslegung dahingehend verlangt, dass nicht als Einkünfte anzusetzen daher jedenfalls diejenigen Beträge seien, die –wie die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge– von Gesetzes wegen dem Einkünfte erzielenden Kind oder dessen Eltern nicht zur Verfügung stünden und deshalb die Eltern finanziell nicht entlasten könnten (Beschluss vom 11. Januar 2005 – 2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164). Dies trifft aber auf Haftpflichtversichtungsbeiträge und erst recht nicht auf eine Unfallprämienrückerstattungsversicherung zu (BFH-Urteil vom 26. September 2007 – III R 4/07, BFH/NV 2008, 434).

    Die Beiträge für die Kfz-Haftpflichtversicherung sind für den Ehemann des Kindes nicht unvermeidbar, weil das Halten eines Kfz nicht zum lebensnotwendigen Bedarf gehört (BFH-Beschluss vom 24. April 2006 – III B 164/05, BFH/NV 2006, 1468). Dem steht nicht entgegen, dass der Halter eines Kfz gemäß § 1 des Gesetzes über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter verpflichtet ist, eine Haftpflichtversicherung zur Deckung der durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursachten Personenschäden, Sachschäden und sonstigen Vermögensschäden abzuschließen und aufrechtzuerhalten. Denn dieser Verpflichtung kann man dadurch ausweichen, dass man auf das Halten eines Kfz verzichtet.

    Ebenso wenig ist die vom Arbeitslohn einbehaltene Lohnsteuer von den Einkünften abzusetzen. Die Lohnsteuer ist eine besondere Erhebungsform der Einkommensteuer (vgl. § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG). Auch Kinder mit nicht lohnsteuerpflichtigen Einkünften haben Einkommensteuer zu bezahlen, wenn ihr zu versteuerndes Einkommen den Grundfreibetrag (§ 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG) übersteigt. Insoweit werden unterhaltsverpflichtete Eltern, deren Kinder lohnsteuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielen, gegenüber unterhaltsverpflichteten Eltern, deren Kinder Einkünfte beziehen, die keinem Steuerabzug an der Quelle unterliegen, nicht benachteiligt (BFH-Urteil vom 26. September 2007 – III R 4/07, a. a. O.). Dies gilt für Ehegatten der Kinder gleichermaßen.

    2. Das anzusetzende Einkommen setzt sich daher wie folgt zusammen:

    Einkommen EhemannEUR 22.353
    + steuerfreier LohnEUR 600
    ./. WerbungskostenEUR 1.673
    ./. SozialversicherungsbeiträgeEUR 4.696,41
    ./. KostenpauschaleEUR 180
    ./. KindesunterhaltEUR 1.980
    Einkünfte EhemannEUR 14.423,59
    ./. verminderte Einkünfte KindEUR 1.349
    EinkünfteEUR 13.074,59
    EUR13.074,59: 2 = EUR 6.537,29 + EUR 1.349 = 7.886,29.

    Der Grenzbetrag von EUR 7.680 für das Streitjahr ist deutlich überschritten.

    Die Klägerin kann sich nicht auf § 130 AO berufen, da die Vorschrift für Kindergeldangelegenheiten nicht anwendbar ist. Für die Aufhebung einer Bewilligung von Kindergeld wegen nachträglichem Bekanntwerden des Über- oder Unterschreitens des Grenzbetrages von Einkünften des Kindes ist § 70 Abs. 4 EStG als Spezialvorschrift anzuwenden.

    3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    VorschriftenEStG § 32 Abs. 4 S. 2, EStG § 2 Abs. 2, EStG § 2 Abs. 4, EStG § 38 Abs. 1