02.11.2010
Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 20.02.2009 – 4 K 39/08
Das Würzen von Truthühnern mit weißem Pfeffer lässt eine Einreihung in die Warennummer 1602 3111 00 0 zu, sofern der Pfeffer in das Innere eingedrungen oder auf allen Flächen verteilt und mit bloßem Auge oder deutlich durch Geschmack wahrnehmbar ist.
Wird in der Untersuchung für ein Einreihungsgutachten, mit dem die Nacherhebung von Einfuhrabgaben begründet werden soll, auf die sensorische Überprüfung speziell der Oberfläche verzichtet, verhindert man, dass eine der in Ziff. 6 a (EZT) der zusätzlichen Anmerkungen zu Kapitel 2 genannten Möglichkeiten der Feststellung der Würzung effektiv zur Anwendung kommen kann.
Liegt keine anzuerkennende Überprüfung der Anmeldung im Hinblick auf die Tarifierung der Ware vor, sind entsprechend Art. 71 Abs. 2 Zollkodex bei der Abgabenberechnung die Angaben in der Anmeldung zugrunde zu legen.
Tatbestand
Die Klägerin wehrt sich gegen die Erhebung von Einfuhrabgaben.
Am 15.12.2006 meldete die Klägerin beim Beklagten 24.000 kg „Zubereitungen von Truthühnern, nicht gegart, mit einem Anteil an Fleisch oder Schlachtnebenerzeugnissen von 57 GHT oder mehr” zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an. Die Klägerin gab die Warennummer 1602 3111 00 0 an.
Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 18.12.2006 erhob der Beklagte neben der Einfuhrumsatzsteuer Zoll in Höhe von 3.007,98 €.
Ebenfalls am 18.12.2006 wurden der Sendung zwei Proben in verschweißten Polybeuteln entnommen. Eine der Proben wurde von der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt Hamburg (ZPLA) untersucht. In dem Einreihungsgutachten vom 17.01.2007 wurde die Codenummer 0207 2710 00 0 festgestellt. Zur Warenbeschreibung heißt es dort: „Nach dem Untersuchungsergebnis der wissenschaftlichen Abteilung handelt es sich um rohe, gefrorene Truthahnfleischstücke (Pute) ohne Haut und Knochen. Die Fleischstücke sind unregelmäßig und spärlich mit Gewürzpartikeln bestreut, wobei die Gewürzpartikel nicht auf allen Flächen verteilt sind. Eine deutlich durch Geschmack wahrnehmbare Würzung oder eine andere Zubereitung/Behandlung konnte nicht festgestellt werden. Insoweit ist eine Würzung weder optisch noch sensorisch wahrnehmbar. Die Ware ist daher nicht gewürzt im Sinne der zusätzlichen Anmerkung 6 a) zu Kapitel 2 des EZT”. In dem Gutachten heißt es, die Probe werde sechs Monate aufgehoben.
Die Klägerin legte einen Prüfbericht der Fa. A GmbH vom 20.02.2007 vor, die zu dem Ergebnis kommt, sensorisch habe eindeutig festgestellt werden können, dass die vorliegende Probe gewürzt worden sei.
Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 21.03.2007 erhob der Beklagte gemäß Art. 220 Abs. 1 Zollkodex Zoll in Höhe von 30.750,66 € nach. Er folgte dem Einreihungsgutachten der ZPLA.
Dagegen legte die Klägerin am 03.04.2007 Einspruch ein. Mit Schreiben vom 30.05.2007 beantragte die Klägerin die Untersuchung der Rückstellprobe in Anwesenheit eines ihrer Vertreter. Das vorliegende Einreihungsgutachten sei nicht hinreichend begründet worden. Es sei nicht nachvollziehbar, wie viele Gewürzpartikel sich tatsächlich auf dem Fleisch befunden hätten und wie groß die Flächen gewesen seien, auf denen sich angeblich keine Gewürzpartikel befunden hätten. Selbst wenn die untersuchten Fleischstücke tatsächlich „ungleichmäßig und spärlich” mit Gewürzpartikeln bestreut gewesen sein sollten, käme dennoch eine Einreihung in die Position 1602 in Betracht, da die zusätzliche Anmerkung 6 zu Kapitel 02 nicht erfordere, dass das Fleisch „gleichmäßig” oder „reichlich” mit Gewürzpartikeln bedeckt sein müsse. Dass eine ungleichmäßige oder spärliche Würzung zum Ausschluss aus der Position 1602 führen solle, finde deshalb keine Grundlage in der Kombinierten Nomenklatur. Auch sei der Begriff der spärlichen Würzung kaum aussagekräftig und für sich genommen nicht verständlich. Auch sei eine gleichmäßige Verteilung der Gewürzpartikel schon technisch ausgeschlossen. Eine rein subjektive Bewertung durch die Prüfer sei keine ausreichende Grundlage für die Einreihung. Selbst wenn die Wirkstoffe an der Oberfläche nicht mit bloßem Auge erkennbar gewesen wären, hätten sie durch eine sensorische Prüfung an der Oberfläche festgestellt werden können. Stattdessen sei das ganze Fleischstück einer sensorische Prüfung unterzogen worden. Eine Würzung, die sich auf der gesamten Oberfläche des Fleisches befinde, jedoch nicht mit bloßem Auge sondern nur durch Geschmack erkennbar sei, könne mit der gewählten Methode nicht zuverlässig festgestellt werden. Daher sei die Rückstellprobe zu untersuchen. Gemäß Art. 69 Abs. 2 Zollkodex sei sie berechtigt, bei der Zollbeschau anwesend zu sein. Ohne dieses Anwesenheitsrecht könnten die angewandten Untersuchungsmethoden sowie die Ordnungsgemäßheit der Untersuchung nicht überprüft werden.
Auf entsprechende Nachfrage des Beklagten teilte die ZPLA unter dem 02.08.2007 mit, dass die visuelle Untersuchung von zwei Prüfpersonen und die sensorische Prüfung von sechs Prüfpersonen durchgeführt worden sei. Weiter wurde ein Untersuchungsbericht vom 12.01.2007 vorgelegt, wonach die Gewürzpartikel nach der äußeren Beschaffenheit nicht auf allen Flächen des Erzeugnisses verteilt gewesen seien. Die sensorische Prüfung habe keine deutlich durch Geschmack wahrnehmbare Würzung oder andere Zubereitung oder Behandlung ergeben.
Im Einspruchsverfahren teilte der Beklagte der Klägerin daraufhin unter Wiedergabe einer Stellungnahme der ZPLA vom 23.03.2007 mit, die visuelle Untersuchung der Probe sei im Hinblick auf die Anforderungen der zusätzlichen Anmerkung 6 zu Kapitel 02 erfolgt, bei welcher mindestens zwei Personen beurteilten, ob genügend Gewürzpartikel auf allen Flächen erkennbar seien. Bei Vorbereitung und Durchführung der Untersuchung sei gewährleistet, dass keine Gewürzpartikel z. B. in der entfernten Folie oder im Tauwasser unberücksichtigt blieben. Werde bei der visuellen Untersuchung festgestellt, dass Gewürzpartikel auf allen Flächen des Erzeugnisses verteilt seien, folge die Einreihung in das Kapitel 16. Andernfalls werde das alternative Merkmal der zusätzlichen Anmerkung 6 zu Kapitel 02, die deutliche Wahrnehmbarkeit der Würzstoffe durch Geschmack, durch eine sensorische Analyse geprüft. Zur gesicherten Feststellung der sensorischen Eigenschaften werde die Prüfung in Form einer Dreiecksprüfung mit mindestens sechs Prüfern durchgeführt. Bei dem streitgegenständlichen Prüfgut sei keine durch Geschmack wahrnehmbare Würzung oder eine andere Zubereitung oder Behandlung festgestellt worden. Richtig sei, dass weißer Pfeffer auf der Oberfläche von Putenfleisch schwierig zu erkennen sei. Damit habe das Labor aber genügend Erfahrung. Durch den Auftauprozess könnten keine Gewürzpartikel verschwinden. Lediglich Bestandteile der Gewürzpartikel könnten ins Innere der Fleischstücke eindringen. Durch die Kontrolle des Tauwassers und der Innenseite der Folienverpakkung werde ausgeschlossen, dass Gewürzpartikel abgerieben oder abgewaschen würden. Die untersuchten Stücke seien unregelmäßig, an manchen Stellen nur spärlich und an manchen Stellen überhaupt nicht mit weißem Pfeffer bestreut gewesen. Der Pfeffer sei auch nicht im ganzen Erzeugnis deutlich durch Geschmack wahrnehmbar gewesen. Durch die ordnungsgemäße Probenentnahme und Untersuchung werde die Fiktion des Art. 70 Abs. 1 Zollkodex ausgelöst. Anhaltspunkte für eine eingeschränkte Verwertbarkeit des Untersuchungsergebnisses bestünden nicht. Das Privatgutachten sei unbeachtlich, weil die Probe nicht zollamtlich genommen worden sei.
Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 31.01.2008 zurückgewiesen. Gemäß der zusätzlichen Anmerkung 6 a) zu Kapitel 02 gelte Fleisch als gewürzt, bei dem Würzstoffe in das Innere eingedrungen oder auf allen Flächen des Erzeugnisses verteilt und mit bloßem Auge oder deutlich durch Geschmack wahrnehmbar seien. Die Begutachtung habe dies nicht feststellen können. Da die von der Klägerin privat begutachtete Probe nicht im Rahmen einer Zollbeschau entnommen worden sei, könne das von der Klägerin vorgelegte Untersuchungsergebnis nicht berücksichtigt werden. Die Ware müsse daher als nicht gewürztes Geflügelfleisch in die Position 0207 eingereiht werden. Es bestehe keine tatsächliche oder rechtliche Veranlassung, die Rückstellprobe zu untersuchen. Es gelte die gesetzliche Fiktion des Art. 70 Abs. 1 Zollkodex. Da die Ware als einheitlich beschaffen angemeldet worden sei, genüge die Untersuchung einer Probe. Die Untersuchung der Rückstellprobe komme regelmäßig nur dann in Betracht, wenn das bei der ersten Untersuchung gefundene Ergebnis nicht eindeutig sei. Dies sei hier jedoch nicht der Fall.
Mit ihrer am 03.03.2008 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie nimmt auf ihre Einspruchsbegründung Bezug. Sie habe einen sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Anspruch auf Untersuchung der Rückstellprobe, da sie dezidiert Einwendungen gegen die Untersuchungsmethode und die Dokumentation des Untersuchungsergebnisses erhoben habe. Die eingeführte Ware sei im Sinne der Position 1602 gewürzt gewesen. Schon aus dem Einreihungsgutachten ergebe sich, dass die Fleischstücke mit Gewürzpartikeln bestreut gewesen seien. Die Voraussetzung, dass das Gewürz auf allen Flächen des Erzeugnisses verteilt und mit bloßem Auge wahrnehmbar sei, könne auch bei einer ungleichmäßigen und spärlichen Bestreuung erfüllt sein. Sie bestreite, dass Gewürzpartikel nicht auf allen Flächen des Fleisches verteilt und nicht mit bloßem Auge erkennbar gewesen seien. Auch bestreite sie, dass in dem Tauwasser keine Rückstände von Gewürzpartikeln festgestellt worden seien. Die Ursache für das ungleichmäßige Verteilen der Gewürzpartikel könne ihre Ursache auch darin haben, dass die Fleischblöcke zerkleinert worden seien. Auch durch unsachgemäße Lagerung könne der Pfeffer an Geschmacksintensität verloren haben. Weiter bestreite sie, dass die sensorische Prüfung von sechs Prüfpersonen vorgenommen worden sei.
Die Klägerin beantragt,
den Einfuhrabgabenbescheid vom 21.03.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.01.2008 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, es komme nicht auf die gleichmäßige Verteilung der Gewürzpartikel an, vielmehr sei zu verlangen, dass auf allen Flächen des Erzeugnisses Würzpartikel verteilt und mit bloßem Auge wahrnehmbar seien. Es dürften keine augenscheinlich nicht gewürzten Areale entstehen. Bei der sensorische Untersuchung genüge es nicht, dass die Würzung nur in Teile des Fleisches eingedrungen sei, da ohnehin nicht nur in oberflächlichen Fleischschichten eine deutliche Würzung geschmacklich feststellbar sein müsse. Eine Geschmacksprüfung dieser oberflächlichen - für Prüfungszwecke gegarten - Fleischschicht könne also von vornherein entfallen. Bei der Würzung mit weißem Pfeffer hätte im Übrigen bereits die visuelle Untersuchung bei ausreichender Oberflächenwürzung zwingend zu einem positiven Ergebnis führen müssen, da die Pflanzenzellen des Pfeffers nicht hätten verloren gehen können.
In der mündlichen Verhandlung vom 20.02.2009 wurden die sachverständigen Zeugen Dr. B und Dr. C vernommen. Von ihnen wurden die Einzelheiten der angewandten Untersuchungsmethode sowie der durchgeführt Untersuchung selbst erläutert. Wegen der Einzelheiten dieser Erläuterungen wird auf das Verhandlungsprotokoll verwiesen. Ebenfalls verwiesen wird auf die in der mündlichen Verhandlung überreichten Einzelprotokolle der Dreiecksprüfung und die zur Akte gereichten Fotos.
Zu den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 18.03.2009 Stellung genommen. Auf diesen Schriftsatz wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Sachakte des Beklagten Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet.
I. Der Einfuhrabgabenbescheid vom 21.03.2007 ist in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.1.2008 rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
Der Beklagte durfte Einfuhrabgaben nicht gemäß Art. 220 Abs. 1 Zollkodex nacherheben, weil der Einfuhrzoll mit Bescheid vom 18.12.2006 nicht mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag buchmäßig erfasst worden ist. Das Ergebnis der Untersuchung der gezogenen Probe in Form des Einreihungsgutachtens der ZPLA vom 17.01.2007 kann der Festsetzung der Einfuhrabgaben nicht zugrunde gelegt werden, da die Untersuchung fehlerhaft gewesen ist. Das ergibt sich aus Folgendem:
Zwischen den Beteiligten ist im Kern streitig, ob das eingeführte Fleisch entsprechend der Anmeldung in die Warennummer 1602 3111 00 0 oder, wie der Beklagte unter Berufung auf das Einreihungsgutachten annimmt, in die Warennummer 0207 2710 00 0 einzureihen ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften sowie des Bundesfinanzhofes (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 20.6.1996, C-121/95; BFH, Urteil v. 18.11.2001, VII R 78/00) ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind (vgl. die Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur). Soweit in den Positionen und Anmerkungen nichts anderes bestimmt ist, richtet sich die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 2 bis 5 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur. Daneben gibt es nach dem Übereinkommen zum Harmonisierten System Erläuterungen und Einreihungsavise, die ebenso wie die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur, die von der Europäischen Kommission ausgearbeitet wurden, ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen darstellen (vgl. EuGH, Urteil vom 9.12.1997, C-143/96). Auf den Verwendungszweck einer Ware darf nur dann abgestellt werden, wenn im Wortlaut der Bestimmungen oder in den Erläuterungen dazu ausdrücklich auf dieses Kriterium Bezug genommen wird (vgl. BFH, Urteil vom 14.11.2000, VII R 83/9).
Die Warennummer 1602 3111 00 0 umfasst Zubereitungen von Fleisch, Fleisch, Schlachtnebenerzeugnisse oder Blut, anders zubereitet oder haltbar gemacht von Truthühnern, ausschließlich nicht gegartes Fleisch von Truthühnern enthaltend. Die Position 0207 2710 00 0 umfasst Fleisch und genießbare Schlachtnebenerzeugnisse von Hausgeflügel der Position 0105, frisch, gekühlt oder gefroren, Teile ohne Knochen. Die Warennummern unterscheiden sich soweit hier relevant dahin, dass nach der Position 1602 eine Zubereitung stattgefunden haben muss, die eine Einreihung in das Kapitel 16 zur Folge hat. Eine solche Zubereitung kann - und soll nach dem Vortrag der Klägerin - in der Würzung der Oberfläche mit weißem Pfeffer liegen.
Der hinsichtlich der Voraussetzungen für die Nacherhebung beweisbelastete Beklagte konnte den Nachweis für seine Behauptung, dass das Fleisch nicht im Rechtssinne gewürzt gewesen ist, so dass eine Einreihung in das Kapitel 16 nicht in Betracht kommt, nicht erbringen.
Im Einreihungsgutachten der ZPLA vom 17.01.2007 wurde festgestellt, dass es sich um rohe, gefrorene Truthahnfleischstücke (Pute) ohne Haut und Knochen handelte, wobei die Fleischstücke unregelmäßig und spärlich mit Gewürzpartikeln bestreut waren und die Gewürzpartikel nicht auf allen Flächen verteilt waren. Eine deutlich durch Geschmack wahrnehmbare Würzung oder eine andere Zubereitung/Behandlung konnte nicht festgestellt werden. Eine Würzung war weder optisch noch sensorisch wahrnehmbar. Dieses Einreihungsgutachten kann indes für die Tarifierung nicht herangezogen werden, weil das zu Grunde liegende Untersuchungsverfahren nicht geeignet ist, den Nachweis für die fehlende Würzung zu erbringen.
Gemäß Ziff. 6 lit. a) der zusätzlichen Anmerkungen zu Kapitel 2 gehört nicht gegartes, gewürztes Fleisch zu Kapitel 16. Als gewürzt gilt nicht gegartes Fleisch, bei dem die Würzstoffe in das Innere eingedrungen oder auf allen Flächen des Erzeugnisses verteilt und mit bloßem Auge oder deutlich durch Geschmack wahrnehmbar sind.
Aus dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung folgt, dass man die auf allen Flächen des Erzeugnisses verteilte Würzung entweder durch optische oder durch sensorische Überprüfung wahrnehmen können muss.
Die optische Prüfung führte vorliegend nicht zur Feststellung der Würzung. Es spricht viel dafür, dass diese optische Prüfung sowohl was das Verfahren als auch was das Ergebnis angelangt, nicht zu beanstanden ist. Die optische Prüfung erfolgte, wie die sachverständigen Zeugen in der mündlichen Verhandlung erläutert haben, durch eine geschulte Mitarbeiterin, die von dem sachverständigen Zeugen Dr. B überprüft worden ist. Dies ist grundsätzliche ein sachgerechtes und - hinsichtlich der Zahl der mit der Untersuchung betrauten Personen - hinreichendes Verfahren. Der Beklagte hat auch nachvollziehbar vorgetragen, dass durch die Untersuchung sowohl des Auftauwassers als auch der Umschließungen der Probe sichergestellt worden ist, dass keine Gewürzpartikel unbemerkt bleiben und Fehler weitmöglichst vermieden werden. Dass zuvor bereits ein Teilstück von der Probe abgeschnitten worden war, dürfte unerheblich sein, da die Würzung auf allen Flächen des Fleisches - also auch auf den verbliebenen Teilen - vorhanden gewesen sein muss. Auch dürfte die Methode, den Grad der optisch erkennbaren Würzung an Hand eines Abgleichs mit Vergleichsfotos festzustellen, durchaus sachgerecht sein. Auch legen die vorgelegten Fotos die Richtigkeit des Ergebnisses der optischen Untersuchung durchaus nahe. Die zwangsläufigen Unsicherheiten dieser optischen Überprüfungsmethode werden dadurch kompensiert, dass in Zweifelsfällen - wie auch hier - die Sensorik angeordnet wird. Letztlich muss der Senat sich aber nicht abschließend zur Ordnungsgemäßheit und Geeignetheit der optischen Untersuchung äußern, da diese einerseits - auch nach Auffassung des Beklagten - allein nicht ausreicht, um den Nachweis für die fehlende Würzung zu erbringen, weil das Fleisch auch dann als gewürzt gilt, wenn die Würzstoffe in das Innere eingedrungen sind und damit optisch nicht mehr erkennbar sind oder wenn sie nur geschmacklich wahrnehmbar sind und andererseits die sensorische Untersuchung zu beanstanden ist.
Der Senat hat schon erhebliche Bedenken, ob das Ergebnis der sensorischen Untersuchung - unterstellt, das Verfahren ist sachgerecht - geeignet ist, den Nachweis für die fehlende Würzung zu erbringen. Die Dreiecksprüfung wurde von sechs Prüfern durchgeführt. Vier Prüfer haben eine Probe als gewürzt bezeichnet. Sofern sie das Würzmittel nicht herausgeschmeckt haben, ist dies unerheblich, da nach Ziff. 6 lit. a) der zusätzlichen Anmerkungen zu Kapitel 2 ausreicht, dass das Fleisch gewürzt ist, ohne dass es auf die Art der Würzung ankäme. Weiter wird man nicht darauf abstellen können, dass ein Prüfer die Würzung einer ungewürzten Probe zugeordnet hat. Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass dieser Prüfer zunächst die gewürzte Probe verköstigt hat, den pfeffrigen Geschmack aber nicht sofort, sondern erst, nachdem dieser sich vollends entfaltet hat, bei der nachfolgenden ungewürzten Probe wahrgenommen hat. Wenn man also davon ausgehen kann, dass vier von sechs Prüfern eine Probe als gewürzt angesehen haben, lässt sich schwerlich begründen, dass der Nachweis dafür erbracht worden ist, es habe sich bei der eingeführten Ware nicht um gewürztes Fleisch gehandelt.
Jedenfalls aber ist die Untersuchungsmethode insoweit fehlerhaft, als lediglich das Innere des Fleisches sowie dessen Oberfläche, soweit sie nicht sichtbar gewürzt gewesen ist, für die Zubereitung der Probe verwandt worden ist. Der sachverständige Zeuge Dr. C hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, vor dem Garen der Probe in der Mikrowelle würden die sichtbar gewürzten Teile der Oberfläche abgeschnitten. Durch das Abschneiden dieser Teile der Oberfläche und die Einbeziehung des gesamten Fleischinneren wird die Probe in einer Weise manipuliert, die geeignet ist, das Untersuchungsergebnis zu verfälschen und eine Untersuchung im Hinblick auf alle der in Ziff. 6 lit. a) der zusätzlichen Anmerkungen zu Kapitel 2 genannten Alternativen wesentlich einzuschränken, wenn nicht gar auszuschließen. Nach dieser Bestimmung gilt als gewürzt Fleisch, bei dem die Würzstoffe entweder in das Innere eingedrungen oder auf allen Flächen des Erzeugnisses verteilt sind. Die Verteilung auf allen Flächen kann man entweder durch optische (mit bloßem Auge) oder durch sensorische Wahrnehmung (deutlich durch Geschmack) ermitteln. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass es für die Annahme der Würzung ausreicht, wenn die Verteilung auf allen (äußeren) Flächen deutlich durch Geschmack wahrnehmbar ist. Wenn aber die Verteilung auf den Flächen (also von außen) geschmacklich festgestellt werden soll, darf man bei der Geschmacksprüfung nicht auf das Innere des Fleisches abstellen, sondern muss allein die Oberfläche des Probenstücks der sensorischen Prüfung unterziehen. Unterzieht man lediglich das Innere der Probe sowie die nicht erkennbar gewürzten Teile der Oberfläche der Untersuchung, ist die Wahrscheinlichkeit, dass auf der Oberfläche des Fleisches verteilte Würzstoffe geschmacklich wahrnehmbar sind, offensichtlich wesentlich geringer, als wenn nur die Oberfläche - auf die es nach der hier interessierenden Alternative der Ziff. 6 lit. a) der zusätzlichen Anmerkungen zu Kapitel 2 ausschließlich ankommt - des Probenstücks verkostet wird. Verzichtet man auf die sensorische Überprüfung speziell der Oberfläche, verhindert man weithin, dass eine der in Ziff. 6 lit. a) der zusätzlichen Anmerkungen zu Kapitel 2 genannten Möglichkeiten der Feststellung der Würzung effektiv zur Anwendung kommen kann. Dieser Verzicht führt dazu, dass das Untersuchungsergebnis mit derart erheblichen Zweifeln belastet ist, dass es nicht zur Grundlage der Einfuhrabgabenerhebung gemacht werden kann.
Die Verfahrensweise kann auch durch die Begründung, die der sachverständige Zeuge Dr. C in der mündlichen Verhandlung gegeben hat, nicht gerechtfertigt werden. Er führte aus, die Verfahrensweise erfolge deshalb, weil die Würzung des Fleisches in der Tiefe feststellbar sein müsse. Damit wird die zu untersuchende Frage falsch erfasst. Dass die Würzung des Fleisches in der Tiefe feststellbar sein muss, setzt Ziff. 6 lit. a) der zusätzlichen Anmerkungen zu Kapitel 2 nicht in jedem Fall voraus. Wie bereits dargelegt, reicht es, dass deutlich durch Geschmack wahrnehmbar ist, dass die Würzstoffe auf allen Flächen des Erzeugnisses verteilt sind.
Liegt daher keine anzuerkennende Überprüfung der Anmeldung im Hinblick auf die Tarifierung der Ware vor, sind entsprechend Art. 71 Abs. 2 Zollkodex bei der Abgabenberechnung die Angaben in der Anmeldung zugrunde zu legen.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision wurde nicht zugelassen, da Gründe gemäß 115 Abs. 2 FGO nicht gegeben sind.