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  • 02.11.2010

    Finanzgericht Nürnberg: Urteil vom 03.12.2009 – IV 322/2005

    Gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 4 BewG (i.d.F. des Steuerreformgesetzes 1990 vom 25.07.1988) waren Einheitswerte für inländische Gewerbebetriebe festzustellen, wenn und soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung waren. Erstreckte sich der Gewerbebetrieb auch auf das Ausland und gehörte auch der ausländische Teil zum Gesamtvermögen, war nach der zum Stichtag geltenden Fassung des § 19 Abs. 2 Satz 1 BewG ein zweiter Einheitswert festzustellen, der auch diesen Teil umfasste. Aus der Zusammenschau beider Bestimmungen ergibt sich, dass ein Einheitswert des Betriebsvermögens auch für den inländischen Teil eines gewerblichen Betriebs festzustellen war, wenn dessen ausländischer Teil nach § 114 Abs. 2 BewG nicht zum Gesamtvermögen gehörte.


    Tatbestand

    Im nunmehr zweiten Rechtsgang ist streitig, ob ein Darlehen, das der inländischen Geschäftsinhaberin von ihrer atypisch stillen Gesellschafterin zur Verwendung für Betriebsstätten in Großbritannien gewährt wurde, in den Einheitswert des Betriebsvermögens der atypisch stillen Gesellschaft einzubeziehen und dafür ein Einheitswert des Betriebsvermögens festzustellen ist oder ob das Darlehen wegen § 50d Abs. 10 EStG nicht zu erfassendes ausländisches Betriebsvermögen darstellt.

    Die Kl. 1 (eine GmbH) mit Sitz in 1, wurde am 06.05.1988 in das Handelsregister des Amtsgerichts 2 eingetragen. Ebenfalls am 06.05.1988 gründete sie eine Niederlassung in 3, Großbritannien, in der sie Gipsprodukte herstellt und vertreibt. Ihre operative Geschäftstätigkeit erstreckte sich ausschließlich auf die Niederlassung in Großbritannien. Am Stammkapital der Kl. 1 in Höhe von 1.200.000 DM waren A mit 12.000 DM und die Kl. 2 mit 1.188.000 DM (99 %) beteiligt.

    Mit weiterem Vertrag vom 06.05.1988 beteiligte sich die Kl. 2 an der Kl. 1 als atypisch stille Gesellschafterin mit einer Einlage in Höhe von 58.800.000 DM. Am Geschäftskapital der atypisch stillen Gesellschaft von zusammen 60.000.000 DM betrug der Anteil der Kl. 2 demnach 98 %. Am Gewinn und Verlust war die Kl. 2 nach Abzug eines Gewinns von vorab 120.000 DM für die Kl. 1 entsprechend ihrem Anteil am Geschäftskapital mit 98 % beteiligt.

    Die Kl. 2 als Darlehensgeberin gewährte der Kl. 1 als Darlehensnehmerin mit Vertrag vom 15.03.1989 ein Darlehen bis zur Höhe von XXX DM zum Betrieb von Gipskartonplattenfabriken in 3 und 4 in Großbritannien. Die Verzinsung des Darlehens richtete sich nach dem Diskontsatz der Bundesbank zuzüglich 2 %. Die Zinsen waren jeweils am Ende eines jeden Kalenderjahres fällig. Das Darlehen wurde von der Kl. 1 zum 31.12.1989 in Höhe von insgesamt XX DM in Anspruch genommen. Der im Jahresabschluss 1989 der englischen Niederlassung ausgewiesene Zinsaufwand für das Darlehen betrug umgerechnet X DM. In der Bilanz der Kl. 1 wurde das Darlehen der Kl. 2 als Schuldposten der ausländischen Betriebsstätte behandelt. Zinsen wurden weder von der ausländischen Betriebsstätte noch der Kl. 1 entrichtet. Mit Erklärung vom 08.04.1991 verzichtete die Kl. 2 aufgrund der unerwarteten außerordentlichen wirtschaftlichen Situation der Kl. 1 vom Beginn der ersten Inanspruchnahme des Darlehens bis auf weiteres auf die Berechnung von Zinsen.

    Im Zeitraum vom 02.11.1992 bis 07.07.1998 fand bei der Kl. 1 und atypisch stillen Gesellschaft eine Betriebsprüfung statt, die u.a. auch den Einheitswert des Betriebsvermögens 01.1.1989 und 01.01.1990 umfasste. Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung war zum 01.01.1990 erstmals unter Berücksichtigung des Gesellschafterdarlehens in Höhe von XX DM sowie der Zinsforderung der Kl. 2 von X DM (zusammen XX+X DM) als bei der inländischen Besteuerung zu erfassendes steuerpflichtiges Auslandsvermögen der Einheitswert des Betriebsvermögens der Kl. 1 und atypisch stillen Gesellschaft für Zwecke der Vermögensteuer auf XX+X gerundet DM festzustellen (Nachfeststellung).

    Entsprechend stellte das Finanzamt mit Bescheid vom 29.04.1999 für die Kl. 1 und atypisch stille Gesellschaft auf den 01.01.1990 erstmals den Einheitswert des Betriebsvermögens mit XX+X gerundet DM fest. Es bezeichnete den Bescheid als Zurechnungs- und Wertfortschreibung und führte darin aus, dass für Zwecke der Gewerbesteuer eine Wertfortschreibung auf den 01.01.1990 nicht in Betracht komme und es somit für Zwecke der Gewerbesteuer beim Einheitswert von 0 DM verbleibe. In dem mit „Ermittlung des Einheitswerts” bezeichneten Teil des Bescheids errechnete das Finanzamt das Betriebsvermögen aus Besitzposten (z.B. Forderungen) von XX+X DM unter Abzug von Schuldposten in Höhe von 0 DM und zog von dem so errechneten Betriebsvermögen von XX+X DM den ausländischen Teil in gleicher Höhe ab, gelangte zu einem Betriebsvermögen im Bundesgebiet von 0 DM und zuzüglich des ausländischen Teils von XX+X DM zu dem gerundeten Einheitswert von XX+X gerundet DM. Den festgestellten Einheitswert teilte das Finanzamt mit 0 DM auf die Kl. 1 und mit XX+X gerundet DM auf die Kl. 2 auf.

    Der Prozessbevollmächtigte erhob gegen den Bescheid Einspruch und machte geltend, dass der Bescheid ersatzlos aufzuheben sei, weil das darin erfasste Vermögen nach dem DBA/GB von den inländischen Besteuerung ausgenommen sei. Mit Entscheidung vom 23.04.2002 wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück. Es führte dabei aus, dass das Gesellschafterdarlehen einschließlich Zinsforderung der Kl. 2 bei der inländischen Besteuerung als steuerpflichtiges Auslandsvermögen zu erfassen sei.

    Der Prozessbevollmächtigte hat dagegen Klage erhoben, die er zunächst gegen das Finanzamt 2 gerichtet hat und mit innerhalb der Klagefrist berichtigter Klageschrift gegen das Finanzamt 5. Dem im ersten Rechtsgang gestellten Klageantrag, den Einheitswert für das ausländische Vermögen mit 0 DM festzustellen und den Beteiligten mit jeweils 0 DM zuzurechnen, hat das Gericht mit Urteil vom 13.05.2004 insoweit entsprochen, als es unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung den angefochtenen Bescheid dahingehend geändert hat, dass der Einheitswert für Zwecke der Vermögensteuer auf 0 DM herabgesetzt wird. Die Aufteilung des Einheitswerts hat das Gericht unverändert belassen. Auf die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision hat der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 07.10.2005 II B 94/04 das Urteil des Senats vom 13.05.2004 aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben, die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen und diesem die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens übertragen.

    Mit Bescheid vom 09.01.2006 zur Änderung des Bescheids über den Einheitswert des Betriebsvermögens in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.04.2002 hat das Finanzamt auf den 01.01.1990 den Einheitswert des Betriebsvermögens für die Kl. 1 und atypisch stille Gesellschaft auf 0 DM festgestellt. Diesen Einheitswert hat es in dem als Nachfeststellung bezeichneten Bescheid aus Besitzposten i.H.v. XX+X DM und aus Schuldposten in derselben Höhe ermittelt. Den Einheitswert von 0 DM hat das Finanzamt in diesem Bescheid mit ./. XX+X DM der Kl. 1 und mit XX+X DM der Kl. 2 zugerechnet.

    Mit Bescheid vom 07.08.2009 hat das Finanzamt den vorgenannten Bescheid vom 09.01.2006 noch dahin geändert, dass es der Kl. 1 nunmehr einen Anteil am Einheitswert von ./. 1.078.299 DM zugerechnet hat und der Kl. 2 den entsprechenden positiven Anteil von 1.078.299 DM.

    Das Finanzamt hat nach Erlass des geänderten Bescheids vom 07.08.2009 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Dem haben die Klägerinnen widersprochen. Sie beantragen, den Bescheid über den Einheitswert des Betriebsvermögens vom 07.08.2009 dahin zu ändern, dass bei der Ermittlung des Einheitswerts die Positionen Besitzposten und Hinzurechnungen, das Rohbetriebsvermögen sowie die Schuldposten und Abrechnungen jeweils mit 0 DM angesetzt werden. Weiter beantragen sie, den Bescheid über die Aufteilung des Einheitswerts vom 07.08.2009 dahin zu ändern, dass jedem der Beteiligten ein Anteil am Einheitswert von 0 DM zugerechnet wird. Für den Fall des Unterliegens beantragen sie die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Anwendbarkeit und Auswirkungen des § 50d Abs. 10 und Abs. 9 EStG im Rahmen des Art. XVI DBA/GB.

    Zur Begründung bringen sie im Wesentlichen vor:

    Bei der im Bescheid als Besitzposten angesetzten Darlehens- und Zinsforderung handle es sich - wie auch von der Betriebsprüfung zutreffend festgestellt - abkommensrechtlich um ausländisches Betriebsvermögen der Kl. 1. Die bisherige Rechtsprechung des BFH, wonach dem Ansatz der Darlehens- und Zinsforderung nicht § 101 Nr. 1 BewG entgegenstehe, weil ein abkommensrechtlicher Befreiungstatbestand von der Vermögensteuer nicht eingreife (so zuletzt in den Gerichtsbescheiden vom 19.02.2009 II R 8/06, BFH/NV 2009,1092, und II R 9/06 zur Zurechnung des Betriebsvermögens der Z- GmbH & atypisch stillen Gesellschaft auf den 01.01.1989 und 01.01.1990) könne wegen § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG nicht mehr aufrechterhalten werden. Dies gelte für die nach dieser Rechtsprechung bewirkte Auflösung der nach inländischem Steuerrecht bestehenden Einheit von Gewinnanteil und Sondervergütung im Abkommen. Infolge § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG komme es für die Zugehörigkeit der Darlehens- und Zinsforderung zur ausländischen Betriebsstätte nicht mehr darauf an, dass es sich dabei um „Mittel aus der Zweigniederlassung” handeln müsse. Dies verkenne das Finanzamt. Die Regelung in § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG sei vielmehr von der Vorstellung der Finanzverwaltung geleitet, dass die Darlehen der Betriebsstätte funktional zuzuordnen seien. Bei der Regelung handle es sich nicht um eine Fiktion, sondern um eine Zuordnungsregelung, die sich auf eine funktionale Betrachtungsweise stütze. Eine funktionale Zuordnung eines Gesellschafterdarlehens zur Betriebsstätte habe die BFH-Rechtsprechung bislang jedoch abgelehnt. Die von der Finanzverwaltung initiierte Einführung des § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG könne für die sog. Inboundfälle (ein ausländischer Gesellschafter gibt seiner inländischen Personengesellschaft ein Darlehen) den von dieser gewünschten Effekt nur haben, wenn die funktionale Zuordnung des Gesellschafterdarlehens zur Betriebsstätte auch anerkannt werde; andernfalls könnte keine Abweichung von der Besteuerungssituation erreicht werden, die sich aus der BFH-Rechtsprechung ergebe. Die Regelung in § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG werde deshalb nach den Gesetzesmaterialien nicht als ein Fall des Treaty Override (Abkommensverdrängung) angesehen, sondern es handle sich danach um eine rechtsprechungsdurchbrechende, innerstaatlich verbindliche Auslegung des abkommensrechtlichen Begriffs „Unternehmensgewinne” (vgl. Urteil des FG München vom 30.07.2009 1 K 1816/09, DStR 2009, 2363). Somit werde durch § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG die Einheit von Gewinnanteil und Sondervergütung auch für die deutsche Auslegung des Begriffs Unternehmensgewinne auf Abkommensebene wieder hergestellt. Da die Vorschrift gleichermaßen auch für sog. Outboundfälle (inländischer Gesellschafter gibt seiner Personengesellschaft im Ausland ein Darlehen) anzuwenden sei, sei die streitgegenständliche Darlehens- und Zinsforderung der Kl. 2 der englischen Betriebsstätte der atypisch stillen Gesellschaft funktional zugeordnet. Sinngemäß dürfte nach Artikel XVI Abs. 2 DBA/GB die der englischen Betriebsstätte der atypisch stillen Gesellschaft zugeordnete Darlehens- und Zinsforderung der Kl. 2 auch von Großbritannien besteuert werden. Folglich seien für diese Darlehens- und Zinsforderung die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung nach § 101 Nr. 1 BewG erfüllt.

    Der mit dem Jahressteuergesetz 2009 eingeführte § 50d Abs. 10 EStG sei im Streitfall nach der Übergangsregelung in § 52 Abs. 59a Satz 8 EStG auch anzuwenden. Danach gelte die Vorschrift in allen Fällen, in denen wie im Streitfall die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt sei. Bis zum Inkrafttreten des § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG habe in den noch offenen Fällen der Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens eine planwidrige Gesetzeslücke bestanden, welche durch Anwendung dieser Vorschrift gefüllt werde. Die über § 50d Abs. 10 Satz 2 EStG anzuwendende belastende Regelung in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG sei jedoch zum einen nicht anwendbar, weil sie ausdrücklich auf Einkünfte abstelle, welche bei der Feststellung des Einheitswerts aber nicht betroffen seien, und weil zum anderen eine Lückenfüllung durch eine ausschließlich belastende Rechtsfolge nach dem strengen Gesetzesvorbehalt im Steuerrecht nicht zulässig sei.

    Das Finanzamt hat nunmehr Klageabweisung beantragt und für den Fall des Unterliegens ebenfalls die Zulassung der Revision.

    Zur Begründung trägt es im Wesentlichen vor: Das Besteuerungsrecht für die Vermögensteuer werde in Artikel XVI DBA/GB in Anlehnung an die Ertragsbesteuerung geregelt; entsprechend habe für bewegliches Betriebsstättenvermögen der Betriebsstättenstaat das Besteuerungsrecht. Nachdem die aktiven Wirtschaftsgüter wegen ihrer Belegenheit bzw. ihrer tatsächlichen Zugehörigkeit zu Betriebsstätten in Großbritannien von der deutschen Vermögensteuer befreit seien, sei auch ihr Ansatz beim Einheitswert des Betriebsvermögens unterblieben. Das Großbritannien zustehende Besteuerungsrecht für diese Wirtschaftsgüter stehe auch einer Berücksichtigung der Verbindlichkeiten entgegen. Durch den Betriebsstättenvorbehalt in Artikel VII Abs. 5 DBA/GB seien Zinserträge aus Darlehen, die einer Betriebsstätte zuzurechnen seien, dem Betriebsstättenstaat zur Besteuerung zugewiesen. Da jedoch das Gesellschafterdarlehen in der Bilanz der Kl. 1 als Schuldposten der Betriebsstätte behandelt werde, sei das Gesellschafterdarlehen einschließlich der Zinsforderung nicht der Betriebsstätte in Großbritannien zuzurechnen.

    Die streitige Darlehensforderung gehöre einem inländischen Darlehensgeber und nicht zu einer in Großbritannien gelegenen Betriebsstätte. Sie sei nicht nach dem DBA/GB befreit. Großbritannien stehe für diese Forderung kein Besteuerungsrecht zu. Die Darlehensforderung gehöre nicht tatsächlich zu einer Betriebsstätte in Großbritannien, nur weil das überlassene Kapital dort genutzt werde. Forderungen gehörten nur dann tatsächlich zu einer Betriebsstätte, wenn sie Bestandteil von deren Vermögen seien. Diese Voraussetzung sei für die Darlehensforderung im Streitfall nicht erfüllt. Das Darlehen sei nicht aus Mitteln der Betriebsstätten in Großbritannien, sondern sei von der Kl. 2 an die Kl. 1 gewährt worden. Die Darlehensforderung der Kl. 2 bestehe gegenüber der Kl. 1 mit Sitz im Inland und nicht gegenüber den Betriebsstätten in Großbritannien. Daher scheide eine Besteuerung der Darlehens- und Zinsforderung nach Artikel XVI Abs. 2 DBA/GB im Betriebsstättenstaat aus.

    § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG komme im Streitfall nicht zur Anwendung. Die Vorschrift gelte nur für die ertragsteuerliche Behandlung. Ob sie auf die Bewertung des Betriebsvermögens übertragbar sei, könne dahingestellt bleiben. Denn aus der Sicht der deutschen Finanzverwaltung habe Großbritannien als Betriebsstättenstaat für die gesamten Betriebsstätteneinkünfte einschließlich der Zinsen nach Artikel III Abs. 1 DBA/GB das Besteuerungsrecht. Aus der Sicht der britischen Steuerverwaltung habe der Wohnsitzstaat für die Zinsen nach Artikel VII Abs. 1 DBA/GB das Besteuerungsrecht; die Zinszahlungen würden nicht nach Artikel VII Abs. 5 DBA/GB als Betriebsstätteneinkünfte behandelt, weil das Gesellschafterdarlehen in der Betriebsstättenbilanz als Verbindlichkeit ausgewiesen sei.

    Dem Gericht liegen vom beklagten Finanzamt für die atypisch stille Gesellschaft die Einheitswertakte für das Betriebsvermögen zum 01.01.1990 sowie über die Betriebsprüfung mit dem Bericht vom 10.02.1999 vor.

    Gründe

    A. Die Klage ist zulässig.

    1. Sie ist zulässig gegen das Finanzamt 5 erhoben worden, das die angefochtene Einheitswertfeststellung erlassen hat. Zwar ist im ursprünglichen Klageschriftsatz vom 15.05.2002 das Finanzamt 2 als Beklagter angeführt worden, doch ist dies noch innerhalb der Klagefrist dahin berichtigt worden, dass Beklagter das Finanzamt 5 ist. Soweit darin eine Klageänderung liegt, konnte diese innerhalb der Klagefrist wirksam vorgenommen werden (vgl. BFH-Urteil vom 26.02.1980 VII R 60/78, BStBl. II 1980, 331).

    2. Auch soweit mit der Klage die Zurechnung und damit die Aufteilung des Einheitswerts des Betriebsvermögens angefochten wird, sind die Zulässigkeitsvoraussetzungen gegeben. Es liegt auch insoweit ein erfolglos gebliebenes Einspruchsverfahren vor (§ 44 Abs. 1 FGO). Die Feststellung der Höhe des Einheitswerts einerseits und seine tatsächliche und wertmäßige Aufteilung auf die Beteiligten andererseits und damit die Zurechnung sind zwei selbständige Feststellungen, die gesondert angefochten und bestandskräftig werden können (vgl. BFH-Urteil vom 13.11.1981 III R 116/78, BStBl. II 1983, 88). Zwar sind mit dem Einspruch gegen den Bescheid vom 29.04.1999 gesonderte Einwendungen gegen die darin enthaltene Aufteilung des Einheitswerts nicht erhoben worden. Mit dem Einspruch ist jedoch die Aufhebung des Bescheids vom 29.04.1999 insgesamt und folglich damit auch der Zurechnung und Aufteilung des Einheitswerts beantragt worden. Das Einspruchsverfahren hat damit auch die Einheitswertaufteilung betroffen. Der Einspruch ist auch hinsichtlich der begehrten Aufhebung der Einheitswertaufteilung erfolglos geblieben. Dieses Begehren ist mit der Einspruchsentscheidung vom 23.04.2002 ebenfalls abgewiesen worden.

    3. Der Klage fehlt nicht die erforderliche Beschwer (§ 40 Abs. 2 FGO), obgleich der Einheitswert bereits auf 0 DM festgestellt worden ist und die zur Ermittlung des Einheitswerts herangezogenen Besteuerungsgrundlagen - die angesetzten Besitz- und Schuldposten - mit einem Rechtsbehelf nicht selbständig angreifbar sind, soweit die Besteuerungsgrundlagen nicht gesondert festgestellt werden (§ 157 Abs. 2 AO). Die Feststellung des Einheitswerts ist jedoch eine gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, welche auch wegen der ihr zugrunde gelegten Ansätze an Besitz- und Schuldposten Bindungswirkung für die Verteilung des Einheitswerts und damit seine Zurechnung hat. Bei der Feststellung des Einheitswerts einerseits und der Zurechnung bzw. Verteilung des Einheitswerts andererseits handelt es sich um zwei verschiedene Verwaltungsakte, die zueinander im Verhältnis von Grundlagenbescheid zu Folgebescheid stehen (BFH-Beschluss vom 31.01.2006 II B 17/05, BFH/NV 2006, 910). Die Bindungswirkung des Feststellungsbescheids für den Folgebescheid schließt es aus, dass über einen Sachverhalt, über den im Feststellungsverfahren entschieden ist, im Folgeverfahren in einem damit unvereinbaren Sinn anders entschieden wird. Sinn und Zweck des Feststellungsverfahrens ist es, unterschiedliche Beurteilungen ein- und desselben Sachverhalts im Feststellungsverfahren und im Folgeverfahren zu vermeiden. Der Grundlagenbescheid hat die Funktion, die in ihm festgestellten Besteuerungsgrundlagen in verbindlicher Weise dem Folgebescheid zuzuführen (vgl. BFH-Urteil vom 19.02.2009 II R 8/06, BFH/NV 2009, 1092,1094). Soweit die Feststellung die Existenz einer Besteuerungsgrundlage - gegebenenfalls auch konkludent - ausschließt, darf sie nicht im Folgebescheid berücksichtigt werden (vgl. BFH-Urteil VIII R 65/95, BFH/NV 1998, 573). Dementsprechend kann trotz der Feststellung des Einheitswerts mit 0 DM wegen der Bindungswirkung für die Verteilung des Einheitswerts auch der Ansatz der diesem Einheitswert zugrunde gelegten Besitz- und Schuldposten angegriffen werden. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass das Finanzamt aus verfahrensrechtlichen Gründen den angefochtenen Einheitswertbescheid nicht mehr der zutreffenden Rechtslage entsprechend erlassen kann.

    B. Die Klage ist jedoch unbegründet. Dies gilt auch hinsichtlich der Verteilung des Einheitswerts.

    Das Finanzamt hat zutreffend zum 01.01.1990 für die atypisch stille Gesellschaft einen Einheitswert des Betriebsvermögens festgestellt.

    a) Gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 4 BewG (i.d.F. des Steuerreformgesetzes 1990 vom 25.07.1988) waren Einheitswerte für inländische Gewerbebetriebe festzustellen, wenn und soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung waren. Erstreckte sich der Gewerbebetrieb auch auf das Ausland und gehörte auch der ausländische Teil zum Gesamtvermögen, war nach der zum Stichtag geltenden Fassung des § 19 Abs. 2 Satz 1 BewG ein zweiter Einheitswert festzustellen, der auch diesen Teil umfasste. Aus der Zusammenschau beider Bestimmungen ergibt sich, dass ein Einheitswert des Betriebsvermögens auch für den inländischen Teil eines gewerblichen Betriebs festzustellen war, wenn dessen ausländischer Teil nach § 114 Abs. 2 BewG nicht zum Gesamtvermögen gehörte.

    Einen gewerblichen Betrieb bilden nach § 97 Abs. 1 Nr. 5 lit. a) BewG insbesondere alle Wirtschaftsgüter, die offenen Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und ähnlichen Gesellschaften mit Geschäftsleitung oder Sitz im Inland gehören, bei denen die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen sind. Zu den ähnlichen Gesellschaften im Sinne dieser Vorschrift rechnet die atypisch stille Gesellschaft. Zwar hat sie im Gegensatz zur OHG oder KG kein Gesellschaftsvermögen in der Form des Gesamthandsvermögens. Der atypisch stille Gesellschafter hat folglich keinen unmittelbaren (dinglichen) Anteil am Betriebsvermögen des Inhabers des Gewerbebetriebs. Doch steht er wegen seiner (schuldrechtlichen) Beteiligung am Gewinn, den stillen Reserven des Betriebsvermögens und am Geschäftswert den Gesellschaftern einer Personenhandelsgesellschaft wirtschaftlich weitgehend gleich. Dieser Umstand rechtfertigt es, auch bei der atypisch stillen Gesellschaft von einer Beteiligung mehrerer Personen am Gegenstand der Feststellung (§ 179 Abs. 2 AO) auszugehen und den Einheitswert des Betriebsvermögens wie bei anderen Personengesellschaften auch einheitlich und gesondert für die atypisch stille Gesellschaft als solche - nicht gegenüber der Kl. 1 als Geschäftsinhaberin - festzustellen sowie auf diese und die atypisch stille Gesellschafterin aufzuteilen (vgl. BFH-Entscheidungen vom 29.10.1997 II R 75/94, BFH/NV 1998, 285, und vom 02.02.1999 II B 112/97, BFH/NV 1999, 912).

    Zum Stichtag war im Inland eine gewerbliche Tätigkeit der atypisch stillen Gesellschaft in Form der Organisation und Beschaffung der wesentlichen Grundlagen ihrer Gesamttätigkeit gegeben. Die Geschäftsinhaberin, die im Handelsregister des Amtsgerichts 2 eingetragene Kl. 1, hatte ihren Sitz zum Stichtag und auch danach im Inland. An ihrem Geschäft war die Kl. 2, eine inländische Personengesellschaft, als atypisch stille Gesellschafterin beteiligt. Auch wenn die Kl. 1 die Herstellung und den Vertrieb ihrer Produkte und damit ihr operatives Geschäft ausschließlich in Betriebsstätten in Großbritannien ausführte, wurden ihre im Inland verbliebenen und hierzu erforderlichen Verwaltungstätigkeiten nicht zu einer bloßen privaten vermögensverwaltenden Tätigkeit. Die Kl. 1 nahm im Inland von der Kl. 2 das umfängliche Darlehen zur Verwendung in den ausländischen Betriebsstätten auf. Diese Darlehensgewährung der Kl. 2 an die Kl. 1 im Rahmen der atypisch stillen Gesellschaft bildete die wesentliche Kapitalgrundlage für die Betriebsstätten in Großbritannien. Die Aufnahme und weitere Auffüllung des in seiner Höhe schwankenden Darlehens durch die im Inland ansässige Kl. 1 von der inländischen Kl. 2 forderte trotz Verwendung der Darlehensvaluta für die ausländischen Betriebsstätten gewisse Verwaltungstätigkeiten im Inland. Auch der alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Geschäftsinhaberin, der Kl. 1, und persönlich haftende und geschäftsführende Gesellschafter der Kl. 2, A, ist hier ansässig. Selbst wenn die genannten inländischen Tätigkeiten der Kl. 1 und der Kl. 2 im Rahmen der Gesamttätigkeit der atypisch stillen Gesellschaft nicht sehr umfänglich waren und im Verhältnis zu den Auslandstätigkeiten vom Umfang her eher gering gewesen sein mögen, bildeten sie doch durch die Bereitstellung des erforderlichen Kapitals eine wesentliche Grundlage für ihre in den ausländischen Betriebsstätten ausgeführte Unternehmenstätigkeit. Die Gewährung und Aufnahme der Darlehensbeträge im Inland stellt im Übrigen den inländischen Teil der hinsichtlich des operativen Geschäfts im Ausland ausgeführten gesamten gewerblichen Tätigkeit der atypisch stillen Gesellschaft dar.

    b) Das Finanzamt hat die Einheitswertfeststellung auf den 01.01.1990 mit dem angefochtenen Bescheid vom 09.01.2006 bzw. 07.08.2009 zutreffend im Wege der Nachfeststellung getroffen. Nach § 23 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 BewG wird für wirtschaftliche Einheiten, für die ein Einheitswert festzustellen ist, der Einheitswert nachträglich festgestellt, wenn nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt - hier dem 01.01.1989 - die wirtschaftliche Einheit neu entsteht oder erstmals zu einer Steuer herangezogen werden soll. Durch die Darlehensaufnahme im Lauf des Jahres 1989 ist erstmals ein für die Steuerfestsetzung relevantes Betriebsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft entstanden.

    c) Bei Erlass der Nachfeststellungsbescheide vom 09.01.2006 und 07.08.2009 war nicht die Feststellungsfrist dafür abgelaufen. Denn das Finanzamt hatte bereits mit dem ursprünglich angefochtenen Bescheid vom 29.04.1999, der alsbald nach Abschluss der Betriebsprüfung und noch innerhalb der Frist des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO ergangen war, einen Bescheid über die Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögen zum streitigen Stichtag erlassen. Dieser Bescheid ist während des Klageverfahrens und damit in noch offener Feststellungsfrist (§ 171 Abs. 3a AO) durch den Wertfeststellungsbescheid vom 09.01.2006 geändert bzw. ersetzt worden. Dass der Bescheid vom 09.01.2006 als Nachfeststellungsbescheid ergangen ist und der (nicht bestandskräftig gewordene) Einheitswertbescheid vom 29.04.1999 als Wert- und Zurechnungsfortschreibung bezeichnet war, berührt nicht die für den Ablauf der Feststellungsfrist allein maßgebliche Tatsache, dass bereits fristgerecht ein wirksamer Wertfeststellungsbescheid ergangen war und damit die Feststellungsfrist offen gehalten worden ist.

    Das Finanzamt hat mit der Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens mit 0 DM diesen nicht zu Lasten der Klägerinnen zu hoch festgestellt. Es hat dabei zutreffend auch die von der Betriebsprüfung festgestellte und der Höhe nach nicht angegriffene Darlehens- und Zinsforderung der Kl. 2 gegen die Kl. 1 mit XX+X DM als Besitzposten berücksichtigt und in die Einheitswertfeststellung einbezogen.

    a) Bei der angesetzten Darlehens- und Zinsforderung handelt es sich entgegen der ursprünglichen Auffassung des Finanzamts um inländisches Betriebsvermögen. Das Darlehen wurde nach dem vorgelegten Darlehensvertrag vom 15.03.1989 der Kl. 1 mit Sitz im Inland von der ebenfalls im Inland ansässigen Kl. 2 gewährt. Der Darlehensvertrag wurde im Inland abgeschlossen. Dabei wurde ein inländischer Erfüllungsort und Gerichtsstand vereinbart. Auch die angesetzte Zinsforderung ergab sich aus dem Darlehensvertrag und bestand gegenüber der Kl. 1.

    Dem Ansatz der Zinsforderung steht nicht entgegen, dass nach Angabe der Prozessbevollmächtigten tatsächlich keine Zinsen bezahlt worden sind und mit Vereinbarung vom 08.04.1991 bis auf weiteres auf die Berechnung von Zinsen verzichtet worden ist. Denn der Verzicht auf die Zinsen erfolgte erst mehr als ein Jahr nach dem streitigen Stichtag; er kann nicht auf diesen zurückbezogen werden. Die Zinsen waren ferner erstmals zum Ablauf des Jahres 1989 und damit unmittelbar zum Stichtag fällig.

    b) Die Darlehens- und Zinsforderung der Kl. 2 ist nicht nach § 101 Nr. 1 BewG vom Betriebsvermögen ausgenommen. Nach dieser Vorschrift gehören zum Betriebsvermögen nicht Wirtschaftsgüter, die nach dem Vermögensteuergesetz oder anderen Gesetzen von der Vermögensteuer befreit sind. Eine Steuerbefreiung für die Darlehens- und Zinsforderung ergibt sich nicht aus Artikel XVIII Abs. 2 lit. a) des DBA/GB. Danach sind von der Bemessungsgrundlage der deutschen Vermögensteuer die in Großbritannien gelegenen Vermögensteile ausgenommen, die nach dem DBA/GB in Großbritannien besteuert werden können. Großbritannien hat jedoch für die streitgegenständliche Darlehens- und Zinsforderung der Kl. 2 kein Besteuerungsrecht. Nach Artikel XVI Abs. 2 DBA/GB kann Vermögen, das Betriebsvermögen einer Betriebsstätte eines Unternehmens darstellt, in dem Gebiet besteuert werden, in dem sich die Betriebsstätte befindet. Alle anderen Vermögensteile einer in einem der Gebiete ansässigen Person können nach Abs. 4 des genannten Artikels nur in diesem Gebiet besteuert werden.

    Da Personengesellschaften wie die Kl. 2 weder unter den abkommensrechtlichen Begriff der „Person” noch der „Gesellschaft” (Artikel II Abs. 1 lit. f) und g) DBA/GB) fallen noch im Sinne des Abkommens in einem der Vertragsstaaten ansässig sein können, ist auf die jeweiligen Gesellschafter als abkommensberechtigte - natürliche oder juristische - Personen abzustellen (vgl. BFH-Beschluss vom 20.12.2006 I B 47/05, BStBl. II 2009, 766, 769). Zum Feststellungsstichtag waren alle Gesellschafter der Kl. 2 im Inland ansässig. Entsprechend hat Deutschland das Besteuerungsrecht für die Darlehens- und Zinsforderung.

    Die Darlehens- und Zinsforderung stellt trotz der Verwendung des entsprechenden Kapitals in den Betriebsstätten in Großbritannien kein Vermögen dieser Betriebsstätten i.S.d. Artikel XVI Abs. 2 DBA/GB dar. Für die Frage, ob ein Darlehen Betriebsvermögen einer ausländischen Betriebsstätte darstellt, ist nicht entscheidend, ob das darlehenweise überlassene Kapital in der Betriebsstätte genutzt wird. Maßgebend ist vielmehr, ob die Darlehensforderung zur Betriebsstätte gehört (vgl. BFH-Urteil vom 10.08.2006 II R 59/05, BStBl. II 2009, 758, 765). Daran fehlt es, wenn das Darlehen nicht aus Mitteln der ausländischen Betriebsstätte bzw. der diese betreibenden Gesellschaft gewährt wird, sondern ihr umgekehrt als Fremdkapital überlassen wurde. Die Darlehens- und Zinsforderung sind nicht Forderungen und damit Vermögen der ausländischen Betriebsstätten, sondern dort wurde lediglich das Kapital aus der Darlehensgewährung eingesetzt. Die Darlehens- und Zinsforderung wurde nach den von den Prozessbevollmächtigten bestätigten Feststellungen der Betriebsprüfung in den ausländischen Betriebsstätten nicht als Aktivvermögen gehalten, sondern als Verbindlichkeit der Betriebsstätten behandelt. Denn die Zinsen aus dem Darlehen wurden im Jahresabschluss der Niederlassungen in Großbritannien zulasten des Gewinns als Aufwand abgezogen. Damit scheidet auch hinsichtlich der Zinsforderung eine Zuordnung zu den ausländischen Betriebsstätten nach Art. VII Abs. 5 DBA/GB mit der Folge einer möglichen Besteuerung in Großbritannien aus.

    c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 50d Abs. 10 EStG. Die erst durch das Jahressteuergesetz 2009 vom 19.12.2008 (BGBl. I 2008,2794) eingefügte Vorschrift gilt nach dem Wortlaut des § 52 Abs. 59a Satz 8 EStG zwar grundsätzlich auch für die streitige Einheitswertfeststellung. Denn gemäß Auskunft des Finanzamts sind die Einkommensteuerbescheide der Gesellschafter der Kl. 2 für 1990 noch nicht bestandskräftig, sie hängen vielmehr noch im Einspruchsverfahren, während die der Ebene der hier streitigen Einheitswertfeststellung entsprechenden Feststellungsbescheide über die inländischen Einkünfte der Kl. 1 und atypisch stillen Gesellschaft für 1989 und 1990 bereits seit Ende 2006 bestandskräftig sind (vgl. die vom Senat beigezogenen Finanzgerichtsakten VII 374/1999 und VII 90/2004 wegen gesonderter und einheitlicher Gewinnfeststellung 1989 und 1990 für die Kl. 1 und atypisch stille Gesellschaft) und dieser Zustand bereits vor Inkrafttreten des § 50d Abs. 10 EStG eingetreten ist.

    Sind auf Vergütungen i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 2. HS. und Nr. 3 2. HS. EStG (Sondervergütungen) die Vorschriften eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung anzuwenden und enthält das Abkommen keine solche Vergütungen betreffende ausdrückliche Regelung, gelten gemäß § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG diese Vergütungen für Zwecke der Anwendung des Abkommens ausschließlich als Unternehmensgewinne. § 50d Abs. 10 EStG setzt für seine Anwendbarkeit voraus, dass das betreffende DBA keine solche Sondervergütungen betreffende ausdrückliche Regelung enthält. Unabhängig davon, ob Artikel III Abs. 2 DBA/GB als eine solche ausdrückliche Regelung für Sondervergütungen angesehen werden kann (vgl. Prokisch in Vogel/Lehner DBA, 5. Aufl., Art. 1 Rz. 71) oder ob dazu im Doppelbesteuerungsabkommen eine Regelung erforderlich wäre, die konkret und nur Sondervergütungen regelt, berührt die Vorschrift des § 50d Abs. 10 EStG aber nicht den in Artikel XVI Abs. 2 DBA/GB verwendeten Begriff „Vermögen, das Betriebsvermögen einer Betriebsstätte eines Unternehmens darstellt”. § 50d Abs. 10 EStG betrifft gemäß seinem Wortlaut (Sonder-)Vergütungen, nicht das (Betriebs-) Vermögen, und zwar im Gegensatz zu Artikel XVI Abs. 2 DBA/GB, der auf das Betriebsvermögen einer Betriebsstätte abstellt. Abgesehen davon, dass eine innerstaatliche Regelung wie § 50d Abs. 10 EStG nur dann auf der Abkommensebene von Bedeutung sein kann, wenn sich keine andere Qualifikation aus Inhalt und Kontext des Abkommens ergibt (vgl. Artikel II Abs. 3 DBA/GB), ist die Vorschrift des § 50d Abs. 10 EStG daher schon von ihrem Wortlaut her nicht auf Artikel XVI Abs. 2 DBA/GB anwendbar. Hinzu kommt, dass § 50d Abs. 10 EStG lediglich eine Umqualifizierung der Sondervergütungen in Unternehmensgewinne vornimmt, jedoch keinerlei weitergehende Anordnung dafür trifft, wie diese als Unternehmensgewinne qualifizierten Vergütungen zuzuordnen bzw. zuzurechnen sind (vgl. Boller/Eilinghoff/Schmidt, IS­tR 2009, 109, 112 f., Frotscher, IStR 2009, 593, 595, Korn, IStR 2009, 641, 642 f., a.A. FG München vom 30.07.2009 1 K 1816/09, DStR 2009,2363,2365 f.).

    Die von der Klägerseite aufgeworfene Frage einer Anwendbarkeit des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG stellt sich demnach nicht.

    d) Die Darlehens- und Zinsforderung der Kl. 2 ist als Sonderbetriebsvermögen der atypisch stillen Gesellschafterin auch beim Einheitswert des Betriebsvermögens der atypisch stillen Gesellschaft anzusetzen. Die Gleichstellung der atypisch stillen Gesellschaft mit einer Personenhandelsgesellschaft ändert zwar nichts daran, dass Grundlage für die Ermittlung ihres Einheitswerts das Betriebsvermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts ist; denn die stille Gesellschaft hat kein gesamthänderisches Gesellschaftsvermögen und keinen eigenen Betrieb (vgl. BFH-Urteil vom 29.10.1997 II R 75/94, BFH/NV 1998, 285). Soweit jedoch ein atypisch stiller Gesellschafter ein ihm gehörendes Wirtschaftsgut dem Unternehmen, an dem er beteiligt ist, zur Nutzung überlässt, führt die Gleichbehandlung der atypisch stillen Gesellschaft mit einer Personenhandelsgesellschaft dazu, insoweit Sonderbetriebsvermögen anzunehmen, das nach § 97 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 BewG zum Betrieb der atypisch stillen Gesellschaft gehört und bei der Aufteilung des Einheitswerts des Betriebsvermögens dem atypisch stillen Gesellschafter vorab zuzurechnen ist. Dies gilt in gleicher Weise für den Ansatz von zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft begründeten Forderungen und Verbindlichkeiten (§ 97 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 BewG), bei denen es sich wie bei der streitigen Darlehens- und Zinsforderung nicht um eine Forderung aus dem regelmäßigen Geschäftsverkehr mit der Gesellschaft oder um die kurzfristige Überlassung von Geldbeträgen handelt.

    Die Darlehens- und Zinsforderung wird im Übrigen auch nicht dadurch im Sinn von Art. XVI Abs. 2 DBA/GB zu Betriebsvermögen der Betriebsstätten in Großbritannien, dass sie Sonderbetriebsvermögen der Kl. 2 als atypisch stiller Gesellschafterin darstellt. Diese steuerrechtliche Wertung des nationalen Rechts führt nicht zu einer tatsächlichen Zugehörigkeit im Sinne des Abkommens (vgl. BFH-Urteil vom 27.02.1991 I R 96/89, BFH/NV 1992, 385, 387). Im Übrigen hat die inländische Kl. 2 das Darlehen gewährt, nicht eine Betriebsstätte in Großbritannien.

    Die aufgrund der Darlehensaufnahme zum 01.01.1990 bestehende Darlehens- und Zinsverbindlichkeit der Kl. 1 ist dagegen bei der Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens der atypisch stillen Gesellschaft nicht zu erfassen.

    Schulden, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern stehen, die nach den Vorschriften des Vermögensteuergesetzes oder anderer Gesetze von der Vermögensteuer befreit waren und deshalb nach § 101 Nr. 1 BewG in der zum Stichtag geltenden Fassung nicht zum Betriebsvermögen gehörten, waren nach § 103 Abs. 1 BewG bei der Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens nicht abzuziehen. Das von der Kl. 1 bei der Kl. 2 aufgenommene Darlehen diente der Finanzierung der Betriebsstätten in Großbritannien und stand somit im Zusammenhang mit den dortigen Wirtschaftsgütern, die nach Artikel XVIII Abs. 2 Buchstabe a), Artikel XVI Abs. 1 und Abs. 2 DBA/GB von der Vermögensteuer befreit sind. Nach Artikel XVI Abs. 1 DBA/GB wird unbewegliches Vermögen in dem Gebiet besteuert, in dem es liegt. Darüber hinaus kann nach Artikel XVI Abs. 2 DBA/GB Vermögen, das Betriebsvermögen einer Betriebsstätte eines Unternehmens darstellt, in dem Gebiet besteuert werden, in dem sich die Betriebsstätte befindet. Nach diesen Bestimmungen stand Großbritannien das Besteuerungsrecht für die Betriebsstätten in Großbritannien einschließlich der zu den dortigen Betriebsstätten gehörenden aktiven Wirtschaftsgüter zu. Die in diesen Betriebsstätten gelegenen Wirtschaftsgüter sind bei der angefochtenen Einheitsbewertung des Betriebsvermögens der atypisch stillen Gesellschaft als nach DBA/GB steuerfrei nicht angesetzt worden. Da das Darlehen der Finanzierung dieser Betriebsstätten diente, kann die daraus resultierende Darlehensverbindlichkeit der Kl. 1 einschließlich der Zinsverbindlichkeit bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens nicht als Verbindlichkeit berücksichtigt werden.

    Wegen des entgegen der Rechtslage mit 0 DM festgestellten Einheitswerts ist zum Ausgleich der zutreffend mit XX+X DM angesetzten Darlehens- und Zinsforderung ein negativer Ausgleichsposten in gleicher Höhe als Schuldposten bei der Ermittlung des Einheitswerts einzustellen.

    Das Finanzamt hat im angefochtenen Bescheid vom 07.08.2009 den Einheitswert des Betriebsvermögens mit 0 DM festgestellt. Diese Feststellung kann aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr zu Lasten der Klägerinnen geändert werden. Da die Ermittlung des Einheitswerts für seine Aufteilung maßgeblich ist und einerseits das Finanzamt zutreffend den Besitzposten mit XX+X DM angesetzt hat, andererseits aber die Darlehensverbindlichkeit in derselben Höhe wie dargelegt nicht im Einheitswert des Besitzvermögens zu erfassen ist, muss stattdessen in Höhe von XX+X DM ein negativer Ausgleichsposten eingestellt werden, um zu dem mit dem Bescheid festgestellten Einheitswert des Betriebsvermögens von 0 DM zu gelangen. Auf diese Weise kann am ehesten eine der materiellen Rechtslage entsprechende Ermittlung und Verteilung des festgestellten Einheitswerts erreicht werden.

    Die Zurechnung eines Anteils von 1.078.299 DM am Einheitswert auf die Kl. 2 und eines negativen Anteils in gleicher Höhe auf die Kl. 1 ist nicht zu beanstanden. Sie verletzt die Kl. 2 und die Kl. 1 nicht in ihren Rechten.

    a) Die Feststellung des Einheitswerts mit 0 DM (Wertfeststellung) vom 07.08.2009 einerseits und die Verteilung dieses Einheitswerts auf die Kl. 2 und die Kl. 1 andererseits (Zurechnungsfeststellung) stellen jeweils für sich einen eigenen Verwaltungsakt dar. Die Wertfeststellung ist dabei ein bindender Grundlagenbescheid für die Zurechnungsfeststellung. Aus der Bindungswirkung der Wertfeststellung für die Zurechnungsfeststellung folgt, dass die Summe der den Mitunternehmern im Rahmen der Zurechnungsfeststellung zugerechneten Anteile identisch mit dem festgestellten Einheitswert des Betriebsvermögens sein muss (vgl. BFH-Beschluss vom 31.01.2006 II B 17/05, BFH/NV 2006, 910).

    b) Die im Wertfeststellungsbescheid vom 07.08.2009 angesetzte Darlehens- und Zinsforderung i.H.v. XX+X DM ist der Kl. 2 als Sonderbetriebsvermögen vorab zuzurechnen. Nach § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 HS. 1 BewG (i.d.F. 1990) gehören zu dem gewerblichen Betrieb einer Gesellschaft i.S.d. § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 lit. a) BewG und damit einer atypisch stillen Gesellschaft auch die Wirtschaftsgüter, die im Eigentum eines, mehrerer oder aller beteiligten Gesellschafter stehen und dem Betrieb der Gesellschaft oder der Mitunternehmerstellung der Gesellschafter in der Gesellschaft dienen; diese Zurechnung geht Zurechnungen nach § 97 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 - 4 und 5 Satz 1 lit. a) und b) BewG und § 95 BewG vor. Dies gilt auch für Forderungen und Schulden zwischen der Gesellschaft und einem Gesellschafter, soweit es sich wie bei der Darlehens- und Zinsforderung nicht um Forderungen und Schulden aus dem regelmäßigen Geschäftsverkehr zwischen der Gesellschaft und einem Gesellschafter oder aus der kurzfristigen Überlassung von Geldbeträgen an die Gesellschaft oder einen Gesellschafter handelt (§ 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 BewG). Dementsprechend bildet die Darlehens- und Zinsforderung der Kl. 2 deren Sonderbetriebsvermögen. Diese Forderung ist bei der Aufteilung vorab und ausschließlich der Kl. 2 zuzurechnen.

    c) Der zum Ausgleich des Einheitswerts anzusetzende negative Ausgleichsbetrag (vgl. oben 4.) ist den Gesellschafterinnen entsprechend ihrer Beteiligung am Kapital der atypisch stillen Gesellschaft zuzurechnen. Dieser rechnerische Ausgleichsposten ist nicht Sonderbetriebsvermögen einer Gesellschafterin. Bei dem rein rechnerischen negativen Ausgleichsposten handelt es sich nicht um ein Wirtschaftsgut. Entsprechend der Beteiligung der Kl. 2 am Kapital der atypisch stillen Gesellschaft ist daher der negative Ausgleichsposten der Kl. 2 zu 98 % und der Kl. 1 zu 2 % zuzurechnen. Für die Kl. 1 ergibt sich daraus der ihr zugerechnete Anteil am Einheitswert von - 1.078.299 DM.

    Unter Ansatz der Darlehens- und Zinsforderung in voller Höhe als Sonderbetriebsvermögen und Abzug des auf sie entfallenden Anteils am negativen Ausgleichswert ergibt sich für die Kl. 2 der im Bescheid vom 07.08.2009 ihr zugerechnete Anteil am Einheitswert von 1.078.299 DM.

    C.

    Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) der Frage der Anwendbarkeit und der Auswirkungen des § 50d Abs. 10 EStG im Rahmen des Artikel XVI DBA/GB sowie im Hinblick auf das Urteil des FG München vom 30.07.2009 1 K 1816/09 (DStR 2009, 2363) zugelassen.

    Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 143, Abs. 1 und 2, 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Für das Ausmaß des Obsiegens und Unterliegens stellt sie auf die Höhe des der Kl. 2 jeweils zugerechneten Anteils am Einheitswert ab, da allein diesem Anteil wegen der Auswirkungen bei der Vermögensteuer der Gesellschafter der Kl. 2 Bedeutung zukommt. Die mit 0 DM bzw. mit negativen Werten der Kl. 1 zugerechneten Anteile sind bei dieser ersichtlich ohne steuerliche Auswirkung. Im Hinblick auf die Höhe des Streitwerts und der Kosten ist ein Unterliegen nur zu einem geringen Teil im Sinn des § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO nicht gegeben.

    Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird wegen der Schwierigkeit der zu klärenden Rechtsfragen für notwendig erklärt (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).

    VorschriftenBewG §§ 19 Abs. 1 Nr. 2, 19 Abs. 2 S. 1, 19 Abs. 4, 114 Abs. 2