02.11.2010
Finanzgericht Sachsen: Urteil vom 01.10.2009 – 1 K 2304/07
1. Schulgeld für den Besuch einer inländischen Ergänzungsschule, der nicht die Eigenschaft einer staatlich anerkannten Ergänzungsschule verliehen wurde (im Streitfall handelt es sich um eine Ergänzungsschule nach § 13 PSchG BW), ist im Veranlagungszeitraum 2004 ist nicht als Sonderausgabe abzugsfähig.
2. Soweit § 52 Abs. 24b Satz 2 EStG in der Fassung durch das Jahressteuergesetz 2009 dazu führt, dass das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG für Schulgeldzahlungen für den Besuch von Privatschulen, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU belegen sind, nicht mehr zu prüfen ist, während dieses aufgrund der (fortgeltenden) Anknüpfung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG in der Fassung des Gesetzes vom 13.12.2006 an die staatliche Anerkennung der allgemein bildenden Ergänzungsschule dem Sonderausgabenabzug im Veranlagungszeitraum 2004 entgegensteht, begegnet diese Ungleichbehandlung weder europarechtlichen noch verfassungsrechtlichen Bedenken.
3. Auch gegen das Gebot der steuerlichen Verschonung des Familienexistenzminimums ist nicht verstoßen, weil diesem prinzipiell durch den Familienleistungsausgleich (Kinderfreibetrag/Kindergeld, §§ 31 f., 62 ff. EStG) und den Ausbildungsfreibetrag (§ 33a Abs. 2 EStG) Rechnung getragen ist.
4. Die Aufwendungen für die Schulausbildung des Sohnes sind auch nicht als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG zu berücksichtigen, da keine zwangsläufig größeren Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen Familienstands entstanden sind.
Im Namen des Volkes
URTEIL
In dem Finanzrechtsstreit
hat der 1. Senat unter Mitwirkung des Richters am Finanzgericht … als Vorsitzendem Richter, der Richterin am Finanzgericht …, des Richters am Finanzgericht … sowie der ehrenamtlichen Richter Dr. … und auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 1. Oktober 2009
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Sohn der Kläger, R., besuchte im Schuljahr 2004/2005 das K.-Internat in B.. Hierbei handelt es sich um eine private Ergänzungsschule nach § 13 des Gesetzes für die Schulen in freier Trägerschaft des Landes Baden-Württemberg (Privatschulgesetz), im Folgenden: PSchG BW. Dem K.-Internat ist nicht die Eigenschaft einer genehmigten Ersatzschule (§ 4 PSchG BW) oder staatlich anerkannten Ergänzungsschule (§ 15 Abs. 1 PSchG BW) verliehen worden (siehe auch Bestätigung der Oberfinanzdirektion Karlsruhe, Rechtsbehelfsakte, Bl. 52, Mitteilung des K.-Internats vom 9. Oktober 2008, Gerichtsakte, Bl. 24 f.). Für den Besuch des K.-Internats im Schuljahr 2004/2005 zahlten die Kläger im September 2004 28.158,– EUR, wobei der auf den Unterricht entfallende Anteil (Schulgeld) 22.526,40 EUR beträgt (Schulbescheinigung des K.-Internats vom 11. Januar 2005, Gerichtsakte Bl. 5). Die Kläger haben im Streitjahr für ihren Sohn R. Anspruch auf Kindergeld nach §§ 62 ff. EStG.
Mit Bescheid vom 18. April 2006 setzte der Beklagte (das Finanzamt E., im Folgenden nur: das Finanzamt) die Einkommensteuer für 2004 auf 30.046,– EUR fest. Das Finanzamt berücksichtigte das Schulgeld für den Sohn nicht als Sonderausgabe gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 Einkommensteuergesetz (EStG). Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren änderte das Finanzamt den Bescheid über Einkommensteuer für 2004 wegen anderer – hier nicht streitiger Sachverhalte – und setzte mit Bescheid vom 17. November 2006 die Einkommensteuer für 2004 auf 25.456,– EUR fest.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (vgl. Einspruchsentscheidung vom 7. November 2007) haben die Kläger Klage erhoben. Sie machen geltend, § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EStG verstoße gegen Art. 7 Abs. 4 Grundgesetz (GG) und den EG-Vertrag (EGVfr), da nicht sämtliche Arten von Privatschulen erfasst seien. Zudem verweisen sie auf die Urteile des EuGH vom 11. September 2007, Az. C 318/05 und C 76/05. Das Schulgeld sei so hoch, da das vom Sohn besuchte Internat anders als bspw. die Internatsschule Salem nicht zu 80% staatlich bezuschusst würde. Weiterhin sei das K. Internat wie vom BFH im Urteil vom 17. Juli 2008, X R 62/04, gefordert, allgemein zugänglich. Ein Teil der Schüler seien Stipendiaten, für andere Schüler übernehme das Jugendamt die Kosten. Das Internat führe auch zu einem allgemeinen Abschluss (Realschulabschluss und Abitur). Die Übergangsregelung des § 52 EStG erfordere lediglich, dass die Schule in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union (EU) oder in einem Staat belegen sei, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) Anwendung findet. Es müsse sich damit nicht um eine staatlich anerkannte Ergänzungsschule handeln. Außerdem widerspreche es dem Gleichheitssatz, Zahlungen an in- und ausländische Schulen unterschiedlich zu behandeln.
Die Kläger beantragen,
unter Änderung des Bescheids über Einkommensteuer für 2004 vom 17. November 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. November 2007, die Einkommensteuer auf die Höhe festzusetzen, die sich bei einer Berücksichtigung des Schulgeldes in Höhe von 30 von Hundert als Sonderausgabe ergibt,
hilfsweise, unter Änderung des Bescheids über Einkommensteuer für 2004 vom 17. November 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. November 2007, die Einkommensteuer auf die Höhe festzusetzen, die sich bei einer Berücksichtigung des Schulgeldes in Höhe von 30 von Hundert als außergewöhnliche Belastung ergibt.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Finanzamt verweist auf den eindeutigen Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EStG und die fehlende Genehmigung oder Anerkennung des K.-Internats nach Landesrecht. Einer Berücksichtigung der Aufwendungen für das Schulgeld als außergewöhnliche Belastungen stehe § 33a Abs. 5 EStG entgegen.
Entscheidungsgründe
I. Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
1. § 10 Abs. 1 Nr. 9 Sätze 1 – 3 EStG in der Fassung durch das Jahressteuergesetz 2009 vom 19. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2794) ist für die Aufwendungen der Kläger nicht anwendbar. Nach dieser Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 Sätze 1 – 3 EStG durch das Jahressteuergesetz 2009 sind als Sonderausgaben abzuziehen, 30 Prozent des Entgelts, höchstens 5.000 Euro, das der Steuerpflichtige für ein Kind, für das er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 oder auf Kindergeld hat, für dessen Besuch einer Schule in freier Trägerschaft oder einer überwiegend privat finanzierten Schule entrichtet, mit Ausnahme des Entgelts für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung. Voraussetzung ist, dass die Schule in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und die Schule zu einem von dem zuständigen inländischen Ministerium eines Landes, von der Kultusministerkonferenz der Länder oder von einer inländischen Zeugnisanerkennungsstelle anerkannten oder einem inländischen Abschluss an einer öffentlichen Schule als gleichwertig anerkannten allgemein bildenden oder berufsbildenden Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss führt. Die gesetzliche Neuregelung stellt nunmehr einheitlich nur auf den zu erreichenden Abschluss ab, die auch die Aufwendungen der Kläger beträfe. Gemäß § 52 Abs. 24b Satz 1 EStG in der Fassung durch das Jahressteuergesetz 2009 ist diese Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG allerdings erstmals für den Veranlagungszeitraum 2008 anzuwenden, so dass der streitige Veranlagungszeitraum 2004 nicht erfasst ist.
2. Die Kläger können die Aufwendungen für die Schulausbildung des Sohnes R. am K.-Internat in Höhe von 30 von Hundert des Schulgeldes nicht als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EStG in der Fassung des Art. 1 Nr. 7 Buchstabe AO Doppelbuchstabe cc des Gesetzes vom 13. Dezember 2006 (BGBl I S. 2878) i.V.m. § 52 Abs. 24b Satz 2 EStG in der Fassung durch das Jahressteuergesetz 2009 vom 19. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2794) geltend machen.
a) Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EStG in der Fassung des Gesetzes vom 13. Dezember 2006 können als Sonderausgaben 30 von Hundert des Entgelts, das der Steuerpflichtige für ein Kind, für das er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld hat, für den Besuch einer gemäß Art. 7 Abs. 4 GG staatlich genehmigten oder nach Landesrecht erlaubten Ersatzschule sowie einer nach Landesrecht anerkannten allgemein bildenden Ergänzungsschule entrichtet mit Ausnahme des Entgelts für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung, berücksichtigt werden. Die Kläger haben im Streitjahr für ihren Sohn Anspruch auf Kindergeld nach §§ 62 ff. EStG. Der Sonderausgabenabzug für das Entgelt für den Schulbesuch knüpft im Weiteren an den landesrechtlichen Status der Schule an und hat zur Folge, dass Aufwendungen, welche für den Besuch einer sonstigen, nicht in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EStG benannten Schule, nicht als Sonderausgaben geltend gemacht werden können. Entsprechend Art. 7 Abs. 4 GG können nach dem Gesetz für die Schulen in freier Trägerschaft des Landes Baden-Württemberg (Privatschulgesetz) Schulen in freier Trägerschaft als Ersatz- oder Ergänzungsschulen errichtet und betrieben werden. Hierbei sind Schulen in freier Trägerschaft, die nicht als Ersatzschule nach § 4 Abs. 1 PSchG BW genehmigt sind, gemäß § 13 Abs. 1 PSchG BW Ergänzungsschulen. Nach § 15 Abs. 1 PSchG BW kann einer bewährten Ergänzungsschule unter weiteren Voraussetzungen die Eigenschaft einer staatlich anerkannten Ergänzungsschule verliehen werden. Bei dem vom Sohn der Kläger im Streitjahr besuchten K.-Internat handelt es sich nicht um eine staatlich genehmigte oder nach Landesrecht erlaubte Ersatzschule, sondern um eine Ergänzungsschule nach § 13 PSchG BW. Dem K.-Internat ist jedoch nicht die Eigenschaft einer staatlich anerkannten Ergänzungsschule nach § 15 Abs. 1 PSchG BW verliehen worden. Nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EStG in der Fassung des Gesetzes vom 13. Dezember 2006 kann das von den Klägern entrichtete Schuldgeld damit nicht als Sonderausgabe berücksichtigt werden.
b) Gemäß 52 Abs. 24b Satz 2 EStG in der Fassung durch das Jahressteuergesetz 2009 ist für noch nicht bestandskräftige Steuerfestsetzungen der Veranlagungszeiträume vor 2008 für Schulgeldzahlungen an Schulen in freier Trägerschaft oder an überwiegend privat finanzierte Schulen, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen sind, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und die zu einem von dem zuständigen inländischen Ministerium eines Landes, von der Kultusministerkonferenz der Länder oder von einer inländischen Zeugnisanerkennungsstelle anerkannten oder einem inländischen Abschluss an einer öffentlichen Schule als gleichwertig anerkannten allgemein bildenden oder berufsbildenden Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss führen, § 10 Abs. 1 Nr. 9 in der Fassung des Artikels 1 Nr. 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe cc des Gesetzes vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2878) mit der Maßgabe anzuwenden, dass es sich nicht um eine gemäß Art. 7 Abs. 4 GG staatlich genehmigte oder nach Landesrecht erlaubte Ersatzschule oder eine nach Landesrecht anerkannte allgemein bildende Ergänzungsschule handeln muss. Der landesrechtliche Status des K.internats als nicht anerkannte Ergänzungsschule stünde damit nicht mehr entgegen.
§ 52 Abs. 24b Satz 2 EStG in der Fassung durch das Jahressteuergesetz 2009 betrifft ausweislich seines Wortlauts („in einem anderen Mitgliedstaat”) und des gesetzgeberischen Willens aber nur Aufwendungen für Schulgeldzahlungen für Schulen, die nicht in der Bundesrepublik Deutschland belegen sind. Zwar hat Deutschland auch das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum ratifiziert. Dem EWR gehören alle Mitgliedstaaten der EU sowie das Fürstentum Liechtenstein, Island und Norwegen an. Die Formulierung „einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet” kann, da bereits hinsichtlich der Mitgliedstaaten der EU die Beschränkung auf „in einen anderen Mitgliedstaat” erfolgt ist, nicht dazu dienen, inländische Privatschulen mit einzubeziehen, sondern nur die Staaten des EWR, die nicht bereits Mitgliedstaaten der EU sind, nämlich derzeit das Fürstentum Liechtenstein, Island und Norwegen. Mit dem Abkommen über den Europäischen Wirtschaftraum wurden zahlreiche Bestimmungen des Gemeinschaftrechts, u.a. die Grundfreiheiten der Europäischen Gemeinschaft ausgeweitet, um einen einheitlichen Wirtschaftraum zu schaffen. § 52 Abs. 24b Satz 2 EStG dient der Anpassung des nationalen Rechts an die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts entsprechend den Urteilen des EuGH vom 11. September 2007 (BT-DrS 16/10189, Seite 87 f.; BR-DrS 545/08, Seite 99). Der EuGH hat mit Urteilen vom 11. September 2007 in den Rechtssachen C-76/05 und C-318/05 entschieden, dass § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG in der Fassung des Gesetzes vom 13. Dezember 2006, indem er die staatliche Anerkennung oder eine Erlaubnis nach Landesrecht voraussetzt, welche von einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Privatschule nicht erlangt werden kann und damit den Sonderausgabenabzug allein für das Schulgeld für inländische Privatschulen ermöglicht, die Erbringung bzw. Inanspruchnahme von Dienstleistungen zwischen Mitgliedsstaaten gegenüber der Erbringung bzw. Inanspruchnahme von Dienstleistungen innerhalb nur eines Mitgliedstaates in europarechtswidriger Weise erschwert. Der EuGH stellte neben der Verletzung der (passiven) Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EGVtr) auch eine Verletzung des allgemeinen Rechts der Unionsbürger auf Freizügigkeit (Art. 18 EGVtr), der Freizügigkeit der Arbeitnehmer (Art. 39 EGVtr) und der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EGVtr) fest (EuGH-Urteile vom 11. September 2007, C-76/05 [Grootjes-Schwarz], DStR 2007, 1670 und C-318/05, Slg. 2007, I-06957). Somit durfte der deutsche Gesetzgeber Schulgeldzahlungen für den Besuch von Schulen in anderen Mitgliedsländern nicht dadurch von dem in § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG in der Fassung des Gesetzes vom 13. Dezember 2006 vorgesehenen Sonderausgabenabzug ausschließen, in dem er an die nach Landesrecht zu erteilende Genehmigung oder Anerkennung anknüpft.
Durch § 52 Abs. 24b Satz 2 EStG in der Fassung durch das Jahressteuergesetz 2009 wird daher lediglich sichergestellt, dass der „Sonderausgabenabzug auch dann möglich ist, wenn die Schule in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet” (BR-DrS 545/08, Seite 99). Ein gesetzgeberischer Wille, eine Änderung der Rechtslage auch für inländische Privatschulen für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2007 vorzunehmen, ist den Gesetzgebungsmaterialien nicht zu entnehmen. Wäre dies gewollt, hätte § 52 Abs. 24b Satz 2 EStG lediglich lauten müssen, dass die Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG für alle noch nicht bestandskräftigen Steuerfestsetzungen anzuwenden ist. Für inländische Privatschulen ist bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 2007 ist § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG folglich in der Fassung des Artikels 1 Nr. 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe cc des Gesetzes vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2878) anzuwenden (ebenso Tz. 6 des BMF-Schreibens vom 9. März 2009, IV C 4 – S 2221/07/0007, BStBL I 2009, 487; Schaffhausen/Plenker, DStR 2009, 1123). Damit nimmt der Gesetzgeber eine Besserstellung von Aufwendungen für Privatschulen im Ausland billigend in Kauf.
3. Soweit § 52 Abs. 24b Satz 2 EStG in der Fassung durch das Jahressteuergesetz 2009 dazu führt, dass das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG für Schulgeldzahlungen für den Besuch von Privatschulen, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU belegen sind, nicht mehr zu prüfen ist (so Tz. 6 des BMF-Schreibens vom 9. März 2009, IV C 4 – S 2221/07/0007, BStBl I 2009, 487; Schaffhausen/Plenker, DStR 2009, 1123, [1127]), während durch die (fortgeltende) Anknüpfung des anzuwendenden § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG in der Fassung des Gesetzes vom 13. Dezember 2006 für den Veranlagungszeitraum 2004 an die Anerkennung der allgemein bildenden Ergänzungsschule nach Landesrecht dies dem Sonderausgabenabzug entgegensteht, begegnet dies Ungleichbehandlung weder europarechtlichen noch verfassungsrechtlichen Bedenken.
a) Die passive Dienstleistungsfreiheit der Kläger nach Art. 49 EGVtr sowie Art. 18 EGVtr, Art. 39 EGVtr und Art. 43 EGVtr sind nicht berührt, da kein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt. Die Beschränkung betrifft allein den innerstaatlichen Sachverhalt der Abzugsfähigkeit von Schulgeldzahlungen an bestimmte inländische Privatschulen. Die Möglichkeit, Bildungsangebote von Privatschulen in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch zu nehmen, ist nicht berührt. Das Gemeinschaftsrecht regelt ausschließlich Sachverhalte, die den grenzüberschreitenden Verkehr in den Mitgliedstaaten betreffen. Ein rein interner, nationaler Sachverhalt ohne zwischenstaatlichen Bezug fällt nicht in den Anwendungsbereich des EGVtr. Die Regelung verstößt auch nicht gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 12 Abs. 1 EGVtr. Hiernach ist unbeschadet besonderer Bestimmungen des EGVtr in seinem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten. Art. 12 Abs. 1 EGVtr verbietet nicht nur offensichtliche Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle versteckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterschiedsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen (vgl. EuGH, Urteil vom 23. Januar 1997, Rs. 29/9573 [Pastoors], Tz. 16, Slg. 1997, I-00285). Die unterschiedliche Behandlung der Schulgeldzahlungen betrifft sowohl die Aufwendungen deutscher Staatsangehöriger als auch die der EU-Ausländer, die der deutschen Einkommenbesteuerung unterliegen. Sie knüpft damit weder an die Staatsangehörigkeit noch ein anderes Merkmal, welches die gleiche Wirkung hat, an. Benachteiligt sind nur Aufwendungen für bestimmte Privatschulen im Inland. Zudem ist eine Inländergleichbehandlung gemeinschaftsrechtlich nicht geboten (EuGH-Urteil vom 13. November 1990, Rs. C-370/88 [Marshall], Tz. 21, Slg. 1990, I-04071).
b) Zu keinem anderen Ergebnis führt die Berufung der Kläger auf die Rechtsprechung des EuGH in den Rechtssachen C-76/05 und C-318/05. Den Rechtssachen C-76/05 [Grootjes-Schwarz] und C-318/05 war streitgegenständlich, ob eine Regelung, nach der nur Schulgeldzahlungen für inländische Privatschulen, nicht jedoch für Privatschulen in anderen Mitgliedstaaten der EU als Sonderausgaben berücksichtigt werden können, gegen Regelungen des EGVtr verstößt. Die dem vorliegenden Fall zugrunde liegende Problematik der unterschiedlichen Förderung nur bestimmter Privatschulen im Inland durch den Sonderausgabenabzug hatte der EuGH gar nicht zu entscheiden. Keine Aussage hat der EuGH in beiden Entscheidungen demzufolge getroffen, ob die mit § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EStG in der Fassung des Gesetzes vom 13. Dezember 2006 verfolgte Förderung nur bestimmter (inländischer) Privatschulen im Hinblick auf eine Vermeidung der Sonderung nach den Besitzverhältnissen zulässig ist. Das Gemeinschaftsrecht lässt nämlich die aus Art. 7 Abs. 4 GG folgenden Verantwortlichkeit des Staates für das Bildungswesen und deren (Aus)Gestaltung durch das Harmonisierungsverbot des Art. 149 EGVtr. unberührt.
c) § 52 Abs. 24b Satz 2 EStG in der Fassung durch das Jahressteuergesetz 2009 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG in der Fassung des Gesetzes vom 13. Dezember 2006 verstoßen auch nicht gegen Art. 7 und Art. 3 GG, soweit Zahlungen an inländische Privatschulen, die weder Ersatzschule noch anerkannte Ergänzungsschule sind, anders als an inländische Privatschulen mit diesem landesrechtlichen Status und an Privatschulen in Mitgliedstaaten der EU und des EWR vom Sonderausgabenabzug ausgeschlossen sind. Art. 7 Abs. 4 GG gewährleistet jedermann das Freiheitsrecht, im Geltungsbereich des Grundgesetzes Privatschulen – allerdings vorbehaltlich staatlicher Genehmigung – zu errichten. Zugleich folgt hieraus ein grundrechtlicher Anspruch auf Schutz und Förderung für private Ersatzschulen, nicht jedoch für Ergänzungsschulen (BVerfG, Beschluss vom 9. März 1994, 1 BvR 682/88, 1 BvR 712/88, BVerfGE 90,107). Wie dieser ausgestaltet wird, schreibt das Grundgesetz nicht vor. Es räumt eine weitgehende Gestaltungsfreiheit ein. Allerdings muss die Privatschule grundsätzlich allen Bürgern ohne Rücksicht auf ihre finanzielle Leistungsfähigkeit offenstehen; insoweit muss sie von Schülern ohne Rücksicht auf die finanzielle Leistungsfähigkeit ihrer Eltern besucht werden können (Sonderungsverbot Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG). Wenige Freiplätze oder Schulgeldstipendien in Ausnahmefällen für begabte Kinder oder solche, deren Eltern das Schulgeld nicht aufbringen können, gewährleisten diese Zugänglichkeit nicht. In Bezug auf das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG ist bereits ein Schulgeld von mehreren Hundert Mark monatlich schädlich (BVerfG, Beschluss vom 8. April 1987, 1 BvL 8/84, 1 BvL 16/84, BVerfGE 75, 40). Die Höhe des vom K.-Internat für das Schuljahr 2004/2005 erhobenen Schulgelds von 22.526,40 EUR führt zu dieser, von Verfassungs wegen nicht zu fördernden Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern, weil es von Eltern mit einem Durchschnittseinkommen nicht aufzubringen ist. Zur Verwirklichung des Anspruchs auf Förderung von Privatschulen hat der Gesetzgeber mit dem Sonderausgabenabzug des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG in der Fassung des Gesetzes vom 13. Dezember 2006 auch eine (indirekte) Förderung bestimmter Privatschulen gewählt. Hierbei konnte er im Rahmen des Sonderausgabenabzugs gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG in der Fassung des Gesetzes vom 13. Dezember 2006 zwischen den verschiedenen Typen privater Schulen durch Anknüpfung an die schulrechtlichen Begriffe der Bundesländer infolge deren Zuständigkeit für das Bildungswesen unterscheiden. Die Ausrichtung des Einkommensteuerrechts an der Leistungsfähigkeit des einzelnen Steuerpflichtigen hindert daher auch unter Berücksichtigung des Art. 3 Abs. 1 GG nicht daran, nichtfiskalische Förderungs- und Lenkungsziele zu verfolgen Der Sonderausgabenabzug dient der Erfüllung der staatlichen Pflicht, Privatschulen, die nicht zu einer Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern führen (Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG), zu fördern (BVerfG, Beschluss vom 9. März 1994, 1 BvR 682/88, 1 BvR 712/88, BVerfGE 90, 107). Die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung bei der Bestimmung der zu fördernden Schulen ist auch im Hinblick auf Art. 3 GG sachlich begründet. Der Zweck der Begünstigung bestimmter Privatschulen rechtfertigt grundsätzlich auch die – nur als Reflex auftretenden – Ungleichbehandlungen der schulgeldleistenden Steuerpflichtigen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 16. April 2004, 2 BvR 88/03, DStRE 2004, 951). Vor diesem Hintergrund begegnet es keinen Bedenken, dass der Gesetzgeber bis einschließlich VZ 2007 für inländische Privatschulen die indirekte Förderung durch den Sonderausgabenabzug beibehalten hat. Schulen im Ausland unterfallen nicht Art. 7 GG und dem Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG. Die Rechtsprechung des EuGH in den Verfahren C-76/05 und C-318/05 führt nur dazu, dass Aufwendungen für ausländische Privatschulen und folglich deren indirekte Förderung europarechtlich geboten ist, während das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG für inländische Privatschulen eine solche Förderung ausschließt (Fischer, JurisPR-SteuerR 45/2007, Anm. 2).
d) Auch gegen das Gebot der steuerlichen Verschonung des Familienexistenzminimums ist nicht verstoßen, weil diesem prinzipiell durch den Familienleistungsausgleich (Kinderfreibetrag/Kindergeld, §§ 31 f., 62 ff. EStG) und den Ausbildungsfreibetrag (§ 33a Abs. 2 EStG) Rechnung getragen ist. Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen (Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG) auch nur verpflichtet, Unterhaltszahlungen in Höhe des Existenzminimums steuerlich zu verschonen, nicht aber die im Einzelfall die höheren, aus dem Status der Eltern folgenden Unterhaltszahlungen steuermindernd zu berücksichtigen (BVerfG, Beschlüsse vom 16. April 2004, 2 BvR 88/03, a.a.O. und vom 29. Mai 1990, 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BStBl II 1990, 653 und vom 10. November 1998, 2 BvL 42/93, BStBl II 1999, 174).
4. Die Aufwendungen der Kläger für die Schulausbildung des Sohnes R. am K.-Internat sind auch nicht als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG zu berücksichtigen. Nach § 33 Abs. 1 EStG kann die Einkommensteuer ermäßigt werden, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen Familienstands entstehen. Den Klägern ist mit dem Schulgeld eine solche zwangsläufig größere Aufwendung entstanden. Die Anwendung des § 33 EStG ist jedoch gemäß § 33a Abs. 5 EStG ausgeschlossen, wenn es sich um Aufwendungen handelt, die § 33a Abs. 1 bis 3 EStG unterfallen. § 33 a Abs. 1 EStG regelt den Abzug außergewöhnlicher Belastungen für Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Berufsausbildung für eine ihm gegenüber unterhaltsberechtigte Person. In der Rechtsprechung des BFH ist geklärt, dass die Anwendung des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) durch § 33a Abs. 5 EStG ausgeschlossen wird, wenn es sich um Aufwendungen für die Berufsausbildung, die auch die gesamte Schulausbildung mitumfasst, handelt. § 33 EStG ist nicht anwendbar, wenn ein Kind wegen des pädagogischen Konzepts eine Privatschule besucht. (BFH-Beschluss vom 22. Dezember 2004, III B 169/03, BFH/NV 2005, 699, m.w.N.). Die Aufwendungen der Kläger können folglich nicht berücksichtigt werden.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
VI. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).