02.11.2010
Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 12.02.2010 – 4 K 405/07
Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Behörde aus einer Ausfuhrsendung, die aus Nacken, Bug und Dünnung besteht, als Probe zwei Kartons mit Bauchlappenfleisch zieht und untersucht.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Ausfuhrerstattung sowie die Festsetzung einer Sanktion durch das beklagte Hauptzollamt.
Die Klägerin ließ mit Zahlungserklärung vom 13.08.2003 zur Ausfuhr in die Russische Föderation bestimmtes Rindfleisch der Marktordnungs-Warenlistennummer 0202 3090 9200 in die Erstattungslagerung mit Vorfinanzierung der Erstattung überführen. Im Feld 31 der Zahlungserklärung war angegeben „2264 Ktn. Fleisch von Rindern, gefroren, ohne Knochen, anderes, einschl. Hackfleisch, 78 GHT oder mehr Gehalt an magerem Rindfleisch außer Fett Ware Unterschiedlicher Beschaffenheit !!!”. Das beklagte Hauptzollamt bewilligte antragsgemäß die Vorfinanzierung der Erstattung mit Bescheid vom 19.9.2003.
Im Rahmen der Abfertigung zur Erstattungslagerung hatte das Hauptzollamt A jeweils 3 Kartons - scil. 1 Karton Schulter, Nacken und Lappen - als Probe bzw. Rückstellprobe entnommen und diese an die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt bei der Oberfinanzdirektion Hamburg übersandt. Die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt untersuchte in der Folgezeit lediglich die als Probe bzw. Rückstellprobe entnommenen Kartons mit Bauchlappenfleisch und ermittelte ausweislich ihres Untersuchungszeugnisses und Gutachtens vom 08.10.2003 für Probe bzw. Rückstellprobe einen Gehalt an magerem Rindfleisch von 71,3 bzw. 75,8 %; der durchschnittliche Gehalt an magerem Rindfleisch von Probe und Rückstellprobe belief sich auf 73,4 %.
Daraufhin forderte das beklagte Hauptzollamt mit Bescheid vom 21.02.2005 die der Klägerin im Wege der Vorfinanzierung gewährte Ausfuhrerstattung zuzüglich eines Zuschlags in Höhe von 15 % - insgesamt € 26.441,27 - zurück und setzte zugleich unter Hinweis auf Art. 51 Abs. 1 lit. a) VO (EG) Nr. 800/1999 eine Sanktion über € 11.496,23 fest. Es führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass die Untersuchung der gezogenen Proben ergeben habe, dass der durchschnittliche Gehalt an magerem Rindfleisch unter dem für die angemeldete Marktordnungs-Warenlistennummer vorgeschriebenen Mindestgehalt liege. Nach Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 765/2002 sei für die ausgeführte Partie keine Erstattung zu gewähren.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat die Klägerin am 21.12.2007 Klage erhoben. Sie verweist darauf, dass die in Rede stehende Warensendung zu gleichen Teilen aus Nacken, Bug und Dünnung bestanden habe. Auf diese unterschiedliche Beschaffenheit der Ware habe sie in der Zahlungserklärung hingewiesen. Vor diesem Hintergrund hätte nicht nur die Abfertigungszollstelle - so wie geschehen - von den drei Teilstückarten jeweils eine Probe und Rückstellprobe ziehen müssen. Vielmehr hätte auch die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt den Inhalt aller drei als Probe gezogenen Kartons untersuchen und hinsichtlich des Gehalts an magerem Rindfleisch einen Durchschnittswert bilden müssen. Dieser Durchschnittswert hätte mit Sicherheit einen GHT-Wert von über 78 % ergeben, so dass es einer Untersuchung der Rückstellprobe nicht mehr bedürft hätte. Da die Untersuchung durch die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt auf keiner repräsentativen Probe beruht habe, seien die in der Anmeldung enthaltenen Angaben der Zollbehandlung zugrunde zu legen mit der Folge, dass ihr die Ausfuhrerstattung nicht versagt werden dürfe. Im Übrigen habe die Abfertigungszollstelle aufgrund der Ladeliste gewusst, dass und in welchem Umfang die Sendung aus den Teilstücken Nacken, Bug und Dünnung bestanden habe. Unter Berücksichtigung dieses Erkenntnisstandes gerade die Kartons mit der Dünnung als Probe auszuwählen, erscheine als willkürlich, zumal diese Fleischsorte lediglich einen geringen Anteil an der Gesamtsendung ausgemacht habe. Der weit überwiegende Anteil der Ausfuhrsendung - scil 1.268 Kartons Nacken sowie 435 Kartons Bug - habe dagegen durchweg einen GHT-Wert von 78 % und mehr ausgewiesen, was sowohl der Abfertigungszollstelle als auch dem beklagten Hauptzollamt aus einer Vielzahl anderer Ausfuhrsendungen bekannt gewesen sei. Ihr - der Klägerin - müsse daher zumindest die Ausfuhrerstattung für die Anteile der Sendung erhalten bleiben, deren GHT-Gehalt über 78 % liege.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 21.02.2005 (Bescheid-Nr.: ...-...-...) in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 29.11.2007 aufzuheben.
Das beklagte Hauptzollamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es verteidigt die angefochtenen Bescheide und verweist darauf, dass die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt ihre Untersuchung entsprechend der Anweisung Nr. 3) zur Marktordnungs-Warenlistennummer 0202 3090 9200 vorgenommen habe. Dort sei geregelt, dass die Probe aus dem Teil der betreffenden Partie zu entnehmen sei, in der das Risiko am höchsten sei. Angesichts dieser Vorgabe sei es nicht zu beanstanden, dass die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt lediglich die Kartons untersucht habe, die mit Bauchlappen gefüllt gewesen seien. Dass die Klägerin in der Zahlungserklärung auf eine unterschiedliche Beschaffenheit der Ware hingewiesen habe, lasse keine Zweifel an der Repräsentativität der gezogenen und untersuchten Probe aufkommen. Denn die Klägerin habe die gesamte Partie und damit auch die Kartons mit Bauchlappenfleisch zur Marktordnungs-Warenlistennummer 0202 3090 9200 angemeldet. Folge dieser Anmeldung sei, dass alle in dieser Sendung enthaltenen Fleischstücke den für diese Marktordnungs-Warenlistennummer vorgeschriebenen Mindestgehalt an magerem Rindfleisch aufweisen müssten. Dem Umstand, dass Fleisch als Naturprodukt Schwankungen unterliege, habe der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass die Verordnung (EG) Nr. 765/2002 hinsichtlich der Einhaltung des Mindestgehalts an magerem Rindfleisch auf einen Durchschnittswert der untersuchten Probe abstelle.
Zwei Hefter Sachakten haben vorgelegen.
Gründe
Die zulässige Anfechtungsklage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
1. Rechtsgrundlage für die Rückforderung der der Klägerin im Wege der Vorfinanzierung gewährten Ausfuhrerstattung ist die Vorschrift des Art. 52 Abs. 1 i.V.m. Art. 35 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 der Kommission vom 15.4.1999 (ABl. Nr. L 102/11, im Folgenden: VO Nr. 800/1999). Danach muss der Begünstigte den zu Unrecht erhaltenen Erstattungsbetrag zurückzahlen. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Der Klägerin ist die Ausfuhrerstattung zu Unrecht gewährt worden.
Erzeugnisse des Produktcodes 0202 3090 9200 müssen einen Mindestgehalt an magerem Rindfleisch von 78 Gewichtshundertteilen oder mehr aufweisen. Der im Anhang der Verordnung (EG) Nr. 2319/2002 der Kommission vom 13.12.2002 zur Ersetzung der Anhänge der Verordnung (EWG) Nr. 3846/87 zur Erstellung einer Nomenklatur der landwirtschaftlichen Erzeugnisse für Ausfuhrerstattungen (ABl. Nr. L 354/1, im Folgenden: VO Nr. 2319/2002) bezüglich der Warenbezeichnung des Produktcodes 0202 3090 9200 verwandte Begriff des „durchschnittlichen” Gehalts an magerem Rindfleisch bezieht sich ausweislich der dortigen Fußnote 6 ausschließlich auf die Menge der Probe gemäß der Begriffsbestimmung des Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 765/2002 der Kommission vom 03.05.2002 über die Probenahme und die Festlegung bestimmter Modalitäten für die Warenkontrolle von entbeinten Teilstücken von Rindfleisch, für die eine Ausfuhrerstattung gewährt werden soll (ABl. Nr. L 117/6, im Folgenden: VO Nr. 765/2002).
Die Verordnung Nr. 765/2002 enthält spezielle Anforderungen hinsichtlich der Mengen- und Beschaffenheitsbeschau im Rahmen der Warenkontrolle von entbeinten Teilstücken von Rindfleisch, die den allgemeinen Normierungen des Zollkodex in Art. 69 ff. betreffend die Durchführung und die Rechtsfolgen einer (Teil-)Beschau vorgeht (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 12.02.2010, 4 K 13/08). Insoweit hat der Gemeinschaftsgesetzgeber in Art. 2 Abs. 1 Satz 1 VO Nr. 765/2002 geregelt, dass die Probe für die Warenkontrolle in Bezug auf die Einhaltung des durchschnittlichen Mindestgehalts an magerem Rindfleisch bei Teilstücken des Produktcodes 0202 3090 9200 (vgl. Art. 1 Abs. 1 lit. c) VO Nr. 765/2002) aus zwei ganzen Kartons besteht, die an zwei unterschiedlichen Stellen der Partie entnommen werden, wobei als Partie die Erzeugnismenge gilt, für die die Ausfuhranmeldung gemäß Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 angenommen wurde (Art. 2 Abs. 2 lit. a) VO Nr. 765/2002). Der erste Karton ist für die mit der Kontrolle befasste Behörde bestimmt, der zweite Karton wird als Rückstellprobe den Zollbehörden unterstellt (Art. 2 Abs. 1 Satz 2 VO Nr. 765/2002). Art. 5 VO Nr. 765/2002 bestimmt sodann, dass die Einhaltung der Vorschriften gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. c) VO Nr. 765/2002 - scil. die Einhaltung des durchschnittlichen Mindestgehalts an magerem Rindfleisch von 78 Gewichtshundertteilen oder mehr des Produktcodes 0202 3900 9200 - kontrolliert wird, indem der gesamte Inhalt des ersten Kartons der Probe nach Art. 2 VO Nr. 765/2002 zerkleinert und zu einer homogenen Masse vermischt und auf seinen Gehalt an magerem Rindfleisch überprüft wird (Satz 1). Weist diese Probe nicht den vorgeschriebenen Mindestgehalt an magerem Rindfleisch auf, so ist der Inhalt des zweiten Kartons auf die gleiche Weise zu untersuchen (Satz 2). Liegt der durchschnittliche Gehalt der beiden Kartons unter dem vorgeschriebenen Mindestgehalt an magerem Rindfleisch, so wird für die betreffende Partie keine Erstattung gewährt (Satz 3).
Im Streitfall hat das Hauptzollamt A eine Beschaffenheitsbeschau durchgeführt und aus der von der Klägerin angemeldeten Sendung, die aus insgesamt 2.264 Kartons bestand, jeweils 3 Kartons als Probe und Rückstellprobe entnommen, wobei Probe und Rückstellprobe jeweils 1 Karton Nacken, Schulter und Bauchlappen umfassten. Die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt bei der Oberfinanzdirektion Hamburg hat sodann lediglich die beiden Kartons mit Bauchlappenfleisch als Probe bzw. Rückstellprobe untersucht und in ihrem Untersuchungszeugnis und Gutachten vom 08.10.2003 festgestellt, dass der Inhalt des ersten Kartons (= Probe) einen Gehalt an magerem Rindfleisch von 71,3 %, der Inhalt des zweiten Kartons (= Rückstellprobe) einen Gehalt an magerem Rindfleisch von 75,8 % aufweise; der durchschnittliche Gehalt der beiden Kartons betrage 73,4 %. Die Beteiligten des vorliegenden Klageverfahrens streiten darüber, ob die untersuchten Proben den Anforderungen der Verordnung Nr. 765/2002 genügen mit der Folge, dass das Ergebnis der Untersuchung über den Erhalt der der Klägerin vorfinanzierten Erstattung entscheidet. Im Hinblick auf diese Fragestellung sieht sich der Senat zu folgenden Feststellungen veranlasst:
Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat mit der Verordnung Nr. 765/2002 die Modalitäten für die Warenkontrolle bei der Ausfuhr von Erzeugnissen des Produktcodes 0202 3090 9200 festgelegt. Diese Normierungen dienen, wie der 5. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 2457/97 der Kommission vom 10.12.1997 (ABl. Nr. L 340/29) (Fußnote: Der 5. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 2457/97 lautet: „Es hat sich gezeigt, daß die Probenahme in den Mitgliedstaaten unterschiedlich durchgeführt wird.”), die durch die VO Nr. 765/2002 ersetzt worden ist, deutlich macht, der Vereinheitlichung der Probenahme in den Mitgliedstaaten; sie beschreiben daher (Mindest-)Standards, die von den Zollbehörden bei der Warenkontrolle von entbeinten Teilstücken von Rindfleisch zu beachten sind und eine Anwendung der allgemeinen Regelungen des Zollkodex (Art. 69 ff ZK) ausschließen. Aus dieser Erkenntnis folgt, dass die Regelung des Art. 2 Abs. 1 VO Nr. 765/2002, wonach die Probe für die Warenkontrolle aus zwei ganzen Kartons besteht, die Zollbehörden einerseits verpflichtet, aus der zu kontrollierenden Partie eine Probe mit mindestens diesem Umfang zu ziehen, andererseits aber nicht daran hindert, im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens weitere Kartons als Probe zu entnehmen. Eine Begrenzung des Probenumfangs auf zwei Kartons findet durch Art. 2 Abs. 1 VO Nr. 765/2002 lediglich in dem Sinne statt, dass der Ausführer keinen Anspruch auf Ziehung weiterer Kartons als Probe hat. Die Vorschrift des Art. 2 Abs. 1 VO Nr. 765/2002 schließt damit auch einen Anspruch des Ausführers auf eine zusätzliche oder erweiterte Beschau nach Art. 70 Abs. 1 Unterabsatz 2 ZK aus.
Hat die Zollbehörde - wie im Streitfall - mehr als zwei Kartons als Probe gezogen, kann der Ausführer nicht verlangen, dass alle als Probe gezogenen Kartons untersucht werden. Vielmehr obliegt es ebenfalls dem pflichtgemäßen Ermessen der Zollbehörde, ob sie lediglich zwei oder noch weitere Kartons nach Maßgabe des Art. 5 VO Nr. 765/2002 als Probe und Rückstellprobe untersucht. Das Ermessen der Zollbehörden ist insoweit lediglich in der Weise gebunden, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber vorgegeben hat, welche Kartons wenigstens als Probe und Rückstellprobe zu untersuchen sind. In Fußnote 6 des Anhangs der Verordnung Nr. 2319/2002 heißt es nämlich: „Die Probe wird aus dem Teil der betreffenden Partie entnommen, in der das Risiko am höchsten ist.” Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist es im Streitfall nicht zu beanstanden, dass die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt bei der Oberfinanzdirektion Hamburg als Probe und Rückstellprobe die beiden Kartons untersucht hat, die mit Bauchlappenfleisch befüllt waren. Dass Bauchlappenfleisch im Vergleich zu Nacken- und Schulterstücken in der Regel einen niedrigeren Gehalt an magerem Rindfleisch aufweist, wird auch von der Klägerin nicht in Abrede gestellt. Überdies zeigt das Untersuchungsergebnis anschaulich, dass sich das Risiko, dass in der Partie Fleischstücke enthalten sind, die keinen Mindestgehalt an magerem Rindfleisch von 78 Gewichtshundertteilen oder mehr aufweisen, realisiert hat.
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang einwendet, dass eine Untersuchung der drei als Probe gezogenen Kartons (scil. jeweils 1 Karton Schulter, Nacken und Lappen) mit Sicherheit einen Durchschnittswert an magerem Rindfleisch von über 78 % ergeben hätte, übersieht sie, dass Erzeugnisse des Produktcodes 0202 3090 9200 nicht einen Durchschnitts-, sondern einen Mindestgehalt an magerem Rindfleisch von 78 Gewichtshundertteilen oder mehr aufweisen müssen. Der Begriff des „durchschnittlichen” Gehalts an magerem Rindfleisch erlangt - wie der Senat bereits ausgeführt hat - Bedeutung allein im Rahmen der Probenahme und Warenkontrolle nach Art. 1 Abs. 1 lit. c) i.V.m. Art. 5 VO Nr. 765/2002. Die Vorschrift des Art. 5 Satz 3 VO Nr. 765/2002, wonach der durchschnittliche Gehalt an magerem Rindfleisch der beiden Kartons über den Erhalt oder den Verlust der Ausfuhrerstattung entscheidet, ist dabei Ausdruck des vom Gemeinschaftsgesetzgebers für diesen Bereich des Ausfuhrerstattungsrechts anerkannten Gesichtspunktes der Fehlertoleranz; er trägt damit dem Umstand Rechnung, dass Fleisch ein Naturprodukt ist und deshalb hinsichtlich seiner Beschaffenheit zwangsläufig gewissen Schwankungen unterliegt. Weist lediglich der Inhalt des Probekartons nicht den vorgeschriebenen Mindestgehalt an magerem Rindfleisch auf, so begründet dieser „Ausreißer” (noch) keine Unregelmäßigkeit mit der Folge des Verlustes des Erstattungsanspruchs.
Auch mit ihrem weiteren Einwand, dass der weit überwiegende Anteil der Ausfuhrsendung einen GHT-Wert von 78 % und mehr aufgewiesen habe, vermag die Klägerin nicht durchzudringen. Abgesehen davon, dass es nicht feststeht, ob der Gehalt an magerem Rindfleisch bei den Nacken- und Schulterstücken tatsächlich durchweg bei mindestens 78 Gewichtshundertteilen lag, hat der Gemeinschaftsgesetzgeber durch Art. 5 VO Nr. 765/2002 auch die an das Untersuchungsergebnis zu knüpfende Rechtsfolge verbindlich und in Abweichung von den Regelungen des Zollkodex festgeschrieben. Ergibt die Untersuchung, dass der durchschnittliche Gehalt der beiden Kartons unter dem vorgeschriebenen Mindestgehalt an magerem Rindfleisch liegt, so wird gemäß Art. 5 Satz 3 VO Nr. 765/2002 für die gesamte Partie keine Erstattung gezahlt, wobei diese Rechtsfolge unabhängig davon eintritt, wie der nicht untersuchte Teil der Ausfuhrsendung beschaffen ist.
Nicht behilflich ist der Klägerin weiterhin ihr Hinweis darauf, dass sie in der Zahlungserklärung auf die unterschiedliche Beschaffenheit der Ware hingewiesen habe. Da die Klägerin alle Kartons der streitgegenständlichen Partie unter der Marktordnungs-Warenlistennummer 0202 3090 9200 angemeldet hat, müssen auch alle Teile der Ausfuhrsendung die Beschaffenheitsmerkmale des Produktcodes 0202 3090 9200 erfüllen. Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass auch eine unter dem Produktcode 0202 3090 9200 angemeldete Ware unterschiedlich beschaffen sein kann. Diese Unterschiede in der Warenbeschaffenheit, die sich innerhalb der durch den Produktcode vorgegebenen Grenzen bewegen müssen (Fußnote: Beispiel: Produktcode 0202 3090 9200 Ware mit einem GHT-Anteil an magerem Rindfleisch von 78 %, 85 % oder 90 %; Produktcode 1602 5039 9325 Ware mit einem Rindfleischanteil von > 60 % oder < 80 %.), verpflichten indes nicht in Abweichung von Art. 2 Abs. 1 VO Nr. 765/2002 zur Ziehung und Untersuchung von mehr als zwei Kartons als Probe. Soweit der Senat in seinem Urteil vom 19.06.2007 (4 K 125/05) eine andere Auffassung vertreten hat, hält er daran nicht mehr fest.
Dass das Untersuchungsergebnis möglicherweise anders - d.h. für die Klägerin günstiger - ausgefallen wäre, hätte sie die Kartons der streitgegenständlichen Ausfuhrsendung jeweils mit Schulter-, Nacken- und Lappenstücken befüllt, ist im zu betrachtenden Kontext schließlich ebenfalls nicht relevant. Die Befüllung der Kartons ist Ausfluss ihrer freien unternehmerischen Entscheidung. Die mit dieser Entscheidung verbundenen rechtlichen Risiken muss sie alleine tragen.
2. Rechtsgrundlage für die vom beklagten Hauptzollamt zugleich festgesetzte Sanktion ist die Vorschrift des Art. 51 Abs. 1 lit. a) VO Nr. 800/1999. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind im Streitfall ebenfalls erfüllt, wie sich aus den zutreffenden Ausführungen des beklagten Hauptzollamtes in seiner Einspruchsentscheidung vom 29.11.2007 ergibt, auf die der Senat unter Hinweis auf § 105 Abs. 5 FGO Bezug nimmt.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die übrigen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 MOG findet § 139 Abs. 2 FGO in marktordnungsrechtlichen Streitigkeiten keine Anwendung. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.