02.11.2010
Finanzgericht Bremen: Urteil vom 12.11.2009 – 1 K 12/08 (6)
1. Im Rahmen der Ermittlung des zulässigen Kassenvermögens einer Unterstützungskasse in der Rechtsform einer Kapitalgesellschft sind der Berechnung des Reservepolsters auch bei Wahl der Sonderregelung nach § 4d Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b S. 3 EStG nur die Leistungsempfänger zugrunde zu legen, denen Leistungen schriftlich zugesagt worden sind.
2. Das Abzugsverbot des § 10 Nr. 1 KStG für Ausgaben, die eine juristische Person in Erfüllung ihres satzungsmäßigen Zwecks macht, gilt nur für solche Ausgaben, die nicht gleichzeitig Betriebsausgaben i. S. d. § 4 Abs. 4 EStG sind. Sind gleichzeitig die Voraussetzungen des § 10 Nr. 1 KStG und des § 4 Abs. 4 EStG erfüllt, so geht § 4 Abs. 4 EStG vor.
3. Durch die Neufassung des § 12 Abs. 2 S. 2 2. Halbs. UmwStG wollte der Gesetzgeber die Nichtabziehbarkeit der Leistungen von Unterstützungskassen als Betriebsausgaben gesetzlich klarstellen. Der Regelung kommt insoweit über das UmwStG hinaus Bedeutung zu.
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat das Finanzgericht Bremen – 1. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 12. November 2009 durch …
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, inwieweit bei der Klägerin – einer Unterstützungskasse – in den Streitjahren 1999 – 2001 eine Überdotation vorlag und inwieweit die Klägerin Leistungen an die ihr gegenüber berechtigten Personen als Betriebsausgaben abziehen kann.
Die Klägerin wurde im Jahr 1964 von der KG als Unterstützungskasse gegründet. Die KG ist alleinige Gesellschafterin der Klägerin. Nach § 2 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin vom ist ihr ausschließlicher Betriebszweck die freiwillige, einmalige oder laufende Unterstützung von Betriebsangehörigen und ehemaligen Betriebsangehörigen der KG. Die Klägerin nahm als Unterstützungskasse seit ihrer Gründung 1964 Steuerfreiheit nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 Körperschaftsteuergesetz (KStG) in Anspruch.
Entsprechend ihrem Betriebszweck erbrachte die Klägerin Leistungen an die ihr gegenüber berechtigten Personen. Die Klägerin bzw. die KG gaben die Versorgungszusagen an die möglicherweise in Zukunft gegenüber der Klägerin berechtigten Arbeitnehmer der KG nicht in allen Fällen in Schriftform ab.
Für die Veranlagungszeiträume (VZ) ab 1999 erklärte die Klägerin für den Bereich der sog. Überdotierung eine partielle Steuerpflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 e) KStG i.V.m. § 6 Abs. 5 KStG. Bei der – im Rahmen der Körperschaftsteuererklärungen erfolgten – Berechnung ihres zu versteuernden Einkommens sah die Klägerin ihre Leistungen an die Begünstigten als Betriebsausgaben an. Bei der Berechnung des zulässigen Kassenvermögens berücksichtigte die Klägerin sämtliche von ihr in einem Leistungsplan vorgesehenen Leistungen an zukünftig berechtigte Personen, deren 50. Lebensjahr bereits vollendet war. In den Erklärungen zur Überprüfung von rechtsfähigen Pensions-, Sterbe-, Kranken- und Unterstützungskassen für die Jahre 1999 bis 2001 gab die Klägerin für die Berechnung des zulässigen Kassenvermögens folgende Beträge an:
1999 | 2000 | 2001 | |
Deckungskapital | DM | DM | DM |
Reservepolster nach § 4 d Abs. 1 Nr. 1 b) EStG | DM | DM | DM |
Zulässiges Kassenvermögen | DM | DM | DM |
125 % des zulässigen Kassenvermögens | DM | DM | DM |
Tatsächliches Kassenvermögen | DM | DM | DM |
Der Beklagte veranlagte die Klägerin für die VZ 1999 bis 2001 gemäß ihren Erklärungen mit unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) gestellten Körperschaftsteuer- und Feststellungsbescheiden vom für 1990, vom und für 2000 und vom und für 2001. Für den nicht überdotierten Bereich sah der Beklagte die Klägerin in diesen Bescheiden nach wie vor als körperschaftsteuerbefreit gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG an.
Im Zeitraum vom bis fand bei der Klägerin auf Anordnung des Beklagten vom eine Betriebsprüfung für den Zeitraum von 1997 – 2001 statt. Im Betriebsprüfungsbericht vom führte der Betriebsprüfer wie folgt aus:
„Tz 2.2 Partielle Steuerpflicht
Tz 2.2.1 Für Veranlagungszeiträume ab dem 01.01.1996 müssen die Versorgungsanwartschaften schriftlich erteilt worden sein (§ 4d Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG). Das Schriftformerfordernis gilt nicht nur für die Grundsatzmethode, sondern auch für die Sonderberechnung zur Ermittlung des zulässigen Kassenvermögens, da sich § 4d Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG auf den Leistungsanwärter im Sinne des Satzes 2 bezieht […I.
Tz 2.2.2 Die Fides Unterstützungskasse GmbH hat die vorgesehenen Leistungen schriftlich und substantiiert durch den Leistungsplan in der Fassung vom 12.12.1995 dokumentiert. Allerdings ist die schriftliche Versorgungszusage nicht immer in geeigneter Form den berechtigten Personen bekannt gegeben worden. Dem Schriftformerfordernis wurde damit im Prüfungszeitraum insoweit nicht ausreichend genügt […I.
Tz 2.2.3 Aufgrund der Feststellung zu Tz 2.2.2 berechnet sich das zulässige Kassenvermögen im Pz in erster Linie nach dem Deckungskapital. Ein Reservepolster kann wegen der teilweise fehlenden Bekanntgabe der bestehenden Zusagen nur anteilig angesetzt werden. Da der zu berücksichtigende Personenkreis nicht zweifelsfrei festgestellt werden konnte, habe ich das anzusetzende Reservepolster im Einvernehmen mit der Firma geschätzt.
Tz 2.2.4 Wegen der teilweise fehlenden Schriftform kommt es zu einer Überdotierung und damit verbunden zu einer partiellen Steuerpflicht der Kasse. […I.”
Unter Beibehaltung der bisherigen Werte für das Deckungskapital setzte der Betriebsprüfer folgende Werte an:
1999 | 2000 | 2001 | |
Deckungskapital | DM | DM | DM |
Reservepolster nach § 4 d Abs. 1 Nr. b EStG | DM | DM | DM |
Zulässiges Kassenvermögen | DM | DM | DM |
Tatsächliches Kassenvermögen | DM | DM | DM |
Er führte im Betriebsprüfungsbericht weiter aus:
„Tz 2.6.9 Die Leistungen der Kasse an die Begünstigten fallen unter das Abzugsverbot des § 10 Nr. 1 KStG (Höfer, Anmerkung 1823). Sie sind bei ihr ebenso wenig erfolgswirksam wie die Zuwendungen des Trägerunternehmens […I.”
Unter Zugrundelegung seiner Berechnungen und Ausführungen gelangte der Betriebsprüfer zu einem steuerpflichtigen Einkommen der Klägerin in folgender Höhe:
1999: | DM |
2000: | DM |
2001: | DM |
Der Beklagte legte in den Änderungsbescheiden bei der Berechnung des zulässigen Kassenvermögens die jeweils vom Betriebsprüfer angenommene Höhe des Reservepolsters zugrunde. Der Beklagte berücksichtigte zudem die Leistungen der Klägerin an die Berechtigten nicht mehr als Betriebsausgaben. Zur Begründung der Änderungsbescheide verwies der Beklagte jeweils auf den Betriebsprüfungsbericht vom.
Am legte die Klägerin gegen sämtliche Änderungsbescheide Einspruch ein.
Zum einen habe der Beklagte zur Berechnung des Reservepolsters die voraussichtlichen Leistungen der Klägerin an die Berechtigten zu Unrecht nicht in dem von der Klägerin begehrten Umfang angesetzt. Bei der von ihr gewählten Berechnungsform des Reservepolsters bestehe kein Schriftformerfordernis für die Bekanntgabe der Anwartschaften an die Berechtigten. Für die „Sonderregelung” in Satz 4 der Vorschrift sei eine schriftliche Zusage nicht tatbestandsmäßige Voraussetzung. Im Hinblick auf Leistungsanwärter, deren 50. Lebensjahr bereits vollendet sei, sei in Satz 4 im Gegensatz zu Satz 2 keine Rede von schriftlich zugesagten Leistungen.
Zum anderen seien die Kassenleistungen, welche die Klägerin erbringe, abzugsfähige Betriebsausgaben. Nach § 10 KStG seien Aufwendungen für die Erfüllung von Zwecken des Steuerpflichtigen, die durch Stiftungsgeschäft, Satzung oder sonstige Verfassung vorgeschrieben seien, nicht abziehbar. Dieses Abzugsverbot greife jedoch nicht ein, wenn ein anderer Abzugsgrund Vorrang habe. So könne nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) der Betriebsausgabenabzug Vorrang vor dem Abzugsverbot nach § 10 KStG haben.
Mit Urteil vom 04.12.1991 habe der BFH entschieden, dass Zuwendungen des Trägerunternehmens an eine Unterstützungskasse jedenfalls insoweit keine Einlagen seien, als die Zuwendungen nach § 4d EStG abziehbar seien und die Unterstützungskasse ausschließlich Arbeitnehmer des Trägerunternehmens unterstütze. Aus diesem Urteil folge, dass die Zuwendungen des Trägerunternehmens an die Unterstützungskasse Zahlungen mit Gegenleistungscharakter seien. Dies folge daraus, dass die Kasse die an sich vom Trägerunternehmen selbst zu erbringende Altersversorgung übernehme und hierfür Zuwendungen erhalte. Diese Zuwendungen seien somit keine Einlagen, sondern normale Betriebseinnahmen.
Der Gedanke des Leistungsaustauschs müsse zur Abziehbarkeit der Kassenleistungen führen. Dies ergebe sich auch daraus, dass die Zuwendungen des Trägerunternehmens an die Unterstützungskasse grds. eindeutig Betriebsausgaben seien. Würde das Trägerunternehmen die Pensionszahlungen selber vornehmen, wären diese als Arbeitslohn abziehbar. Die Zwischenschaltung einer Unterstützungskasse könne zu keinem anderen Ergebnis führen. Die Versteuerung der Zuwendungen bei der Unterstützungskasse auf der einen Seite und die Nichtabziehbarkeit der Leistungen auf der anderen Seite führe zu einer doppelten Besteuerung.
Die Behandlung einer Zahlung beim Leistenden und beim Empfänger müsse zwar nicht unbedingt miteinander korrespondieren. Im vorliegenden Fall sei jedoch die Zahlung des Trägerunternehmens an die Unterstützungskasse eine Betriebseinnahme, da die Unterstützungskasse eine Leistung für den Träger übernehme und hierfür ein Entgelt erhalte.
Damit korrespondierend müsse die Erfüllung dieser Leistung einen Aufwand darstellen.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 12 Abs. 2 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG). Diese Vorschrift betreffe den Spezialfall der Ermittlung des Übernahmegewinns, wenn eine Unterstützungskasse auf das Trägerunternehmen umgewandelt werde. Durch die Vorschrift solle vermieden werden, dass das Trägerunternehmen, das bereits die Zuwendungen an die Unterstützungskasse als Betriebsausgaben abgesetzt habe, nach der Umwandlung Pensionsrückstellungen bilden könne, die noch einmal als Aufwand zu berücksichtigen seien. Darüber hinaus habe § 12 Abs. 2 UmwStG keinen verallgemeinerungsfähigen Inhalt.
Für die Abziehbarkeit der Leistungen der Klägerin als Betriebsausgaben spreche auch die BFH-Rechtsprechung zur Abgrenzung der Ausgaben wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe von den Ausgaben für satzungsmäßige Zwecke bei Vereinen. Der BFH stelle heraus, dass nur solche Ausgaben für einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb abzuziehen seien, die ohne den Betrieb nicht entstanden wären. Maßgeblich für die Abgrenzung sei die das Entstehen von Aufwendungen veranlassende Betätigung. Da bei einer als GmbH betriebenen Unterstützungskasse nur ein wirtschaftlicher – also gewerblicher – Betrieb bestehe, könne man daraus schließen, dass alle Aufwendungen als Betriebsausgaben abzuziehen seien. Dies werde auch durch den vom BFH verwendeten kausalen Betriebsausgabenbegriff gestützt. Danach seien Betriebsausgaben alle Aufwendungen, die im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb anfielen. Voraussetzung für den Betriebsausgabenabzug sei die Veranlassung durch den Geschäftsbetrieb. Eine Veranlassung sei stets dann gegeben, wenn das Gewerbeunternehmen Unterstützungskasse die Kassenleistungen im Rahmen ihres Betriebes erbringe, der ausschließlich in der Durchführung der Altersversorgung für das Trägerunternehmen bestehe.
Mit Einspruchsentscheidung vom wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin in allen Punkten als unbegründet zurück.
Die für die Streitjahre vorgenommene Schätzung des Reservepolsters als Teilbetrag des zulässigen Kassenvermögens sei ebenso wenig zu beanstanden wie die Versagung des Abzuges der Kassenleistungen als Betriebsausgaben.
Auch für die Sonderregelung sei die schriftliche Zusage der Leistung an die Leistungsanwärter erforderlich. Die hiervon abweichende Auffassung der Klägerin sei unzutreffend. Aufgrund des Bezuges von § 4d Abs. 1 Nr. 1 b) S. 4 EStG auf S. 2 der Vorschrift gelte das Schriftformerfordernis für beide Berechnungsmethoden.
Die Klägerin habe die Erfüllung des Schriftformerfordernisses nicht im vollen Umfang nachgewiesen. Nach Feststellung der Betriebsprüfung sei der überwiegenden Anzahl der Arbeitnehmer der KG nicht bekannt gewesen, dass ggf. Anwartschaften auf Leistungen der Klägerin entstanden seien. Im Rahmen der Betriebsprüfung seien weder Einzelzusagen in dem von der Klägerin berechneten Umfange noch allgemeine schriftliche Bekanntmachungen innerhalb der KG festgestellt worden. Dies führe zum Wegfall oder der Minderung des Reservepolsters. Deshalb habe der Betriebsprüfer die entsprechenden Werte im Einvernehmen mit der Klägerin geschätzt.
Die Zuwendungen der KG an die Klägerin seien keine Betriebseinnahmen. Vielmehr handele es sich bei ihnen um gesellschaftsrechtliche Einlagen. Eine Erhöhung des Einkommens der Klägerin erfolge durch sie nicht. Die Qualifikation der Zuwendungen der KG als Einlagen folge aus der dahingehenden ausdrücklichen Regelung des § 12 Abs. 2 S. 2 2. Hs. UmwStG. Aus der Gesetzesbegründung folge, dass der Gesetzgeber Zuwendungen von Trägerunternehmen an Unterstützungskassen nicht als Betriebseinnahmen der Unterstützungskassen und deren Leistungen an die Zahlungsempfänger nicht als Betriebsausgaben angesehen habe. Die gegenteilige Auffassung der Klägerin werde auch nicht durch die von ihr zitierte Rechtsprechung gestützt. Die vorliegende Situation sei nicht mit Fällen vergleichbar, in denen das Trägerunternehmen selbst Arbeitslohn zahle und diesen als Betriebsausgabe abziehen könne. Sinn und Zweck der Einrichtung einer Unterstützungskasse sei die Schaffung eines Kapitalstocks zur Finanzierung ungewisser Ausgaben in der Zukunft. Dies werde nur in dem nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG genannten beschränkten Umfang steuerlich begünstigt, da den Leistungsempfängern kein Anspruch auf die Leistungen der Unterstützungskasse zustehe.
Am 06.02.2008 hat die Klägerin Klage beim Finanzgericht Bremen erhoben.
Sie bezieht sich zur Begründung der Klage auf die Einspruchsbegründung und trägt darüber hinaus vor:
Das mit Jahressteuergesetz (JStG) 1996 eingeführte Schriftformerfordernis habe eine Angleichung an die Direktzusagen nach § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG bewirken sollen. Nach § 6a EStG sei für die steuerlich wirksame Bildung einer Pensionsrückstellung die schriftliche Erteilung der Zusage tatbestandsmäßige Voraussetzung. Das Schriftformerfordernis sei jedoch nicht für die Bestimmung des Pensionsberechtigten und damit auch nicht zur Bestimmung eines Leistungsanwärters nach § 4d EStG erforderlich. Leistungs- und Pensionsanwärter könne auch derjenige sein, dem keine schriftliche Zusage erteilt worden sei. Dies sei dann jedoch steuerlich im Rahmen des § 6a EStG und bei der leistungsanwärterorientierten Grundsatzmethode nach § 4d EStG nicht zu berücksichtigen. Denn nach beiden Regelungen sei zusätzlich zum Tatbestandsmerkmal des Pensions- oder Leistungsanwärters das Tatbestandsmerkmal der schriftlichen Zusage erforderlich. Die Sonderregelung stelle ein solches Tatbestandsmerkmal dagegen gerade nicht auf.
Die Ansicht der Klägerin, dass die Sonderregelung keine schriftliche Zusage voraussetze, folge auch daraus, dass in § 4d Abs. 1 Nr. 1 b) S. 5 EStG bei der Bestimmung der den Leistungsanwärtern gleichgestellten Personen erneut ein Schriftformerfordernis aufgestellt werde. Wäre das Schriftformerfordernis bereits Tatbestandsmerkmal des Leistungsanwärterbegriffs, wäre dies nicht erforderlich. Die Sonderregelung solle gegenüber der Grundsatzregelung auch eine Vereinfachung darstellen. Würde man bei ersterer aber gleichfalls eine schriftliche Zusage voraussetzen, würde man diesen Vereinfachungszweck in sein Gegenteil verkehren.
Im Hinblick auf die Berücksichtigung der Leistungen der Klägerin an die Leistungsempfänger sei anerkannt, dass der Betriebsausgabenabzug Vorrang vor dem Abzugsverbot nach § 10 KStG habe. Der BFH habe entschieden, dass Zuwendungen eines Trägerunternehmens an eine Unterstützungskasse jedenfalls insoweit keine Einlagen seien, als sie nach § 4d EStG abziehbar seien und die Unterstützungskasse ausschließlich Arbeitnehmer des Trägerunternehmens unterstütze. Vielmehr seien solche Leistungen im Rahmen des Leistungsaustausches – Durchführung der Versorgung gegen Mittelzuwendung – zu betrachten. Daraus sei zu folgern, dass die Leistungen der Unterstützungskasse Betriebsausgaben seien.
§ 12 Abs. 2 S. 2 UmwStG ändere hieran nichts. Dafür sprächen schon die Stellung der Vorschrift im UmwStG und die Gesetzesbegründung. Die Vorschrift regele nur, wie in einem Umwandlungsfall zu verfahren sei. Rückschlüsse auf eine über das Umwandlungssteuergesetz hinausgehende allgemeine Besteuerungsregel lasse sich § 12 Abs. 2 S. 2 UmwStG nicht entnehmen. Hierzu hätte die Vorschrift etwa in das KStG aufgenommen werden müssen. Auch der Wortlaut der Vorschrift gebe keine Anhaltspunkte für eine über das UmwStG hinausgehende Wirkung. Der Gesetzgeber habe in der Vorschrift weder die Terminologie für eine Fiktion noch für die Begriffsbestimmung der Anschaffungskosten gewählt. Auch eine Regelung des Verhältnisses zwischen § 10 KStG zum Betriebsausgabenabzug sei der Vorschrift nicht zu entnehmen.
Diese Deutung des Wortlautes werde dadurch gestützt, dass der Gesetzgeber in der komplexen Neuregelung des Umwandlungssteuerrechts keine weiteren Problemfelder bei der Einkommensermittlung bei gemeinnützigen Körperschaften habe schaffen wollen. Der Gesetzgeber habe lediglich die Rechtsfolgen aus dem Urteil des BFH vom 04.12.1991 korrigieren wollen. Die tragende Urteilsbegründung, also den Vorrang des Betriebsausgabenabzuges vor § 10 KStG, habe er nicht antasten wollen.
Für die Einschätzung, dass sich § 12 Abs. 2 S. 2 UmwStG nur auf Umwandlungsfälle beziehe, spreche auch die Gesetzesbegründung. Diese beginne damit, dass es sich bei § 12 Abs. 2 UmwStG um eine Klarstellung handele. Der Begriff Klarstellung lasse erkennen, dass keine grundsätzliche Änderung körperschaftsteuerlicher Gewinnermittlungsvorschriften habe erfolgen sollen. Das Wort „Klarstellung” sei wohl gewählt worden, da nach Meinung der Steuerverwaltung bei der Berechnung des Übernahmegewinns ohnehin Anschaffungskosten der übernehmenden Gesellschaft anzunehmen seien. Alleiniger Zweck des § 12 Abs. 2 S. 2 UmwStG sei nach der Gesetzesbegründung, dass das Trägerunternehmen nicht zweimal Alterssicherungsleistungen geltend machen könne, nämlich einmal nach § 4d EStG durch die Zuführung an die Unterstützungskasse und zum zweiten Mal durch eine Pensionsrückstellung nach § 6a EStG.
Die Klägerin beantragt,
die angefochtenen Bescheide vom und und die Einspruchsentscheidung vom aufzuheben mit der Maßgabe, dass für
die Festsetzung der Körperschaftsteuer
die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 KStG
die gesonderte Feststellung der Endbestände gem. § 47 Abs. 1 KStG
und die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gem. § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 S. 3 und § 38 Abs. 1 KStG
die ursprünglich erlassenen Bescheide maßgeblich sind.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte bezieht sich zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, dass der Verweis in § 4d Abs. 1 Nr. 1 b) S. 4 EStG auf Satz 2 der Vorschrift belege, dass die Schriftform auch für die Sonderregelung erforderlich sei. Dies sei auch sinnvoll, da sowohl die Grundsatzregelung als auch die Sonderregelung Methoden seien, um voraussichtliche, also noch in der Zukunft liegende, Versorgungsleistungen zu ermitteln. Diese seien in Form des sog. Reservepolsters für die Ermittlung der Höhe der zulässigen Zuwendungen gem. § 4d Abs. 1 S. 1 EStG maßgeblich. Voraussichtliche Versorgungsleistungen seien nur im Hinblick auf berücksichtigungsfähige Leistungsanwärter relevant. Ob Arbeitnehmer verbindlich als Leistungsanwärter anzusehen seien, könne nur anhand objektiver, nach außen hin erkennbarer Kriterien beurteilt werden. Ein diesen Anforderungen genügendes Kriterium sei unverzichtbar und mit dem Erfordernis der Schriftform – auch für die Sonderregelung – verzichte das Gesetz auf ein solches auch nicht.
Die Sonderregelung sei auch keine vereinfachte Berechnungsmethode, die sich allein an den Leistungsempfängern orientiere. Diese Orientierung gelte bloß für die Ermittlung des Durchschnittsbetrages, der danach mit der Anzahl der Anwärter von Leistungen vervielfältigt werde. Wer in diesem Sinne Leistungsanwärter sei, ergebe sich aus der Bezugnahme auf die Definition zur Grundsatzmethode, deren Besonderheiten allerdings eine Erhöhung der Altersgrenze erfordere. Die Grundsatzregelung gehe von jährlichen Versorgungsleistungen aus, die ein Leistungsanwärter im Versorgungsfall individuell erhalten könne. Die Sonderregelung lasse anstelle der individuell zu ermittelnden zukünftigen Versorgungsleistungen die Ermittlung der zukünftigen Versorgungsleistungen anhand des Durchschnittsbetrages der im Wirtschaftsjahr tatsächlich bereits gewährten Leistungen an Leistungsempfänger zu. Darin erschöpfe sich der Bezug zu den Leistungsempfängern. Darüber hinaus seien laufende Vorsorgezahlungen an Leistungsempfänger im Deckungskapital nach § 4d Abs. 1 Nr. 1 a) EStG ausgewiesen und nicht im Reservepolster.
Im Hinblick auf die Abziehbarkeit der Kassenleistungen der Klägerin als Betriebsausgaben könne sich die Klägerin nicht auf das BFH-Urteil vom 4. Dezember 1991 berufen. In diesem Urteil habe der BFH gar nicht entschieden, wie Zuwendungen eines Trägerunternehmens bei der Unterstützungskasse zu behandeln seien. Erst im Urteil vom 05.11.1992 habe der BFH entschieden, dass Zuwendungen an eine Unterstützungskasse Vermögensübertragungen seien, deren Folge eine einseitige Bereicherung der Kasse sei, die nicht auf einem Leistungsaustausch beruhe. Selbst wenn es sich bei den Zuwendungen des Trägerunternehmens um Einnahmen handeln sollte, wären die Kassenleistungen der Klägerin als Einkommensverwendung anzusehen. Denn die Klägerin gewähre ihre Leistungen gesellschaftsfremden Personen und erhalte hierfür von diesen keine Gegenleistung. Diese Aufwendungen seien ihr durch den Willen ihrer satzungsbegründenden Gesellschafter auferlegt. Mit dem einer juristischen Person eigenen Bestreben auf Erzielung eines Gewinnes bestehe im Hinblick auf diese Leistungen keine Gemeinsamkeit. Diese satzungsgemäße Zweckbestimmung löse die Rechtsfolge der Nichtabziehbarkeit nach § 10 KStG aus. Dieser gelte unabhängig davon, wie die Ausgaben einer Gesellschaft sonst zu qualifizieren seien, sogar die handelsrechtliche Qualifizierung sei unerheblich. Die Nichtabziehbarkeit werde nicht dadurch berührt, dass die Leistungen der Klägerin bei ihren Empfängern steuerpflichtig seien. Ein Vorrang des Betriebsausgabenabzugs vor § 10 KStG liege hier nicht vor. Dies folge schon daraus, dass sich die Tätigkeit der Klägerin ausschließlich auf ihr Wirken als Unterstützungskasse beschränke.
Die Akten des Beklagten (1 Band Körperschaftsteuerakten, 1 Band Rechtsbehelfsakten, 1 Band Gewerbesteuerakten, 2 Bände Sonderakten und 1 Band Feststellungsakten) haben vorgelegen. Ihr Inhalt ist wie der Inhalt der Gerichtsakte Grundlage der Entscheidungsfindung gewesen, soweit die Entscheidung darauf beruht. Insoweit wird auf den Inhalt der Akten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 S. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
I. Der Beklagte hat das seinen Bescheiden zugrunde gelegte zu versteuernde Einkommen der Klägerin rechtmäßig ermittelt. Die Berechnung des zulässigen Kassenvermögens ist korrekt erfolgt. Bei der Berechnung des zulässigen Kassenvermögens der Klägerin ist von einem Reservepolster in Höhe der vom Betriebsprüfer angesetzten Beträge auszugehen (dazu II.). Die Zahlungen der Klägerin an die begünstigten Leistungsempfänger sind nicht als Betriebsausgaben abziehbar (dazu III.). Die Klägerin erzielte ein zu versteuerndes Einkommen in der vom Betriebsprüfer berechneten und den angefochtenen Bescheiden zugrunde gelegten Höhe.
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG ist eine GmbH, die ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland hat, unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 e) S. 1 KStG sind rechtsfähige Unterstützungskassen, die den Leistungsempfängern keinen Rechtsanspruch gewähren, von der Körperschaftsteuer befreit, wenn bei der Unterstützungskasse am Schluss des Wirtschaftsjahres das Vermögen ohne Berücksichtigung künftiger Versorgungsleistungen nicht höher ist als das um 25 vom Hundert erhöhte zulässige Kassenvermögen. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 e) S. 2 KStG gilt für die Ermittlung des tatsächlichen und des zulässigen Kassenvermögens § 4d EStG. Übersteigt das Vermögen der Unterstützungskasse den in Satz 1 bezeichneten Betrag, so ist die Kasse nach Maßgabe des § 6 Abs. 5 KStG steuerpflichtig (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 e) S. 3 KStG). Gemäß § 6 Abs. 5 S. 1 KStG ist eine Unterstützungskasse i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG steuerpflichtig, wenn am Schluss des Wirtschaftsjahres ihr Vermögen den in Buchstabe e) dieser Vorschrift bezeichneten Betrag übersteigt und zwar insoweit, als ihr Einkommen anteilig auf das übersteigende Vermögen entfällt (sog. partielle Steuerpflicht).
II. Der Beklagte hat das im Rahmen des § 6 Abs. 5 KStG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 3 e) S. 3 KStG und § 4d EStG zu berücksichtigende Reservepolster zutreffend ermittelt.
1. Für die Berechnung des Reservepolsters nach § 4 d Abs. 1 Nr. 1 b) S. 3 EStG hat der Beklagte zu Recht nur die Leistungsempfänger zugrundegelegt, denen Leistungen schriftlich zugesagt waren.
Gemäß § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 b) EStG – nach dem das zulässige Kassenvermögen der Klägerin gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 e) S. 2 KStG zu ermitteln ist – dürfen über das Deckungskapital nach a) der Vorschrift hinaus bei Unterstützungskassen folgende Beträge nicht überschritten werden:
Wenn die Kasse nur Hinterbliebenenversorgung gewährt, jeweils 6 vom Hundert, bzw. wenn die Kasse Altersversorgung mit oder ohne Einschluss von Invaliditätsversorgung oder Hinterbliebenenversorgung gewährt, 25 vom Hundert der jährlichen Versorgungsleistungen, die der Leistungsanwärter oder, wenn nur Hinterbliebenenversorgung gewährt wird, dessen Hinterbliebene nach den Verhältnissen am Schluss des Wirtschaftsjahres der Zuwendung im letzten Zeitpunkt der Anwartschaft, spätestens im Zeitpunkt der Vollendung des 65. Lebensjahrs erhalten können (Satz 1). Leistungsanwärter ist gemäß Satz 2 jeder Arbeitnehmer oder ehemalige Arbeitnehmer des Trägerunternehmens, der von der Unterstützungskasse schriftlich zugesagte Leistungen erhalten kann und am Schluss des Wirtschaftsjahres, in dem die Zuwendung erfolgt, das 30. Lebensjahr vollendet hat; soweit die Kasse nur Hinterbliebenenversorgung gewährt, gilt als Leistungsanwärter jeder Arbeitnehmer oder ehemalige Arbeitnehmer des Trägerunternehmens, der am Schluss des Wirtschaftsjahrs, in dem die Zuwendung erfolgt, das 30. Lebensjahr vollendet hat und dessen Hinterbliebene die Hinterbliebenenversorgung erhalten können. Das Trägerunternehmen kann bei der Berechnung nach Satz 1 statt des dort maßgebenden Betrags den Durchschnittsbetrag der von der Kasse im Wirtschaftsjahr an Leistungsempfänger im Sinne des Buchstabens a Satz 2 gewährten Leistungen zugrunde legen (Satz 3). In diesem Fall sind Leistungsanwärter im Sinne des Satzes 2 nur die Arbeitnehmer oder ehemaligen Arbeitnehmer des Trägerunternehmens, die am Schluss des Wirtschaftsjahrs, in dem die Zuwendung erfolgt, das 50. Lebensjahr vollendet haben (Satz 4). Dem Arbeitnehmer oder ehemaligen Arbeitnehmer als Leistungsanwärter stehen andere Personen gleich, denen schriftlich Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass ihrer Tätigkeit für das Trägerunternehmen zugesagt worden sind (Satz 5).
Für die – im Streitfall umstrittene – Berechnung des Reservepolsters stehen zwei Methoden zur Verfügung, zwischen denen ein Wahlrecht besteht. Die – als Grundsatzregelung bezeichnete – grundsätzliche Methode ist in Satz 1 des § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 b) EStG geregelt. In Satz 3 der Vorschrift wird eine vereinfachte Methode normiert (vgl. Weber-Grellet in Schmidt EStG, 28. Auflage 2009, § 4d Rn. 10; Gosch in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff EStG § 4d Rn. B 108). Für die Berechnung nach der Methode gemäß Satz 1 ist es in jedem Fall erforderlich, dass es sich um Leistungsanwärter handelt, denen gegenüber die Versorgungszusage schriftlich gegeben wurde. Dies folgt aus § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 b) S. 2 EStG (vgl. Gosch in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff EStG § 4d Rn. B 129).
Nach Auffassung des Senats sind auch bei der Berechnungsmethode nach Satz 3 nur solche Personen als Leistungsanwärter einzubeziehen, denen schriftlich Leistungen zugesagt wurden. In der Literatur ist es umstritten, ob das Schriftformerfordernis nach § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 b) S. 2 EStG auch für die Berechnungsmethode nach Satz 3 der Vorschrift gilt. Gosch (in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff EStG § 4d Rn. B 129 am Ende) verneint dies (allerdings ohne Begründung). Dagegen nimmt Höfer (in Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Band II Steuerrecht, 4. Erg.Lfg. März 2007, Rn. 1167) an, dass eine schriftliche Zusage erforderlich ist.
Die Erforderlichkeit von schriftlichen Zusagen für die Berücksichtigung von Leistungsanwärtern bei der Berechnungsmethode nach § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 b) S. 3 EStG folgt – nach Ansicht des Gerichts – aus der Gesetzessystematik und dem Wortlaut.
§ 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 b) S. 4 EStG nimmt keine eigene Bestimmung des Begriffs des Leistungsanwärters für die Berechnungsmethode nach Satz 3 vor. Vielmehr ist jene Vorschrift so zu verstehen, dass lediglich das Alter der als Leistungsanwärter in Betracht kommenden Personen erhöht wird. Das folgt aus der Formulierung „Leistungsanwärter im Sinne des Satzes 2”. Hierdurch wird klargestellt, dass Satz 2 nach wie vor den Leistungsanwärterbegriff definiert, jedoch mit der Maßgabe, dass (unter Beibehaltung der sonstigen in Satz 2 genannten Voraussetzungen) nur die Arbeitnehmer oder ehemaligen Arbeitnehmer des Trägerunternehmens zu berücksichtigen sind, die das 50. Lebensjahr vollendet haben. Satz 4 nimmt gleichsam auf die – weiteren – Voraussetzungen des Satzes 2 Bezug.
Zudem sprechen auch teleologische und gesetzeshistorische Gesichtspunkte für die Auffassung des Senats. Nach der Gesetzesbegründung zu § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 b) EStG in der Fassung des JStG 1996 soll durch die Vorschrift klargestellt werden, dass nur derjenige Leistungsanwärter ist, der nachweisbar zum Kreis der Berechtigten gehört. Diese Begründung gilt für die gesamte Nr. 1 b) (BT-Drucks. 13/901, S. 130). Zweck des Schriftformerfordernisses in Satz 2 ist es demnach, dass der Arbeitgeber einen Betriebsausgabenabzug für Zuwendungen zum Reservepolster nur in Bezug auf solche Arbeitnehmer erhalten soll, die nachweislich eine Versorgungszusage erhalten haben. Dies war in der Vergangenheit bei Unterstützungskassen, die letztlich nur ein Finanzierungsmodell für das Trägerunternehmen darstellen sollten, häufig nicht der Fall (vgl. Doetsch, Betriebs-Berater 1995, 2553, 2554). Diesen Zweck gilt es auch im Rahmen der Berechnungsmethode nach Satz 3 des § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 b) EStG zu beachten (Höfer a.a.O. Rn. 1167). Diese Methode stellt dem Grunde nach keine von der Systematik der Berechnungsmethode nach Satz 1 abweichende Berechnungsmethode dar. Sie erleichtert lediglich die Berechnung des Betrages der als Betriebsausgaben abziehbaren Zuwendungen, indem sie für dessen Berechnung den Durchschnittsbetrag der nach § 4d Abs. 1 Nr. 1 S. 1 a) EStG im Wirtschaftsjahr tatsächlich gewährten individuellen Leistungen je Leistungsanwärter zu Grunde legt (vgl. Weber-Grellet in Schmidt a.a.O. § 4d Rn. 10).
Es ist nicht ersichtlich, dass durch Satz 3 und 4 auch auf die in Satz 2 genannten weiteren Erfordernisse zur Bestimmung der Leistungsanwärter verzichtet werden soll. Zweck des Satzes 3 ist nur die Vereinfachung der Berechnung der Höhe der abziehbaren Betriebsausgaben, nicht die Vereinfachung der Bestimmung der Leistungsanwärter. Denn bei der Berechnungsmethode nach Satz 3 wird ebenfalls auf Leistungsanwärter abgestellt, also auf Personen, die künftig von der Unterstützungskasse Leistungen erhalten sollen. Lediglich das Alter der als Leistungsanwärter zu berücksichtigenden Personen weicht ab und zwar aufgrund der Eigenarten der Berechnungsmethode. Insoweit kann entgegen der Ansicht der Klägerin nicht von einer an den Leistungsempfängern orientierten Methode gesprochen werden. Satz 3 kann nur im Zusammenhang mit Satz 1 gelesen werden. Demgemäß dürfen die Zuwendungen die folgenden Beträge nicht übersteigen: In jedem Wirtschaftsjahr für jeden Leistungsanwärter den Durchschnittsbetrag der von der Kasse im Wirtschaftsjahr an Leistungsempfänger i.S.d. a) Satz 2 gewährten Leistungen. Es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund der mit der Neufassung durch das JStG 1996 ausdrücklich durch den Gesetzgeber benannte Gedanke, dass Leistungsanwärter nur derjenige sein soll, der nachweislich zum Kreis der Berechtigten gehört, bei der Berechnung nach Satz 3 nicht gelten soll. Die Nachweisbarkeit wollte der Gesetzgeber gerade durch die Normierung des Schriftformerfordernisses sicherstellen. Daraus ist nach Auffassung des Senats zwingend zu folgern, dass Leistungsanwärter sowohl i.S.d. Sätze 1 und 2 als auch i.S.d. Sätze 3 und 4 – nur derjenige sein kann, dem Leistungen der Unterstützungskasse schriftlich zugesagt wurden.
Hierfür spricht auch Satz 5 der Vorschrift, der regelt, dass dem Arbeitnehmer oder ehemaligen Arbeitnehmer als Leistungsanwärter andere Personen gleichstehen, denen schriftlich Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass ihrer Tätigkeit für das Trägerunternehmen zugesagt worden sind. Die Leistungsanwärter nach S. 5 sind sowohl bei der Berechnung des Reservepolsters nach der Grundsatzregelung nach S. 1 zu berücksichtigen als auch im Falle der Berechnung des Reservepolsters nach der Sonderregelung nach S. 3 (vgl. Höfer a.a.O. § 4d Anm. 1103). Insoweit zeigt auch diese Regelung, dass der Gesetzgeber nur solche Personen als Leistungsanwärter berücksichtigen will, denen eine schriftliche Leistungszusage gegeben worden ist.
2. An der Richtigkeit der rechnerischen Höhe des Reservepolsters bestehen für das Gericht keine Zweifel. Der Beklagte hat die Anzahl der Leistungsanwärter, denen schriftlich Leistungen zugesagt waren, im Einvernehmen mit der Klägerin ermittelt. In Bezug auf das Streitjahr 1999 sind die vom Beklagten als Reservepolster angesetzten Beträge im Hinblick auf die Höhe des zulässigen Kassenvermögens sogar günstiger als die von der Klägerin selbst angenommenen Beträge. Die Höhe des sog. Deckungskapitals nach § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 a) EStG ist im vorliegenden Fall unstreitig.
III. Die Zahlungen der Klägerin an die Leistungsempfänger stellen keine abzugsfähigen – ihren Gewinn mindernden – Betriebsausgaben dar.
Gemäß § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Gemäß § 10 Nr. 1 KStG sind solche Aufwendungen nicht abziehbar, die für die Erfüllung von Zwecken des Steuerpflichtigen durch Stiftungsgeschäft, Satzung oder sonstige Verfassung vorgeschrieben sind. Ein solcher Fall der Nichtabziehbarkeit liegt bei Leistungen einer Unterstützungskasse an die Begünstigten vor (so auch: Höfer, Rn. 2263).
1. Das Abzugsverbot beruht auf der Überlegung, dass die Aufwendungen i.S.d. § 10 Nr. 1 KStG grds. nicht durch die auf die Erzielung von Einkünften gerichteten Tätigkeiten veranlasst werden, sondern ihrer Art nach Einkommensverwendung sind (vgl. BFH-Urteil vom 05.06.2003 I R 76/01, BFHE 202, 323, BStBI. II 2005, 305). Von § 10 Nr. 1 KStG werden allerdings solche Aufwendungen nicht erfasst, die gleichzeitig Betriebsausgabencharakter haben. Sie sind nach allgemeinen Gewinnermittlungsgrundsätzen abzusetzen, also als Betriebsausgaben zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 17.12.1997 I R 58/97, BFHE 185, 220, BStBI. II 1998, 357). Das Abzugsverbot des § 10 Nr. 1 KStG für Ausgaben, die eine juristische Person in Erfüllung ihres satzungsmäßigen Zwecks macht, gilt nur für solche Ausgaben, die nicht gleichzeitig Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG sind. Sind gleichzeitig die Voraussetzungen des § 10 Nr. 1 KStG und des § 4 Abs. 4 EStG erfüllt, so geht § 4 Abs. 4 EStG vor (vgl. BFH-Urteil vom 10.05.1960 I 205/59 U, BFHE 71, 233, BStBI. III 1960, 335).
Ein solcher Fall des Vorrangs des Betriebsausgabenabzuges vor dem Abzugsverbot nach § 10 Nr. 1 KStG liegt hier nicht vor. Die Kassenleistungen stellen keine Betriebsausgaben dar. Sie dienen ebenso wenig der Erzielung von Einkünften wie die Zahlungen des Trägerunternehmens an die Unterstützungskasse bei dieser der Einkunftserzielung dienen (vgl. Höfer a.a.O. Rn. 2262, Augsten in Lademann KStG § 5 Anm. 51). Die Klägerin erbringt die Leistungen an die begünstigten Personen eben gerade nicht, um (weitere) Zuwendungen der KG zu erhalten, sondern um ihren satzungsmäßigen bzw. gesellschaftsvertraglichen Pflichten nachzukommen, die ihr von ihrer Gesellschafterin – der KG – aufgegeben wurden (vgl. Jost in Dötsch/Jost/Pung/Witt KStG 2007 § 5 Anm. 140; Frotscher in Frotscher/Maas KStG 2007 § 5 Anm. 66a). Mit dem einer Kapitalgesellschaft eigenen Bestreben auf Erzielung eines Gewinnes besteht im Hinblick auf diese Leistungen keine Gemeinsamkeit.
Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass der Leistungsaustauschsgedanke zur Abziehbarkeit der Kassenleistungen führen müsse. Nach der Rechtsprechung des BFH sind Zuwendungen an eine Unterstützungskasse Vermögensübertragungen, die die Unterstützungskasse einseitig bereichern und nicht auf einem Leistungsaustausch beruhen (vgl. BFH-Urteil vom 05.11.1992 I R 61/89, BFHE 169, 369, BStBI. II 1993, 185). Die Klägerin erhält weder von den Leistungsempfängern eine Gegenleistung für ihre Zahlungen, noch erbringt die KG eine Gegenleistung dafür, dass die Klägerin ihre ehemaligen Arbeitnehmer unterstützt. Die vorliegende Situation ist nicht mit Fällen vergleichbar, in denen das Trägerunternehmen selbst Arbeitslohn zahlt und diesen als Betriebsausgabe abziehen kann. Sinn und Zweck der Einrichtung einer Unterstützungskasse ist die Schaffung eines Kapitalstocks zur Finanzierung ungewisser Ausgaben in der Zukunft. Seitens der Leistungsempfänger besteht kein Anspruch auf die jeweiligen Leistungen der Klägerin.
Diese Wertung fällt nicht deshalb anders aus, weil die Leistungen der Klägerin bei den Leistungsempfängern zu versteuern sind. Denn die Steuerfreiheit bei der Klägerin soll gerade nur in dem durch § 5 Abs. 1 Nr. 3, § 6 Abs. 5 KStG bestimmten Umfang bestehen.
2. Die Nichtabziehbarkeit gemäß § 10 Nr. 1 KStG folgt darüber hinaus aus § 12 Abs. 2 S. 2 2. Hs. UmwStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung. Nach dieser Vorschrift rechnen die Zuwendungen an Unterstützungskassen zu den tatsächlichen Anschaffungskosten. Ausweislich der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zum Gesetzentwurf dient der 2. Hs. von § 12 Abs. 2 S. 2 UmwStG der Klarstellung (vgl. BT-Drucks 12/7945, S. 63). Er betrifft Unterstützungskassen, die in der Rechtsform von Kapitalgesellschaften betrieben werden (vgl. Dehner DStR 1994, 1713, 1722). Aus der Einzelbegründung zur Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (a.a.0.) geht hervor, dass der Gesetzgeber nicht eine bloß auf das Umwandlungssteuerrecht beschränkte Fiktion schaffen wollte. Vielmehr wurde durch § 12 Abs. 2 S. 2 2. Hs. UmwStG der Charakter von Zahlungen der Unterstützungskassen als gem. § 10 Nr. 1 KStG nicht abziehbar normiert. In der Gesetzesbegründung (a.a.0.) wird ausgeführt:
„Die Ergänzung dient der Klarstellung. Wird die Unterstützungskasse in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft betrieben, so sind die Zuwendungen des Trägerunternehmens an die Unterstützungskasse nach langjähriger Verwaltungsauffassung als gesellschaftsrechtliche Einlagen anzusehen, wenn das Trägerunternehmen Gesellschafter der Unterstützungskasse ist. Die Leistung der Unterstützungskasse sind bei dieser nicht abziehbare Aufwendungen im Sinne des § 10 Nr. 1 KStG. […]
Der Bundesfinanzhof weicht in seinem Urteil vom 4. Dezember 1991 (BStBI. 1992 11 S. 744) von der Auffassung der Finanzverwaltung ab. Er beurteilt die Zuwendungen des Trägerunternehmens an die Unterstützungskasse – zumindest in der Höhe der nach § 4d EStG abziehbaren Beträge – nicht als gesellschaftsrechtliche Einlagen. Durch die gesetzliche Regelung soll sichergestellt werden, […].”
Die Gesetzesbegründung stellt nicht bloß die Entwicklung von Verwaltungsauffassung und Rechtsprechung dar. Sie legt vielmehr die Auffassung des Gesetzgebers nieder. Mit § 12 Abs. 2 S. 2 2. Hs. UmwStG reagierte der Gesetzgeber darauf, dass der BFH in seinem Urteil vom 04.12.1991 von der Auffassung der Finanzverwaltung abgewichen war. Es liegt nahe anzunehmen, dass der Gesetzgeber klarstellen wollte, dass es sich eben doch um Einlagen handele (worüber hier nicht zu entscheiden ist). Darüber hinaus sah sich der Gesetzgeber dazu veranlasst, ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass Leistungen der Unterstützungskasse bei dieser nicht abziehbare Aufwendungen im Sinne des § 10 Nr. 1 KStG seien. Diesen Punkt ließ der BFH in seinem Urteil vom 04.12.1991 (I R 68/89, BFHE 166, 465, BStBI. II 1992, 744) ausdrücklich offen. Es lässt sich deshalb erkennen, dass § 12 Abs. 2 S. 2 2. Hs. UmwStG eine über das UmwStG hinausgehende Wirkung zukommt. Durch die Neufassung des § 12 Abs. 2 S. 2 2. Hs. UmwStG wollte der Gesetzgeber die Nichtabziehbarkeit der Leistungen von Unterstützungskassen als Betriebsausgaben gesetzlich klarstellen.
Auch der Wortlaut des § 12 Abs. 2 S. 2 2. Hs. UmwStG spricht dafür, dass es sich nicht um eine bloße fiktive Behandlung der Unterstützungskassen im Umwandlungssteuerrecht handelt. Hätte der Gesetzgeber keine Grundsatzregelung, sondern lediglich eine Spezialregelung für Umwandlungsfälle treffen wollen, so hätte er sie als Fiktion formulieren müssen. Hierzu hätte er etwa das Wort „gelten” statt „rechnen” verwenden müssen (vgl. Jost a.a.O. § 5 KStG Abs. 1 Nr. 3-4 nF Rn. 142 ff.)
IV. Dies Kostenentscheidung folgt aus g 135 Abs. I FGO.
V. Die Revision war zuzulassen. Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist die Revision dann zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Nach ständiger Rspr. des BFH kommt einer Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche – klärungsbedürftige – Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BFH-Beschluss vom 23.05.2006 VI B 132105, BFH/NV 2006, 1683). Über die vorliegend zu entscheidenden Rechtsfragen hat der BFH noch nicht entschieden. Sie haben über den vorliegenden Einzelfall hinaus Bedeutung. Ihre Klärung liegt im abstrakten Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts.