02.11.2010
Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 29.10.2009 – 13 K 3181/08
1. Das in § 4 Abs. 5 Nr. 8 S. 4 EStG zum Ausdruck gekommene gesetzgeberische Ziel, einen Abzug vom Geldbußen dann auszuschließen, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht bußgeldmindernd berücksichtigt worden sind, und somit eine Doppelbelastungen zu vermeiden, kann nur bei einem vollständigen Erlass sachgerecht erreicht werden.
2. Soll eine Geldbuße aufgrund der Begründung im Bußgeldbescheid ausdrücklich der Abschöpfung von Einnahmen dienen, die durch illegale Geschäfte zugeflossen sind, ist eine Aufspaltung in einen Ahndungs- und Abschöpfungsteil nicht vorzunehmen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, in welcher Höhe der Kläger den Erlass von Einkommensteuer 1975 und 1976 und Aussetzungszinsen 1975 aus sachlichen Billigkeitsgründen verlangen kann.
Der Kläger war in den Jahren 1975 und 1976 am Bankhaus ….. (KG) beteiligt. Gegen die KG hatten die Oberfinanzdirektionen (OFD) A. (Bescheid vom 10.06.1976) und die OFD B. (Bescheid vom 01.07.1976) Geldbußen in Höhe von insgesamt xxx Mio. DM sowie Kosten in Höhe von xxx,-- DM verhängt, da die Bank im Jahr 1973 nicht genehmigte Wertpapiergeschäfte getätigt hatte. Dem Bußgeldbescheid der OFD A. vom 10.06.1976, auf den wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen wird, lag ein von der Landeszentralbank ermittelter wirtschaftlicher Vorteil aus diesen Wertpapiergeschäften in Höhe von xxx,-- DM zu Grunde.
Die KG verbuchte die gegen sie festgesetzten Geldbußen einschließlich der Kosten in Höhe von insgesamt x.xxx.xxx,-- DM als betrieblichen Aufwand in Gestalt von Rückstellungen (1975: x,x Mio. DM, 1976: xxx.xxx,-- DM).
Aufgrund einer im Jahr 1983 durchgeführten Betriebsprüfung ließ das für die KG zuständige Betriebsfinanzamt C den Abzug der in den Feststellungserklärungen geltend gemachten Geldbußen als Betriebsausgaben nicht mehr zu. Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde vom Betriebsstättenfinanzamt unter Hinweis auf die §§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8, 52 Abs. 3a des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Fassung 25.07.1984 als unbegründet zurückgewiesen. Die daraufhin erhobenen Klagen wurden im Anschluss an den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) von 23.01.1990 BvL 4-7/97, BStBl II 1990, 483 und das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 24.07.1990 VIII R 194/84, BStBl II 1992, 508 zurückgenommen. Das Finanzamt setzte Aussetzungszinsen aus einer zuvor gewährten Aussetzung der Vollziehung fest.
In der Folge beantragte der Kläger mit Schreiben vom 29.04.1991 ihm die aus der Versagung des Betriebsausgabenabzugs der Geldbußen resultierende Einkommensteuer 1975 i.H.v. xx.xxx,-- DM (=xx.xxx,xx EUR), Einkommensteuer 1976 i.H.v. x.xxx,-- DM (=x.xxx,xx EUR) und die Aussetzungszinsen 1975 i.Hv. x.xxx,-- DM (=x.xxx,xx EUR) aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen. Zur Begründung führte er aus, diese Verpflichtung lasse sich aus dem BVerfG-Beschluss in BStBl II 1990, 483, für die Fälle herleiten, in denen Geldbußen unter Berücksichtigung des erlangten Vorteils festgesetzt und die Bußgeldbescheide noch vor der rückwirkenden Änderung des EStG im Jahre 1984 rechtskräftig geworden seien.
Der Billigkeitserlass wurde zunächst abgelehnt, die hiergegen gerichtete Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen. Die Beschwerdeentscheidung wurde vornehmlich damit begründet, dass die Nichtabzugsfähigkeit der Geldbußen den geltenden gesetzlichen Bestimmungen entspreche und der Gesetzgeber möglicherweise dadurch auftretende Härten bewusst in Kauf genommen habe. Daran ändere auch die spätere Einführung der Abzugsfähigkeit von Geldbußen, welche unter Berücksichtigung des erlangten Bruttovorteils festgesetzt worden seien, durch das Steueränderungsgesetz 1992 nichts. Diese Regelung sei zwar gerade zur Vermeidung einer Doppelbelastung erfolgt, aber nur auf noch nicht bestandskräftige Veranlagungen anzuwenden, und somit habe der Gesetzgeber eine Doppelbelastung bei – wie hier – bestandskräftigen Veranlagungen hingenommen. Der Grundsatz von Treu und Glauben könne nicht geltend gemacht werden. Im Übrigen seien die Bußgeldbescheide nicht angefochten worden.
Der beantragte Erlass der Einkommensteuer 1975 und 1976 sowie der entsprechenden Aussetzungszinsen 1975 wurde mittels Klage beim Hessischen Finanzgericht und beim Bundesfinanzhof weiterverfolgt. Der Bundesfinanzhof hat sodann in seiner Entscheidung die Voraussetzungen für einen Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen dem Grunde nach bejaht (BFH-Urteil vom 09.01.1997 IV R 5/96, BStBl II 1997, 353 und Parallelverfahren). Er wies aber im Urteil darauf hin, dass er die Finanzverwaltung nicht verpflichten könne, den begehrten Erlass auszusprechen, da eine solche Möglichkeit nur bestünde, wenn nur eine bestimmte Entscheidungen der Sache richtig sein könne (sog. Ermessensreduzierung auf Null). So verhalte es sich im Streitfall nicht, daher hat er die Finanzverwaltung unter Aufhebung des vorhergehenden Finanzgerichtsurteils, der Beschwerdeentscheidung und des Ablehnungsbescheides verpflichtet, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Bundesfinanzhofs neu zu bescheiden.
Wegen Einzelheiten wird auf das den Beteiligten bekannte Urteil des Bundesfinanzhofs Bezug genommen.
Das Finanzamt ermittelte gemäß den Ausführungen des BFH und des Hessischen Finanzgericht in einem weiteren Parallelverfahren (9 K 30/98, Urteil vom 25.02.2002) die zu erlassende Einkommensteuer 1975 mit x.xxx,xx EUR, die zu erlassende Einkommensteuer 1976 mit xx,xx EUR und die zu erlassenden Aussetzungszinsen 1975 mit x.xxx,xx EUR und fertigte hierzu mit Bescheid vom 09.05.2005 einen Teilerlass.
Gegen diesen Teilerlass-Bescheid legte der Kläger Einspruch ein und begehrte einen vollständigen Erlass gemäß seinem ursprünglichen Antrag. Begründend führte der Kläger hierzu aus, das Finanzamt sei durch die vorbezeichneten Urteile keineswegs angehalten, die weiteren noch notwendigen Ermittlungen deshalb vorzunehmen, um die Geldbuße in einen Ahndungs- bzw. Abschöpfungsteil aufzuteilen und um zu bestimmen, ob bei der Berechnung der Abschöpfungsteile die ertragssteuerliche Belastung berücksichtigt worden sei. Bei dem Bußgeldbescheid die OFD A. sei auf die Festsetzung eines gesonderten Ahndungsteils bewusst verzichtet worden und bei dem Bußgeldbescheid der OFD B. sei der über den Abschöpfungsteil i.H.v xxx.xxx,- DM hinausgehende Teil als angemessene Sühnekomponente berücksichtigt worden. Aus den Bußgeldbescheiden ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Bußgeldbehörden in den gegen die KG gerichteten Bußgeldverfahren die ertragssteuerlichen Auswirkungen auf Gesellschafterebene berücksichtigt hätten.
Aufgrund eines anhängigen zweiten Parallelverfahrens hat das Finanzamt das Einspruchsverfahren zunächst gemäß § 363 der Abgabenordnung – AO – ausgesetzt.
Mit Bescheid vom 31.12.2006 hat das Finanzamt sodann einen weiteren Teilerlass, bezogen auf das Bußgeld der OFD A., ausgesprochen, nämlich: Einkommensteuer 1975 i.H.v x.xxx,-- EUR, Einkommensteuer 1976 i.H.v. xx,-- EUR und Aussetzungszinsen i.H.v. x.xxx,-- EUR.
Hiergegen hat der Kläger Einspruch eingelegt. Er begehrt weiterhin den Erlass der vollen Steuerbeträge.
Nachdem zwischenzeitlich das Finanzgericht über das maßgebliche zweite Parallelverfahren mit Urteil vom 19.04.2007 (12 K 287/07) zu Ungunsten der Finanzverwaltung entschieden hatte und der Bundesfinanzhof die nachfolgend von der Finanzverwaltung hierzu eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wegen Fristversäumnis als unzulässig verworfen hatte, hat die Finanzverwaltung das vorliegende Einspruchsverfahren wieder aufgenommen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 28.10.2008 erließ das Finanzamt die Einkommensteuer 1975 i.H.v. x.xxx,xx EUR, Einkommensteuer 1976 i.H.v. xx,xx EUR und Zinsen zur Aussetzung der Vollziehung 1975 i.H.v. x.xxx,xx EUR und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück.
Mit dem Kläger geht das Finanzamt in der Einspruchsentscheidung davon aus, dass die Voraussetzungen für einen Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen grundsätzlich gegeben seien. Der Erlass könne jedoch – anknüpfend an die Leitgedanken der Rechtsprechung des BFH – nicht weitergehen als die später getroffene gesetzliche Regelung. Hierzu sei zunächst zu ermitteln, in welcher Höhe auf Ebene der KG in den Veranlagungszeiträumen 1975 und 1976 ein Betriebsausgabenabzug zulässig gewesen wäre, wenn § 4 Abs. 5 Nr. 8 S. 4 EStG bereits gesetzlich formuliert gewesen wäre (=fiktiver Betriebsausgabenabzug). Anschließend werde der so ermittelte „fiktive Gewinn” der Personengesellschaft auf die einzelnen Gesellschafter verteilt und eine „fiktive Einkommensteuer” ermittelt. Die Differenz zwischen der tatsächlich bislang festgesetzten Einkommensteuer und der „fiktiven Einkommensteuer” stelle die zu erlassende Einkommensteuer dar. Die Aussetzungszinsen seien in entsprechender Höhe zu erlassen.
Das Finanzamt hat sodann den „Betriebsausgabenabzug” jeweils getrennt für die Bescheide der beiden betroffenen Oberfinanzdirektionen ermittelt und jeweils die Geldbußen in eine Ahndungs- und Abschöpfungskomponente unterteilt. Dies geschah im Wege der Schätzung, da die Akten nicht mehr vorhanden waren.
Bezüglich des Bescheides der OFD B. schätzte das Finanzamt die Ahndungskomponente in der Geldbuße auf xx.xxx,-- DM. Da dieser Teil der Geldbuße gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 8 EStG nicht zum Abzug komme, betrügen die „fiktiven Betriebsausgaben” xxx.xxx,- DM (xxx.xxx,-- DM Gesamtbetrag./. xx.xxx,-- DM Ahndungskomponente). Hinsichtlich des Bescheides der OFD A. ging das Finanzamt entsprechend vor: Hier kam die Finanzverwaltung allerdings zu dem Ergebnis, dass sich aus der Begründung des Bußgeldbescheides nicht ergebe, dass eine Ahndungskomponente enthalten sei. Vielmehr sollte der gesamte Betrag in Höhe von x,x Mio. DM abgeschöpft werden.
Sodann wurde in der Einspruchsentscheidung der wirtschaftliche Vorteil errechnet, der durch die ungenehmigte Geschäfte entstanden war; d.h. es wurden die Betriebsgemeinkosten errechnet (bei den Transaktionen betreffend den Bescheid der OFD B i.H.v. xx.xxx,-- DM, bei denjenigen des Bescheides der OFD A. i.H.v. xxx.xxx,-- DM).
Sodann wurde die ertragssteuerliche Belastung ermittelte; d.h. in welcher Höhe der Gewinn durch Gewerbeertragsteuer und Einkommensteuer belastet ist. Hierbei ging das Finanzamt von Mehreinkünften von xxx.xxx,-- DM (OFD B.) und x.xxx.xxx,-- DM (OFD A.) aus, nämlich durch die Landeszentralbank ermittelten x,xxx Mio. DM wirtschaftlicher Vorteil abzüglich Betriebsausgaben; insgesamt somit x.xxx.xxx,- DM. Hiervon wurde die gewerbeertragsteuerliche und einkommensteuerliche Belastung ermittelt. Im Ergebnis wurden 56,3% auf jede DM der durch die beanstandeten Transaktionen erzielten Mehreinkünfte errechnet. Nettoeinkünfte wurden somit mit 43,7% angenommen.
Nach Berechnung des „fiktiven Betriebsausgabenabzugs” in Anlehnung an eine Entscheidung des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 20.09.2001 3 K 168/01, EFG 2002, 72 wurden schließlich die „fiktiven Einkünfte” des Klägers aus der KG berechnet. Hierbei ging das Finanzamt vom bisher zu versteuernden Einkommen aus, zog den Gewinn aus Gewerbebetrieb ab und addierte den fiktiven Gewinn aus Gewerbebetrieb und errechnete hieraus ein fiktives zu versteuerndes Einkommen. Von der bisher festgesetzten Einkommensteuer wurde die neue fiktiv festgesetzte Einkommensteuer abgezogen. Die Differenz bildet der vom Finanzamt jeweils festgesetzten Erlassbetrag für die Einkommensteuer 1975 und 1976 sowie Aussetzungszinsen 1975.
Wegen Einzelheiten wird insoweit auf die Einspruchsentscheidung vom 28.10.2008 Bezug genommen.
Hiergegen hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, Klage erhoben.
Zur Begründung nimmt er in vollem Umfang Bezug auf das Vorbringen eines anderen Kommanditisten im Parallelverfahren beim Hessischen Finanzgericht 12 K 287/07.
Ausweislich des Tatbestands dieses rechtskräftigen Urteils wurde folgendes ausgeführt:
„Es sei zwar zutreffend, dass Billigkeitsmaßnahmen aus sachlichen Gründen dann nicht angebracht seien, wenn die Besteuerung dem Gesetzeszweck entspreche. In gleichem Maße sei es jedoch unzweifelhaft, dass der Gesetzgeber mit der in 1984 erfolgten Erweiterung des § 4 Abs. 5 S. 1 EStG um die Nr. 8 steuerliches Abzugsverbot für Geldbußen ausdrücklich normiert habe, um damit dem Beschluss des BFH vom 21.11.1983 GrS 2/82, BStBl II 1984, 160 entgegenzutreten. Wenngleich das BVerfG im Beschluss von 23.011990 (BStBl. II 1990, 483) die Vorschrift mit der Verfassung für vereinbar erklärt habe, so sei in dieser Entscheidung auch ausdrücklich festgestellt worden, dass eine Regelung mit dem verfassungsrechtlichen Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht vereinbar sei, die die vollständige Abschöpfung nach ordnungswidrigkeitsrechtlichen Grundsätzen mit einer zusätzlichen steuerrechtlichen Belastung verbinde. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass im vorliegenden Fall eine verfassungswidrige Doppelbelastung gegeben sei, die einen sachlichen Billigkeitsgrund darstelle. Das BVerfG habe auch ausdrücklich die Beseitigung dieser Doppelbelastung verlangt und es lediglich der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers überlassen, ob die verfassungswidrige Doppelbelastung im Wege einer entsprechenden Regelung im Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) oder im EStG vermieden werde. Mit den durch das Steueränderungsgesetz (StÄndG) 1992 erfolgten Änderung der §§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 und 52 Abs. 5a EStG habe sich der Gesetzgeber dafür entschieden, dass die Absetzung als Betriebsausgabe in Höhe des Abschöpfungsbetrages dann nicht ausgeschlossen sei, wenn deren Bemessung vom Bruttobetrag des erzielten Gewinns ausgehe. Der Gesetzgeber habe daher den zunächst um die Nr. 8 erweiterten § 4 Abs. 5 S. 1 EStG ausdrücklich wieder eingeschränkt. Es entspreche also gerade nicht mehr dem mit der Einschränkung des Abzugsverbotes verfolgten Gesetzeszweck, wenn es in Einzelfällen trotz der Gesetzesänderung bei der verfassungswidrigen Doppelbelastung verbleibe. In derartigen Fällen seien somit Billigkeitsmaßnahmen nicht nur angebracht, sondern sogar geboten.
Wenn der Gesetzgeber mit dem StÄndG 1992 die verfassungswidrige Doppelbelastung von Geldbußen nur für noch nicht bestandskräftige Veranlagungen beseitigt habe, so lasse dies entgegen der Auffassung des Beklagten keineswegs den Schluss zu, dass der Gesetzgeber damit eine Doppelbelastung bei bestandskräftigen Veranlagungen habe hinnehmen wollen. Erst nachdem in 1984 § 4 Abs. 5 S. 1 EStG durch Einfügung der Nr. 8 rückwirkend geändert worden sei, seien aufgrund einer Betriebsprüfung die Feststellungsbescheide entsprechend geändert worden. Gegen diese Änderungsbescheide sei nicht nur Einspruch eingelegt worden, sondern auch Klage erhoben worden, da es als zweifelhaft habe angesehen werden müssen, ob die rückwirkende Anwendung des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG verfassungsrechtlich möglich sei. Die Klage sei zurückgenommen worden, nachdem das BVerfG mit seinem Beschluss vom 23.01.1990 (BStBl II 1990, 483) den § 4 Abs. 5 S. 1 Nr.8 EStG nicht für verfassungswidrig erklärt habe und der BFH am 24.07.1990 (BStBl II 1992, 508) entschieden habe, dass eine festgesetzte Geldbuße, mit der ein erzielter Gewinn abgeschöpft worden sei, auch dann nicht als Betriebsausgabe abgezogen werden dürfe, wenn bei der Festsetzung der Geldbuße die auf die abgeschöpften Gewinne entfallenden Steuern unberücksichtigt geblieben seien und die Geldbuße somit verfassungswidrig festgesetzt worden sei. Da aufgrund des Urteils des BFH in BStBl II 1992, 508 die verfassungswidrige Bemessung der Geldbuße in dem anhängigen Verfahren keine Berücksichtigung mehr habe finden können, habe mit einer Klageabweisung gerechnet werden müssen.
Zum damaligen Zeitpunkt hätten keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass mit dem am 25.02.1992 ergangenen StÄndG 1992 die Vorschrift des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG erneut geändert und die steuerliche Abzugsfähigkeit von Geldbußen insoweit wieder zugelassen würde, als die auf den abgeschöpften Gewinne entfallenden Steuern bei der Festsetzung der Geldbuße unberücksichtigt geblieben seien. In Anbetracht der eindeutigen Rechtslage wäre der Rechtsweg mit großer Wahrscheinlichkeit auch ohne die Klagerücknahme bis zum Erlass des StÄndG 1992 noch rechtskräftig abgeschlossen worden, sodass durch die Klagerücknahme eingetretene Rechtskraft ihm (dem Kläger) keinesfalls zum Nachteil gereichen dürfe. Durch die begehrte Billigkeitsmaßnahme sollten die bestandskräftig gewordenen Feststellungsbescheide auch nicht ausgehebelt werden; vielmehr solle damit lediglich die verfassungswidrige Doppelbelastung beseitigt und somit dem Umstand Rechnung getragen werden, dass er wegen der Bestandskraft der Feststellungsbescheide nicht mehr in den Genuss der durch das StÄndG 1992 eingeführten Regelung kommen könne.
Aus dem Bußgeldbescheid OFD A. vom 10.06.1976 ergebe sich eindeutig, dass mit der Geldbuße ausschließlich der Gewinn in Höhe von x,x Mio. DM abgeschöpft habe werden sollen. Wenn in den Gründen des (zur identischen Sachlage) ergangenen BFH-Urteils vom 09.01.1997 IV R 5/96, BStBl II 1997, 353 ausgeführt werde, aus den Bußgeldbescheiden lasse sich ein Maßstab für die Aufteilung in einen Ahndungs- und einen Abschöpfungteil nicht mit hinlänglicher Deutlichkeit erkennen, weil das von der OFD A. verhängte Bußgeld erheblich unter dem angenommenen wirtschaftlichen Vorteil bleibe, so sei dies nicht nachvollziehbar. Wie sich aus § 17 Abs. 4 OWiG ergebe, solle die Geldbuße den wirtschaftlichen Vorteil zwar übersteigen; dies bedeute jedoch nicht, dass die Geldbuße in jedem Fall den wirtschaftlichen Vorteil übersteigen oder ihn völlig abschöpfen müsse. Da sich die hier maßgeblichen Bußgeldbescheide gegen die KG als Nebenbeteiligte richteten und darüber hinaus sowohl gegen den persönlich haftenden Gesellschafter als auch gegen Angestellte der KG mit gesonderten Bußgeldbescheiden weitere Geldbußen festgesetzt worden seien, die ausschließlich der Ahndung dienten, sei, wie dies auf Seite 10 des Bußgeldbescheides der OFD A. ausdrücklich dargelegt worden sei, bei der Festsetzung der Geldbuße gegen die Nebenbeteiligten allein die teilweise Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils für ausreichend erachtet worden. Ungeachtet der insoweit eindeutigen Begründung des Bußgeldbescheides aus dem Jahr 1976 bestehe für den Beklagten keinerlei Möglichkeit, aufgrund etwaiger, durch Rückfragen bei der Bußgeldbehörde gewonnener weiterer Erkenntnisse die Begründung eines rechtskräftigen Bußgeldbescheides abweichend oder gar dahingehend zu interpretieren, dass nur die das gesetzliche Höchstmaß der Geldbuße übersteigenden Beträge der Abschöpfung der erzielten wirtschaftlichen Vorteile gedient haben könnten. Insoweit werde offensichtlich verkannt, dass der gesamte durch die Ordnungswidrigkeiten erzielte wirtschaftliche Vorteil bei den Gesellschaftern der Einkommensbesteuerung unterworfen worden sei, sodass in Höhe des mit dem Bußgeld teilweise abgeschöpften wirtschaftlichen Vorteils ganz zweifelsfrei eine verfassungswidrige doppelte Abschöpfung erfolgt sei.
Maßgebend sei allein § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 S. 4 EStG. Diese Regelung gehe dahin, dass Geldbußen nur – aber auch insoweit – abzugsfähig sind, als der durch den Gesetzesverstoß erlangte wirtschaftliche Vorteil abgeschöpft wird und die hierauf entfallenden Steuern vom Einkommen oder Ertrag nicht berücksichtigt werden. Für die Abzugsfähigkeit einer Geldbuße sei somit zum einen nicht von entscheidender Bedeutung, ob der unrechtmäßig erlangte Vorteil im Bußgeldverfahren voll und nur teilweise abgeschöpft wurde, zumal § 17 Abs. 4 OWiG nur eine Sollvorschrift sei und es bei der Festsetzung der Geldbuße erlaube, den erzielten wirtschaftlichen Vorteil ganz oder teilweise zu vernachlässigen, soweit dies nach den Umständen des Einzelfalles aus sachlichen Gründen geboten sei. Zum anderen sei es für die Abzugsfähigkeit einer Geldbuße aber entscheidend, dass die auf den abgeschöpften wirtschaftlichen Vorteil entfallende Einkommensteuerbelastung nicht bereits bei der Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils im Bußgeldverfahren berücksichtigt worden sei.
Aus dem Bußgeldbescheid OFD A. vom 10.06.1976, in dem der unrechtmäßig erlangte wirtschaftliche Vorteil lediglich teilweise abgeschöpft worden sei, ergebe sich jedoch eindeutig, dass die auf die abgeschöpften Vorteile entfallenden Steuerbelastungen unberücksichtigt geblieben seien und bei Erlass der Bußgeldbescheid auch unberücksichtigt hätten bleiben können, da bis zu dem durch das Gesetz zur Änderung des EStG vom 25.07.1984 mit rückwirkender Kraft eingeführten § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG die Abzugsfähigkeit von Geldbußen als Betriebsausgaben anzuerkennen gewesen sei. Insbesondere lasse sich dem Bescheid OFD A. auch nicht im Wege der Auslegung entnehmen, dass mit der nur teilweise erfolgten Abschöpfung des erlangten wirtschaftlichen Vorteils die hierauf entfallende Einkommensteuer berücksichtigt habe werden sollen. Auf Seite 9 des Bußgeldbescheides würden nämlich ausdrücklich die Gründe dargelegt, die die OFD A. veranlasst hätten, auf die vollständige Abschöpfung der unrechtmäßig erlangten wirtschaftlichen Vorteile zu verzichten. Es bestehe daher weder die Notwendigkeit noch die rechtliche Möglichkeit, in Abweichung von der ausdrücklichen Begründung des rechtskräftigen Bußgeldbescheides diesen dahingehend auszulegen, dass nur die das gesetzliche Höchstmaß der Geldbuße übersteigenden Beträge der Abschöpfung der erzielten wirtschaftlichen Vorteile gedient hätten. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei dem OWiG nicht zu entnehmen, dass Geldbußen stets einen Ahndungs- und einen Abschöpfungsteil enthalten müssten. Vielmehr liege es im Ermessen der Bußgeldbehörde, wie sie eine Handlung in dem vom Gesetz vorgegebenen Bußgeldrahmen als Ordnungswidrigkeit ahnden wolle. Wenngleich die Geldbuße den aus einer Ordnungswidrigkeit gezogenen wirtschaftlichen Vorteil übersteigen solle, könne sie sich im Einzelfall sehr wohl darin erschöpfen, dass ausschließlich oder überwiegend der unrechtmäßig erlangte wirtschaftliche Vorteil vollständig oder auch nur teilweise abgeschöpft werde. Die für den vorliegenden Fall entscheidende Frage, in welchem Umfang mit der Geldbuße der erlangte wirtschaftliche Vorteil abgeschöpft worden sei, ohne dass bei der Festsetzung der Geldbuße die auf den erlangten Vorteil entfallende Einkommensteuer entsprechende Berücksichtigung gefunden habe, lasse sich nur anhand des in erster Linie maßgeblichen Bußgeldbescheides der OFD A. beantworten. Wenn der Beklagte ausführe, dass sich eine genaue Aufteilung der hier in Rede stehenden Geldbuße in einen Abschöpfungs- und einen Ahndungsteil nicht mehr nachvollziehen lasse, so werde verkannt, dass sich im konkreten Fall die festgesetzte Geldbuße im Wesentlichen gar nicht aus einem Abschöpfungs- und einem Ahndungsteil zusammensetzte. Aus der Begründung des Bußgeldbescheides ergebe sich nämlich eindeutig, dass die Geldbuße im Bescheid der OFD A. vom 10.06.1976 ausschließlich der Gewinnabschöpfung diene und dies damit gerechtfertigt werde, dass sich die Bußgeldbescheide der OFD A. und OFD B. gegen das Bankhaus als Nebenbeteiligte richteten und sowohl gegen den persönlich haftenden Gesellschafter als auch gegen Angestellte mit gesonderten Bußgeldbescheiden ebenfalls Geldbußen festgesetzt worden seien, die ausschließlich der Ahndung dienten. Dies rechtfertige nicht die Schlussfolgerung des Beklagten, dass wegen der nur teilweise erfolgten Abschöpfung in dem Bußgeld von x,x Mio. DM die ertragssteuerliche Belastung „dem Grund nach” berücksichtigt worden sein müsste. Der Beklagte hätte folglich die gesamten x,x Mio. DM als fiktive Betriebsausgaben berücksichtigen müssen. Denn nur auf diese Weise gelange man zu dem Ergebnis, das erzielt worden wäre, wenn er (der Kläger) noch in den Genuss der rückwirkenden Änderung des § 4 Abs. 5 Nr. 8 EStG durch das StÄndG 1992 gekommen wäre und damit auch zu einer ermessensfehlerfreien Entscheidung über den Erlassantrag.”
Wegen weiterer Einzelheiten des klägerischen Vorbringens wird auf die Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten vom 11.11.2008 und 21.10.2009 Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
1. den Beklagten zu verpflichten, in Abänderung seiner Einspruchsentscheidung vom 28.10.2008
… Einkommensteuer 1975 in Höhe von x.xxx,xx EUR
… Einkommensteuer 1976 in Höhe von x.xxx,xx EUR und
… Aussetzungszinsen 1975 in Höhe von x.xxx,xx EUR
… aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen,
2. die Kosten des Verfahrens dem Beklagten aufzuerlegen,
3. die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Finanzamt hält auch im gerichtlichen Verfahren an seiner in der Einspruchsentscheidung geäußerten Rechtsauffassung fest.
Gründe
Die Klage ist begründet.
Die Ablehnung des vollständigen Erlasses der noch im Streit befindlichen Aufgaben ist ermessensfehlerhaft und daher aufzuheben. Der Beklagte ist verpflichtet, die nach dem Ergehen der jeweiligen Teilerlasse die noch streitige Einkommensteuer gemäß § 227 AO und die darauf entfallenden Aussetzungszinsen nach § 237 Abs. 4 i.V.m. § 234 Abs. 2 AO aus sachlichen Billigkeitsgründen in voller Höhe zu erlassen.
Der erkennende Senat folgt insoweit der Rechtsauffassung des Urteils des 12. Senat des Hessischen Finanzgerichts vom 19.04.2007 (12 K 287/07).
Nach den vorgenannten Vorschriften können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder teilweise erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Die Entscheidung über einen Antrag auf Erlass ist eine Ermessensentscheidung. Diese kann im finanzgerichtlichen Verfahren nach § 102 der Finanzgerichtsordnung (FGO) lediglich daraufhin überprüft werden, ob der auf den Antrag hin ergangenen Verwaltungsakt oder die Abbildung des Verwaltungsaktes rechtswidrig ist, weil die Behörde die gesetzlichen Voraussetzungen des Ermessens überschritten hat, von dem ihr eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck des Ermessens nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat oder ob die Behörde nicht beachtet hat, dass aufgrund der Sachlage des konkreten Falles die Grenzen des Ermessens ausnahmsweise so eingeengt sind, dass nur eine bestimmte Entscheidung möglich ist, während jede andere Entscheidung notwendig zu einem Ermessensfehler führt (so genannte Ermessensreduzierung auf Null; vgl. Gräber/von Groll, FGO, 6. Aufl. § 102 Tz. 2 m.w.N).
Im Streitfall geht es ausschließlich – und dies ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig – um einen Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen. Sachlich unbillig ist die Erhebung der Steuer, wenn sie zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Fall derart zuwiderläuft, dass die Erhebung der Steuer als unbillig erscheint. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind sachliche Billigkeitsgründe dann gegeben, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage – hätte er denn geregelt – im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte, oder wenn angenommen werden kann, dass die Einziehung den Wertungen des Gesetzgebers widerspricht (Loose in Tipke/Kruse, AO-FGO § 227 Tz. 40 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen).
Zwischen den Beteiligten ist – insbesondere auch nach Ergehen des BFH-Urteils vom 09.01.1997 IV R 5/96, BStBl 1997, 353 – unstreitig, dass der Streitfall Veranlassung bietet, die Möglichkeit eines Erlasses aus sachlichen Billigkeitsgründen zu prüfen. Die Bestandskraft der Gewinnfeststellungsbescheide ist erst eingetreten, nachdem die zunächst erhobene Klage im Hinblick auf die BFH-Urteile vom 20.06.1990 I R 73/88 und I R 141/84 (BFH/NV 1991, 32 und 38) zurückgenommen worden war. Die Beteiligten der KG – u.a. auch der Kläger in vorliegendem Verfahren – haben sich erkennbar darauf verlassen, in den Genuss von Billigkeitsmaßnahme zu kommen. Denn im Zeitpunkt der Klagerücknahme konnten sie noch nicht mit dem später ergehenden StÄndG 1992 rechnen, mit den in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG der Satz 4 eingefügt wurde, der den Abzug von Geldbußen in bestimmten Fällen rückwirkend zuließ.
Vorliegend ist der Antrag auf vollständigen Erlass begründet.
Das dem Beklagten eingeräumte Ermessen ist vorliegend auf Null reduziert; denn das in § 4 Abs. 5 Nr. 8 S. 4 EStG zum Ausdruck gekommene gesetzgeberische Ziel, einen Abzug von Geldbußen dann zuzulassen, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht bußgeldmindernd berücksichtigt worden sind, um somit eine Doppelbelastung zu vermeiden, kann nur bei einem vollständigen Erlass sachgerecht erreicht werden.
In diesem Fall geht ein Steuererlass auch nicht weiter, als die später zur Vermeidung einer verfassungswidrigen doppelten Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils getroffene gesetzliche Regelung (BFH BStBl 1997, 353).
Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Beklagten hält der Senat eine (fiktiven) Aufspaltung der Bußgeldbescheide in einen Ahndungs- und Abschöpfungsteil nicht für veranlasst. Zwar wird in der Rechtsprechung (BFH BStBl II 1997, 353; BFH-Urteile vom 9.6. 1999 I R 64/97, BStBl II 1999, 656; vom 9.6.1999 I R 100/97, BStBl II 1999, 658; Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 27.04.2006 10 K 65/01, EFG 2006, 1737; Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 20.09.2001 3 K 168/01, EFG 2002, 72; jeweils mit weiteren Nachweisen) die Auffassung vertreten, dass bei nicht eindeutigen Bußgeldbescheiden diese in einen Ahndungs- und Abschöpfungsteil aufzugliedern sind. Im Gegensatz zu diesen Urteilen ist vorliegend eine Aufspaltung aber nicht erforderlich, da die vorliegenden Bußgeldbescheide insoweit nicht unklar und auslegungsbedürftig sind, so dass im Rahmen einer Schätzung der Gesamtbetrag in einen (grundsätzlich nicht abzugsfähigen) Ahndungsteil und einen Abschöpfungsteil nicht angezeigt ist. Diese Problematik stellt sich insbesondere beim Bußgeldbescheid der OFD A. vom 10.06.1976, da bei diesem Bescheid die festgesetzte Geldbuße in Höhe von x,x Mio. DM erheblich von dem von der Landeszentralbank festgestellten wirtschaftlichen Vorteil in Höhe von x,xxx Mio. DM abweicht. Gleichwohl ist eine Aufspaltung in einen Ahndungs- und Abschöpfungsteil nicht vorzunehmen, da die Geldbuße aufgrund der Begründung im Bußgeldbescheid ausdrücklich der Abschöpfung von Einnahmen dienen soll, die der KG durch illegale Geschäfte zugeflossen sind. Der Bußgeldbescheide geht zunächst (S. 9 des Bescheides) davon aus, dass die KG x,xxx Mio. DM durch die nicht genehmigten Geschäfte „verdient” hat. Dieser Zahl, so die OFD, hafte zwar ein gewisser Unsicherheitsfaktor an, jedoch sei die Berechnung zurückhaltend und würde sich eher zu Gunsten der KG auswirken. Zu Gunsten der Gesellschaft wurden dann noch Betriebsgemeinkosten, deren kooperatives Verhalten und die Bereitschaft, den Schaden wenigstens teilweise wieder gutzumachen, berücksichtigt. In Kenntnis der Regelung § 17 Abs. 4 OWiG, wonach die Geldbuße den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen soll, hat die OFD A. dies bewusst nicht getan. Die Verletzung betriebsbezogene Pflichten wurde bewusst ausgeklammert, da gegen den Komplementär der Gesellschaft bereits ein angemessenes Bußgeld festgesetzt worden war und hierdurch der Pflichtverletzung ausreichend Rechnung getragen worden sei. Ausdrücklich wird im Bescheid bekräftigt, dass das Bußgeld gegen die KG ausschließlich der Abschöpfung von Einnahmen diene (Seite 10 des Bescheids). Bei der Bemessung der Geldbuße wurde zudem die wirtschaftliche Situation der KG zum damaligen Zeitpunkt berücksichtigt.
Nach Auffassung des Senats ist der Bescheid eindeutig. Steuerliche Überlegungen haben erkennbar keine Rolle gespielt. Dies gilt entsprechend für den Bescheid der OFD B..
Selbst wenn dies der Fall sein sollte, haben solche Überlegungen keinen Niederschlag in den Bescheiden gefunden. Angesichts des zwischenzeitlich erheblichen Zeitablaufs und der Nichtverfügbarkeit der damaligen Vorgänge ist eine weitere Sachaufklärung insoweit nicht möglich. Ein solches Feststellungsdefizit kann aus rechtsstaatlichen Gründen nicht zulasten der Steuerpflichtigen gehen. Der Senat teilt insoweit die Auffassung des Niedersächsischen Finanzgerichts in EFG 2006, 1737. Abgesehen davon ist – wie dargestellt – der Wortlaut der Bußgeldbescheide eindeutig.
Abzustellen ist somit auf den k o n k r e t e n Inhalt des Bußgeldbescheides mit der dort festgesetzten Geldbuße. Abstrakte Überlegungen dahingehend, dass auch ein höherer Betrag hätte festgesetzt werden können und möglicherweise auch steuerliche Überlegungen eine Rolle gespielt haben, die eine Doppelbelastung ausschließen, verbieten sich nach Auffassung des Senats dann, wenn der Bußgeldbescheid – wie vorliegend – eindeutig ist und entsprechende Überlegungen gerade nicht angestellt wurden.
Die einzig sachgerechte Entscheidung zur Vermeidung einer Doppelbelastung ist somit ein vollständiger Erlass, somit eine Ermessensreduzierung auf Null. Dies führt zu einer Verpflichtung des Beklagten zum vollständigen Erlass der noch streitigen Aussetzungszinsen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 S. 1 FGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der dem Beklagten auferlegten Kosten folgt aus § 151 Abs. 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren erging nach § 139 Abs.3 S. 3 FGO.
Der Senat lässt die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu. Die Zulassung der Revision beruht nicht zuletzt auf den Gedanken einer einheitlichen zukünftigen Rechtsprechung, da nach Aussage der Beteiligten noch eine Anzahl gleichgelagerter Fälle zu entscheiden ist.