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  • 02.11.2010 · IWW-Abrufnummer 130418

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 20.01.2010 – 7 K 2493/08 Kg

    Der inländische Kindergeldanspruch eines deutschen (Ruhestands-)Beamten mit Familienwohnsitz in den Niederlanden, dessen Ehefrau eine nichtselbständige Erwerbstätigkeit im Wohnsitzstaat ausübt, ruht nur in dem Umfang, in dem im Wohnsitzstaat Familienleistungen aufgrund der Erfüllung aller Voraussetzungen für die Auszahlung – einschließlich der erforderlichen Antragstellung – tatsächlich geschuldet werden.

    Bei der Befugnis nach § 76 Abs. 2 VO Nr. 1408/71, eine Anrechnung so vornehmen zu können, als ob Leistungen im Wohnland gewährt worden wären, handelt es sich um eine Ermessensentscheidung.


    Tatbestand
    Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und lebt seit 1992 zusammen mit seiner Familie in den Niederlanden. Er war Berufssoldat und befindet sich seit April 2005 im Ruhestand. Er wird auf Antrag als in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt. Seine Ehefrau nahm im Jahre 2000 in den Niederlanden eine nichtselbständige Tätigkeit auf. Der Kläger erhielt fortlaufend für zwei Kinder, C (geb. 1987) und B (geb. 1989) deutsches Kindergeld. Beide Kinder befanden sich nach Vollendung des achtzehnten Lebensjahres in einer Berufsausbildung. Der Kläger teilte mit Kindergeldantrag vom 2.10.2006 mit, dass seine Ehefrau in den Niederlanden einer Beschäftigung nachgeht.
    Auf eine entsprechende Anfrage der Familienkasse teilte der Niederländische Träger des Kindergeldes (SVB) mit Schreiben vom 16.3.2007 die Höhe des niederländischen Kindergeldes für den Zeitraum 1. Quartal 2000 bis einschließlich 4. Quartal 2006 mit, das die Ehefrau des Klägers für die beiden Kinder erhalten hätte, wenn rechtzeitig entsprechende Leistungen in den Niederlanden beantragt worden wären. Mit Bescheid vom 24.5.2007 hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung ab Oktober 2000 bis einschließlich Dezember 2006 für beide Kinder auf, und zwar in Höhe der niederländischen Familienleistungen. Den Rückforderungsbetrag berechnete die Beklagte mit 12.067,12 EUR. Der Kläger erhob hiergegen am 7.6.2007 Einspruch. Mit Bescheid vom 26.9.2007 änderte die Familienkasse den Bescheid und hob die Kindergeldfestsetzung im Hinblick auf eine eingetretene Festsetzungsverjährung für die Rückforderung nunmehr nur noch ab Januar 2003 auf. Den Rückforderungsbetrag für den Zeitraum Januar 2003 bis August 2006 berechnete sie mit 8.094,80 EUR. Gleichzeitig bewilligte sie Teilkindergeld für den Zeitraum September bis Dezember 2006 in Höhe von 879,43 EUR. Dieser Betrag werde mit dem Rückforderungsbetrag verrechnet. Unter demselben Datum erließ die Beklagte einen weiteren Bescheid, in dem sie für die Kinder Teilkindergeld ab Januar 2007 bewilligte; den dem Kläger zustehenden Betrag bis September 2007 errechnete die Beklagte mit 2.236,50 EUR. Diesen Betrag rechnete die Familienkasse auf die noch offene Rückforderung an. Der Bescheid erfolgt im Hinblick auf die noch ungeklärte Höhe niederländischer Familienleistungen vorläufig. Auch gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 9.10.2007 Einspruch.
    Mit Einspruchsentscheidung vom 8.5.2008 wies die Familienkasse den Einspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 24.5.2007 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 26.9.2007 als unbegründet zurück und setzte den Rückforderungsbetrag auf 2.271,45 EUR herab. Zur Begründung heißt es hierin im Wesentlichen, da die Ehefrau des Klägers auf Grund ihrer Erwerbstätigkeit in den Niederlanden einen Anspruch auf Familienleistungen in den Niederlanden hat, sei das deutsche Kindergeld nur noch in Höhe des Unterschiedsbetrages zu zahlen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung Bezug genommen (Bl. 10ff der Gerichtsakten)
    Der Kläger hat am 4.7.2008 Klage erhoben, zu deren Begründung er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Er trägt im Wesentlichen vor, die SVB habe rückwirkend Kindergeld nur für ein Jahr ab Antragstellung, mithin ab dem 3. Quartal 2005 bis zum 2. Quartal 2007 erstattet. Er hat hierzu ein Schreiben der SVB vom 5.6.2008 vorgelegt, wonach sich der Nachzahlungsbetrag auf 2.706,70 EUR belief und an die Familienkasse gezahlt worden sei. Er vertritt die Ansicht, eine rückwirkende Änderung des Bescheides und eine Rückforderung über den Betrag in Höhe von 2.707,42 EUR, der von der niederländischen SVB erstattet wurde, hinaus, entspreche nicht den europäischen Vorschriften. Dies ergäbe sich u.a. aus Art. 112 der VO (EWG) 574/72, wonach überzahlte Leistungen zu Lasten des Trägers gehe, wenn eine Erstattung von dem ausländischen Träger – hier der niederländischen Sozialbank – nicht zu erreichen sei. Der Auffassung in dem Beschluss des 9. Senats des Finanzgerichts Düsseldorf vom 19.11.2008 in dem Verfahren 9 V 3141/08 A(Kg), mit dem ein Antrag des Klägers auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt wurde, könne nicht gefolgt werden. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass bereits der Wehrbereichsverwaltung – Beihilfestelle – Mai 2003 bekannt gewesen sei, dass seine Frau in den Niederlanden sozialversicherungspflichtig berufstätig gewesen sei. Jedenfalls seien sowohl die Wehrbereichsverwaltung, wie auch die Familienkasse verpflichtet gewesen, entsprechende Nachforschungen zu betrieben. Die Rückforderung verstoße gegen Treu und Glauben und gegen den Rechtsgedanken aus § 818 Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches.
    Die Beklagte hat mit Bescheid vom 14.10.2008 den angefochtenen Bescheid nochmals geändert und Kindergeld für C ab Januar 2006 auf monatlich 154 EUR festgesetzt. C habe im Oktober 2005 sein 18. Lebensjahr vollendet. In den Niederlanden ende der Bezug von Familienleistungen mit der Vollendung des 18. Lebensjahres; die Familienleistungen würden quartalsweise gezahlt. Für den Zeitraum Januar bis Juni 2006 wurde ein Nachzahlungsbetrag in Höhe der niederländischen Familienleistungen von monatlich 96,96 EUR für sechs Monate, insgesamt 581,76 EUR gewährt. Diese Nachzahlung ist mit der Restforderung verrechnet worden, so dass sich nunmehr ein Rückforderungsbetrag in Höhe von 1.689,69 EUR.
    Die Beteiligten haben daraufhin den Rechtsstreit insoweit teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt (Bl. 64 GA Beklagte, Bl. 86 Kläger).
    Der Kläger beantragt,
    die angefochtenen Bescheide vom 24.5.2007 und 26.9.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8.5.2008 sowie des Bescheides vom 14.10.2008 dahingehend zu ändern, dass dem Kläger für den Zeitraum Januar 2003 bis Juni 2005 Kindergeld für beide Kinder in voller Höhe, für den Zeitraum Juli 2005 bis Dezember 2005 in Höhe der Differenz zwischen dem deutschen und dem niederländischen Kindergeld (Teilkindergeld) für beide Kinder, sowie für den Zeitraum Januar 2006 bis August 2006 für das Kind B in Höhe des Teilkindergeldes gewährt wird.
    Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen,
    hilfsweise,
    die Revision zuzulassen.
    Sie ist der Ansicht, die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und die Rückforderungen sowie die erfolgten Verrechnungen seien weder sachlich noch rechtlich zu beanstanden.
    Mit Beschluss vom 19.11.2008 hat der damals zuständige Senat in dem Verfahren 9 V 3141/08 A(Kg) einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt.
    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte – auch in 9 V 3141/08 A(Kg) – und der von der Beklagten vorgelegten Kindergeldakte Bezug genommen. Alle Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
    Gründe
    Die Klage ist begründet. Der Kläger ist durch den angefochtenen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid in Gestalt der nachfolgenden Änderungsbescheide und der Einspruchsentscheidung in seinen Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
    Es sind zwar nach den maßgeblichen gesetzlichen Regelungen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine nur anteilige Gewährung deutschen Kindergeldes erfüllt. Die teilweise Aufhebung der Kindergeldfestsetzung von Januar 2003 bis Juni 2005 in Höhe niederländischer Familienleistungen ist jedoch rechtswidrig, da in dem streitigen Zeitraum tatsächlich keine Kindergeldansprüche in den Niederlanden bestanden. Dies hat zugleich die Rechtswidrigkeit der Rückforderung gezahlten Kindergeldes für diese Monate zur Folge.
    Dem Kläger steht für seine beiden Kinder in Deutschland Anspruch auf Kindergeld zu, da er in Deutschland als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird (§§ 62 Abs. 1 Nr. 2 b, 1 Abs. 3 EStG) und die Kinder ihren Wohnsitz in einem EU-Land im Haushalt des Klägers hat (§ 63 Abs. 1 Satz 3 EStG). Zugleich besaß die Kindesmutter in dem fraglichen Zeitraum auf Grund ihrer Tätigkeit als Arbeitnehmerin grundsätzlich einen Anspruch auf Familienleistungen in den Niederlanden.
    Bestehen sowohl im Wohnland als auch im Beschäftigungsland Ansprüche auf Familienleistungen, ist nach den Bestimmungen der Verordnung VO Nr. 1408/71 sowie der dazu ergangenen Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21.03.1972 über die Durchführung der Verordnung Nr. 1408/71 (VO Nr. 571/72; AblEG Nr. L 74 vom 27.03.1972), die Anwendungsvorrang gegenüber den einfachen inländischen Regeln haben, zu entscheiden, welche Leistungen vorrangig sind (Bundesfinanzhof – BFH –, EuGH-Vorlage vom 30.10.2008 III R 92/07, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH/NV – 2009, 456).
    Die VO Nr. 1408/71 findet nach ihrem sachlichen und persönlichen Geltungsbereich Anwendung. Das Kindergeld ist eine Familienleistung gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. h i. V. m. Art. 1 Buchst. u Ziffer i VO Nr. 1408/71 (vgl. BFH-Urteil vom 13.08.2002 VIII R 54/00, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFHE – 200, 204, Bundessteuerblatt – BStBl – 2002, 869). Der Kläger gehört auch sowohl während seiner aktiven Zeit, wie auch nach Eintritt in den Ruhestand zu dem von der Verordnung erfassten Personenkreis. Für die Zeit des aktiven Dienstes ist der Kläger so anzusehen, als stünde er einem Beamten i.S. des Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Buchst. a Ziffer ii) VO Nr. 1408/71, Anhang I Teil I Buchst. E VO Nr. 1408/71 gleich (DA Fam 203.12. Abs.3). Für den Zeitraum nach Eintritt in den Ruhestand ergibt sich der persönliche Anwendungsbereich daraus, dass der Begriff des Beamten in einer allgemein anwendbaren Vorschrift, die den persönlichen Geltungsbereich der Verordnung betrifft, so zu verstehen ist, dass er auch Ruhestandsbeamte, die keine Erwerbstätigkeit mehr ausüben, erfasst (EuGH Urteil vom 5.3.1998 Rechtssache C-194/96– Kulzer).
    Die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen der VO und der DVO lösen den Konkurrenzkonflikt der jeweils einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften nach dem Prinzip der grundsätzlichen Anwendung der Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaates. So regelt Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO (EWG) Nr. 1408/71, dass alle Personen, die von der VO erfasst werden, den Rechtsvorschriften ausschließlich eines Mitgliedstaates unterliegen (Ausschließlichkeitsprinzip), so dass die Kumulierung anwendbarer Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten vermieden wird. Die Frage, welcher Mitgliedstaat zuständig ist, richtet sich nach dem Beschäftigungslandprinzip. So unterliegen gemäß Art. 13 Abs. 2 Buchst. d) VO (EWG) Nr. 1408/71 Beamte und ihnen gleichgestellte Personen den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates, in dessen Behörde sie beschäftigt sind. Nach Art. 73 VO Nr. 1408/71 hat ein Antragsteller für seine Familienangehörigen, die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach dem Beschäftigungsstaat, als ob diese Familienangehörigen im Gebiet dieses Staates wohnten. Dementsprechend gilt für den Kläger für die Dauer seiner Tätigkeit die Kindergeldregelung des Beschäftigungslandes (Deutschland). Nach Art. 77 Abs. 2 Buchst. a) VO (EWG) 1408/71 werden Rentnern, die nur nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates Rente beziehen, ohne Rücksicht darauf, in welchem Mitgliedstaat der Rentner oder die Kinder wohnen, Familienbeihilfen nach der Rechtsvorschriften des für die Rente zuständiger Staates – hier also Deutschland – gewährt. Nach der Erklärung der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 5 VO (EWG) Nr. 1408/71 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit vom 5.9.2003 (ABl EG 2003, Nr. C 210/1) gehören zu den Familienbeihilfen für Rentenempfänger das einkommensteuerrechtliche Kindergeld.
    Einschlägige Antikumulierungsvorschrift ist, soweit der Kläger im aktiven Dienst stand, Art. 76 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 1408/71. Die Vorschrift findet Anwendung, wenn neben dem Anspruch, der außerhalb des Wohnlandes der Familienangehörigen auf Grund einer Erwerbstätigkeit i. S. des Art. 13 Abs. 2 Buchst. a VO Nr. 1408/71 besteht, auch im Wohnland auf Grund einer Erwerbstätigkeit eines anderen Elternteils ein Kindergeldanspruch gegeben ist (Ansprüche bei mehrfacher Erwerbstätigkeit im Unterschied zu Art. 10 VO Nr. 574/72). Diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf die Erwerbstätigkeiten des Klägers sowie der Kindesmutter erfüllt. Für den Zeitraum nach Eintritt in den Ruhestand gilt demgegenüber Art. 79 Abs. 3 VO (EWG) 1408/71. Diese Vorschrift findet Anwendung, wenn neben Leistungen aufgrund innerstaatlicher Rechtsvorschriften und aufgrund der Art. 77, 78, und 78a nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates wegen der Ausübung einer Erwerbstätigkeit ein Anspruch besteht.
    Rechtsfolge des Art. 76 Abs. 1 und des Art. 79 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 1408/71 ist das Ruhen des Anspruchs auf die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gemäß Art. 73 bzw. 77 VO (EWG) Nr. 1408/71 geschuldete Familienleistung – hier das deutsche Kindergeld – bis zu dem in den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaates vorgesehenen Betrages. Zur Auslegung der vergleichbaren Vorschrift des Art. 10 Buchst. a) DVO (EWG) 574/72 vertritt der Bundesfinanzhof in seinem Beschluss vom 30.10.2008 (Az. III 92/07, BFHE 223, 358) die Auffassung, dass ein Anspruch auf Kindergeld nur dann ruht, soweit in dem Beschäftigungsland Familienleistungen tatsächlich geschuldet werden. Geschuldet werden derartige Leistungen nur dann, wenn alle Voraussetzungen für die Auszahlung erfüllt sind. Diese Ansicht, von der abzuweichen keine Veranlassung besteht, steht in Übereinstimmung mit dem Beschluss der Verwaltungskommission Nr. 150 vom 26.6.1992 zur Anwendung des Art. 77, 78, 79 Abs. 3 der VO (EWG) 1408/71 und der DVO (EWG) 574/72 (ABl. EG 1993 Nr. C 229). Nach Ziffer 3 dieses Beschlusses ruhen die Ansprüche nur in Höhe der Beträge, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats auf Grund der Ausübung einer Erwerbstätigkeit tatsächlich bezogen werden. Dieses Auslegung muss auch für den Art 76 Abs. 1 VO (EWG) 1408/71 gelten, da nach dem Beschluss der Verwaltungskommission Nr. 207 vom 7.4.2006 (ABl. 2006, Nr. L 175) die Art. 76 und 79 Abs.3 VO (EWG) 1408/71 und 10 Abs.1 DVO (EWG) 574/72 aufgrund derselben Zielrichtung gleich ausgelegt werden sollen. Da die Kindesmutter in dem Zeitraum von Januar 2003 bis Juni 2005 aus den Niederlanden keine Kindergeldleistungen erhalten hat, ruht der Anspruch des Klägers auf deutsches Kindergeld nicht. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte unmittelbar bzw. entsprechend Art. 76 Abs. 2 VO (EWG) 1408/71 eine Anrechnung so vornehmen kann, als ob Leistungen im Wohnland gewährt würden. Bei der Befugnis nach § 76 Abs. 2 VO Nr. 1408/71 handelt es sich um eine Ermessensentscheidung (vgl. BFH Beschluss vom 30.8.2008, III R 92/07, a.a.O.). Grundlage für diese Beurteilung ist die Terminologie der Verordnung in Art. 76 Abs. 2 VO Nr. 1408/71 als „kann”-Regelung. Im Falle der fehlenden Beantragung von Kindergeld kann die Behörde eine Anrechnung auf das inländische Kindergeld vornehmen. Die Rechtsfolge der Anrechnung ist mithin in das Rechtsfolgeermessen der Behörde gestellt. Der von der Beklagten im Einklang mit ihrer Dienstanweisung vertretenen gegenteiligen Auffassung einer gebundenen Behördenentscheidung auch in Fällen des Art. 76 Abs. 2 VO Nr. 1408/71 ist deshalb nicht zu folgen (vgl. auch FG Düsseldorf, Urteil vom 18.5.2009, 14 K 1750/08 Kg, EFG 2009, 1302). Selbst wenn diese Vorschrift auf Art. 79 Abs. 3 VO (EWG) entsprechend anwendbar wäre, hat die Beklagte das ihr eingeräumte Ermessen erkennbar nicht ausgeübt. Anhaltspunkte dafür, dass eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt, bestehen nicht.
    Die Kostenentscheidung beruht, soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, auf § 138 Abs. 1 FGO, im Übrigen auf § 135 Abs. 1 FGO.
    Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr.1 FGO).

    VorschriftenEStG § 1 Abs. 3, EStG § 62 Abs. 1 Nr. 2b, EStG § 63 Abs. 1 Satz 3