02.11.2010
Finanzgericht Münster: Gerichtsbescheid vom 07.06.2010 – 4 K 3856/08 Ki
1) Die in § 51a Abs 2 Satz 2 EStG angeordnete Hinzurechnung des einkommensteuerlich gemäß § 3 Nr. 40 EStG freigestellten Teils der Einkünfte aus Kapitalvermögen zur Bemessungsgrundlage der Kirchensteuer begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
2) Materiellrechtliche Fragen zur Höhe der nach § 51a Abs. 2 Satz 2 EStG zu berücksichtigenden Einkünfte aus Kapitalvermögen sind auch dann im Einkommensteuerfestsetzungsverfahren zu klären, wenn die Einkommensteuer auf Null festgesetzt wurde.
Im Namen des Volkes
GERICHTSBESCHEID
In dem Rechtsstreit
hat der 4. Senat in der Besetzung: Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … am 07.06.2010 für Recht erkannt:
Tatbestand:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Kirchensteuerfestsetzung im Hinblick auf die nach § 51 a Abs. 2 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) angeordnete Hinzurechnung von einkommensteuerlich freigestellten Einkünften aus Kapitalvermögen i.S. des § 3 Nr. 40 EStG zur Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer.
Der in Nordrhein-Westfalen wohnende Kläger ist Mitglied der römisch-katholischen Kirche. Er wurde für das Streitjahr 2001 mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger erzielte im Jahr 2001 gewerbliche Einkünfte aus Einzelunternehmen und Beteiligungen, ferner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung. Zudem war der Kläger an der im Baugewerbe tätigen C. GmbH beteiligt.
Nach den Feststellungen einer bei der C. GmbH durchgeführten Betriebsprüfung sollen dem Kläger für das Streitjahr 2001 aufgrund eines Forderungsverzichts der GmbH verdeckte Gewinnausschüttungen in Höhe von insgesamt DM 45.065.531 zuzurechnen gewesen sein (vgl. Tz. 2.27 des Betriebsprüfungsberichts vom 21.05.2007). Grund und Höhe der verdeckten Gewinnausschüttungen sind streitig.
Das für den Kläger zuständige Wohnsitzfinanzamt E-Stadt berücksichtigte in den geänderten Einkommensteuerbescheiden 2001 vom 13.07. und 03.08.2007 die von der Betriebsprüfung festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen, stellte diese aber für Zwecke der Einkommensteuerfestsetzung aufgrund des seit dem Jahr 2001 geltenden Halbeinkünfteverfahrens gemäß § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG zur Hälfte steuerfrei. Der Gesamtbetrag der Einkünfte für das Jahr 2001 betrug DM 11.584.759. Nach Berücksichtigung eines Verlustvortrags aus vorangegangenen Veranlagungszeiträumen errechnete das Finanzamt ein zu versteuerndes Einkommen für 2001 von 0 DM und setzte demzufolge die Einkommensteuer für 2001 auf 0 DM fest. Zugleich setzte das Finanzamt Kirchensteuer in Höhe von DM 980.059,68 (= EUR 501.096,56) fest. Es berief sich hierzu auf § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG, wonach für Zwecke der Berechnung der Kirchensteuer als Zuschlagsteuer zur Einkommensteuer das zu versteuernde Einkommen um die nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfreien Beträge zu erhöhen sei.
Der Kläger erhob sowohl gegen die Einkommensteuerfestsetzung beim Finanzamt E-Stadt als auch gegen die Kirchensteuerfestsetzung beim Beklagten Einspruch. Die Kirchensteuerfestsetzung sei – so der Kläger – zum einen deshalb rechtswidrig, da die Hinzurechnung der steuerfrei belassenen Kapitaleinkünfte nach § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG aufgrund hoher Verlustvorträge mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit nicht in Einklang zu bringen sei. Zum anderen seien die von der Betriebsprüfung festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen dem Grunde und der Höhe nach unzutreffend. Der Einspruch blieb mit Ausnahme einer Kappung der Kirchensteuer für 2001 auf nunmehr EUR 480.362,83 erfolglos. In der Einspruchsentscheidung vom 10.09.2008 führte der Beklagte an, ihm sei die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen verwehrt; dies sei nach § 14 Abs. 6 Satz 1 des Kirchensteuergesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (KiStG NW) den Finanzämtern vorbehalten. Die verfassungsrechtlichen Einwendungen gegen die Kirchensteuerfestsetzung im Hinblick auf die Hinzurechnung der steuerfrei belassenen Kapitaleinkünfte gemäß § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG würden nicht geteilt (Hinweis auf die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 15.03.2007 1 E 234/06 und des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.08.2008 9 C 9/07).
Den Einspruch gegen die Einkommensteuerfestsetzung für 2001 verwarf das Finanzamt E-Stadt mangels Beschwer (Null-Festsetzung) als unzulässig. Die hiergegen erhobene Klage wird beim Finanzgericht Münster unter dem Aktenzeichen 12 K 3141/09 E geführt.
Mit der Klage gegen die Kirchensteuerfestsetzung für 2001 trägt der Kläger im Wesentlichen Folgendes vor:
Eine Hinzurechnung nach § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG sei bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen ausgeschlossen. Zweck der Vorschrift sei lediglich, die Steuerfreistellung nach § 3 Nr. 40 EStG in Höhe der Hälfte der schon mit Körperschaftsteuer vorbelasteten Kapitaleinkünfte für Zwecke der Kirchensteuerfestsetzung wieder rückgängig zu machen, da die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen entsprechend erhöht sei. Der Gesetzgeber habe sicherstellen wollen, dass die erhebungsberechtigten Kirchengemeinden durch das Halbeinkünfteverfahren keine Steuereinbußen erlitten. Vorliegend sei dieser Zweck allerdings nicht einschlägig. Aufgrund der Höhe der Verlustvorträge wäre selbst ohne Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens für das Streitjahr 2001 die Einkommensteuer und dementsprechend auch die Kirchensteuer auf 0 DM festgesetzt worden. Der Gesetzgeber habe nicht beabsichtigt, einen Kirchensteuertatbestand auch in den Fällen zu schaffen, in denen es schon ohne die Einführung des Halbeinkünfteverfahrens zu keiner Kirchensteuerfestsetzung gekommen wäre. Es sei mit dem Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht zu vereinbaren, ihn – den Kläger – dennoch „virtuell” mit Kirchensteuer zu belasten. Auch die vom Gesetzgeber mit der Regelung womöglich beabsichtigte Typisierung und Vereinfachung könne nicht jedweden Eingriff in verfassungsrechtlich geschützte Rechtsgüter rechtfertigen. Vor diesem Hintergrund sei der Anwendungsbereich der Vorschrift des § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG in Verlustfällen teleologisch zu reduzieren; andernfalls müsse das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gemäß Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz (GG) angerufen werden.
Unabhängig von vorgenannten Erwägungen sei eine Hinzurechnung der nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfrei gestellten Kapitaleinkünfte für Zwecke der Ermittlung der Kirchensteuer nach § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG auch deshalb rechtswidrig, da die von der Betriebsprüfung festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen weder dem Grunde noch der Höhe nach zutreffend seien. Die Betriebsprüfung habe unterstellt, dass die Forderungsverzichte der C. GmbH gegenüber ihm – dem Kläger – nicht durch eine werthaltige Übernahme von Verbindlichkeiten ausgeglichen worden sei. Die Betriebsprüfung habe die in den Tz. 2.5, 2.7, 2.8, 2.9, 2.10, 2.11, 2.12, 2.15, 2.16, 2.18, 2.19, 2.20, 2.22, 2.23, 2.24, 2.25 und 2.26 des Betriebsprüfungsberichts festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen vom Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt. Ferner lägen Fehler in der zeitlichen Zuordnung vor. Wegen der Einzelheiten wird auf Seite 10 ff. des Klagebegründungsschriftsatzes vom 15.10.2008 Bezug genommen.
Die materiell-rechtlichen Einwendungen gegen die festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen seien im vorliegenden Klageverfahren inhaltlich zu überprüfen. Im Einkommensteuerfestsetzungsverfahren werde ihm, dem Kläger, insofern kein rechtliches Gehör gewährt, da die Steuerfestsetzung für 2001 0 DM betrage und er daher nicht beschwert sei. Die Anfechtung des Verlustfeststellungsbescheides zur Einkommensteuer auf den 31.12.2001 sei insofern nicht zweckdienlich, da jener Bescheid keine Bindungswirkung für die Kirchensteuerfestsetzung habe. Auch der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei zu entnehmen, dass im Kirchensteuerverfahren für Zwecke der Berechnung nach § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG lediglich Einwendungen gegen die Einkommensteuer als Maßstabsteuer für die Kirchensteuer ausgeschlossen seien. Vorliegend wende er, der Kläger, sich allerdings nicht gegen die Höhe der Einkommensteuer – diese sei zutreffend mit 0 DM ermittelt –, sondern gegen die Hinzurechnungsregelungen nach § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG (Hinweis auf BFH-Beschluss vom 28.11.2007 I R 99/06, BFHE 221, 288, BFH/NV 2008, 842).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Klagebegründungsschriftsätze vom 15.10.2008, 09.02.2009, 20.04.2009, 30.11.2009, 26.03.2010 und 17.05.2010.
Der Kläger beantragt,
die Kirchensteuerfestsetzung für das Jahr 2001 unter Aufhebung des Kirchensteuerfestsetzungsbescheides vom 03.08.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.09.2008 aufzuheben.
Hilfsweise beantragt der Kläger,
das Klageverfahren auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG darüber einzuholen, ob durch die gesetzliche Regelung des § 51 a Abs. 2 EStG eine Regelung getroffen worden sei, die gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG insoweit verstoße, als die Verrechnung mit den zur Verfügung stehenden Verlusten im Rahmen der Festsetzung der Kirchensteuer eingeschränkt werde.
Weiterhin hilfsweise – für den Fall der Nichtvorlage an das BVerfG und des Unterliegens – beantragt der Kläger,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt er aus:
Die Einwendungen des Klägers gegen die Rechtmäßigkeit des Ansatzes von verdeckten Gewinnausschüttungen seien im vorliegenden Verfahren nicht relevant. Insofern sei das Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid zwischen der Einkommensteuer- und Kirchensteuerfestsetzung zu beachten (§ 14 Abs. 6 Satz 1 KiStG NW). Der Kläger habe seine Einwendungen gegen die Berücksichtigung von verdeckten Gewinnausschüttungen im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung vorzubringen. Zwar sei es richtig, dass der Kläger bei einer Einkommensteuerfestsetzung von 0 DM grundsätzlich nicht beschwert sei. Die Rechtsprechung lasse hiervon allerdings Ausnahmen zu; so könne eine unzutreffende Besteuerungsgrundlage auch bei einer Null-Festsetzung eine Rechtsverletzung auslösen, wenn diese Grundlage für andere Behörden oder Stellen zu Lasten des Steuerpflichtigen bindend sei. Auch wenn die Einkommensteuer wegen der vorhandenen Verlustvorträge 0 DM betrage, sei der Kläger wegen der Kirchensteuerfestsetzung, soweit der Einkommensteuerbescheid als Grundlagenbescheid für die Kirchensteuerfestsetzung wirke, in seinen Rechten verletzt und beschwert und könne daher eine Sachentscheidung des Finanzamts verlangen. Für eine Zulassung der Revision bestehe keine Notwendigkeit.
Die Hinzurechnung der zur Hälfte nach § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG steuerfrei gestellten verdeckten Gewinnausschüttungen sei rechtmäßig. Der Gesetzeswortlaut des § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG sei eindeutig. Eine Auslegung gegen den Wortlaut der Vorschrift sei nicht möglich. Der Gesetzgeber habe es zwecks Vermeidung einer Schattenveranlagung bewusst in Kauf genommen, dass Einkommensteuer- und Kirchensteuerfestsetzung nicht parallel verliefen. Da in diesem Verfahren davon auszugehen sei, dass der Kläger die im Einkommensteuerbescheid festgestellten Kapitaleinkünfte tatsächlich erzielt habe, sei er in der Pflicht, auf diese einkommensteuerlich nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfreie Hälfte Kirchensteuer zu zahlen. Damit sei er immer noch besser gestellt, als wenn er jene Kapitaleinkünfte nicht erzielt habe. Dass Verlustvorträge für den Kläger bestünden, habe seinen Grund in früheren Veranlagungszeiträumen. Die Kirchensteuerfestsetzung sei dagegen das Ergebnis des Veranlagungsjahres 2001 und unabhängig davon zu beurteilen, ob Verlustvorträge bestünden oder nicht. Zudem gingen die Verlustvorträge dem Kläger in den Folgejahren steuerlich nicht verloren. Sie minderten die steuerpflichtigen Kapitalerträge; dies mindere auch die Kirchensteuer in den folgenden Jahren.
Die vom Kläger vorgenommene Auslegung der Vorschrift, ihm für Zwecke der Kirchensteuerfestsetzung auch Verlustvorträge nutzbar zu machen, sei weder nach dem Wortlaut noch nach dem Gesetzeszweck, der eine Schattenveranlagung gerade vermeiden wolle, und auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten geboten. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG und der daraus für den Bereich des Steuerrechts abgeleitete Grundsatz der Besteuerung nach den Prinzipien der Leistungsfähigkeit sei nicht verletzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom 28.11.2008, 10.03.2009, 29.05.2009, 15.09.2009 und 04.06.2010 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage, über die es der Senat für geeignet hält, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 90 a Abs. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –), ist unbegründet.
Die Kirchensteuerfestsetzung für 2001 vom 03.08.2007 und die hierauf ergangene Einspruchsentscheidung vom 10.09.2008 sind – soweit der Senat dies im vorliegenden Verfahren zu beurteilen hat – rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
1. Nach § 51 a Abs. 2 Satz 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung ist Bemessungsgrundlage für die Zuschlagsteuern – und somit auch für die Kirchensteuer – die Einkommensteuer unter Berücksichtigung bestimmter, im Streitfall nicht relevanter Freibeträge. Gemäß Satz 2 der Vorschrift ist für Zwecke der Ermittlung der Einkommensteuer im Sinne des Satzes 1 das zu versteuernde Einkommen um die nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfreien Beträge zu erhöhen und um die nach § 3 c Abs. 2 EStG nicht abziehbaren Beträge zu mindern. § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG ist durch das Gesetz zur Regelung der Bemessungsgrundlage für Zuschlagsteuern vom 21.12.2000 (BGBl I 2000, 1978) in das Einkommensteuergesetz aufgenommen worden. Zweck der Regelung ist es, die mit der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens im Jahr 2001 verbundenen Auswirkungen auf die Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage für Zwecke der Kirchensteuer zu neutralisieren (BT-Drs. 14/4546, S. 3). Diese Notwendigkeit beruht auf dem Gedanken, dass die Freistellung der Hälfte der in § 3 Nr. 40 EStG genannten Einkünfte von der Einkommensteuer lediglich die steuerliche Vorbelastung der ausschüttenden Kapitalgesellschaft berücksichtigen soll. An einem vergleichbaren Grund für eine Reduzierung der Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer fehlt es jedoch, da die Erträge von Kapitalgesellschaften nicht der Kirchensteuer unterliegen (BFH-Urteil vom 01.07.2009 I R 76/08, BFHE 225, 566, BFH/NV 2009, 1708).
Die im Einkommensteuerbescheid 2001 vom 03.08.2007 vollzogene Hinzurechnung der Hälfte der durch die Betriebsprüfung festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen, die nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 i.V.m. § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung entspricht den gesetzlichen Vorgaben des § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG. Das Finanzamt hat das zu versteuernde Einkommen des Klägers und seiner Ehefrau in Höhe von 0 DM um die steuerfrei belassenen Kapitalerträge des Klägers (DM 22.532.765) und seiner Ehefrau (DM 190) erhöht, hierauf eine fiktive Einkommensteuer von DM 10.889.552 berechnet und sodann unter Berücksichtigung eines Steuersatzes von 9 % römisch-katholische Kirchensteuer in Höhe von DM 980.059,68 (= EUR 501.096,56) festgesetzt. Die Kirchensteuer wurde im Einspruchsverfahren auf EUR 480.362,83 gekappt. Dieses Rechenergebnis wird vom Kläger auch nicht in Frage gestellt.
2. Die vom Kläger vorgebrachten Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Hinzurechnung von steuerfreien Kapitalerträgen i.S. des § 3 Nr. 40 EStG für die Ermittlung der Kirchensteuer teilt der Senat nicht. Weder kommt eine über den Wortlaut der Vorschrift des § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG hinausgehende – verfassungskonforme – Auslegung dahingehend in Betracht, vortragsfähige Verluste in Abzug zu bringen noch sieht sich der Senat veranlasst, das vorliegende Klageverfahren auszusetzen und das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG anzurufen.
Es entspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, dass noch nicht durch Verrechnung verbrauchte Verlustvorträge nicht zu einer Reduzierung der Kirchensteuerlast führen (vgl. BFH in BFHE 225, 566, BFH/NV 2009, 1708; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts – BVerwG – vom 20.08.2008 9 C 9/07, HFR 2009, 193). Verlustvorträge i.S. des § 10 d EStG können die Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer nur insoweit verringern, als sie mit dem Gesamtbetrag der Einkünfte verrechnet werden und somit das zu versteuernde Einkommen als Ausgangsgröße der Berechnung der Kirchensteuer nach § 51 a Abs. 2 EStG mindern. Im Streitfall hat das Finanzamt den positiven Gesamtbetrag der Einkünfte des Klägers und seiner Ehefrau in Höhe von DM 11.584.759 nach Abzug von Sonderausgaben um einen nach § 10 d EStG vortragsfähigen Verlust insoweit gemindert, dass das Einkommen und zu versteuernde Einkommen 0 DM betrug. Eine weitergehende Berücksichtigung des nicht verbrauchten Verlustes im Rahmen der Berechnung der Kirchensteuer sieht die insofern eindeutige Vorschrift des § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG nicht vor.
Zur Überzeugung des Senats zwingt der verfassungsrechtliche Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu einer vom Wortlaut abweichenden Auslegung der Vorschrift des § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG. Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengeren Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Im Steuerrecht hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Die grundsätzlich bestehende Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft wird durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt, nämlich durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit (vgl. BVerfG-Urteil vom 09.12.2008 2 BvL 1/07 u.a., BVerfGE 122, 210, BFH/NV 2009, 338 m.w.N.).
Dies vorangestellt, sind zwar auf den ersten Blick die Bedenken des Klägers nachvollziehbar, dass aus einer Einkommensteuerfestsetzung von 0 DM, die Maßstabsteuer für die Zuschlagsteuern ist, eine Kirchensteuerfestsetzung von nahezu EUR 500.000 erwachsen soll. Ebenso ist unter Berücksichtigung des vorgenannten Zwecks der Hinzurechnung der steuerfrei belassenen Kapitaleinkünfte der Einwand vom Grundsatz nachvollziehbar, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit negativ berührt ist, wenn aufgrund hoher Verlustvorträge selbst im Falle der vollen Einkommensteuerpflicht der Kapitalerträge keine Einkommen- und demzufolge auch Kirchensteuerfestsetzung erfolgen würde. Dennoch ist zur Überzeugung des Senats die Hinzurechnung der steuerfrei gestellten Einkünfte i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG nicht nur im Rahmen des nach Art. 3 Abs. 1 GG bestehenden Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers vertretbar, sondern geradezu geboten. Denn die Rechtfertigung der in § 3 Nr. 40 EStG geregelten Steuerbefreiung der dort aufgeführten (Kapital-)Einnahmen liegt in deren Vorbelastung mit Körperschaftsteuer auf Ebene der Kapitalgesellschaft. Eine Kirchensteuerpflicht für Kapitalgesellschaften besteht allerdings nicht, so dass die Erträge von der Kapitalgesellschaft ohne Kirchensteuerbelastung ausgeschüttet werden konnten (vgl. hierzu FG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.07.2008 3 K 148/05, EFG 2008, 1908 m.w.N.). Das Hinzurechnungsgebot nach § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG ist demnach eine folgerichtige Reaktion des Gesetzgebers auf die Einführung des Halbeinkünfteverfahrens (vgl. BFH in BFHE 225, 566, BFH/NV 2009, 1708).
Die Hinzurechnung des einkommensteuerlich freigestellten Kapitalbezugs steht – trotz hoher Verlustvorträge – nach Auffassung des Senats auch nicht im Widerspruch zum Prinzip der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit. Dem Kläger sind – worauf der Beklagte zu Recht hinweist – nicht nur (verdeckte) Gewinnausschüttungen in Höhe des einkommensteuerlich erfassten Teils, sondern in voller Höhe zugeflossen. Dies hat die finanzielle Leistungsfähigkeit entsprechend erhöht. Eine Durchbrechung des Prinzips der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ist nicht auf die hier streitige Vorschrift des § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG zurückzuführen, sondern ist allein durch die – gerechtfertigte – teilweise Steuerfreistellung i.S. des § 3 Nr. 40 EStG begründet. Das Hinzurechnungsgebot nach § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG wirkt für Zwecke der Kirchensteuer als erforderliches Korrektiv gerade zur Wahrung des Leistungsfähigkeitsprinzips (vgl. FG Baden-Württemberg in EFG 2008, 1908).
Ein Verstoß gegen das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist nach Ansicht des Senats auch deshalb ausgeschlossen, da dem Kläger kein Verlustnutzungspotential verloren geht. Zwar trifft es zu, dass eine Übertragung der einkommensteuerlich relevanten Verlustvorträge für Zwecke der Ermittlung der Kirchensteuer im Rahmen des § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG zu einer Kirchensteuerentlastung im Jahr des Zuflusses der Kapitalerträge führen würde. Allerdings mindert das vorhandene Verlustvortragspotential jedenfalls in künftigen Veranlagungszeiträumen nicht nur die einkommen- sondern auch die kirchensteuerliche Belastung. Denn durch die nicht verbrauchten Verluste wird – was den einkommensteuerpflichtigen Teil der Kapitaleinkünfte betrifft – durch eine Minderung des zu versteuernden Einkommens zugleich die Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Kirchensteuer herabgesetzt. An einer Regelung, die den Verlustausgleich nicht versagt, sondern lediglich zeitlich streckt, bestehen nach überzeugender ständiger Rechtsprechung des BFH im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG keine verfassungsrechtlichen Zweifel (BFH-Urteile vom 11.02.1998 I R 81/97, BFHE 185, 393, BStBl II 1998, 485; vom 01.07.2009 I R 76/08, BFHE 225, 566, BFH/NV 2009, 1708; BFH-Beschluss vom 27.01.2006 VIII B 179/05, BFH/NV 2006, 1150). Es genügt, wenn die Verluste überhaupt, sei es auch in einem anderen Veranlagungszeitraum, steuerlich berücksichtigt werden (vgl. BVerfG-Beschluss vom 30.09.1998 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88).
Gegen eine Berücksichtigung der einkommensteuerlich relevanten Verlustvorträge auf Ebene der Ermittlung der Kirchensteuer spricht zudem das erklärte Ziel des Gesetzgebers, durch die Hinzurechnung der steuerbefreiten Kapitalerträge auf das zu versteuernde Einkommen den Verwaltungsaufwand einer vollständigen „Schattenveranlagung” zur Neutralisierung des Halb- bzw. Teileinkünfteverfahrens zu vermeiden (BT-Drs. 14/4546, S. 3). Andernfalls – d.h. bei einer vollständigen „Schattenveranlagung” – hätten sich für die Einkommensteuer einerseits und die Kirchensteuer andererseits die vortragsfähigen Verluste unterschiedlich entwickeln können. Dies hätte dazu geführt, dass für Zwecke der Kirchensteuer ein eigenständiges gesondertes Verlustfeststellungsverfahren hätte durchgeführt werden müssen, was zu weiterem Verfahrensaufwand geführt hätte (BFH in BFHE 225, 566, BFH/NV 2009, 1708). Der Gesetzgeber ist im Rahmen seines Gestaltungsspielraums zur Vereinfachung und Typisierung befugt. Insbesondere beim Vollzug von steuerrechtlichen Massenerscheinungen ist er berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt (BFH in BFHE 225, 566, BFH/NV 2009, 1708). Die hieraus resultierenden generalisierenden, typisierenden und pauschalierenden Regelungen verstoßen nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, sofern der Gesetzgeber für seine Typisierung keine atypische Fallkonstellation als gesetzliches Leitbild gewählt hat (BFH in BFHE 255, 566, BFH/NV 2009, 1708 m.w.N.). Dies ist vorliegend zur Überzeugung des Senats nicht der Fall. Ein erhebliches Verlustvortragspotential, das – wie im Streitfall – im Jahr des Zuflusses der zum Teil steuerfreien Kapitalerträge den Gesamtbetrag der Einkünfte übersteigt, dürfte im Massengeschäft der Veranlagung zur Kirchensteuer ein atypischer, seltener Ausnahmefall sein. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers, Vorsorge für „Verlustfälle” im Rahmen der Regelung des § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG zu schaffen, bestand somit von Verfassungswegen nicht.
3. Der Senat sieht sich aus verfahrensrechtlichen Gründen daran gehindert, im vorliegenden Rechtsstreit darüber zu befinden, ob die von der Betriebsprüfung festgestellten und vom Finanzamt E-Stadt in den Einkommensteuerbescheid übernommenen verdeckten Gewinnausschüttungen zu Gunsten des Klägers dem Grund und/oder der Höhe nach zutreffend sind. Zur Überzeugung des Senats ist diese materiell-rechtliche Feststellung dem Einkommensteuerfestsetzungsverfahren vorbehalten.
Nach § 51 a Abs. 5 Satz 1 EStG kann mit einem Rechtsbehelf gegen die Zuschlagsteuer (Kirchensteuer) weder die Bemessungsgrundlage noch die Höhe des zu versteuernden Einkommens angegriffen werden. Vergleichbar hierzu besagt § 14 Abs. 6 Satz 1 KiStG NW, dass im Rechtsbehelfsverfahren gegen die Kirchensteuerfestsetzung Einwendungen gegen die zugrunde liegende Maßstabsteuer unzulässig sind. Dies entspricht dem grundsätzlichen Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid, wonach Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid nur durch Anfechtung jenes Bescheides und nicht durch Anfechtung des Folgebescheids angegriffen werden können (§ 351 Abs. 2 Abgabenordnung – AO –). Auch die Kirchensteuer ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 2 Satz 1 KiStG NW i.V.m. § 51 a EStG Folgesteuer zu der als Maßstabsteuer dienenden Einkommensteuer. Einkommensteuerbescheid und Kirchensteuerbescheid stehen insoweit im Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid zueinander (BFH-Urteil vom 28.02.2001 I R 41/99, BFHE 194, 317, BStBl II 2001, 416; BFH-Beschluss vom 28.11.2007 I R 99/06, BFHE 221, 288, BFH/NV 2008, 842).
Allerdings hat der BFH klargestellt, dass das Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid in den Fällen des § 51 a EStG nur hinsichtlich solcher Besteuerungsgrundlagen bestehe, die für die Festsetzung der Einkommensteuer als Maßstabsteuer relevant sind und sich infolgedessen auf die Einkommensteuerfestsetzung auswirken könnten. Dagegen sei der Einkommensteuerbescheid kein Grundlagenbescheid für die in § 51 a Abs. 2 EStG geregelten Modifikationen der Maßstabsteuer, die ausschließlich der Bemessung der Kirchensteuer als Zuschlagsteuer dienten, die aber für die Festsetzung der Einkommensteuer keinerlei Bedeutung hätten. Derartige Einwendungen seien ausschließlich im Rahmen des Kirchensteuerfestsetzungsverfahrens geltend zu machen (BFH in BFHE 221, 288, BFH/NV 2008, 842). Der Senat folgt dieser Rechtsprechung und interpretiert sie so, dass der Einkommensteuerbescheid jedenfalls insoweit nicht als Grundlagenbescheid für die Kirchensteuerfestsetzung dient, als nicht eine einkommensteuerlich relevante Besteuerungsgrundlage betroffen ist, sondern das Berechnungsergebnis der Modifikationen nach § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG streitig ist. Steht dagegen – wie im vorliegenden Verfahren – zwischen den Beteiligten im Streit, ob Einnahmen (Kapitalerträge), die teilweise nach § 3 Nr. 40 EStG steuerbefreit und nach § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG dementsprechend wieder hinzuzurechnen sind, dem Steuerpflichtigen überhaupt zugeflossen sind, ist diese Streitfrage zur Überzeugung des Senats ausschließlich im Einkommensteuerfestsetzungsverfahren zu klären. Denn die insofern streitige Besteuerungsgrundlage hat nicht für die Kirchensteuer, sondern auch entsprechende Relevanz für die Festsetzung der Einkommensteuer als Maßstabsteuer. Zwar trifft es zu, dass der nach § 3 Nr. 40 EStG freigestellte Teil des Kapitalertrags gerade wegen dessen Steuerfreiheit nicht mit in die Einkommensteuerfestsetzung eingeht. Dies ist nach Ansicht des Senats aber kein tragfähiger Einwand, um dem Einkommensteuerbescheid insoweit die Wirkung eines Grundlagenbescheids für die Kirchensteuer abzusprechen (vgl. aber FG Baden-Württemberg in EFG 2008, 1908). Denn im Einkommensteuerbescheid wird verbindlich über die gesamte Höhe der zum Teil nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfreien Bemessungsgrundlage entschieden. Es fließt zwar nur der steuerpflichtige Teil in das zu versteuernde Einkommen ein; ändert sich allerdings die Gesamthöhe des Bezugs – im Streitfall der verdeckten Gewinnausschüttung –, ändert sich zwangsläufig auch die Höhe des steuerpflichtigen und konsequenterweise auch die Höhe des steuerfreien Teils.
Wäre dagegen – wie der Kläger meint – im Kirchensteuerfestsetzungsverfahren isoliert über Grund und/oder Höhe der nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfrei belassenen Einnahmen zu entscheiden, obwohl diese Einnahmen in ihrer gesamten Höhe nach streitig sind, hätte dies zur Folge, dass aufgrund unterschiedlicher Behördenzuständigkeiten im Einkommen- und Kirchensteuerfestsetzungsverfahren divergierende Besteuerungsergebnisse jedenfalls nicht ausgeschlossen werden könnten. Dies widerspricht der Ratio der Vorschrift des § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG, zum Zwecke der Sicherung der Finanzkraft der Kirchen die Wirkung des Halb- bzw. Teileinkünfteverfahrens auf Ebene der Kirchensteuerfestsetzung zu neutralisieren (vgl. BT-Drs. 14/4546, S. 3; BFH in BFHE 225, 566, BFH/NV 2009, 1708). Nach § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG soll aber exakt nur der Betrag neutralisiert werden, der zuvor auf Ebene der Einkommensteuerfestsetzung steuerfrei gestellt wurde. Diese Wechselwirkung zwischen der steuerlichen Behandlung von Einnahmen i.S. des § 3 Nr. 40 EStG für Zwecke der Einkommensteuer einerseits und der Kirchensteuer andererseits und die hiermit verbundene Notwendigkeit einer einheitlichen Entscheidung spricht für einen ausschließlichen Prüfungsvorbehalt im Rahmen des Einkommensteuerfestsetzungsverfahrens.
Der Senat setzt sich – anders als der Kläger meint – insoweit auch nicht in Widerspruch zu der Entscheidung des BFH vom 28.11.2007 (BFHE 221, 288, BFH/NV 2008, 842). Denn anders als im vorliegenden Verfahren stand dort nicht der Grund und/oder die Höhe der steuerbefreiten Kapitalerträge im Streit, sondern ausschließlich die Frage, ob für Zwecke der Ermittlung der Kirchensteuer – über den Gesetzeswortlaut hinaus – vortragsfähige Verluste in Abzug zu bringen sind. Die gemäß § 3 Nr. 40 EStG hinzuzurechnenden Halbeinkünfte waren dem Grunde und der Höhe nach – anders als im vorliegenden Verfahren – unstreitig. Die Gefahr divergierender Entscheidungen im Einkommensteuer- und Kirchensteuerfestsetzungsverfahren bestand somit nicht.
Entgegen der Auffassung des Klägers steht zur Überzeugung des Senats fest, dass er mit seinen materiell-rechtlichen Einwendungen gegen Grund und Höhe der festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen im Einkommensteuerfestsetzungsverfahren rechtliches Gehör zu finden hat. Die Einkommensteuerfestsetzung für 2001 in Höhe von 0 DM steht dem nicht entgegen. Zwar trifft es zu, dass eine Null-Festsetzung den Steuerpflichtigen regelmäßig nicht belastet, so dass es an einer nach § 40 Abs. 2 FGO erforderlichen Beschwer fehlt (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 15.02.2001 III R 10/99, BFH/NV 2001, 1125). Ausnahmsweise kann eine unzutreffende Besteuerungsgrundlage aber auch im Rahmen einer Null-Festsetzung eine Rechtsverletzung auslösen, sofern diese z.B. für andere Behörden oder Stellen zu Lasten des Steuerpflichtigen bindend ist (vgl. Tipke in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 40 FGO Rdnr. 42 m.w.N.). Gleiches gilt, wenn diese Bindung eine andere Steuerart betrifft, sofern zwischen den beiden Steuerarten auch tatsächlich eine Bindungswirkung besteht (vgl. BFH-Beschluss vom 30.04.2002 X B 207/01, BFH/NV 2002, 1313). Aus den oben genannten Erwägungen erstreckt sich die Grundlagenbescheidsfunktion des Einkommensteuerbescheids für die Kirchensteuerfestsetzung auch auf die Ermittlung der Bemessungsgrundlage, für die im Einkommensteuerfestsetzungsverfahren die teilweise Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 40 EStG zu gewähren ist.
4. Eine Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO im Hinblick auf eine Vorgreiflichkeit der Entscheidung im Verfahren gegen die Einkommensteuerfestsetzung 2001 war nicht angezeigt. Denn im vorliegenden Verfahren sind nicht nur Besteuerungsgrundlagen streitig, die zur Überzeugung des Senats Gegenstand eines anderen Verfahrens (Einkommensteuerfestsetzung) sind. Darüber hinaus war vorliegend auch darüber zu befinden, ob die ungekürzte Hinzurechnung der nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfreien Einnahmen für Zwecke der Festsetzung der Kirchensteuer mit dem Prinzip der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit zu vereinbaren ist. Dies rechtfertigt eine vorzeitige Entscheidung (vgl. BFH-Beschluss vom 28.02.2001 I R 41/99, BFHE 194, 317, BStBl II 2001, 416).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
6. Die Zulassung der Revision erfolgt wegen grundsätzlicher Bedeutung sowie zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO). Es bedarf einer Entscheidung des BFH zur Klärung der Rechtsfrage, ob materiell-rechtliche Einwendungen gegen die Höhe der zum Teil steuerfrei belassenen Kapitaleinkünfte i.S. des § 3 Nr. 40 EStG bei einer auf 0 DM festgesetzten Einkommensteuer im Einkommensteuerfestsetzungs- oder aber im Kirchensteuerfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen sind, sofern eine steuerliche Relevanz im jeweiligen Streitjahr nur auf Ebene der Kirchensteuer besteht.