02.11.2010
Finanzgericht des Saarlandes: Urteil vom 23.02.2010 – 2 K 2102/06
Das bei einer Auktion in der Schweiz an den Auktionator gezahlte Aufgeld ist keine „Einkaufsprovision” i. S. d. Art. 32 Abs. 4 Zollkodex, sondern gehört zum Zollwert des ersteigerten Gegenstandes, wenn das Aufgeld von jedem Ersteigerer unabhängig davon zu bezahlen ist, ob dieser dem Auktionshaus noch einen zusätzlichen Auktionsauftrag erteilt oder persönlich im Saal mitgeboten hat, und wenn aus den Auktionsbedingungen nicht zu ersehen ist, dass das Aufgeld für eine dem Ersteigerer gegenüber in dessen besonderem Auftrag zu erbringende Leistung gezahlt wird.
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat der 2. Senat des Finanzgerichts des Saarlandes durch den Vizepräsident des Finanzgerichts … als Vorsitzender, die Richterinnen am Finanzgericht … und …, den ehrenamtlichen Richter … und die ehrenamtliche Richterin … ohne mündliche Verhandlung am 23. Februar 2010 für Recht erkannt:
Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist der Zollwert eines ersteigerten Bildes streitig.
Der Kläger ersteigerte am 14. November 2005 bei einem Auktionshaus in der Schweiz ein Aquarell. Ausweislich der Auktionsrechnung hatte er dafür den Zuschlagspreis von 1.300 CHF sowie ein Aufgeld von 260 CHF zuzüglich 7,6% MwSt auf das Aufgeld = 19,75 CHF, mithin insgesamt 1.579,75 CHF zu bezahlen (Bl. 26). Die Deutsche Post AG als Beförderer des Bildes meldete die Sendung beim Zollamt Germersheim zum zollrechtlich freien Verkehr an. Das Zollamt berechnete daraufhin auf der Grundlage des 1019,79 EUR entsprechenden Gesamtbetrages mit Bescheid vom 2. Dezember 2005 Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) i. H. v. 72,88 EUR (Bl. 12 E-A). Mit Schreiben vom 15. Dezember 2005 beantragte der Kläger, der Berechnung der EUSt nur 1.300 CHF = 839,20 EUR zu Grunde zu legen (Bl. 10 E-A). Der Beklagte behandelte dieses Schreiben als Antrag auf teilweise Erstattung der EUSt und lehnte diesen am 17. Januar 2006 ab (Bl. 5). Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 21. Januar 2006 Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 2. Februar 2006 als unbegründet zurückgewiesen wurde (Bl. 7).
Mit der Klage vom 8. März 2006 beantragt der Kläger sinngemäß (Bl. 2),
unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 17. Januar 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Februar 2006 den Beklagten zu verpflichten, Einfuhrumsatzsteuer i. H. v. 14,14 EUR zu erstatten.
Er ist der Ansicht, das Aufgeld nebst MwSt dürfe nicht in den Zollwert einbezogen werden und die darauf entfallende EUSt sei nach Art. 236 ZK zu erstatten. Denn nach Art. 29 ZK sei der Zollwert einer Ware der gezahlte oder zu zahlende Preis, der gegebenenfalls nach den Art. 32 und 33 ZK zu berichtigen sei. Dabei gehöre nach Art. 32 Abs. 1a) i) ZK eine Einkaufsprovision (Bl. 18) nicht zu diesem Preis. Nach den Auktionsbedingungen (Bl. 27) habe der Ersteigerer eine Provision an den Auktionator zu zahlen, die eine Gegenleistung für dessen Leistungen an den Ersteigerer darstelle. Da der Auktionator wie ein Vermittler tätig werde, handele es sich um eine an einen Dritten zu zahlende Einkaufsprovision (Bl. 18). Er habe vor der Auktion dem Auktionshaus einen konkreten Auktionsauftrag zur Ersteigerung des Bildes erteilt (Bl 60, 62).
Der Beklagte beantragt (Bl. 53),
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, das Auktionsaufgeld sei Bestandteil des Zollwertes, da es sich nicht um eine Einkaufsprovision handele. Für eine Einkaufsprovision müsse bereits vor dem Zustandekommen des Kaufs eine Beauftragung des Dritten erfolgen. Die vorgelegten Auktionsbedingungen ließen keine konkreten Rückschlüsse auf eine Beauftragung des Auktionators durch den Kläger zu. Vielmehr werde der Auktionator für den Einlieferer tätig, da er nach Nr. 14 der Auktionsbedingungen im Namen und für Rechnung Dritter verkaufe, ohne dass der Käufer Anspruch darauf habe, die Identität des Verkäufers oder die von diesem zu leistende Kommission zu erfahren. Der Käufer sei dem Willen des Verkäufers und dem des an ihn gebundenen Auktionshauses ausgeliefert, da dieses das Gebot ohne Gründe ablehnen (Nr. 3 Satz 1 und Nr. 1 Satz 3 der Bedingungen), nach eigenem Ermessen Lose verändern oder ganz von der Auktion zurückziehen (Nr. 3 Satz 2 der Bedingungen) und bereits bei nicht rechtzeitiger Zahlung den Zuschlag annullieren könne (Nr. 8 Satz 1 der Bedingungen, Bl. 54). Da es sich bei dem Aufgeld um eine Zahlung handelt, die das Auktionshaus von jedem Ersteigerer einfordert, werde das Aufgeld auch bei einem schriftlichen Bieterauftrag nicht zu einer Einkaufsprovision.
Dem Senat hat die Akte des Beklagten vorgelegen, auf die – wie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
1. Eine Erstattung von Einfuhrausgaben nach Art. 236 ZK setzt den Nachweis voraus, dass der Betrag im Zeitpunkt der Zahlung nicht gesetzlich geschuldet war. Geschuldet waren die Abgaben, die auf der Grundlage des Zollwertes berechnet wurden. Gemäß Art. 29 ZK ist dies grundsätzlich der bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis, gegebenenfalls nach Berichtigung gemäß den Art. 32 (Hinzurechnungen) und 33 ZK (abzusetzende Beträge). Ziel dieser Regelungen ist es, den Wert „frei Einfuhrort in die Gemeinschaft” zu ermitteln (vgl. Krüger in Dorsch, Zollrecht Kommentar, ZK Art. 29 Rdnr. 55). Nach Art. 29 Abs. 3 a) ZK ist der maßgebliche Preis die vollständige Zahlung, die der Käufer an den Verkäufer oder zu dessen Gunsten für die eingeführte Ware entrichtet und schließt auch die Zahlungen ein, die der Käufer an einen Dritten zur Erfüllung einer Verpflichtung des Verkäufers tatsächlich entrichtet. Deshalb sind in den Zollwert nach Art. 33 ZK u. a. Einkaufsprovisionen (Art. 33 e) ZK) nicht einzubeziehen.
Unter dem Begriff „Einkaufsprovisionen” sind nach Art. 32 Abs. 4 ZK Beträge zu verstehen, die ein Einführer jemandem (Einkaufskommissionär, Einkaufsagent) dafür zahlt, dass er für ihn beim Kauf der zu bewertenden Waren tätig wird (BFH vom 4. November 1999 VII R 43/98, BFH/NV 2000, 529 unter Bezug auf EuGH vom 25. Juli 1991 Rs. C-299/90, EuGHE 1991, I-4301).
2. Das Aufgeld des Auktionshauses gehört zum Zollwert des Bildes. Entgegen der Auffassung des Klägers stellt es keine Einkaufsprovision im Sinne der Zollvorschriften dar, sondern ist als Bestandteil des Kaufpreises.
Aus den Auktionsbedingungen ist nicht zu ersehen, dass das Aufgeld für eine dem Ersteigerer gegenüber in dessen besonderem Auftrag zu erbringende Leistung gezahlt wird. Wie der Beklagte zutreffend festgestellt hat, ist das Aufgeld von jedem Ersteigerer zu bezahlen, gleich, ob dieser dem Auktionshaus noch einen zusätzlichen Auktionsauftrag erteilt oder persönlich im Saal mitgeboten hat. Eine Einkaufsprovision wäre im Gegensatz dazu etwa dann gegeben, wenn der Kläger für den am 13. November 2005 erteilten Auktionsauftrag, das Bild in seinem Namen und auf seine Kosten zu ersteigern (Bl. 67), für das Bieten selbst eine gesonderte Zahlung zu erbringen gehabt hätte.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des EuGH vom 9. Februar 2006 C-305/03, Beilage BFH/NV 7/2006. Die dortigen Ausführungen zur Provision des Auktionators stehen im Einklang mit den obigen Ausführungen, wenngleich es in dieser Entscheidung um eine Frage der Umsatzsteuer ging. Der EuGH hat die Ansicht des Vereinigten Königreiches, die Gewinnspanne des Auktionators sei Teil des Einfuhrwertes, zwar als unbegründet angesehen. Das bedeutet aber gerade nicht, dass damit eine Auktionsprovision nicht zum Zollwert gehört. Vielmehr ist – für Zwecke der Umsatzsteuer – die Leistung des Auktionators erst nach der Einfuhr erbracht worden und damit ein anderer Umsatzsteuersatz anzuwenden als für die Einfuhr zur vorübergehenden Verwendung der Kunstgegenstände. Das spricht gerade dafür, dass diese Provision für den Ersteigerer, der die Ware nach dem Zuschlag in die Gemeinschaft einführt, Teil des Zollwertes im Sinne einer Verkaufsprovision darstellt.
3. Die Entscheidung ergeht gem. § 94a Satz 1 FGO ohne mündliche Verhandlung, da der Steitwert 500 EUR nicht übersteigt.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 135 Abs. 1 FGO zu Lasten des Klägers.
Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, da die Frage der Behandlung des Aufgelds des Auktionators bei der Ermittlung des Zollwertes von grundsätzlicher Bedeutung ist.