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  • 02.11.2010

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 30.06.2010 – 15 K 2115/09 E

    - Bei dem Abzug von Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastung ist die für die gesetzliche Unterhaltsberechtigung erforderliche Unterhaltsbedürftigkeit aufgrund der typisierenden Bestimmungen des § 33a Abs. 1 EStG zu unterstellen.


    - Eine konkrete Überprüfung des Merkmals der Erfüllung der Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsempfängers ist daher auch in Auslandssachverhalten entbehrlich.


    - Unterstützungsleistungen sind nur dann auf alle am selben Ort lebenden Angehörigen nach Köpfen aufzuteilen, wenn diese Personen Mitglieder einer Haushaltsgemeinschaft sind oder die Zahlungen auch für sie bestimmt sind.


    Tatbestand

    Streitig ist, in welchem Umfang Unterhaltszahlungen nach § 33 a des Einkommensteuergesetzes – EStG – zu berücksichtigen sind.

    Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer – Est – veranlagt. Im Rahmen ihrer ESt-Erklärung 2005 machten sie Unterhaltszahlungen i.H.v. insgesamt 5.760,- EUR geltend. Empfänger dieser Zahlungen waren die 69-jährige Mutter sowie der 23-jährige Sohn und die 26-jährige Tochter der Klägerin, die in Thailand, etwa 50 km entfernt von „M-Stadt”, leben und dort eine Haushaltsgemeinschaft bilden. In unmittelbarer Nachbarschaft lebt die vierköpfige Familie des Bruders der Klägerin in einer eigenen Haushaltsgemeinschaft. Die Unterhaltszahlungen erfolgten durch drei Überweisungen, nämlich am 04. Januar 2005 i.H.v. 5.814,22 EUR auf das Konto des Sohnes sowie am 09. Mai 2005 i.H.v. 438,53 EUR und am 18. August 2005 i.H.v. 322,77 EUR auf das Konto der Mutter der Klägerin. Mit ihrer ESt-Erklärung legten die Kläger Unterhaltsbescheinigungen der thailändischen Gemeindebehörde vor, aus denen hervorgeht, dass die Unterhaltsempfänger über keine eigenen Einkünfte oder eigenes Vermögen verfügen und von keinen anderen Personen Unterhaltszahlungen erhalten.

    Im Rahmen des ESt-Bescheides 2005 vom 12. Dezember 2006 erkannte der Beklagte, das Finanzamt „E-Stadt”, die geltend gemachten Unterhaltszahlungen nicht an. Zur Begründung führte er u.a. aus, die von den Klägern vorgelegten Unterhaltsbescheinigungen enthielten keine Angaben über Unterhaltszahlungen anderer Personen; ferner fehlten Familienstandsbescheinigungen für alle unterhaltenen Personen. Darüber hinaus befänden sich die Kinder der Klägerin im erwerbsfähigen Alter; hinreichende Anhaltspunkte, dass sie ihrer Erwerbsobliegenheit nachgekommen seien, fehlten. Außerdem bestehe die widerlegliche Vermutung, dass die in Deutschland wohnhafte Schwester der Klägerin ebenfalls Unterhaltszahlungen an ihre Mutter erbringe.

    Gegen den ESt-Bescheid vom 12. Dezember 2006 legten die Kläger am 02. Januar 2007 Einspruch ein.

    Im Laufe des Einspruchsverfahrens legten sie ein von der Schwester der Klägerin und deren Ehemann unterzeichnetes Schreiben vom 09. Dezember 2008 vor, wonach keinerlei Unterhaltsleistungen an die Mutter der Klägerin in Thailand gezahlt worden seien. Darüber hinaus brachten die Kläger eine Bescheinigung über ein Universitätsstudium des Sohnes der Klägerin von Juni 2001 bis Juni 2007 sowie weitere von der Gemeindebehörde und den Kindern sowie der Mutter der Klägerin jeweils unterzeichnete Unterhaltserklärungen bei. Auf den Inhalt dieser Erklärungen (vgl. Einspruchsakte) wird Bezug genommen.

    Im Rahmen der Einspruchsentscheidung vom 05. Mai 2009 erkannte der Beklagte Unterhaltsaufwendungen für die Mutter und den Sohn der Klägerin i.H.v. 1.496,- EUR an und änderte den ESt-Bescheid 2005 vom 12. Dezember 2006 entsprechend ab. Im Übrigen wies er den Einspruch der Kläger als unbegründet zurück.

    Zur Begründung führte er aus, die geltend gemachten Unterhaltszahlungen seien, soweit sie an die Mutter und den Sohn der Klägerin geflossen seien, teilweise anzuerkennen. Die Tochter der Klägerin sei hingegen nicht berücksichtigungsfähig, da davon auszugehen sei, dass diese ihrer Erwerbsobliegenheit nicht hinreichend nachgekommen sei. Dafür, dass sie infolge einer Erkrankung, Behinderung, Kinderbetreuung oder Ausbildung hieran gehindert gewesen sei, lägen keine Anhaltspunkte vor. Ferner sei zu berücksichtigen, dass der Bruder der Klägerin mit seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern in unmittelbarer Nachbarschaft zu der Mutter und den beiden Kindern der Klägerin wohne. Aufgrund der geringen Einkünfte des Bruders sei dessen Familie ebenfalls bedürftig. Würden am selben Ort lebende Familienangehörige unterhalten, seien die glaubhaft gemachten Unterhaltszahlungen einheitlich nach Köpfen aufzuteilen, auch soweit unterhaltene Personen nicht zu den zum Abzug berechtigten Unterhaltsempfängern gehörten. Die vorliegend dem Grunde nach berücksichtigungsfähigen Unterhaltszahlungen seien daher auf insgesamt sieben Personen aufzuteilen, wobei lediglich die Mutter und der Sohn der Klägerin als berechtigte Unterhaltsempfänger anzusehen seien.

    Die Kläger haben am 04. Juni 2009 Klage erhoben.

    Sie tragen vor, der Beklagte habe die Berücksichtigung der Unterhaltszahlungen an die Tochter der Klägerin zu Unrecht versagt und im Übrigen eine unzutreffende Aufteilung der Unterhaltszahlungen nach Köpfen vorgenommen. Die Bedürftigkeit der unterhaltenen Person sei zwar tatbestandliche Voraussetzung für eine Unterhaltsberechtigung; indes sei die Bedürftigkeit bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 33 a Abs. 1 EStG typisierend zu unterstellen. Das Bestehen einer konkreten Unterhaltspflicht nach den zivilrechtlichen Vorschriften werde von der Rechtsprechung nicht gefordert. Darüber hinaus könne der zeitlichen Zuordnung der einzelnen Unterhaltszahlungen durch den Beklagten nicht gefolgt werden. Der Beklagte habe unterstellt, dass die einzelnen Unterhaltszahlungen zur Deckung des Lebensunterhalts nur bis zur nächsten Unterhaltszahlung vorgesehen gewesen seien. Die einzelnen Unterhaltszahlungen – insbesondere auch die erste Zahlung im Januar 2005 – seien jedoch darauf gerichtet gewesen, den im gesamten Jahr anfallenden laufenden Unterhaltsbedarf abzudecken. Ferner sei der gezahlte Unterhalt lediglich auf die drei tatsächlich unterhaltsberechtigten Personen zu verteilen, nicht hingegen zusätzlich auf die vierköpfige Familie des Bruders der Klägerin. Denn diese bilde eine eigene Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft in einem eigenen von der Unterkunft der Unterhaltsempfänger getrennten Haus. Nur innerhalb einer Haushaltsgemeinschaft, die gemeinschaftlich den Lebensunterhalt bestreite, sei eine Zurechnung von Unterhaltszahlungen auch auf nicht unterhaltsberechtigte Personen gerechtfertigt, da diese nur in einem solchen Fall von den Unterhaltszahlungen über die gemeinschaftliche Haushaltsführung partizipierten. Dieser Gedanke sei jedoch nicht auf andere am Ort lebende Angehörige, die über einen eigenen Haushalt verfügten, übertragbar. Zudem seien die Unterhaltszahlungen unstreitig ausschließlich für die Mutter und die Kinder der Klägerin bestimmt gewesen.

    Die Kläger beantragen,

    den ESt-Bescheid vom 12. Dezember 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05. Mai 2009 zu ändern und Unterhaltszahlungen i.H.v. weiteren 4.264,00 EUR als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung beruft er sich auf sein bisheriges Vorbringen.

    Wegen des weiteren Sachvortrags der Beteiligten wird auf die einzelnen Schriftsätze und das Protokoll über den Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am 28.05.2010 sowie auf den Inhalt der dem Gericht vorgelegten Steuerakten Bezug genommen.

    Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung, weil die Beteiligten übereinstimmend auf deren Durchführung verzichtet haben und eine weitere Sachverhaltsaufklärung entbehrlich ist, § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO –.

    Gründe

    Die Klage ist begründet.

    Der ESt-Bescheid vom 12. Dezember 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05. Mai 2009 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO), soweit die über den Betrag von 1.496,- EUR hinausgehenden Unterhaltszahlungen der Kläger nicht steuermindernd nach § 33 a Abs. 1 EStG in Abzug gebracht worden sind.

    Nach § 33 a Abs. 1 EStG können Unterhaltszahlungen bis zu 7.680,- EUR je unterstützter Person vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, wenn die unterstützte Person gegenüber dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gesetzlich unterhaltsberechtigt ist, kein eigenes oder nur geringes Vermögen hat sowie für sie kein Anspruch auf einen Kinderfreibetrag (§ 32 Abs. 6 EStG) oder Kindergeld besteht. Ist die unterhaltene Person nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, können die Aufwendungen nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates der unterhaltenen Person notwendig und angemessen sind (§ 33 a Abs. 1 Satz 5 EStG). Da es sich bei Unterhaltszahlungen nach § 33 a Abs. 1 EStG um steuermindernde Tatsachen handelt, trägt der Steuerpflichtige für deren Vorliegen die objektive Beweislast (Feststellungslast). Bei Zahlungen an im Ausland lebende Empfänger trifft ihn nach § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung – AO – eine besondere Verpflichtung, bei der Aufklärung des Sachverhaltes mitzuwirken und Beweismittel zu beschaffen. Zuzulassen sind sichere und leicht nachprüfbare – soweit möglich inländische – Beweismittel (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 03. Juni 1997 III R 205/81, Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 150, 151, Bundessteuerblatt –BStBl – II 1997, 675).

    Diesen Grundsätzen folgend, liegen die Voraussetzungen für die Berücksichtigung der von den Klägern geltend gemachten Unterhaltszahlungen nach § 33a Abs. 1 EStG im Streitfall vor.

    1. Die Kläger haben die von ihnen geltend gemachten Unterhaltszahlungen an die in Thailand lebenden Angehörigen nachgewiesen.

    Der Zahlungsnachweis ist durch Vorlage der Überweisungsbelege der Sparkasse „E-Stadt” über einen Überweisungsbetrag i.H.v. insgesamt 6.575,52 EUR erbracht. Unschädlich und vom Beklagten nicht (mehr) beanstandet ist das Fehlen von Nachweisen über Bankabhebungen der Zahlungsempfänger; mangels gegenteiliger Anhaltspunkte dokumentieren die belegten Überweisungen die Verfügbarkeit der Mittel zugunsten der Zahlungsempfänger hinreichend. Ebenfalls unschädlich ist, dass die einzelnen Zahlungen lediglich auf Konten der Mutter bzw. des Sohnes – nicht aber der Tochter – der Klägerin eingezahlt worden sind. Auch nach der Verwaltungsauffassung (vgl. Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen –BMF– vom 15. September 1997, Tz. 4, BStBl I 1997, 826) reicht bei der Unterhaltung mehrerer, in einem gemeinsamen Haushalt lebender Personen ein auf den Namen einer von diesen lautender Überweisungsbeleg zum Nachweis aus.

    2. Die Ehefrau des Klägers ist gegenüber ihrer Mutter und ihren Kindern auch unterhaltspflichtig.

    Ob ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch besteht, bestimmt sich nach inländischen Maßstäben, selbst wenn – wie vorliegend – die Unterhaltsempfänger nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind (§ 33a Abs. 1 Satz 5, 2. Halbs. EStG). Nach den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB – ergibt sich die Unterhaltspflicht der Klägerin gegenüber ihrer Mutter und ihren Kindern aus §§ 1601, 1589 Abs. 1 Satz 1 BGB. Mangels Verwandtschaft in gerader Linie ist die Klägerin indes nicht gegenüber ihrem Bruder und dessen Ehefrau und Kindern unterhaltspflichtig. Eine Kürzung der Unterhaltszahlungen kommt deshalb jedoch nicht in Betracht. Zwar sind nach der Rechtsprechung des BFH Unterhaltsaufwendungen für Angehörige, die am selben Ort leben, grundsätzlich nach Köpfen aufzuteilen, und zwar unabhängig davon, ob die unterhaltenen Personen unterhaltsberechtigt sind oder nicht (BFH-Urteile vom 12. November 1993 III R 39/92, BFHE 174, 317, BStBl II 1994, 731 und vom 19. Juni 2002 III R 28/99, BFHE 199, 355, BStBl II 2002, 753). In den Fällen, in denen die Angehörigen nicht Mitglieder einer Haushaltsgemeinschaft sind, gilt dies jedoch nur dann, wenn die Unterstützungsleistungen auch für diese Personen bestimmt sind (BFH-Beschluss vom 25. März 2009 VI B 152/08, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2009, 932). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt. Die Unterhaltszahlungen der Kläger sollten unstreitig ausschließlich der Mutter und den Kindern der Klägerin zugute kommen und deren Unterhaltsbedarf abdecken; die Zahlungen erfolgten mit dem Ziel, die langfristige Versorgung der Kinder und der Mutter der Klägerin auch nach deren Übersiedelung nach Deutschland sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund ist das Vorbringen der Kläger, die Zahlungen seien nicht für die – unstreitig eine eigene Haushaltsgemeinschaft bildende – Familie des Bruders bestimmt gewesen, schlüssig und nachvollziehbar. Die Zweckbestimmung der einzelnen Zahlungen hat der Beklagte auch nicht bestritten. Dass die beiden Familien aufgrund der örtlichen Nähe und ihres nachbarschaftlichen Zusammenlebens gelegentlich eine gemeinsame Mahlzeit o.ä. eingenommen haben, führt nicht zu einer anderen Beurteilung.

    3. Die Kläger haben die Unterhaltszahlungen auch in der zutreffenden Höhe geltend gemacht. Die abzugsfähigen Beträge entsprechen dem (reduzierten) Höchstbetrag von 1.920,- EUR je unterstützter Person.

    a) Nach § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG ist bei nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Unterstützungsempfängern der abziehbare Höchstbetrag auf das nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates Notwendige und Angemessene zu beschränken. Nach der sog. Ländergruppeneinteilung (vgl. BMF-Schreiben vom 17. November 2003 IV C 4 – S 2285 – 54/03, BStBl I 2003, 637), die auch von den Steuergerichten zu beachten ist (vgl. BFH-Urteil vom 22. Februar 2006 I R 60/05, BFHE 212, 468, BStBl II 2007, 106), ist im vorliegenden Fall für Thailand der abziehbare Höchstbetrag auf ein Viertel, d.h. 1.920,- EUR je Unterhaltsempfänger zu reduzieren.

    b) Eine weitere Kürzung der abzugsfähigen Beträge aufgrund einer lediglich zeitanteiligen Berücksichtigung der Unterhaltszahlungen kommt nicht in Betracht.

    In den Fällen, in denen ein Unterhaltsverpflichteter Angehörige laufend unterstützt, spricht zwar eine tatsächliche (indes widerlegliche) Vermutung dafür, dass er seine Leistungen so einrichtet, dass sie zur Deckung des Lebensbedarfs bis zum Erhalt der nächsten Zahlung dienen; eine solche Strukturierung der Unterhaltszahlungen bewirkt jedoch lediglich, dass eine geleistete Zahlung grundsätzlich nicht auf Monate vor dem Zahlungsmonat zurückbezogen werden darf (BFH-Urteil vom 02. Dezember 2004 III R 49/03, BFHE 208, 531, BStBl II 2005, 483), nicht hingegen, dass sie auch für die Zukunft nur für die Monate ab Erhalt der Zahlung bis zur nächsten Unterhaltsleistung berücksichtigt werden kann und für die Folgemonate „verbraucht” ist; dies jedenfalls dann nicht, wenn es sich nicht um laufende, sondern – wie im Streitjahr – um sowohl der Höhe als auch der zeitlichen Reihenfolge nach uneinheitliche und irreguläre Unterhaltszahlungen handelt, sofern diese – was vorliegend unstreitig ist – der Deckung des Lebensbedarfs der Unterhaltsempfänger dienen und für deren laufenden Unterhalt bestimmt sind. Im Streitfall kommt hinzu, dass der Kläger plausibel vorgetragen hat, dass er zur Vermeidung von Mehrkosten von Auslandsüberweisungen sowie im Hinblick auf mögliche Wechselkursschwankungen die betragsmäßig größte Unterhaltszahlung regelmäßig zu Beginn des Jahres erbracht habe.

    Eine zeitanteilige Kürzung der Unterhaltszahlungen ist auch nicht nach § 33a Abs. 4 Satz 1 EStG geboten, denn die Kläger haben die Angehörigen im Streitjahr durchgängig unterstützt; angesichts der Höhe insbesondere der ersten Unterhaltszahlung war die Unterstützung im gesamten Zeitraum gewährleistet.

    c) Eine Kürzung der von den Klägern geltend gemachten Unterhaltszahlungen kommt entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht deswegen in Betracht, weil die Tochter der Klägerin mangels Erfüllung ihrer Erwerbsobliegenheit als nicht unterstützungsbedürftig und damit nicht unterhaltsberechtigt anzusehen wäre.

    Ein hinreichender Nachweis dafür, dass die Tochter der Klägerin im Streitjahr in ausreichendem Maße ihrer Erwerbsobliegenheit nachgekommen ist, ist vorliegend zwar nicht feststellbar. Die Unterhaltserklärung vom 25. Februar 2009, aus der hervorgeht, dass die Tochter im Streitjahr beschäftigungslos war, ist hinsichtlich eigener Arbeitsbemühungen nicht aussagekräftig. Auch das Vorbringen des Klägers zu den schwierigen Arbeitsmarktbedingungen vor Ort in Thailand lassen keinen sicheren Rückschluss darauf zu, dass es der Tochter im Streitjahr nicht oder nur eingeschränkt möglich gewesen wäre, sich um eine Erwerbstätigkeit zu bemühen. Hinzu kommt, dass der Kläger selbst die von ihm im Erörterungstermin am 28. Mai 2010 im Einzelnen beschriebenen Bewerbungs- und Arbeitsbemühungen in zeitlicher Hinsicht nicht zweifelsfrei dem Streitjahr zuordnen konnte.

    Indes ist der Senat unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des BFH zur Erwerbsobliegenheit (vgl. hierzu: BFH-Urteil vom 18. Mai 2006 III R 26/05, BFHE 214, 129, BStBl II 2007, 108) der Ansicht, dass die Unterhaltsbedürftigkeit der Tochter im Wege einer typisierenden Betrachtung bejaht werden kann.

    Nach dieser (zu einem Inlandssachverhalt ergangenen) Rechtsprechung kommt es bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 33a Abs. 1 EStG für die gesetzliche Unterhaltsberechtigung nach § 33a Abs. 1 EStG nicht auf das Bestehen einer konkreten zivilrechtlichen Unterhaltspflicht an. Es genügt, dass der Unterhaltsempfänger dem Grunde nach unterhaltsberechtigt ist; die nach § 1602 Abs. 1 BGB hierfür erforderliche Unterhaltsbedürftigkeit ist aufgrund der typisierenden Bestimmungen des § 33a Abs. 1 EStG zu unterstellen. Dies folgt nach Auffassung des BFH vor allem aus dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung: Wenn die Steuerverwaltung jeweils die zivilrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen für die Gewährung von Unterhalt prüfen müsste, wäre das Steuerverfahren erheblich erschwert und die gleichmäßige Anwendung der Steuergesetze gefährdet (BFH-Urteil vom 18. Mai 2006, aaO, Rz. 28f.).

    Der Gedanke der Verwaltungsvereinfachung gilt nach Ansicht des Senates jedoch auch und besonders in Auslandssachverhalten, so dass auch im vorliegenden Fall die vom BFH vorgenommene typisierende Betrachtung bei der Überprüfung des Merkmals der Erwerbsobliegenheit angezeigt erscheint. Auslandssachverhalte sind dadurch gekennzeichnet, dass die für die Besteuerung maßgeblichen Merkmale regelmäßig nur unter erschwerten Bedingungen festgestellt werden können; auch unter Berücksichtigung der sich aus § 90 Abs. 2 AO ergebenden besonderen Mitwirkungspflichten der Steuerpflichtigen ist insoweit oftmals ein Eindringen in deren persönlichen Verhältnisse durch die Steuerverwaltung erforderlich.

    Auch der Wortlaut und die Entstehungsgeschichte des § 33a Abs. 1 EStG legen es aus Sicht des Senates nahe, dass im Rahmen des § 33a Abs. 1 EStG eine konkrete Prüfung der zivilrechtlichen Anspruchsvoraussetzung der Unterhaltsbedürftigkeit entbehrlich ist. Denn diese Voraussetzung ist aus dem Merkmal der „Zwangsläufigkeit” abgeleitet worden, das seit Änderung des § 33a Abs. 1 EStG durch das Jahressteuergesetz 1996 vom 11. Oktober 1995 (BGBl 1995, 1250, BStBl I 1995, 438) zugunsten des Erfordernisses der gesetzlichen Unterhaltsberechtigung entfallen ist. Ein eigenständiges steuerrechtliches Tatbestandsmerkmal der Bedürftigkeit existiert mithin nicht mehr (BFH-Urteil vom 18.05.2006 III R 26/05 a.a.O., Rz. 27). Die Notwendigkeit einer konkreten Bedürftigkeitsprüfung bei Unterhaltszahlungen mit Auslandsbezug kann auch nicht aus § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG hergeleitet werden. Die Vorschrift besagt lediglich, dass nur nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates der unterhaltenen Person notwendige und angemessene Aufwendungen abgezogen werden können; sie stellt von ihrem Wortlaut mithin nicht auf die persönlichen Verhältnisse der unterstützten Person ab (so auch: Loschelder in Schmidt, EStG, 29. Aufl. 2010, § 33a Rz. 19 a.E.; aA: FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06. November 2008 13 K 13009/08, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2009, 398).

    Die weiteren Voraussetzungen für die Berücksichtigung der Unterhaltszahlungen nach § 33a Abs. 1 EStG liegen unstreitig vor; der Klage war daher in vollem Umfang stattzugeben.

    Die Berechnung der festzusetzenden Steuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagten übertragen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

    Die Revision wird im Hinblick auf mehrere beim BFH anhängige Revisionsverfahren zur Frage der Erwerbsobliegenheit bei Auslandssachverhalten (vgl. die Verfahren VI R 5/09, VI R 29/09 und VI R 40/09) zugelassen.

    VorschriftenEStG § 33 a Abs. 1, BGB § 1589 Abs. 1 Satz 1, BGB § 1601, BGB § 1602 Abs. 1, AO § 90 Abs. 2