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  • 02.11.2010

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 05.02.2010 – 7 K 1213/09 E

    - Die bei der Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung eines GmbH-Anteils abzuziehenden Anschaffungskosten des Veräußerers umfassen auch den Verzicht auf den Anteil am Gewinnvortrag und dem Jahresüberschuss gegenüber dem Erwerber.


    - Die Übertragung des Gewinnbezugsrechts gem. § 29 Abs. 1 GmbHG steht der Übertragung des erst mit dem Gewinnverteilungs- bzw. Feststellungsbeschluss entstehenden Anspruchs auf Ausschüttung des Gewinns gleich.


    Tatbestand

    Der Kläger war mit einem weiteren Gesellschafter jeweils zur Hälfte an der „E-GmbH” beteiligt, deren Stammkapital sich auf 25.000 EUR belief. Auf das Stammkapital waren von den Gesellschaftern jeweils 6.391,50 EUR eingezahlt. Ausweislich der Bilanz zum 31.12.2003 belief sich der Gewinnvortrag aus früheren Jahren auf 78.068,08 EUR, der Jahresüberschuss 2003 auf 5.680,96 EUR. Der Jahresüberschuss 2003 sollte vorgetragen werden. Mit Vertrag vom 2.7.2004 verkaufte der Kläger seinen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 12.500 EUR an der GmbH an den Mitgesellschafter. Er verzichtete zugunsten des Erwerbers auf den ihm anteilig zustehenden Jahresüberschuss aus dem Geschäftsjahr 2003 sowie den ihm anteilig zustehenden Gewinnvortrag aus früheren Jahren. Die Gegenleistung des Mitgesellschafters bestand nach Ziffer 2 des Vertrages aus einem Barkaufpreis von 6.391,50 EUR sowie der Übernahme eines Gesellschafterdarlehens in Höhe von 38.336,23 EUR.

    Der Kläger vertrat in seiner Einkommensteuererklärung die Auffassung, unter Berücksichtigung von Notarkosten (488,71 EUR) sei ihm ein Veräußerungsverlust in Höhe von 10.138,50 EUR entstanden. Demgegenüber ermittelte der Beklagte einen Veräußerungsgewinn wie folgt:

    Veräußerungspreis    
    - Barzahlung 6.391,50 EUR  
    - Verzicht auf Gesellschafterdarlehen 38.336,23 EUR  
    Summe 44.727,73 EUR 44.727,73 EUR
         
    Anschaffungskosten    
    - eingezahlte Einlage 6.391,50 EUR  
    - Notarkosten 488,71 EUR  
    Summe 6.880,21 EUR 6.880,21 EUR
         
    Veräußerungsgewinn   37.847,52 EUR
    Davon ½ nach § 3c Abs.2 EStG   18.923,76 EUR
    Dementsprechend berücksichtigte der Beklagte in dem Einkommensteuerbescheid vom 14.6.2006 einen Veräußerungsgewinn in dieser Höhe. Der Kläger erhob am 14.7.2006 Einspruch und trug vor, er habe durch den Verzicht auf seinen Anteil am Gewinnvortrag und den Jahresgewinn 2003 insgesamt 41.874,52 EUR aufgewandt. Dem stehe eine Gegenleistung von 6.391,50 EUR für das eingezahlte Stammkapital und 38.336,23 EUR für das vom Erwerber übernommene Gesellschafterdarlehen gegenüber, so dass sich unter Berücksichtigung der Notarkosten ein Verlust in Höhe von 4.026,65 EUR ergäbe. Mit Schreiben vom 6.2.2007 erläuterte der Beklagte seine Rechtsauffassung und vertrat die Ansicht, der Verzicht auf den anteiligen Gewinnvortrag könne nicht als zusätzliche Anschaffungskosten berücksichtigt werden, da bis zum Ausscheiden des Antragstellers kein Beschluss über die Verwendung des Gewinns durch die Gesellschaft getroffen worden sei. Auch der anteilige Jahresgewinn könne keine Berücksichtigung finden, da ausweislich einer Anlage zur Bilanz dieser auf neue Rechnung vorgetragen werden solle, dem Kläger daher keine Ausschüttung zugeflossen sei. Unter Hinweis auf diese Erläuterung wurde mit Einspruchsentscheidung vom 24.2.2009 - nach einer hier nicht streitigen Änderung mit Bescheid vom 21.5.2007 – der Einspruch zurückgewiesen.

    Der Antragsteller hat am 27.3.2009 Klage erhoben, zu deren Begründung er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft.

    Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

    den angefochtenen Einkommensteuerbescheid für 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung zu ändern und einen Verlust aus § 17 EStG in Höhe von 2.013 EUR zu berücksichtigen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise,

    die Revision zuzulassen.

    Er trägt im Wesentlichen vor, der Begriff der Anschaffungskosten, insbesondere der nachträglichen Anschaffungskosten, sei aus handelsrechtlichen Grundsätzen zu ermitteln. Unter die anzuerkennenden Aufwendungen fielen auch verdeckte Einlagen. Verdeckte Einlagen seien Zuwendungen eines bilanzierbaren Vermögensvorteils aus gesellschaftsrechtlichen Gründen ohne Entgelt in Gestalt von Gesellschaftsrechten. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entstehe eine Gewinnauszahlungsanspruch als selbständiges Gläubigerrecht erst mit dem Gewinnverteilungsbeschluss, Vorher bestehe lediglich ein Gewinnbeteiligungsanspruch als unselbständiger Teil des Mitgliedschaftsrechts des Gesellschafters. Da der Kläger mangels eines entsprechenden Beschlusses der Gesellschaft noch keinen Gewinnauszahlungsanspruch gehabt habe, könne dieser auch nicht als verdeckte Einlage gelten. Die Argumentation des Klägers verkenne im Übrigen die Grundsätze der Besteuerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften und deren Erträgen. Hätte vor der Veräußerung eine Gewinnausschüttung stattgefunden, hätte der Kläger steuerpflichtige Erträge in Höhe von 20.937,26 EUR (nach § 20 Abs. 1 Nr.1 EStG i.V.m. § 3 Nr.40 Buchst.d) ½ von 41.847,52 EUR). Da sich der Veräußerungspreis in Höhe des Barzahlungsbetrages und die Anschaffungskosten in Höhe der hälftigen Stammeinlage in Höhe von jeweils 6.391,50 EUR gegenseitig aufhöben, hätte der Verlust nach § 17 i.V.m. § 3 Nr. 40 EStG sich lediglich in Höhe der hälftigen Notarkosten ergeben, mithin auf 244,36 EUR belaufen. Mit den Kapitalerträgen saldiert ergäbe dies positive Einkünfte in Höhe von 20.692,90 EUR. Daneben hätte der Kläger noch sein privates Darlehen in Höhe von 38.336,23 EUR tilgen müssen. Tatsächlich sei davon auszugehen, dass die durch die Veräußerung aufgedeckten stillen Reserven dem Nennbetrag des privaten Darlehens entsprächen.

    Der Senat hat mit Beschluss vom 15.5.2009 in dem Verfahren gleichen Rubrums die Vollziehung des Bescheides teilweise ausgesetzt.

    Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte – auch in 7 V 1481/09 - und der von dem Beklagten vorgelegten Steuerakte Bezug genommen.

    Gründe

    Die Klage ist begründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid in Gestalt des Änderungsbescheides vom 21.5.2007 und der Einspruchsentscheidung vom 24.2.2009 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO). Der Bescheid war daher, wie aus dem Tenor ersichtlich zu ändern.

    Der nach § 17 Abs.1, Abs. 2 EStG zu ermittelnde Veräußerungsgewinn ist um die auf den Kläger entfallende Anteile jeweils in Höhe von 50 v.H. aus 78.068,08 EUR Gewinnvortrag und aus 5.680,96 EUR für den Jahresüberschuss 2003 erhöhen. Entgegen der Auffassung des Beklagten kommt es nicht darauf an, dass im Zeitpunkt der Veräußerung seiner Anteile ein Beschluss über die Gewinnverwendung noch nicht geschlossen war bzw. der Jahresüberschuss vorgetragen werden sollte. Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, von der abzuweichen keine Veranlassung besteht, erwirbt der Erwerber eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft mit der Beteiligung als unselbständige Komponente des Wertes der Beteiligung auch die bis zum Erwerb entstandenen Gewinnanteile und zwar unabhängig davon, ob diese im Zeitpunkt des Erwerbs bereits förmlich festgestellt sind (vgl. Urteil vom 21.5.1986 I R 190/81, BFHE 147, 27, BStBl II 1986, 815). Eine erworbene Beteiligung umfasst auch die Gewinne, die noch nicht festgestellt sind. Dies ergibt sich daraus, dass die Gesellschafter Anspruch auf den Reingewinn nach § 29 Abs. 1 GmbHG haben. Zwar entsteht der Anspruch erst mit dem Gewinnverteilungsbeschluss, bzw., wenn der Gesellschaftsvertrag davon befreit, mit dem Beschluss, mit dem die Jahresbilanz festgestellt wird. Der mit dem Gewinnverteilungs- bzw. Feststellungsbeschluss entstehende Anspruch auf Ausschüttung dieses Gewinns ist jedoch lediglich Ausfluss des Gewinnbezugsrechts, das gem. § 29 Abs. 1 GmbHG den Gesellschaftern zusteht und als unselbständiger Bestandteil des Mitgliedschaftsrechts anzusehen ist (vgl. BFH Urteil vom 21.5.1986, I R 190/81, a.a.O., m.w.N.). Somit steht die Übertragung des Gewinnbezugsrechts einer Übertragung eines bereits entstandenen Anspruchs auf Ausschüttung des Gewinnes gleich. Folglich umfassen die Anschaffungskosten eines Veräußerers auch den Wert des Gewinnbezugsrechts.

    Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei diesem Anspruch noch nicht um einen Gewinnauszahlungsanspruch handelt. Denn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise hängt der Wert der Beteiligung nicht von einem Gewinnverwendungsbeschluss durch die Gesellschafter ab. Bei der hypothetischen Berechnung der steuerlichen Auswirkungen einer Gewinnausschüttung beachtet der Beklagte nach Auffassung des Senates nicht hinreichend, dass dem Kläger nicht nur der nach dem Halbeinkünfteverfahren zu versteuernde hälftige Gewinn zusteht, sondern darüber hinaus auch die nicht zu versteuernde weitere Hälfte ausgezahlt würde. Daher sind die stillen Reserven gerade nicht nur in Höhe des negativen Kapitalkontos anzusetzen, sondern in Höhe der Gewinnvorträge.

    Der Veräußerungsverlust ergibt sich daher wie folgt:

    Veräußerungspreis    
    - Barzahlung 6.391,50 EUR  
    - Übernahme Gesellschafterdarlehen 38.336,23 EUR  
    Summe   44.727,73 EUR
         
    Anschaffungskosten    
    - eingezahltes Stammkapital 6.391,50 EUR  
    - Notarkosten 488,71 EUR  
    - Anteiliger Gewinnvortrag (50 v.H. von 78.068,08 EUR) 39.034,04 EUR  
    - anteiliger Jahresüberschuss (50 v.H. von 5.680,96 EUR) 2.840,48 EUR  
    Summe   48.754,73 EUR
         
    Verlust:   -4.027,00 EUR
    Nach § 3 Nr.40 Buchst. c) EStG i.V.m. § 3c EStG ist der Veräußerungsverlust im Rahmen des Halbeinkünfteverfahrens nur zur Hälfte zu berücksichtigen, so dass die Einkünfte aus § 17 EStG mit 2.013 EUR zu berücksichtigen sind.

    Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts zugelassen.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    VorschriftenEStG § 17 Abs.1, EStG § 17 Abs. 2, GmbHG § 29 Abs. 1