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  • 02.11.2010

    Finanzgericht München: Urteil vom 20.07.2010 – 2 K 2868/08

    1. Eine Verlustfeststellung nach § 10d Abs. 4 EStG ist gem. § 181 Abs. 5 S. 1 AO für eine Steuerfestsetzung „von Bedeutung”, wenn die Festsetzungsfrist für die Einkommensteuerfestsetzung des Jahres, in dem der verbleibende Verlustvortrag nach § 10d Abs. 2 EStG bis zum vollständigen Verbrauch abgezogen werden könnte, und die Feststellungsfrist des hierfür letzten Verlustfeststellungsbescheids (Grundlagenbescheids) noch nicht abgelaufen sind. Die Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags ist nicht zeitlich unbegrenzt zulässig.

    2. Ein Antrag auf Erlass eines Verlustfeststellungsbescheids nach § 10d Abs. 4 S. 1 EStG ist kein „Antrag” i. S. d. § 171 Abs. 3 AO. Als Antrag im Sinne dieser Vorschrift sind nur Willenserklärungen zu verstehen, die ein Tätigwerden der Finanzbehörde außerhalb des infolge der Amtsmaxime ohnehin gebotenen Verwaltungshandelns auslösen sollen.

    3. Die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3a S. 1 AO setzt bei (negativen) Feststellungsbescheiden voraus, dass der angefochtene Bescheid noch vor Ablauf der Feststellungsfrist ergangen ist.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In der Streitsache

    hat der 2. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. Juli 2010

    für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

    3. Die Revision wird zugelassen.

    Gründe

    I.

    Streitig ist, ob für die Streitjahre gesonderte Feststellungen des verbleibenden Verlustvortrags durchzuführen sind.

    Dem Kläger entstanden in den Streitjahren im Rahmen seiner Ausbildung zum Piloten Aufwendungen in Höhe von 107.011 DM (1997), 44.217 DM (1998) und 16.668 DM (1999). Die genannten Aufwendungen erklärte er erstmals mit den am 8. Mai 2006 beim damals zuständigen Finanzamt eingereichten Erklärungen zur Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs jeweils zum 31. Dezember der Jahre 1997, 1998 und 1999 (Verlustfeststellungen).

    Zu diesem Zeitpunkt war die Einkommensteuer 1999 unter Zugrundelegung eines Bruttoarbeitslohns von 12.776 DM und einem sich hieraus ergebenden Gesamtbetrag der Einkünfte von 10.776 DM bereits auf 0 DM bestandskräftig festgesetzt worden (Bescheid vom 14. September 2000). Auch die Einkommensteuern 2000 bis 2002 waren unter Zugrundelegung eines Gesamtbetrags der Einkünfte von 62.826 DM (2000), 63.880 DM (2001) und 51.994 DM (2002) bereits bestandskräftig festgesetzt worden (Bescheide vom 7. Dezember 2001, 25. November 2002 und 7. November 2003).

    Im Einverständnis mit dem steuerlichen Berater des Klägers wurde die Bearbeitung der Feststellungserklärungen 1997 bis 1999 wegen anhängiger Verfahren beim Bundesfinanzhof (BFH) zunächst zurückgestellt. Mit Schreiben vom 26. April 2007 beantragte der Kläger „Aufhebung der Ruhendstellung nach § 363 AO”.

    Der nunmehr zuständige Beklagte (Finanzamt – FA –) lehnte den Erlass der Verlustfeststellungen 1997 bis 1999 mit Verfügung vom 14. Januar 2008 wegen Ablaufs der Feststellungsfristen für die Jahre 1997 und 1998 und wegen bestandskräftiger Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 1999 ab.

    Den Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 11. August 2008 als unbegründet zurück. Für die Jahre 1997 und 1998 seien sowohl die Feststellungsfrist, die ohne die Wirkung des § 181 Abs. 5 Abgabenordnung (AO) zu berechnen sei, als auch die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum der Verlustentstehung abgelaufen. Der Fristablauf läge vor Inkrafttreten des § 10d Abs. 4 S. 6 Einkommensteuergesetz (EStG) in der Fassung des Jahressteuergesetzes (JStG) 2007, der damit nicht anwendbar sei. Überdies sei die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31. Dezember 1999 gemäß § 10d Abs. 4 S. 4 und 5 EStG nicht möglich, da der Einkommensteuerbescheid 1999 nicht mehr änderbar sei.

    Klage begründend führt der Kläger die – teilweise geänderte – Rechtsprechung des BFH an. Hiernach sei vor Inkrafttreten des JStG 2007 der Erlass eines Verlustfeststellungsbescheids nach § 181 Abs. 5 AO solange möglich gewesen, solange dieser für eine künftige Einkommensteuerfestsetzung oder eine andere gesonderte Verlustfeststellung von Bedeutung sei. Im Streitfall seien die beantragten Verlustfeststellungen von Bedeutung für weitere Verlustfeststellungen. Darüber hinaus könne nach der BFH-Rechtsprechung ein erstmaliger Verlustfeststellungsbescheid unabhängig von der Änderbarkeit des Einkommensteuerbescheids des Verlustentstehungsjahrs erlassen werden. Im Falle eines erstmaligen Erlasses eines Verlustfeststellungsbescheids sei gerade nicht § 10d Abs. 4 S. 4 EStG anzuwenden. Das gelte – nach neuester BFH-Rechtsprechung und dem BMF-Schreiben vom 3. Oktober 2009 (richtig BMF-Schreiben vom 5. Oktober 2009, BStBl I 2009, 1189) – jedenfalls dann, wenn der entsprechende Einkommensteuerbescheid keine nicht ausgeglichenen Verluste oder einen Gesamtbetrag der Einkünfte von Null ausweise.

    Nach § 181 Abs. 5 AO werde der Antragszeitpunkt als Ausschlusszeitpunkt definiert. Der Ablauf der Festsetzungsfrist des letzten Verlustverrechnungsjahrs bestimme daher ausschließlich den letzten Tag der Möglichkeit, einen Verlust zu beantragen. Da der Verlustfeststellungsantrag für 1999 vom 24. April 2006 (eingereicht am 8. Mai 2006) noch vor Ablauf der Festsetzungsfrist des Verlustverrechnungsjahrs 2002 gestellt worden sei, sei eine Verrechnung des Verlusts – entgegen der Ansicht des FA – nach § 181 Abs. 5 AO nicht ausgeschlossen. Nur weil das FA die Bearbeitung verzögert habe, trete weder die Verjährung ein, noch komme das JStG 2007 deshalb zur Anwendung. Für das Verlustentstehungsjahr 1999 sei der Ablauf der regulären Feststellungsfrist gemäß § 171 Abs. 3 AO gehemmt gewesen.

    Der Kläger beantragt,

    unter Aufhebung des Bescheids vom 14. Januar 2008 und der Einspruchsentscheidung vom 11. August 2008 das FA zu verpflichten, verbleibende Verlustvorträge zum 31. Dezember 1997 in Höhe von 54.714 EUR (107.011 DM), zum 31. Dezember 1998 in Höhe von 22.608 EUR (44.217 DM) und zum 31. Dezember 1999 in Höhe von 8.522 EUR (16.668 DM) festzustellen, und hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Das FA beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    und hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Trotz der im Sinne des klägerischen Antrags ergangenen BFH-Urteile vom 10. Juli 2008 IX R 90/07 und vom 9. Dezember 1998 IX R 92/97 sei die Klage unbegründet, denn im Streitfallhätten die beantragten Verlustfeststellungen keine Bedeutung mehr für einen noch nicht verjährten Veranlagungszeitraum. Die erklärten Verluste, die in der Summe höchstens in Höhevon 155.120 DM zur Diskussion stünden, wären bereits durch die bestandskräftigen undfestsetzungsverjährten Einkommensteuerfestsetzungen 2000 bis 2002 voll verbraucht worden. Auch für Feststellungen des verbleibenden Verlustabzugs zum 31. Dezember 2000 und 2001 sei Feststellungsverjährung eingetreten.

    Gegen den Gerichtsbescheid vom 15. April 2010 stellte der Kläger fristgemäß Antrag aufmündliche Verhandlung.

    Ergänzend wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung am … Juli 2010 verwiesen.

    II.

    Die Klage ist unbegründet.

    1. Das FA hat die Anträge auf gesonderte Feststellung von verbleibenden Verlustvorträgen für die Streitjahre zu Recht abgelehnt, da jeweils die Feststellungsfrist abgelaufen ist und die beantragten gesonderten Feststellungen auch nicht nach § 181 Abs. 5 AO erfolgen konnten.

    Gemäß dem für die Streitjahre 1997 und 1998 geltenden § 10d Abs. 3 S. 1 EStG in der Fassung des Standortsicherungsgesetzes vom 13. September 1993 ist der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustabzug gesondert festzustellen. Gemäß § 10d Abs. 4 S. 1 EStG in der für das Streitjahr 1999 geltenden Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 ist der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustvortrag getrennt nach Einkunftsarten gesondert festzustellen.

    a) Im Streitfall ist die reguläre Feststellungsfrist für alle drei Streitjahre (Verlustentstehungsjahre) abgelaufen. Insbesondere ist der Ablauf nicht nach § 171 Abs. 3 AO gehemmt worden.

    aa) Gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO gelten für die gesonderte Feststellung – also auch für die Feststellung nach § 10d EStG – die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung sinngemäß. Nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO ist eine gesonderte Feststellung nicht mehr zulässig, wenn die Feststellungsfrist abgelaufen ist. Die Feststellungsfrist beträgt bei der gesonderten Feststellung nach § 10d Abs. 4 S. 1 EStG vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO). Ihr Beginn bestimmt sich nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO, da die Steuererklärung i.S. des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO auch die Erklärung zur gesonderten Feststellung ist (§ 181 Abs. 1 Satz 2 AO; vgl. z.B. BFH-Urteil vom 10. Juli 2008 IX R 86/07, BFH/NV 2009, 363).

    Hiervon ausgehend begann die Frist für die Feststellungsverjährung des letzten Verlustentstehungsjahrs 1999 gemäß §§ 181 Abs.1 S. 1, 170 Abs. 2 Nr. 1 AO mit Ablauf des 31. Dezember 2002 und endete daher mit Ablauf des 31. Dezember 2006 (§§ 181 Abs.1 S. 1, 169 Abs. 2 Nr. 2 AO). Die Feststellungsverjährung für die streitigen Jahre 1997 und 1998 endete bereits mit Ablauf des 31. Dezember 2004 bzw. 31. Dezember 2005.

    bb) Der Ablauf der Feststellungsfristen wurde durch die Abgabe der Feststellungserklärungen zum verbleibenden Verlustabzug am 8. Mai 2006 auch für das letzte Streitjahr 1999 nicht gehemmt.

    Zwar läuft gemäß §§ 181 Abs. 1 S.1 und 171 Abs. 3 AO, wenn vor Ablauf der Feststellungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Feststellung gestellt wird, die Feststellungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag entschieden worden ist. Als Antrag im Sinne dieser Vorschrift sind jedoch nur Willenserklärungen zu verstehen, die ein Tätigwerden der Finanzbehörde außerhalb des infolge der Amtsmaxime ohnehin gebotenen Verwaltungshandelns auslösen sollen (BFH-Beschluss vom 8. September 2003 VI B 87/03, BFH/NV 2004, 9). Eine gesetzlich vorgeschriebene Feststellungserklärung ist daher kein Antrag im Sinne dieser Vorschrift (BFH in BFH/NV 2004, 9; BFH-Urteil vom 10. Juli 2008 IX R 90/07, BStBl II 2009, 816). Da für die gesonderte Feststellung nach § 10d Abs. 4 S. 1 EStG gemäß § 181 Abs. 2 S. 1 AO eine Erklärungspflicht besteht (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 2009, 816; vom 10. Juli 2008 IX R 86/07, BFH/NV 2009, 363), ist die Voraussetzung eines „Antrags” im Sinne des § 171 Abs. 3 AO vorliegend nicht erfüllt.

    Offen bleiben kann, ob der Antrag auf „Aufhebung der Ruhendstellung” im Schreiben vom 26. April 2007 als ein „Antrag” i.S. des § 171 Abs. 3 AO zu werten ist, da dieser nach Ablauf der regulären Feststellungsfrist gestellt worden ist.

    cc) Vorliegend trat auch keine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3a AO ein, da der Ablehnungsbescheid vom 14. Januar 2008 nach Ablauf der Feststellungsfrist für alle drei Streitjahre ergangen ist.

    Gemäß §§ 181 Abs.1 S.1, 171 Abs. 3a S.1 AO läuft, wenn ein Feststellungsbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten wird, die Feststellungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Feststellungsfrist eingelegt worden ist.

    Die Vorschrift erfasst zwar auch Ablehnungsbescheide, jedoch setzt sie voraus – was vorliegend nicht der Fall ist –, dass der angefochtene Bescheid noch vor Ablauf der Feststellungsfrist ergangen ist (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 2009, 816, wonach die Feststellungsfrist für das dort streitige Jahr 1997 aufgrund eines Einspruchs gegen den Ablehnungsbescheid gemäß § 171 Abs. 3a AO gehemmt wurde, nicht jedoch für das ebenfalls streitige Jahr 1996, für das die Feststellungsfrist im Zeitpunkt des Erlasses des Ablehnungsbescheids bereits abgelaufen war; vgl. auch Forchhammer in Leopold/ Madle/Rader, AO Praktikerkommentar, § 171, Rz. 7).

    dd) Soweit der Kläger – möglicherweise unter Berufung auf einen Verstoß gegen Treu und Glauben – anführt, dass Feststellungsverjährung nicht eingetreten sein könne, weil das FA die Bearbeitung der Feststellungserklärungen verzögert habe, greift dieser Einwand nicht durch.

    Ist – wie im Streitfall – Festsetzungsverjährung eingetreten, darf die Geltung von Treu und Glauben jedenfalls im Regelfall nicht dazu führen, dass ein aufgrund eines Verschuldens des FA nicht rechtzeitig ergangener Bescheid nach Eintritt der Festsetzungsverjährung noch zugunsten des Steuerpflichtigen zu erlassen ist (vgl. BFH-Urteil vom 19. August 1999 III R 57/98, BStBl II 2000, 330 für den Fall der Änderung eines Bescheids). Der allenfalls denkbare Ausnahmefall, dass das FA durch eigenes aktives Tun einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, es werde rechtzeitig vor Ablauf der Festsetzungsfrist einen Bescheid erlassen, ist vorliegend nicht gegeben. Denn die Bearbeitung der Feststellungserklärungen ist nach Aktenlage einvernehmlich zurückgestellt worden, wie durch den Antrag vom 26. April 2007 bestätigt wird. Dies geschah u.a. auch im Hinblick auf das beim BFH damals anhängige Verfahren XI R 33/04 und die bis dahin zu Lasten des Klägers gehende Rechtslage, nach der eine Verlustfeststellung nicht mehr in Betracht kommt, wenn für das Verlustentstehungsjahr eine bestandskräftige Einkommensteuerveranlagung vorliegt (vgl. BFH-Urteil vom 1. März 2006 XI R 33/04, BFH/NV 2006, 1204).

    b) Gemäß § 181 Abs. 5 S. 1 AO kann eine gesonderte Feststellung auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als diese für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist; hierfür bleibt § 171 Abs. 10 AO außer Betracht. Gemäß § 181 Abs.1 S.1 AO ist § 181 Abs. 5 S. 1 AO auch dann anzuwenden, wenn die gesonderte Feststellung für eine weitere gesonderte Feststellung von Bedeutung ist.

    aa) Vorliegend ist § 181 Abs. 5 S.1 AO für die gesonderten Feststellungen des verbleibenden Verlustabzugs zum 31. Dezember 1997 und zum 31. Dezember 1998 uneingeschränkt, das heißt ohne die einschränkende Regelung des § 10d Abs. 4 Satz 6 EStG i.d.F. des JStG 2007 anwendbar, weil deren Feststellungsfristen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des JStG 2007 am 19. Dezember 2006 bereits abgelaufen waren (§ 52 Abs. 25 Satz 5 EStG i.d.F. des JStG 2007).

    bb) Die gesonderte Verlustfeststellung kann nicht nur für den Einkommensteuerbescheid und den Verlustfeststellungsbescheid des nächsten Veranlagungszeitraums, sondern auch für darauf folgende Veranlagungszeiträume von – dann mittelbarer – Bedeutung sein (vgl. BFH-Urteil vom 25. August 2009 IX R 2/09, und vom 16. Oktober 2001 IX R 25/01, BStBl II 2004, 546). Die Vorschrift des § 181 Abs. 5 S. 1 AO ist Ausdruck der dienenden Funktion des Feststellungsverfahrens gegenüber dem Festsetzungsverfahren. Sie soll verhindern, dass die rechtliche Verselbstständigung der Feststellung von Besteuerungsgrundlagen zu materiell unrichtigen Steuerfestsetzungen führt, obwohl die entsprechenden Steuern noch nicht verjährt sind (BFH-Urteil vom 23. September 1999 IV R 56/98, DB 1999, 2498 und BFH in BStBl II 2009, 816 m.w.N.). Durch die Systematik der gesonderten Feststellung dürfen dem Steuerpflichtigen jedoch weder Vorteile, noch Nachteile entstehen (BFH-Urteil vom 11. November 2009 II R 14/08, BFH/NV 2010, 711).

    Nach dem genannten Gesetzeszweck ist der Begriff der (mittelbaren) „Bedeutung” deshalb nicht dahingehend zu verstehen, dass ein verbleibender Verlustvortrag zeitlich unbegrenzt zulässig ist, solange sich ein Verlust noch nicht ausgewirkt hat. Denn dies würde dem Steuerpflichtigen einen durch die gesonderte Feststellung bedingten, aber nicht bezweckten Vorteil verschaffen. Vielmehr ist eine Verlustfeststellung nach Gesetzeszweck nur dann „von Bedeutung”, wenn die Festsetzungsfrist für die Einkommensteuerfestsetzung des Jahres, in dem der verbleibende Verlustvortrag nach § 10d Abs. 2 EStG bis zum vollständigen Verbrauch abgezogen werden könnte, und die Feststellungsfrist des hierfür letzten Verlustfeststellungsbescheids (Grundlagenbescheids) noch nicht abgelaufen sind (vgl. hierzu auch Ettlich, Die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer, DB 2009, 18 ff.).

    Hiervon ausgehend sind die begehrten Verlustfeststellungen nicht mehr für eine noch nicht festsetzungsverjährte Einkommensteuerfestsetzung oder noch nicht feststellungsverjährte Verlustfeststellung von – mindestens mittelbarer – Bedeutung im Sinne des § 181 Abs. 5 AO. Zu Recht trägt das FA insoweit vor, dass die beantragten gesonderten Verlustfeststellungen nur für die Einkommensteuerfestsetzungen 2000 bis einschließlich 2002 von Bedeutung hätten sein können, da von dem darin in der Summe enthaltenen positiven Gesamtbetrag der Einkünfte (= 178.700 DM) die geltend gemachten Verluste – vorbehaltlich ihrer Anerkennung dem Grunde und der Höhe nach – (insgesamt 167.896 DM für alle drei Streitjahre) vollständig hätten abgezogen werden können. Für die genannten Einkommensteuerfestsetzungen ist die Festsetzungsverjährung zum Zeitpunkt der Ablehnungsverfügung jedoch bereits eingetreten gewesen (für 2002, also die zeitlich letzte, am 31. Dezember 2007, §§ 170 Abs. 2 Nr. 1, 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO). Die streitigen Verlustfeststellungen 1997 und 1998 können auch nicht für die letzte Verlustfeststellung zum 31. Dezember 2001 von Bedeutung sein, da diese zwar im Zeitpunkt der Ablehnungsverfügung vom 14. Januar 2008 noch nicht feststellungsverjährt war (Feststellungsverjährung am 31. Dezember 2008), aber sich nicht mehr auf die bereits zum 31. Dezember 2007 festsetzungsverjährte Einkommensteuer 2002 auswirken konnte (und auch nicht auf die Folgejahre, da der Verlust, wie oben ausgeführt, bereits mit der Einkommensteuerfestsetzung 2002 aufgezehrt worden wäre).

    Entgegen der Ansicht des Klägers stellt § 181 Abs. 5 AO schon von seinem Wortlaut her („Eine gesonderte Feststellung kann….erfolgen…”) nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung ab, sondern auf den Zeitpunkt der Feststellung selbst, also des Erlasses des Verlustfeststellungsbescheids, ab. Eine andere (weite) Auslegung im Sinne des Klägers kommt auch deshalb nicht in Betracht, weil es sich um eine Ausnahmevorschrift handelt, die unter bestimmten – hier nicht gegebenen – Voraussetzungen den Erlass eines Feststellungsbescheids trotz abgelaufener Feststellungsfrist ermöglichen soll. Wie bereits unter Punkt 1. a) dd) dargestellt, ist hinsichtlich der (späten) Bearbeitung der Verlustfeststellungsanträge auch kein Verstoß gegen Treu und Glauben erkennbar, der im Streitfall ausnahmsweise ein Abstellen auf den Zeitpunkt der Antragstellung rechtfertigen könnte.

    c) Im Hinblick auf Punkt 1. b) bb) kann es offen bleiben, ob die für das Streitjahr 1999 anwendbare (vgl. § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG i.d.F. des JStG 2007) einschränkende Vorschrift des § 10d Abs. 4 S. 6, 2. HS. EStG tatbestandlich (pflichtwidriges Unterlassen einer Verlustfeststellung seitens des FA) erfüllt ist.

    2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

    3. Die Zulassung zur Revision erfolgt gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.

    VorschriftenEStG 1997 § 10d Abs. 3, EStG 1997 i.d.F.v. 24.3.1999 § 10d Abs. 4 S. 1, AO § 181 Abs. 5 S. 1, AO § 181 Abs. 1 S. 1, AO § 181 Abs. 2 S. 1, AO § 171 Abs. 3, AO § 171 Abs. 3a