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  • 02.11.2010

    Finanzgericht München: Urteil vom 20.11.2009 – 15 K 547/06

    1. Bringt ein Aktionär im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung bei einer GmbH sein im Privatvermögen gehaltenes Aktienpaket in die GmbH ein, so ist die Einbringung insoweit als Veräußerung i. S. v. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG 1990 und damit als Spekulationsgeschäft zu behandeln, als der einbringende Gesellschafter die Aktien innerhalb der letzten sechs Monate vor der Einbringung angeschafft hat.

    2. Als Veräußerungspreis ist dabei der gemeine Wert (§ 9 BewG) der erlangten Gesellschaftsrechte an der GmbH anzusetzen. Auch wenn bei der Einbringung ein einheitlicher, durchschnittlicher Einbringungswert für alle eingebrachten Aktien unabhängig davon angesetzt worden ist, wann diese Aktien angeschafft worden sind, erfordert das Nämlichkeits- bzw. Identitätsprinzip des § 23 EStG eine Spezifizierung bzw. individuelle Bestimmung des für die – vom Einbringenden innerhalb der letzten sechs Monate angeschafften – „Neuaktien” kalkulierten Einbringungswerts i. R. d. für das gesamte Aktienpaket gebildeten gemischten Einbringungswerts.

    3. Sofern der Aktionär die innerhalb der letzten sechs Monate erworbenen Aktien vor der Einbringung zwischenzeitlich in das Gesamthandsvermögen einer vermögensverwaltenden GbR eingelegt und vor der Einbringung ohne Zahlung eines Ausgleichs und damit unentgeltlich wieder in sein Alleineigentum überführt hat, hat dieses zwischenzeitliche „Parken” der Aktien bei der GbR nach der vor 1999 gültigen Gesetzeslage nicht zum Vorliegen eines Spekulationsgeschäfts geführt.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In der Streitsache

    hat der 15. Senat des Finanzgerichts München aufgrund der mündlichen … Verhandlung vom 20. November 2009

    für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten über die Höhe der Einkünfte aus Spekulationsgeschäften.

    Der Kläger wurde im Streitjahr 1993 einzeln veranlagt und erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und Einkünfte aus Kapitalvermögen. Er war in den Streitjahren u.a. an der Kapitalverwaltungs-GbR W (sog. GbR II) gemeinsam mit seinen Geschwistern X und Y zu je 1/3 beteiligt. Mit Vereinbarung vom 26. November 1993 erwarben der Kläger sowie X und Y von A, B und der S-GmbH & CoKG in xxx 324.900 Inhaberaktien der Firma D AG, von denen 108.300 Stück auf den Kläger entfielen. In der Vereinbarung, in der der Kläger, X und Y als „W” und A, B und die S-GmbH & CoKG als „AI” bezeichnet wurden, heißt es: „AI verkauft und übereignet spätestens bis zum 10. Dezember 1993 an W 324.900 Stück (dreihundertvierundzwanzigtausendneunhundert Stück) Inhaberaktien zum Nominalbetrag von je DM 50,–an der D Aktiengesellschaft, xxx, zum Gesamtkaufpreis von 242.500.000 DM (in Worten: Zweihundertzweiundvierzigmillionenfünfhunderttausend Deutsche Mark).” Auf den Kläger entfiel – entsprechend seinem Anteil an der GbR II – ein Kaufpreis von 80.833.334 DM. Jede Aktie kostete damit 746,3835 DM. Nach diesem Erwerb hielten der Kläger, X und Y insgesamt 50 % der Anteile an der Firma D AG. Nach Auffassung des Klägers brachten die Geschwister anschließend die erworbenen 324.900 Aktien der D AG in die von ihnen gegründete vermögensverwaltende GbR II ein.

    Mit Abtretungsverträgen vom 10. Dezember 1993 brachten u.a. der Kläger und seine Geschwister ihre mit Vertrag vom 26. November 1993 erworbenen Aktien im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung in die Firma W Holding GmbH mit Sitz in xxx zum 1. Januar 1994 ein. An der GmbH war zunächst I alleine beteiligt. Am 10. Dezember 1993 erhöhte dieser das Kapital der Gesellschaft von 50.000 DM auf 32.905.000 DM. Die neue Stammeinlage wurde von I alleine übernommen. Darüber hinaus wurde mit Gesellschafterbeschluss vom 10. Dezember 1993 das Stammkapital dieser Gesellschaft nochmals von 32.905.000 DM auf 157.522.000 DM erhöht. Zur Übernahme der neuen Stammeinlagen wurden I, J, der Kläger, X, Y sowie die Firmen T Verwaltungs AG und Management Holding AG zugelassen. Der Kläger, X und Y übernahmen jeweils Stammeinlagen in Höhe von nominal 26.867.000 DM. Die Kapitalerhöhungen wurden durch Einbringung von Sacheinlagen geleistet. Dabei verpflichteten sich der Kläger, X und Y jeweils zur Einbringung von 7.325 Stück Aktien an der W Bau AG, von 228.420 Stück Aktien an der H Bau AG sowie von 180.934 Stück Aktien an der D AG. 108.300 der vom Kläger eingebrachten D-Aktien stammten aus dem Bestand bzw. Depot der GbR II bei der L-Bank. Die weiteren 72.634 Aktien der Firma D AG stammten ganz überwiegend aus dem Bestand der aus I, dem Kläger, X und Y bestehenden GbR I und waren außerhalb der Spekulationsfrist erworben worden. Der Einbringungswert der auf den Kläger entfallenden 180.934 Aktien an der D AG sollte nach dem Beschluss der Gesellschaft vom 10. Dezember 1993 126.229.584 DM betragen. Im Sacherhöhungsbericht vom 10. Dezember 1993 ist zudem vermerkt, dass der Börsenkurs dieser Aktien am 7. Dezember 1993 610 DM betragen hatte.

    Im Einzelnen wurden in den jeweiligen Abtretungsverträgen zum 1.Januar 1994 die folgenden Einbringungswerte angesetzt:

    GesellschafterAktieAnzahlNeue Stammeinlagen (DM)Einbringungswerte (DM)Ansatz je Aktie (DM)
    ID AG105.3126.459.80065.820.000625
    JH Bau AG228.42014.286.400142.762.500625
    D AG4.4862.803750625
    YW Bau AG7.32526.867.0004.761.250650
    H Bau AG228.420142.762.500625
    D AG180.934126.229.583697,6554
    KlägerW Bau AG7.32526.867.0004.761.250650
    H Bau AG228.420142.762.500625
    D AG180.934126.229.583697,6554
    XW Bau AG7.32526.867.0004.761.250650
    H Bau AG228.420142.762.500625
    D AG180.934126.229.583697,6554
    T Verw. AGW Bau AG193.77012.361.200125.950.500650
    M. Holding AGW Bau AG171.00010.908.600111.150.000650
    Summe:1.953.025124.617.0001.269.746.759
    Die GbR II erklärte in einer Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung für das Jahr 1993 für sämtliche 324.900 Aktien an der D AG Einkünfte aus Kapitalvermögen. Eine Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung für das Jahr 1994 wurde ebenfalls abgegeben. Ein im Jahr 1994 entstandener Spekulationsverlust wurde darin nicht erklärt.

    Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) führte in der Zeit vom 13. April bis zum 24. Oktober 2000 bei der GbR II eine Außenprüfung durch. Weiterhin führte das FA in der Zeit vom 24. Juni 2001 bis 10. Oktober 2001 beim Kläger eine Außenprüfung durch. In der Folge änderte das FA den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr jeweils am 13. Februar 2002 und am 3. April 2002 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO). In dem am 13. Februar 2002 ergangenen Bescheid setzte das FA eine Einkommensteuer in Höhe von xxx DM fest. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 13. März 2002 Einspruch ein. Der Kläger ermittelte einen Einbringungsverlust von 48,72 DM pro Aktie und machte einen Verlust aus sonstigen Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für das Jahr 1994 in Höhe von xxx DM geltend, der sich im Rahmen eines Verlustrücktrags auf das Jahr 1993 auswirke. Während des Rechtsbehelfsverfahrens wurde der Bescheid mehrfach geändert. Zuletzt wurde in dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1993 vom 22. September 2004 eine Einkommensteuer von xxx DM festgesetzt.

    In der Einspruchsentscheidung vom 5. Januar 2006 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Das FA vertrat in der Begründung die Auffassung, dass die negativen Einkünfte aus Spekulationsgeschäften einheitlich und gesondert nach §§ 179 Abs. 2 Satz 2, 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AO festzustellen gewesen wären. Die aus dem Kläger, X und Y bestehende GbR II hätte insgesamt 324.900 Aktien an der D AG zur gesamten Hand erworben. Der Verlust aus der Veräußerung sei demnach in dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid nur berücksichtigungsfähig, wenn er zuvor einheitlich und gesondert festgestellt worden sei.

    Der Kläger vertritt in seiner mit Schriftsatz vom 31. Januar 2006 erhobenen Klage die Auffassung, dass er sowie X und Y mit Vertrag vom 26. November 1993 die Aktien an der D AG einzelnen im eigenen Namen und für eigene Rechnung und nicht zur gesamten Hand erworben hätten. Die Aktien seien nach Erwerb in die vermögensverwaltende GbR II eingelegt und vor der Einbringung in die W Holding GmbH zum 1. Januar 1994 wieder aus der GbR II entnommen worden. Der Kläger hätte mit der Firma W Holding GmbH am 10. Dezember 1993 einzeln einen gesonderten Abtretungsvertrag geschlossen, durch den er 180.934 Aktien der D AG mit einem Nominalwert von 9.046.700 DM und einem Einbringungswert von 126.229.584 DM in die Firma W GmbH eingebracht hätte. Weder im Sachkapitalerhöhungsbericht noch in der geänderten Satzung der Firma W Holding GmbH noch in der zum Handelsregister eingereichten Gesellschafterliste hätten sich Hinweise auf eine GbR befunden. Der Kläger habe den Tatbestand des § 23 EStG verwirklicht, da die Einbringung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten einer Veräußerung dieser Wirtschaftsgüter gleichzusetzen sei. Diese Einkünfte seien nicht einheitlich und gesondert festzustellen gewesen, da die Gesellschafter selbst Subjekte der Einküfteermittlung seien. Veräußerungsgewinne nach § 17 EStG seien nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (– BFH –, vgl. Urteile vom 9. Mai 2000 VIII R 40/99, BFH/NV 2001, 17, und VIII R 41/99, BStBl II 2000, 686) nicht Gegenstand einer einheitlichen und gesonderten Feststellung, da unterschiedliche individuelle Besteuerungsmerkmale möglich seien. Diese Rechtsprechung sei auch auf § 23 EStG anzuwenden. Denn die Besteuerungsmerkmale der einzelnen Personengesellschafter (Haltedauer, Differenz zwischen Veräußerungspreis und Anschaffungskosten) könnten unterschiedlich sein. Der Einbringungswert der auf den Kläger entfallenden 180.934 Aktien an der D AG habe nach dem Gesellschafterbeschluss vom 10. Dezember 1993 126.229.583 DM betragen. Deshalb sei von einem Einbringungswert von 697,66 DM pro Aktie auszugehen. Ausgehend von Anschaffungskosten von (80.833.333,33 DM: 108.300 Aktien =) 746,38 DM pro Aktie habe sich ein Einbringungsverlust von 48,72 DM pro Aktie bzw. von 5.276.873 DM im Jahr 1994 insgesamt ergeben, der teilweise bei der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 1993 im Wege des Verlustrücktrags zu berücksichtigen gewesen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Klägervertreters verwiesen.

    Der Kläger beantragt,

    den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1993 vom 22. September 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Januar 2006 dahingehend abzuändern, dass die Einkommensteuer für das Jahr 1993 unter Berücksichtigung eines Verlustrücktrags aus dem Jahr 1994 in Höhe von xxx auf xxx festgesetzt wird,

    sowie hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Das FA beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Das FA vertritt die Auffassung, dass kein Veräußerungsverlust gegeben sei. Die 108.300 Aktien der D AG des Klägers seien mit einem Wert von 746,38 DM pro Aktie eingebracht worden, weshalb sich bei Anschaffungskosten von 746,38 DM pro Aktie kein Verlust nach § 23 EStG ergeben könne. Ein sich ergebender Verlust hätte zudem einheitlich und gesondert festgestellt werden müssen.

    Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird gem. § 105 Abs. 3 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Akten des Beklagten, die Gerichtsakte sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 20. November 2009 Bezug genommen.

    Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 20. November 2009 nahm der Kläger die Klage hinsichtlich der Einkommensteuer 1994 zurück. Mit Beschluss vom 20. November 2009 wurde das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer 1995 gem. § 74 FGO bis zur rechtskräftigen Entscheidung i.S. gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31. Dezember 1994 ausgesetzt.

    Entscheidungsgründe

    1. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1993 istnicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO). Der Kläger hat zwar in seiner Person den Tatbestand des Spekulationsgeschäfts i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG in der für das Jahr 1994 geltenden Fassung erfüllt. Die beantragte Berücksichtigung eines Verlustes aus Spekulationsgeschäften bzw. eines Verlustrücktrags in das Streitjahr kann aber deshalb nicht erfolgen, weil ein derartiger Verlust nicht entstanden ist.

    a. Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sind Veräußerungsgeschäfte mit Wertpapieren steuerpflichtig, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als sechs Monate beträgt. Unter Anschaffung versteht man den entgeltlichen Erwerb eines Wirtschaftsguts als (rechtlicher oder wirtschaftlicher) Eigentümer von einem Dritten. Anschaffungskosten sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um ein Wirtschaftsgut zu erwerben (BFH-Urteil vom 20. April 2004 IX R 5/02, BStBl II 2004, 987). Maßgebend ist der Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages.

    Im vorliegenden Fall hat der Kläger durch Vereinbarung vom 26. November 1993 zusammen mit seinen Geschwistern, X und Y, von A, B und der S GmbH & CoKG 324.900 Inhaberaktien der Firma D AG, von denen 108.300 Stück auf den Kläger entfielen, erworben. Dieser Erwerb ist als eine Anschaffung des Klägers i.S. des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG und nicht als die Anschaffung einer von den Geschwistern gebildeten Gesamthand zu beurteilen. In der Vereinbarung vom 26. November 1993 werden die drei Geschwister zwar gemeinsam als „W” bezeichnet. Entgegen der Ansicht des FA kann darin aber kein Erwerb der Aktien durch die GbR II gesehen werden. Der erkennende Senat geht vielmehr davon aus, dass die Bezeichnung „W” lediglich der Vereinfachung der Abfassung des Vertragstextes diente und nicht eine von den Geschwistern gebildete Gesellschaft als Erwerberin bezeichnen sollte. Erwerber sollten vielmehr die einzelnen Geschwister sein, so dass der Kläger aufgrund der Vereinbarung vom 26. November 1993 108.300 (= 324.900: 3) Aktien der D AG zu Anschaffungskosten von 80.833.333 DM (= 242.500.000 DM: 3) erworben hat.

    b. Die Einbringung der 108.300 Aktien in die W Holding GmbH durch den Kläger mit Wirkung zum 1. Januar 1994 als Teil des eingebrachten Aktienpakets der D AG von 180.934 Aktien aufgrund des Abtretungsvertrags vom 10. Dezember 1993 ist einer Veräußerung i.S. des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG gleichzusetzen (BFH-Urteil vom 12. Februar 1980 VIII R 114/77, BStBl II 1980, 494). Die erforderliche Nämlichkeit der erworbenen und veräußerten Wertpapiere ist gewahrt, da die in die W Holding GmbH eingebrachten Aktien nach Art und Stückzahl mit den vom Kläger erworbenen Aktien identisch sind (BFH-Urteil vom 24. November 1993 X R 49/90, BStBl II 1994, 591). Da ferner die Anschaffung und Veräußerung der 108.300 Aktien innerhalb der sechsmonatigen Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG erfolgte, wurden insoweit sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 23 Abs. 1 EStG verwirklicht.

    c. Das zwischenzeitliche „Parken” der vom Kläger erworbenen Aktien in der GbR II steht der Annahme eines Spekulationsgeschäfts nicht entgegen. Sollten die Aktien nach dem Kauf – wie vom Kläger vorgetragen – tatsächlich in die von ihm und seinen Geschwistern gebildete GbR II eingelegt worden sein, wäre nicht schon dieser Vorgang als eine Veräußerung i.S. des § 23 EStG zu beurteilen. Bis zur Einfügung des § 23 Abs. 1 Satz 5 EStG in der Fassung des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 (BGBl I 1999, 2601) ab dem Jahr 2000 fielen Einlagen nicht unter die Vorschrift des § 23 EStG (Schmidt/Weber-Grellet, Kommentar, 28. Auflage 2009, § 23 Rz 52) und waren somit auch einer Veräußerung nicht gleichzusetzen. Hinzu kommt, dass es sich beim Gesamthandsvermögen der GbR II nicht um Betriebsvermögen sondern um Privatvermögen handelte, so dass weder eine Einlage im steuerrechtlichen Sinne noch ein tauschähnlicher Vorgang angenommen werden können (vgl. BFH-Urteile vom 21. Oktober 1976 IV R 210/72, BStBl II 1977, 145, und vom 15. Juli 1976 I R 17/74, BStBl II 1976, 748). Die sich im Gesamthandsvermögen der GbR II befindlichen Aktien waren vielmehr gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO weiterhin anteilig den Gesellschaftern zuzurechnen (gl.A. Kruse in Tikpke/Kruse, Kommentar, § 39 AO Rz 91; BMF-Schreiben vom 5. Oktober 2000, BStBl I 2000, 1383, Rz 8), so dass eine Veräußerung i.S. des § 23 EStG auch aufgrund fehlenden Rechtsträgerwechsels nicht in Betracht kommt.

    Die Auflösung der gesamthänderischen Bindung kurz vor Einbringung der auf den Kläger und seine Geschwister entfallenden 324.900 D-Aktien in die W Holding GmbH ist einer Veräußerung ebenfalls nicht gleichzusetzen. Auch insoweit ist im Hinblick auf § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO ein Rechtsträgerwechsel nicht zu erkennen. Zudem handelt es sich bei der bloßen Überführung von Aktien in das Alleineigentum der Gesellschafter ohne Zahlung eines Ausgleichs um einen realteilungsähnlichen und damit unentgeltlichen Vorgang, auf den § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG nicht anzuwenden ist (vgl. BFH-Urteil vom 22. September 1987 IX R 15/84, BStBl II 1988, 250).

    d. Entgegen der vom FA vertretenen Ansicht war im Hinblick auf die strittigen Spekulationsverluste eine gesonderte und einheitliche Feststellung gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a AO nicht durchzuführen. Eine derartige Feststellung hätte sowohl einen Erwerb der streitgegenständlichen Aktien als auch deren Veräußerung an die W Holding GmbH durch die GbR II vorausgesetzt (vgl. BFH-Urteil vom 11. Mai 1999 IX R 72/96, BFH/NV 1999, 1446). Beides ist nicht der Fall. Sowohl der Erwerb als auch die Veräußerung der Aktien erfolgten durch den Kläger. Nur dieser und nicht die GbR II trat mit Wirkung zum 1. Januar 1994 als Gesellschafter in die W Holding GmbH ein und übertrug die Aktien zur Erfüllung seiner Einlageverpflichtung auf die Gesellschaft.

    e. Der Gewinn oder Verlust aus einem Veräußerungsgeschäft im vorgenannten Sinne ermittelt sich als Unterschied zwischen dem Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungsoder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits (§ 23 Abs. 4 Satz 1 EStG).

    aa. Von den Anschaffungskosten des von den Geschwistern erworbenen Aktienpakets sind dem Kläger wie dargelegt 80.833.333 DM zuzuordnen. Die Anschaffungskosten pro Aktie liegen damit bei (80.833.333 DM: 108.300 Stück Aktien =) 746,3835 DM.

    bb. Als Veräußerungspreis ist jede Gegenleistung anzusetzen, die der Veräußerer in Geld oder Geldeswert für das hingegebene Wirtschaftsgut erhält. Beim Tausch bemisst sich der Veräußerungspreis nach dem gemeinen Wert im Sinne des § 9 Bewertungsgesetzes (BewG) der empfangenen Gegenleistung und nicht nach dem Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts. Der Veräußerungspreis der streitgegenständlichen 108.300 Aktien der D AG bemisst sich somit nach dem gemeinen Wert der empfangenen Gegenleistung, d.h. nach dem gemeinen Wert der erlangten Gesellschaftsrechte an der W Holding GmbH.

    In der Gesellschafterversammlung der W Holding GmbH vom 10. Dezember 1993 wurde u.a. beschlossen, dass der Kläger zur Übernahme einer Stammeinlage an der Gesellschaft von nominal 26.867.000 DM zugelassen wird und die Stammeinlage durch Einbringung von 7.325 Stück Aktien an der W Bau AG, von 228.420 Stück Aktien an der H Bau AG sowie von 180.934 Stück Aktien an der D AG geleistet werden soll. Der Einbringungswert der Aktien an der W Bau AG wurde dabei auf 4.761.250 DM, der Einbringungswert der Aktien an der H Bau AG auf 142.762.500 DM und der der 180.934 eingebrachten Aktien der D AG auf 126.229.584 DM festgelegt. Der Senat sieht keinen Anlass, die Höhe dieser Einlagewerte in Zweifel zu ziehen.

    Unstreitig setzt sich das 180.934 Aktien der D AG umfassende Aktienpaket aus 72.634 Altaktien zusammen, die nicht der Besteuerung nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG unterliegen, und 108.300 Neuaktien, die innerhalb der Spekulationsfrist erworben wurden und deshalb imstande sind, die Rechtsfolgen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG auszulösen. Da der Kläger und die W Holding GmbH aber bei der Findung des Einbringungswerts des Gesamtpakets nicht zwischen Alt- und Neuaktien unterschieden, sondern für beide Paketteile einen gemischten Einbringungswert von 697,6554 DM pro Aktie gebildet haben, erfordert das Nämlichkeits- bzw. Idenditätsprinzip des § 23 EStG eine Spezifizierung bzw. individuelle Bestimmung des für die Neuaktien kalkulierten Einbringungswerts im Rahmen des für das gesamte Aktienpaket gebildeten gemischten Einbringungswerts.

    Da, abgesehen von den Geschwistern, sämtliche anderen, ebenfalls D-Altaktien einbringenden Gesellschafter diese durchgängig mit einem Einbringungswert von 625 DM angesetzt haben, geht der erkennende Senat bei Berücksichtigung gleicher Verhältnisse davon aus, dass auch der Kläger und seine Geschwister insoweit kalkulatorisch 625 DM zugrunde gelegt haben, was bei 72.634 Altaktien einem Einbringungswert von 45.396.250 DM entspricht. Hinsichtlich der restlichen 108.300 D-Neuaktien verbleibt somit ein Einbringungswert von 80.833.334 DM (Gesamteinbringungswert des 180.934 Aktien umfassenden Aktienpakets von 126.229.584 DM abzüglich 45.396.250 DM für die Altaktien), der exakt den Anschaffungskosten der am 26. November 1993 vom Kläger erworbenen D-Aktien bzw. einem Wert von 746,3835 DM je Aktie entspricht. Dieser Zusammenhang spricht dafür, dass die Geschwister und damit auch der Kläger bei der Bestimmung des Einlagemischwerts des gesamten D-Aktienpakets (697,6554 DM je Aktie) von einem die Neuaktien betreffenden Einlagewert von 746,3835 DM je Aktie ausgegangen sind und diesen der Einlage zugrunde gelegt haben.

    cc. Zieht man von den Veräußerungserlösen in Höhe von 80.833.334 DM Anschaffungskosten in Höhe von 80.833.334 DM ab, so ergibt sich im Veranlagungszeitraum 1994 – Werbungskosten sind insoweit nicht geltend gemacht worden – kein Verlust aus Spekulationsgeschäften nach § 23 Abs. 4 Satz 1 EStG bzw. kein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte.

    Dies hat zur Folge, dass die beantragte Vornahme eines Verlustrücktrags in das Streitjahr 1993 ausgeschlossen ist.

    2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    3. Die vom Kläger hilfsweise beantragte Zulassung der Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO im Streitfall nicht erfüllt sind.

    VorschriftenEStG 1990 § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. b, EStG 1990 § 23 Abs. 3 S. 2, EStG 1990 § 23 Abs. 4 S. 1, BewG § 9, AO § 39 Abs. 2 Nr. 2