02.11.2010
Finanzgericht Sachsen: Urteil vom 12.11.2009 – 6 K 1396/08
Wird ein dem Einzelunternehmen zugeordnetes Gebäude nach einem Umbau zum Teil in das Sonderbetriebsvermögen einer GbR eingebracht, so dass es nicht mehr dem Einzelunternehmen dient und diesem auch nicht mehr zugeordnet werden kann, liegt ein Entnahmeverbrauch vor. Die Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG hat im Kalenderjahr der Entnahme zu erfolgen.
Im Namen des Volkes
URTEIL
In dem Finanzrechtsstreit
hat der 6. Senat durch den Berichterstatter als Einzelrichter gemäß §§ 5 Abs. 3 Satz 1, 6 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 12. November 2009
für Recht erkannt:
1. Soweit die Klage übereinstimmend für erledigt oder zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt.
2. Der Umsatzsteuerbescheid 2000 vom 7. September 2004 in Form der Einspruchsentscheidung vom 26. Juni 2008 wird insoweit geändert, als bei der Vorsteuerberichtigung nach § 15 a UStG von einem Verhältnis der Herstellungskosten von 32,5 % (Erdgeschoss), 37,5 % (1. Obergeschoss) und 30 % (2. Obergeschoss) zu berücksichtigen ist. Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten aufgegeben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens wegen Umsatzsteuer 2000 trägt der Kläger zu 2/3 und der Beklagte zu 1/3. Die Kosten des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer 1997 trägt der Kläger. Die Kosten hinsichtlich des Verfahrens zur gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 1999 tragen die Kläger.
4. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Wesentlichen um eine Berichtigung der Umsatzsteuer nach § 15 a Umsatzsteuergesetz.
Der Kläger führte in den Jahren 1995 bis 1997 am Objekt W in E erhebliche Baumaßnahmen durch. So wurde das bisher einstöckige Gebäude um zwei Etagen aufgestockt, deswegen ein Treppenhaus neu errichtet, das Fundament verstärkt und im Erdgeschoss Wände und zum Teil Decken so geändert, dass in einem Teil des Erdgeschosses ein über einen Teil des Erdgeschosses und ein Teil des 1. OG führendes Hochlager eingerichtet werden konnte. Das Erdgeschoss und das 1. OG stellte der Kläger der S GmbH zur Verfügung, über deren Vermögen im Jahr 1999 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Danach wurde im Jahr 2000 das 1. OG zu einer Wohnung umgebaut und umsatzsteuerfrei an einen Dritten, ab 2004 an die Tochter des Klägers, vermietet.
Im Rahmen der Veranlagung zur Umsatzsteuer 2000 sah der Beklagte auf Grund der im Jahr 2000 erfolgten Vermietung des 1. Obergeschosses eine Entnahme des Gebäudeteils aus dem Unternehmensvermögen und berichtigte die bisher anerkannten Vorsteuern (42.270,17 DM) dergestalt, das Vorsteuern in Höhe von 25.362,10 DM (72/120 von 42.270,17 DM) zurückgefordert wurden. Den Vorsteuerbetrag von 42.270,17 DM entnahm der Beklagte einer Umsatzsteuersonderprüfung des Jahres 1996, die angenommen hatte, dass die Herstellungskosten nur das 1. OG und das Dachgeschoss betreffen und bei einem Vorsteuerbetrag von 76.855 DM der Anteil des 1. OG 55 % betragen habe. Nachdem der Kläger im Klageverfahren vorgetragen hat, die Herstellungskosten 1996 und 1997 seien höher, so dass sich für 1996 ein Vorsteuerbetrag von 73.449,96 DM und für 1997 von 3.981,40 DM ergeben würde, verständigten sich die Beteiligten im Klageverfahren darauf, hinsichtlich der Vorsteuer aus den Herstellungskosten 1996 und 1997 von einem Betrag in Höhe von 77.000 DM auszugehen.
Der Kläger ist der Auffassung, dass keine Entnahme der Wohnung im 1. Obergeschoss aus dem Unternehmensvermögen des Klägers vorliege. Die Wohnung habe den unternehmerischen Bereich des Klägers nicht verlassen. Es sei beabsichtigt gewesen, die Wohnung als „Werkswohnung” zu verwenden, was seit 2004 mit der Vermietung an seine Tochter auch durchgeführt worden sei, da die Tochter auch die Aufgabe habe, die jederzeitige Erreichbarkeit des Unternehmens sicher zustellen. Deswegen komme nur eine ratierliche Korrektur der Vorsteuern seit dem Jahr 2000 in Betracht. Zudem sei der Anteil der Herstellungskosten, die auf das 1. OG entfallen und aus denen sich der zu korrigierende Vorsteuerbetrag ergebe, geringer. Der Herstellungsaufwand sei nämlich zu ca. 35 % dem Erdgeschoss, zu ca. 35 % dem 1. Obergeschoss und zu ca. 30 % dem Dachgeschoss zuzuordnen. Eine Außerachtlassung des Erdgeschosses, wie dies im Betriebsprüfungsbericht für die Umsatzsteuer 1996 der Fall gewesen sei, komme nicht in Betracht. Aus den durchgeführten Maßnahmen sei ersichtlich, dass auch Herstellungskosten auf das Erdgeschoss entfallen würden. Eine konkrete Zuordnung der Kosten sei nicht mehr möglich, da die entsprechenden Unterlagen im Rahmen des Hochwassers 2002 zerstört worden seien.
Nachdem der Beklagte zugesagt hat, den Umsatzsteuerbescheid 1997 dergestalt zu ändern, dass die Umsatzsteuer 1997 um 1.611,72 Euro zumindern ist, haben die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der Umsatzsteuer 1997 übereinstimmend für erledigt erklärt.
Der Klägervertreter hat die Klage hinsichtlich des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.1999 zurückgenommen.
Der Kläger beantragt,
die Umsatzsteuer 2000 um 12.089,24 EUR niedriger festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit dem Umbau des 1. Obergeschosses und der sich anschließenden Vermietung zu Wohnzwecken habe der Kläger die Entnahme des Gebäudeteils aus dem Unternehmensvermögen realisiert. Bei der zu erfolgenden Berichtigung nach § 15 a UStG seien die Berichtigungen für das Kalenderjahr der Entnahme und die Berichtigung für die noch folgenden Kalenderjahre des Berichtigungszeitraums gleichzeitig vorzunehmen. Die vom Kläger begehrte jährliche Vorsteuerberichtigung komme nicht in Betracht. Hinsichtlich der Höhe der zurück zufordernden Vorsteuerbeträge könne unstreitig gestellt werden, dass der Anteil des Dachgeschosses an den Herstellungskosten 30 % betrage. Für eine Aufteilung der verbleibenden 70 % der Herstellungskosten zu gleichen Teilen auf das Erdgeschoss und das 1. Obergeschoss lägen die notwendigen tatsächlichen Voraussetzungen nicht vor. Bei einem verhältnismäßigem Umbau des Erdgeschosses hätte es zu Nutzungsbeeinträchtigungen kommen müssen. Das Erdgeschoss sei jedoch während des gesamten Jahres 1996 vermietet gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die vorgelegten Behördenakten und die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 24. Juli 2009 und 12. November 2009 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Das Verfahren war einzustellen, soweit die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben bzw. die Klage zurückgenommen worden ist.
Im Übrigen hat die Klage im tenorierten Umfang Erfolg.
Der Beklagte ist zu Recht von einer Entnahme der Wohnung aus dem unternehmerischen Bereich des Klägers ausgegangen. Entsprechend dem Vortrag des Klägers, dass das Erdgeschoss und das 1. OG im Jahr 2000 als Sonderbetriebsvermögen des Klägers bei der S GbR (bestehend aus dem Kläger und der Klägerin) eingebracht wurde, diente dieser Gegenstand nicht mehr dem Unternehmen des Klägers. Dieser Vorgang ist als Entnahmeverbrauch zu beurteilen. Denn der Kläger hat in dem Zeitpunkt, als er die Wohnung der GbR zur Verfügung stellte, eine eigene unternehmerische Betätigung diesbezüglich aufgegeben. Eine Zuordnung der Wohnung zum Unternehmen des Klägers kommt nicht mehr in Betracht.
Hinsichtlich des Umfangs der Vorsteuerkorrektur schätzt das Gericht den Anteil der auf das 1. OG entfallenden Herstellungskosten, die zum Vorsteuerabzug berechtigt haben, auf 37,5 %. Angesichts der in den mündlichen Verhandlungen vorgelegten Unterlagen ist ersichtlich, dass die Herstellungskosten auch das Erdgeschoss betreffen. Allerdings dürfte der Umfang der Umbauarbeiten im Erdgeschoss geringer sein als der Aufwand zur Herstellung des 1. Obergeschosses, zumal die Kosten für die erstmalige Herstellung des Treppenhauses dem Erdgeschoss kann zuzurechnen sind. Das Gericht schätzt deswegen das Verhältnis der Herstellungskosten auf 32,5 % für das Erdgeschoss, auf 37, 5 % für das 1. Obergeschoss und auf 30 % für das 2. Obergeschoss. Bei einem relevanten Vorsteuerbetrag von 77.000 DM entfallen auf das 1. OG mithin 28.875 DM. Der maßgebliche Korrekturbetrag beträgt mithin 17.325 DM (72/120 von 28.875 DM).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.