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  • 28.10.2009

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 23.01.2007 – 10 k 5107/05 Kg

    1.Die Neuregelung der Anspruchsberechtigung von Ausländern hinsichtlich des Kindergeldes durch § 62 Abs. 2 EStG i. d. F. des AuslAnsprG vom 13.12.2006 ( BGBl 2006 I S. 2915) ist verfassungsgemäß.

    2.Die Aufenthaltsgestattung nach § 63 AsylVfG bzw. Duldung nach § 60a AufenthG eines abgelehnten Asylbewerbers stellt keine – einen voraussichtlich dauerhaften Aufenthalt im Bundesgebiet ermöglichende – Aufenthaltserlaubnis i. S. d. § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c EStG n. F. dar, die unter den weiteren Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG n. F. einen Anspruch auf Kindergeld begründen könnte.

    3.Gegenstand einer auf Verpflichtung der Familienkasse zur Festsetzung von Kindergeld gerichteten Klage ist auch der Zeitraum ab dem auf die Bekanntgabe des ablehnenden Bescheides folgenden Monat bis zum Ablauf des Monats, in dem die Einspruchsentscheidung bekannt gegeben wird.


    1.Die Neuregelung der Anspruchsberechtigung von Ausländern hinsichtlich des Kindergeldes durch § 62 Abs. 2 EStG i. d. F. des AuslAnsprG vom 13.12.2006 ( BGBl 2006 I S. 2915) ist verfassungsgemäß.

    2.Die Aufenthaltsgestattung nach § 63 AsylVfG bzw. Duldung nach § 60a AufenthG eines abgelehnten Asylbewerbers stellt keine – einen voraussichtlich dauerhaften Aufenthalt im Bundesgebiet ermöglichende – Aufenthaltserlaubnis i. S. d. § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c EStG n. F. dar, die unter den weiteren Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG n. F. einen Anspruch auf Kindergeld begründen könnte.

    3.Gegenstand einer auf Verpflichtung der Familienkasse zur Festsetzung von Kindergeld gerichteten Klage ist auch der Zeitraum ab dem auf die Bekanntgabe des ablehnenden Bescheides folgenden Monat bis zum Ablauf des Monats, in dem die Einspruchsentscheidung bekannt gegeben wird.

    Gesetze: EStG § 52 Abs. 61a Satz 2 EStG § 62 Abs. 2 AufenthaltG § 25 Abs. 5 AufenthaltG § 60a AsylVfG § 41 Abs. 1 AsylVfG § 63 AO § 367 Abs. 2 Satz 1 FGO § 44 Abs. 2 GG Art. 3 Abs. 1 GG Art. 6 Abs. 1

    Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist vorläufig nicht rechtskräftig





    Tatbestand

    Strittig ist, ob die Klägerin zum Kreis der nach § 62 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) kindergeldberechtigten Personen gehört.

    Die Klägerin ist Staatsangehörige der Republik Sierra Leone (Ausländerakte Bl. 124 f.). Sie reiste am 29. März 1994 von Sierra Leone in die Bundesrepublik Deutschland ein (Ausländerakte Bl. 60, 65). Ihr Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte wurde rechtskräftig abgelehnt (Ausländerakte Bl. 36 I ff., 93 I). Die Abschiebungsandrohung ist seit dem 6. Januar 2002 vollziehbar.

    Die Klägerin hat drei Kinder. Ihr Sohn „A” wurde 1991 in Sierra Leone geboren, ihre Tochter „B” und ihr Sohn „C” 1996 bzw. 2002 in Deutschland (Ausländerakte Bl. 120 R). Der Ehemann der Klägerin, der zusammen mit ihr einreiste, hält sich seitdem ebenfalls ununterbrochen in Deutschland auf. Auch sein Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter wurde rechtskräftig abgelehnt.

    Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge erteilte der Klägerin am 13. April 1994 eine Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung gemäß § 63 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG), die der Oberkreisdirektor des Kreises „D” in der Folgezeit - ab dem 20. Juli 2002 als Duldung, ab dem 1. Januar 2005 gemäß § 60 a des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) - stets verlängerte (Ausländerakte Bl. 24, 34, 52, 53, 69 f., 74 ff., 87, 93), zuletzt bis zum 30. September 2005 (Ausländerakte Bl. 94). Er stimmte zugleich der Ausübung einer Erwerbstätigkeit der Klägerin als Gastgewerbehelferin ab dem 20. April 2005 gemäß § 10 der Verordnung über das Verfahren und die Zulassung von im Inland lebenden Ausländern zur Ausübung einer Beschäftigung (BeschVerfV) vom 22. November 2004 zu (Ausländerakte Bl. 88). Am 15. August 2005 erteilte er der Klägerin, die seit dem 20. Dezember 2004 über einen Pass verfügt (Ausländerakte Bl. 124 f.), eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG (Ausländerakte Bl. 126). Ihre Tochter „B”, deren Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte ebenfalls rechtskräftig abgelehnt wurde, hatte im Hinblick auf die Aussetzung ihrer Abschiebung gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG im Jahr 2005 eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 3 AufenthG erhalten (Ausländerakte Bl. 97). Die Aufenthaltserlaubnis der Klägerin wurde zuletzt am 27. Oktober 2006 bis zum 26. Januar 2007 verlängert (Ausländerakte Bl. 173). Ihrem Antrag, ihr eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wurde bislang nicht entsprochen (Ausländerakte Bl. 165).

    Die Klägerin ging nach zur Ausländerakte gereichten Unterlagen (Bl. 71, 103 ff., 132, 142-149, 158 f.) seit Mitte 1995 wechselnden Erwerbstätigkeiten nach, bezog Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch - SGB III - (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ) oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) bzw. dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII):

    01.07.1995 - 03.11.1997 McDonald's Deutschland Inc.

    21.11.1997 - 22.06.1998 Bezug von Arbeitslosengeld

    22.06.1998 - 30.09.1998 HVS GmbH & Co. KG Hotel-Service

    20.10.1998 - 31.01.2003 J. U. S. T. Restaurant GmbH Burger King

    01.03.2003 - 30.06.2004 J. U. S. T. Restaurant GmbH Burger King

    23.07.2004 - 03.04.2005 Bezug von Arbeitslosengeld

    04.04.2005 - 08.09.2005 L & L KG (Blue Chip Convention Center)

    09.09.2005 - 04.12.2005 Bezug von Arbeitslosengeld I

    05.12.2005 - 23.12.2005 Makowski Hotel Service GmbH

    02.01.2006 - 03.12.2006 Damelang Dienstleistungen

    Leistungen nach dem AsylbLG bzw. dem SGB XII erhielt die Klägerin nach Bescheinigungen der Stadt „E” vom 28. Februar 2002 (Ausländerakte Bl. 48), vom 4. Juli 2005 (Ausländerakte Bl. 102) und vom 14. Oktober 2005 (Ausländerakte Bl. 141) in der Zeit vom 5. Mai 1994 bis zum 31. Juli 1995, vom 23. bis zum 24. Oktober 1996, vom 1. Januar 1998 bis zum 28. Februar 1999, vom 14. Oktober 2004 bis zum 30. April 2005 und ab dem 1. Oktober 2005. Der Beschäftigung bei der Makowski Hotel Service GmbH hatte die Agentur für Arbeit „F” am 27. Oktober 2005 gemäß § 39 AufenthG i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 BeschVerfV ihre Zustimmung erteilt (Ausländerakte Bl. 133).

    Die Klägerin beantragte erstmals am 11. Dezember 2001 Kindergeld für „A” und „B”. Die Beklagte lehnte diesen Antrag durch Bescheid vom 5. Februar 2002 unter Hinweis auf die Regelung in § 62 Abs. 2 EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes ( JStG ) 1996 ab, nach der ein Ausländer nur Anspruch auf Kindergeld hatte, wenn er im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis war. Den dagegen eingelegten Einspruch wies sie als unbegründet zurück. Mit ihrer daraufhin erhobenen, unter dem Az. 10 K 1009/02 Kg geführten Klage hielt die Klägerin an ihrem Begehren fest. Nach der Geburt des Sohnes „C” stellte sie am 15. Oktober 2002 einen Antrag auf Kindergeld für ihre nunmehr drei Kinder, den die Beklagte durch Bescheid vom 6. November 2002 ablehnte. Einspruch dagegen legte die Klägerin nicht ein.

    Nach einer Anfrage des Berichterstatters im Verfahren 10 K 1009/02 Kg, ob sie mit einem Ruhen des Verfahrens bis zu der dem Gesetzgeber aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Juli 2004 (1 BvL 4/97, BVerfGE 111, 160) aufgegebenen Neuregelung des § 1 Abs. 3 Satz 2 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) einverstanden sei, beantragte die Klägerin am 25. April 2005 erneut Kindergeld für „A”, „B” und r„C”. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 1. Oktober 2005 wiederum unter Hinweis darauf ab, dass die Klägerin nicht im Besitz eines in § 62 Abs. 2 EStG in der seinerzeit geltenden Fassung aufgeführten Aufenthaltstitels sei. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.

    Gegen den ablehnenden Bescheid vom 1. Oktober 2005 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. November 2005 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie weiterhin Kindergeld für ihre drei Kinder begehrt. Zur Begründung bezieht sie sich auf den BVerfG-Beschluss in BVerfGE 111, 160 und das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 25. Oktober 2005 (Individualbeschwerde Nr. 59140/00 Okpisz gegen Deutschland, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - NVwZ - 2006, 917). Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Klageschrift vom 7. Dezember 2005 Bezug genommen.

    Das Gericht hat das Verfahren 10 K 1009/02 Kg durch Beschluss vom 29. Juni 2006 gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) mit dem vorliegenden Verfahren verbunden.

    Die Klägerin beantragt,

    den ablehnenden Bescheid vom 5. Februar 2002 und die Einspruchsentscheidung vom 18. Februar 2002 sowie den ablehnenden Bescheid vom 1. Oktober 2005 und die Einspruchsentscheidung vom 24. November 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, für die Zeit von Juli 1997 bis Februar 2002 Kindergeld für ihre Kinder „A” und „B” und für die Zeit von Dezember 2002 bis November 2005 Kindergeld für ihre Kinder „A”, „B” und „C” festzusetzen,

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf ihre Schriftsätze vom 29. Mai 2002 im Verfahren 10 K 1009/02 Kg und vom 16. Januar 2006 im vorliegenden Verfahren verwiesen.

    Das Gericht hat die den Streitfall betreffende Kindergeldakte sowie die Ausländerakte des Kreises „D” beigezogen.





    Gründe

    A. Gegenstand des Verfahrens sind aufgrund der Verbindung gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 FGO die ablehnenden Bescheide vom 5. Februar 2002 und vom 1. Oktober 2005. Sie regeln Ansprüche der Klägerin auf Kindergeld für die Zeit, für die ein Anspruch auf Kindergeld nicht kraft gesetzlicher Anordnung ausgeschlossen war bzw. bis zu dem Zeitpunkt, bis zu dem ein bestandskräftiger Ablehnungsbescheid Regelungswirkungen entfaltet.

    1. Nach § 66 Abs. 3 EStG i. d. F. des JStG 1996 wurde Kindergeld rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats gezahlt, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen war. Diese Regelung wurde mit Wirkung ab dem 1. Januar 1998 durch das Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 16. Dezember 1997 aufgehoben. Nach § 52 Abs. 32 a EStG i. d. F. dieses Gesetzes ist § 66 Abs. 3 EStG a. F. letztmals für das Kalenderjahr 1997 anzuwenden, so dass Kindergeld auf einen nach dem 31. Dezember 1997 gestellten Antrag rückwirkend bis einschließlich Juli 1997 gezahlt werden kann.

    2. Die Bindungswirkung eines Bescheides, durch den die Festsetzung von Kindergeld abgelehnt wird, erstreckt und beschränkt sich auf die Vergangenheit und den Monat seiner Bekanntgabe, falls er nicht eine ausdrückliche Einschränkung seines zeitlichen Regelungsbereichs enthält (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. Januar 2004 VIII R 12/03, Sammlung nicht amtlich veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 2004, 786 m. w. N.). Der ablehnende Bescheid vom 5. Februar 2002, der keine solche Einschränkung enthält, regelt damit lediglich den Zeitraum vom 1. Juli 1997 bis zum 28. Februar 2002. Der ablehnende Bescheid vom 1. Oktober 2005 wiederum regelt den Zeitraum von Dezember 2002 bis Oktober 2005. Eine weiter in die Vergangenheit zurückreichende Regelung enthält er nicht, weil er nicht erkennen lässt, dass er eine erneute Regelung zu dem Anspruchszeitraum treffen wollte, der Gegenstand des bestandskräftig gewordenen Bescheides vom 6. November 2002 war. Dazu hätte es vielmehr eines ausdrücklichen Hinweises bedurft.

    3. Der Bescheid vom 6. November 2002 ist auch nicht nach § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Verfahrens 10 K 1009/02 Kg und damit Gegenstand des noch anhängigen vorliegenden Verfahrens geworden. Nach dieser Vorschrift wird, wenn der angefochtene Verwaltungsakt nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geändert oder ersetzt wird, der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Der Bescheid vom 6. November 2002 stellt im Verhältnis zum angefochtenen Bescheid vom 5. Februar 2002 keinen neuen Verwaltungsakt dar, weil sein Regelungsbereich - wie dargelegt - weder ganz noch teilweise mit dem Regelungsbereich des Bescheides vom 5. Februar 2002 identisch ist. Beide Bescheide regeln vielmehr unterschiedliche Zeiträume. Der Bescheid vom 6. November 2002 bezieht sich zudem auch auf das erst im Oktober 2002 geborene Kind „C”. Ansprüche für dieses Kind waren aber nicht Gegenstand des Verfahrens 10 K 1009/02 Kg, weil der Bescheid vom 5. Februar 2002 dazu keine Regelung enthielt.

    4. Gegenstand des Verfahrens ist allerdings auch der Monat November 2005. Dies folgt daraus, dass in diesem Monat die den Einspruch gegen den Bescheid vom 1. Oktober 2005 zurückweisende Einspruchsentscheidung ergangen ist. Das Gericht ist der Auffassung, dass auch der Zeitraum ab dem auf die Bekanntgabe des ablehnenden Bescheides folgenden Monat bis zum Ablauf des Monats, in dem die Einspruchsentscheidung bekannt gegeben wird, Gegenstand einer auf Verpflichtung der Familienkasse zur Festsetzung von Kindergeld gerichteten Klage ist. Der BFH hat zwar entschieden, dass sich die Bindungswirkung eines bestandskräftigen, die Gewährung von Kindergeld ablehnenden Bescheides auf die Zeit bis zum Ende des Monats seiner Bekanntgabe beschränkt (Urteil vom 25. Juli 2001 VI R 164/98, BStBl 2002 II S. 89). Diese begrenzte Regelungswirkung entfaltet ein ablehnender Bescheid jedoch nur dann, wenn er bestandskräftig wird. Wird er dagegen mit dem Einspruch angefochten, so hat die Familienkasse gemäß § 367 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) die Sache in vollem Umfang erneut zu prüfen. Diese Prüfung umfasst auch den Zeitraum von der Bekanntgabe des Bescheides bis zum Erlass der Einspruchsentscheidung; denn in deren Gestalt ist der ursprüngliche Verwaltungsakt Gegenstand der gerichtlichen Prüfung (§ 44 Abs. 2 FGO). Dies gilt unabhängig davon, ob dem Einspruch durch die Einspruchsentscheidung teilweise stattgegeben, der angefochtene Verwaltungsakt zum Nachteil des Einspruchsführers geändert oder der Einspruch ohne Einwirkung auf den Regelungsgehalt des angefochtenen Verwaltungsakts lediglich zurückgewiesen wird, weil § 44 Abs. 2 FGO kein dahin gehende Differenzierung enthält.

    B. Die Klage ist weitgehend unbegründet. Die Klägerin hat lediglich für die Zeit von August 2005 bis November 2005 Anspruch auf Kindergeld für ihre Kinder „A”, „B” und „C”. Nur insoweit ist der Bescheid vom 1. Oktober 2005 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. November 2005 rechtswidrig. Die Beklagte war daher zu verpflichten, für diesen Zeitraum Kindergeld festzusetzen (§ 101 Satz 1 FGO). Im Übrigen ist dieser Bescheid in der Gestalt der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung - wie auch der Bescheid vom 5. Februar 2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Februar 2002 - rechtmäßig.

    1. Die Anspruchsberechtigung von Ausländern bezüglich des Kindergeldes beurteilt sich seit dem 1. Januar 2006 nicht mehr nach § 62 Abs. 2 EStG i. d. F. des JStG 1996 bzw. der geänderten Fassung aufgrund des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004, sondern nach § 62 Abs. 2 EStG i. d. F. des Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss vom 13. Dezember 2006 ( BGBl 2006 I S. 2915). In dieser Fassung ist § 62 Abs. 2 EStG auch für alle Zeiträume anzuwenden, in denen das Kindergeld noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist (§ 52 Abs. 61 a Satz 2 EStG i. d. F. des Gesetzes vom 13. Dezember 2006).

    a) Der Anspruch auf Kindergeld für den Zeitraum von August 2005 bis November 2005 ergibt sich aus § 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG n. F. Danach erhält ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer, der eine in § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c EStG genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt, Kindergeld, wenn er sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist, laufende Geldleistungen nach dem SGB III bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt.

    Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin. Ihr wurde am 15. August 2005 eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG erteilt. § 25 Abs. 5 AufenthG ist in § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c EStG ausdrücklich genannt. Die Klägerin hatte sich bis dahin auch bereits drei Jahre gestattet bzw. geduldet im Bundesgebiet aufgehalten. Rechtsgrundlage ihres Aufenthaltsstatus war seit In-Kraft-Treten des AufenthG dessen § 60 a (Ausländerakte Bl. 87, 94). Zuvor war sie im Besitz einer Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung gemäß § 63 AsylVfG bzw. war ihr Aufenthalt im Hinblick auf das Asylverfahren ihrer Tochter „B” sowie das bei dieser auch nach Beendigung des Asylverfahrens bestehende Abschiebehindernis (§ 53 Abs. 6 AuslG) gemäß § 41 Abs. 1 AsylVfG geduldet. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigte die Klägerin nach der zugrunde liegenden Aktenverfügung (Ausländerakte Bl. 126) gemäß § 10 BeschVerfG auch dazu, bei der L & L KG (Blue Chip Convention Center) einer Erwerbstätigkeit als Gastgewerbehelferin nachzugehen. Die Klägerin war daher bei diesem Unternehmen bis zum 8. September 2005 berechtigt erwerbstätig. Anschließend bezog sie bis Dezember 2005 Lohnersatzleistungen nach dem SGB III (Arbeitslosengeld I).

    b) In der Zeit vor Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG war die Klägerin nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels, durch den ein Anspruch auf Kindergeld begründet wird.

    aa) Bei der Aufenthaltsgestattung nach § 63 AsylVfG bzw. der Duldung nach § 41 Abs. 1 AsylVfG handelt es sich nicht i. S. von § 62 Abs. 2 Nr. 2 EStG um eine Aufenthaltserlaubnis, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt. Die Bescheinigung nach § 63 AsylVfG dient vielmehr lediglich dazu, den Aufenthalt des Ausländers bis zum Abschluss des Asylverfahrens zu legalisieren. Ein Aufenthaltstitel soll ihm dadurch nicht eingeräumt werden. Dementsprechend war der Klägerin während der Zeit, in der sie nur über eine Bescheinigung nach § 63 AsylVfG verfügte, eine selbständige Erwerbstätigkeit oder eine vergleichbare unselbständige Tätigkeit nicht gestattet. Eine Arbeitsaufnahme war ihr nur mit gültiger Arbeitserlaubnis gestattet (Ausländerakte Bl. 24, 34, 52, 93). Die Aufenthaltsgestattung stellt sich damit als lediglich flankierende Maßnahme zur Durchführung des Asylverfahrens, nicht aber als Aufenthaltstitel dar.

    Nachdem die Abschiebungsandrohung im Bescheid vom 23. September 1994 (Ausländerakte Bl. 36) nach Eintritt der Rechtskraft des die Klage gegen diesen Bescheid abweisenden Urteils des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vollziehbar geworden war, d. h. ab dem 6. Januar 2002 (Ausländerakte Bl. 93), war die Klägerin im Inland nur noch geduldet, zuletzt nach § 60 a AufenthG (Ausländerakte Bl. 87). Abschiebungshindernisse, die dazu führen, dass der weitere Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet geduldet wird, begründen ebenfalls keine Aufenthaltserlaubnis. Die Aufenthaltserlaubnis ist vielmehr ein befristeter Aufenthaltstitel (§ 7 AufenthG), der einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist, gemäß § 10 Abs. 3 AufenthG nur nach Maßgabe der §§ 22 bis 26 AufenthG erteilt werden darf. Die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung) nach § 60 a AufenthG gehört nicht dazu.

    bb) Die Klägerin verfügte mit der Aufenthaltsgestattung bzw. Duldung auch nicht über eine in § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c EStG genannte Aufenthaltserlaubnis, die einen Anspruch nach Maßgabe von § 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG begründen könnte.

    Die Aufenthaltsgestattung nach § 63 AsylVfG ist in § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c EStG ebenso wenig aufgeführt wie eine Duldung nach § 60 a AufenthG. § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c EStG enthält nach Auffassung des Gerichts insoweit auch keine Regelungslücke, die durch eine analoge Anwendung der Vorschrift auf eine Aufenthaltsgestattung oder Duldung zu schließen wäre.

    Nach den Gesetzesmaterialien sollte das Gesetz zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss keine Regelung für geduldete Ausländer treffen, die erwerbstätig sind (BR-Drucks. 68/06, S. 8; BT-Drucks. 16/1368, S. 8). Für diese Personengruppe sollte vielmehr eine Lösung nach dem AufenthG gefunden werden. Ausländer, deren Abschiebung ausgesetzt ist, sollten zwar in den Kreis der Anspruchsberechtigten aufgenommen werden, jedoch nur dann, wenn sie über eine Aufenthaltserlaubnis verfügen. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers kann, wenn der Betreffende nicht über eine Niederlassungserlaubnis verfügt, nur bei Erteilung eines Aufenthaltstitels in Gestalt einer Aufenthaltserlaubnis und Vorliegen der weiteren, in § 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a und b EStG aufgeführten Umstände davon ausgegangen werden, dass sein Aufenthalt in Deutschland auf Dauer angelegt ist (Stenographischer Bericht 57. Sitzung, Plenarprotokoll 16/57, S. 5591, 5593). Ohne einen der in § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c EStG aufgeführten Titel kann dies nach Auffassung des Gesetzgebers nicht angenommen werden. Eine Aufenthaltsgestattung oder Duldung ist daher auch nach § 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG nicht geeignet, einen Anspruch auf Kindergeld zu begründen. Eine (verdeckte) Regelungslücke liegt insoweit nicht vor. Es entspricht vielmehr dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers, Ausländer, die nur über einen derartigen vorübergehenden Aufenthaltsstatus verfügen, vom Bezug von Familienleistungen wie dem steuerrechtlichen Kindergeld auszuschließen.

    cc) Das Gericht hält die Neuregelung der Anspruchsberechtigung von Ausländern hinsichtlich des Kindergeldes durch das Gesetz vom 13. Dezember 2006 nicht für verfassungswidrig. Das Verfahren war daher nicht nach Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) auszusetzen, um eine Entscheidung des BVerfG einzuholen.

    Das BVerfG hat im Beschluss in BVerfGE 111, 160 das Ziel der gesetzlichen Neufassung des § 1 Abs. 3 BKGG durch das Erste Gesetz zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms vom 21. Dezember 1993, Kindergeld nur noch solchen Ausländern zu gewähren, von denen zu erwarten sei, dass sie auf Dauer in Deutschland bleiben (BT-Drucks. 12/5502, S. 44), als solches nicht beanstandet, sondern nur die dafür gewählte Regelung. Durch die Neuregelung wird dieses Ziel nach Auffassung des Gerichts in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise umgesetzt.

    § 62 Abs. 2 EStG n. F. stellt nicht mehr allein auf die Art des Aufenthaltstitels ab, sondern darauf, ob aufgrund einer Erwerbstätigkeit oder einer Berechtigung, einer solchen nachzugehen, von einem dauerhaften Aufenthalt im Inland ausgegangen werden kann. Das Gericht sieht darin ein geeignetes Indiz für diese Prognose, sofern die Erwerbstätigkeit nicht erkennbar nur vorübergehend ist. Personen, bei denen dies der Fall ist, hat der Gesetzgeber folgerichtig nicht in den Kreis der Anspruchsberechtigten einbezogen (vgl. § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a und b EStG). Soweit es sich um unanfechtbar abgelehnte Asylbewerber handelt, denen ein Aufenthaltstitel nach § 10 Abs. 3 AufenthG nur nach Maßgabe des 5. Abschnitts des AufenthG erteilt werden darf (vgl. dazu § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c EStG), hat der Gesetzgeber ihre Anspruchsberechtigung von weiteren, in § 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a und b EStG geregelten Voraussetzungen abhängig gemacht. Auch dies ist nach Auffassung des Gerichts nicht zu beanstanden. Diese Ausländer sind regelmäßig zur Ausreise verpflichtet; wird eine entsprechende Aufforderung nicht vollzogen, so kann nicht allein deshalb von einem dauerhaften Aufenthalt im Bundesgebiet ausgegangen werden. Eine derartige Prognose erscheint erst zulässig, wenn ein Mindestzeitraum eines rechtmäßigen, gestatteten oder geduldeten Aufenthalts vorliegt und der Ausländer seinen Lebensunterhalt aufgrund einer berechtigten Erwerbstätigkeit aus eigener Kraft bestreiten kann, einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem SGB III hat oder Elternzeit in Anspruch nimmt. Die Regelungen in § 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG halten sich deshalb in dem dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraum. Im Übrigen (§ 62 Abs. 2 Nr. 1 und 2 EStG) knüpft der Anspruch auf Kindergeld - wie bei der Niederlassungserlaubnis gemäß § 9 Abs. 2 AufenthG (§ 62 Abs. 2 Nr. 1 EStG) - an eine bereits vollzogene oder - wie bei einer zu einer Erwerbstätigkeit berechtigenden Aufenthaltserlaubnis (§ 62 Abs. 2 Nr. 2 Halbs. 1 EStG) - an eine hinreichend sicher zu erwartende Integration im Inland an.

    Personen, die nicht über einen qualifizierten Aufenthaltstitel verfügen, durfte der Gesetzgeber ohne Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 oder Art. 6 Abs. 1 GG von der Neuregelung ausschließen. Dies gilt insbesondere für Personen, deren Aufenthalt nur zum Zwecke der Durchführung eines Asylverfahrens gestattet ist oder deren Aufenthalt nach Vollziehbarkeit einer Ausreiseaufforderung geduldet wird, weil der Abschiebung Hindernisse entgegenstehen. Es widerspräche dem vorläufigen, auflösend bedingten Charakter der Aufenthaltsgestattung nach § 63 AsylVfG und der auf eine Beendigung des Aufenthalts gerichteten bestandskräftigen und damit vollziehbaren Aufforderung, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen, in diesen Fällen von einem voraussichtlich dauerhaften Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet auszugehen. Der Aufenthalt ist vielmehr auch dann, wenn sich das Asylverfahren über mehrere Jahre erstreckt und Abschiebungshindernisse von nicht absehbarer Dauer auftreten, von Rechts wegen nicht als dauerhafter, sondern als lediglich vorübergehender gedacht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Abschiebungshindernisse vom Ausländer selbst zu vertreten sein können, wie z. B. die langjährige Passlosigkeit der Klägerin, die erst am 20. Januar 2003 die Ausstellung eines Passes beantragt und dadurch verhindert hat, dass ihr eine Aufenthaltsbefugnis gemäß § 30 Abs. 4 des Ausländergesetzes (AuslG) als mögliche Vorstufe für eine Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis erteilt werden konnte (Ausländerakte Bl. 65 f., 68). Erst durch das Hinzutreten der in § 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a und b EStG aufgeführten Voraussetzungen zu einem in § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c EStG geregelten Aufenthaltstitel kann von einem voraussichtlich dauerhaften Aufenthalt im Bundesgebiet ausgegangen werden, der dann auch einen Anspruch auf Kindergeld begründet. Bei den auch nach dieser Bestimmung nicht anspruchsberechtigten Ausländern durfte der Gesetzgeber im Übrigen davon ausgehen, dass das Existenzminimum ihrer Kinder durch Sozialhilfe oder Leistungen nach dem AsylbLG in ausreichendem Maße gewährleistet ist (BT-Drucks. 16/1368, S. 9). Das Gericht vermag daher nicht zu erkennen, dass die Neuregelung gegen Art. 3 Abs. 1 oder Art. 6 Abs. 1 GG verstößt.

    2. Die weiteren Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kindergeld sind bezogen auf den Zeitraum von August 2005 bis November 2005 gegeben. Die Kinder der Klägerin sind nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 i. V. m. § 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 EStG zu berücksichtigen. Nach der Haushaltsbescheinigung vom 25. April 2005 leben sie in ihrem Haushalt. Die Klägerin ist auch gemäß § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG zur Berechtigten bestimmt worden.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

    Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Es ist bislang nicht höchstrichterlich geklärt, ob § 62 Abs. 2 EStG n. F. auch auf Ausländer anwendbar ist, die sich vor der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aufgrund einer der in § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c EStG n. F. aufgeführten Vorschriften lediglich gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufgehalten haben. Ungeklärt ist ferner, ob § 62 Abs. 2 EStG n. F. verfassungsgemäß ist, soweit Ausländer, die weder über eine Niederlassungserlaubnis noch über eine zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigende Aufenthaltserlaubnis verfügen, einen Anspruch auf Kindergeld nur nach Maßgabe der besonderen Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG n. F. haben. Die Sache hat daher grundsätzliche Bedeutung.