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  • 22.02.2007

    Finanzgericht Düsseldorf – 17 K 4592/04 H


    Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
    Entscheidungsart: Urteil
    Aktenzeichen: 17 K 4592/04 H(L)
    Datum: 24.04.2006

    Tenor:
    Die Klage wird abgewiesen.
    Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand:
    Die Beteiligten streiten darum, ob die Einkommensteuererstattungen, welche die Brutto- oder des Nettolohns führen.
    Die Klägerin hat mit ihren japanischen Arbeitnehmern Nettolohnvereinbarungen abgeschlossen. Auf deren Grundlage zahlt sie den Angestellten einen vereinbarten Nettolohn aus und übernimmt die auf diesen Nettolohn anfallenden Steuern als Arbeitgeberin. Kommt es im Rahmen von Einkommensteuerveranlagungen der Arbeitnehmer zur Erstattung von Einkommensteuer, werden die Erstattungsbeträge auf der Grundlage der getroffenen Nettolohnabreden von den Arbeitnehmern an die Klägerin abgeführt. Dies erfolgt regelmäßig dadurch, dass die im Rahmen der Einkommensteuerveranlagungen entstehenden Steuererstattungsansprüche an die Klägerin abgetreten werden.

    Die Klägerin behandelte die Erstattungen als negative Einnahmen der Arbeitnehmer. Sie kürzte in Höhe dieser negativen Einnahmen den laufenden Nettolohn, den sie ihrer Lohnsteueranmeldung zu Grunde legte. Die Einkommensteuererstattungen waren auf den Lohnsteuerkarten der Arbeitnehmer nicht als Werbungskosten oder negative Einnahmen eingetragen.

    Bei der Klägerin wurde eine Lohnsteueraußenprüfung durchgeführt. Bei dieser Prüfung vertraten die Prüfer die Auffassung, die negativen Einnahmen seien nicht vom Nettolohn abzuziehen, sondern minderten nur den Bruttolohn. Der Beklagte erließ dementsprechend einen Lohnsteuerhaftungsbescheid und nahm die Klägerin in Höhe der sich ergebenden Differenzen in Anspruch. Die Klägerin legte gegen diesen Haftungsbescheid Einspruch ein, den der Beklagte als unbegründet zurückwies. Der Beklagte führte in der Einspruchsentscheidung aus, das Finanzamt sei bei der Entscheidung, ob es Lohnsteuer nachfordere (Entschließungsermessen) und von wem es die Lohnsteuer nachfordere (Auswahlermessen), nur den gegebenen sachlichen Merkmalen gefolgt. Seien als negative Einnahmen zu qualifizierende Rückflüsse festzustellen, minderten sie den Bruttolohn, was auf die Anwendung der Regelung in der Verfügung der Oberfinanzdirektion - OFD - vom 23.03.1994 (in der Fassung vom 15.03.2001 S 2367 A-St 22/St 221, EStG-Kartei NRW, § 19 EStG, Fach 2 Nr. 1000) hinauslaufe. Wegen näherer Einzelheiten der Einspruchsentscheidung wird auf die beigezogene Lohnsteuerakte des Beklagten Bezug genommen.

    Die Klägerin hat hierauf Klage erhoben. Sie meint, bei der Rückzahlung von Einkommensteuererstattungen an den Arbeitgeber handele es sich um eine Verminderung der Nettoeinkünfte des Arbeitnehmers. Sie sei im Ergebnis gleich zu behandeln mit dem Fall, dass dem Arbeitnehmer die Einkommensteuererstattung belassen werde und der Arbeitgeber im Hinblick auf diese Erstattung seine weiteren Nettolohnauszahlungen entsprechend reduziere, um zum vereinbarten Nettolohn zu gelangen. Dementsprechend habe sie die Einkommensteuererstattungen ihrer Arbeitnehmer in der Periode des Zuflusses mit den an die Arbeitnehmer ungekürzt ausgezahlten Boni verrechnet und die Lohnsteuer auf diesen, um den Betrag der Steuerrückzahlung verminderten Betrag im Wege der Bruttolohnhochrechnung ermittelt und abgeführt.

    Hiervon abweichend - so die Klägerin - vertrete der Beklagte die Auffassung, dass die Einkommensteuererstattungen als negativer Arbeitslohn nicht vom Netto-, sondern vom Bruttolohn zu kürzen seien, was zu einer höheren Lohnsteuer in der Periode der Einkommensteuerrückzahlung führe. Die Auffassung des Beklagten, dass es sich bei der Rückzahlung von Einkommensteuer durch den Arbeitnehmer um negativen Bruttolohn handele, sei nicht nachvollziehbar und finde im Gesetz keine Grundlage. Die Einkommensteuererstattung an den Arbeitgeber habe ihren Rechtsgrund in der mit der Nettolohnabrede vereinbarten Höhe des dem Arbeitnehmer zustehenden Nettolohnes, der durch die Rückzahlung der dem Arbeitnehmer zufließenden Steuererstattung an die Klägerin gewährleistet werde. Damit handele es sich ausschließlich um die erforderliche Berücksichtigung der dem Arbeitnehmer in Form der Steuererstattung zufließenden zusätzlichen Nettolohnzuflüsse bei dem von der Klägerin in der Rückflussperiode an den Arbeitnehmer auszuzahlenden Nettobetrag und damit im Ergebnis um eine entsprechende Korrektur des Nettoeinkommens. Dass die dem Arbeitnehmer zustehenden Steuererstattungsansprüche an sie abgetreten würden und sie den ungekürzten Nettobetrag in der Rückzahlungsperiode an die Arbeitnehmer auszahle, sei nur eine Frage der Gestaltung des Zahlungsweges aus Gründen der Praktikabilität und könne hinsichtlich der vorstehenden steuerrechtlichen Beurteilung nicht zu einer abweichenden Beurteilung führen. Selbst wenn man der Finanzverwaltung darin folgen würde, dass es sich bei der Rückzahlung der Steuererstattungsansprüche um negativen Bruttolohn handele, sei es in der Finanzverwaltung ständige Praxis, dass bei einer Berücksichtigung dieser Erstattungsbeträge außerhalb des Lohnsteuerabzugsverfahrens im Rahmen der Einkommensteuerveranlagungen die aus einer Kürzung des Bruttolohns resultierenden weiteren künftigen Steuererstattungen in den folgenden Jahren jeweils bei Zufluss der Steuererstattung wiederum steuermindernd berücksichtigt werden könnten, sodass es zu einer zeitlich gestreckten Hochrechnung und damit zu der mit einer Verrechnung mit dem Nettobetrag vergleichbaren Berücksichtigung der Steuererstattungen komme. Nichts anderes könne letztlich bei der Berücksichtigung dieser Erstattungen im Rahmen von Lohnabrechnungen gelten. Der einzige Unterschied bestehe darin, dass der Steuereffekt bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren wirksam werde und die Folgeeffekte daher ebenfalls zeitgleich in vollem Umfange geltend gemacht werden könnten, sodass auch diese Hilfsüberlegung zu dem Ergebnis führe, dass eine Hochrechnung der Einkommensteuererstattungen im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens zu erfolgen habe. Der angegriffene Haftungs- und Nachforderungsbescheid des Beklagten gehe unzutreffend von einer Verrechnung mit dem Bruttolohn aus, ohne jedoch die in diesem Fall konsequenterweise vorzunehmende Hochrechnung der insgesamt dadurch eintretenden Steuerminderung durchzuführen und sei dementsprechend antragsgemäß zu ändern.

    Die vom Finanzamt beabsichtigte Korrektur würde dazu führen, dass die Folgeeffekte der Bruttolohnverminderungen überhaupt nicht mehr erfasst würden. Dies würde wiederum bedeuten, dass das Nettoeinkommen auf Grund von Nettolohnvereinbarungen der Arbeitnehmer geringer wäre, als das Nettoeinkommen gemäß den Einkommensteuerveranlagungen.

    Beispiel:
    a. Jahr 01 Jahr 02
    200
    (1Q) * Rückzahlung an den
    Arbeitgeber aus 01
    Bruttoarbeitslohn 200 190
    Lohnsteuer (50 %) 100 95
    Einkommensteuer auf Grund der
    Einkommensteuer-Veranlagung 90 95
    Einkommensteuer-Erstattung 10*
    Nettoeinkommen nach
    Einkommensteuer-Veranlagung* 110 95
    Netteinkommen auf Grund
    Nettolohnvereinbarung 100 100
    Differenz 10 (5)

    Nach diesem Beispiel hätte der Arbeitnehmer gemäß Einkommensteuerveranlagung ein Nettoeinkommen von 110 EUR + 95 EUR = 205 EUR erzielt. De facto habe er aber nur 200 EUR als Nettolohn erhalten. Der Arbeitnehmer müsse bei dieser Handhabung einen Bruttolohn versteuern, den er in dieser Höhe nicht erhalten habe. Dies sei nicht sachgerecht und zudem mit dem im Steuerrecht zu beachtenden Leistungsfähigkeitsprinzip nicht vereinbar.
    Die Klägerin meint, es sei nicht nachvollziehbar, warum die Finanzverwaltung darauf bestehe, dass Einkommensteuererstattungen nur vom Bruttolohn abgezogen werden dürften, sie dagegen in R 122 Abs. 2 Lohnsteuerrichtlinien LStR - den Abzug von Freibeträgen vom Nettolohn zulasse und sich insoweit auf Vereinfachungsgründe berufe. Der Abzug eines Freibetrags vom Bruttolohn sei nicht nennenswert schwieriger als der Abzug vom Nettolohn.

    Die Klägerin beantragt, den Haftungs- und Nachforderungsbescheid des Beklagten vom 21.06.2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.07.2004 dahin zu ändern, dass die Nachforderung für Lohnsteuer um 24.745,50 EUR auf 37.591,73 EUR und die Nachforderung für Solidaritätszuschlag um 1.642,78 EUR auf 2.063,56 EUR herabgesetzt wird.

    Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte vertritt folgende Auffassung: Habe der Arbeitnehmer die ihm zustehenden Steuererstattungsansprüche im Hinblick auf die Nettolohnvereinbarung dem Arbeitgeber abgetreten und werde der Erstattungsbetrag wie üblich im Folgejahr erstattet, so könne er nicht rückwirkend bei der Veranlagung des Jahres, für das er erstattet werde, berücksichtigt werden. Im Jahr der Erstattung, dem Folgejahr, werde er als negative Einnahme angesehen.

    Die Erstattungsbeträge minderten den Bruttolohn bzw. bei der Nettolohnversteuerung den Betrag, der dem Bruttolohn im Sinne von § 19 Abs. 1 bzw. § 38 a Abs. 2 EStG begrifflich entspreche. Die angestrebte Sachbehandlung, nämlich der, Abzug der Steuererstattung als negative Einnahme vom vereinbarten Nettolohn, widerspreche dem System bei der Lohn- und Einkommensteuer. Wenn die negative Einnahme nach dem System der Lohnsteuer den Bruttolohn vermindere, müsse dies auch so bei der Nettolohnbesteuerung dargestellt werden. Nach R 122 Abs. 1 LStR seien dann, wenn der Arbeitgeber die auf den Arbeitslohn entfallende Lohnsteuer selbst tragen wolle, die von ihm übernommenen Abzugsbeträge Teile des Arbeitslohns, die dem Nettolohn zur Steuerermittlung hinzugerechnet werden müssten. Die Lohnsteuer sei aus dem Bruttolohn zu berechnen, der nach Abzug der Lohnsteuer den ausgezahlten Nettobetrag ergebe. Dementsprechend sei bei Vorliegen negativer Einnahmen - wie sonst - der Bruttolohn aus dem vereinbarten Nettolohn zu entwickeln, dann davon die negative Einnahme abzuziehen und von dem neuen verminderten Bruttolohn die Steuer zu berechnen. Dies sei in der Verfügung der OFD Düsseldorf vom 23.03.1994 (Überarbeitung vom 15.03.2001, S 2367 A-St 22/ST 22, EStG-Kartei NRW, § 19 EStG, Fach 2 Nr. 1000) so vorgesehen.

    Mit dieser Handhabung stimme überein, dass nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - die bei einer Nettolohnvereinbarung vom Arbeitgeber übernommene Lohnsteuer Arbeitslohn darstelle (Hinweis auf BFH-Urteile vom 16.08.1979 - VI R 13/77 , Bundesteuerblatt - BStBl. - II 1979, 771; BFH vom 22.06.1990 - VI R 162/86, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 1991, 156).

    Nach TZ 3 Abs. 2 der OFD-Verfügung vom 29.11.2005, S 2367 A-St 22/St 221 (entsprechend: OFD-Verfügung vom 15.03.2001 - S 2367 A-St 22/St 221) sei zwar bei der Rückzahlung eines irrtümlich überhöht gezahlten Nettolohns durch den Arbeitnehmer diese negative Einnahme auf einen fiktiven Bruttobetrag hochzurechnen. Insoweit bestehe jedoch ein Unterschied zum Fall der Einkommensteuererstattung. Bei der Rückzahlung eines irrtümlich zu viel gezahlten Nettolohnes handele es sich um die technische Korrektur einer überhöhten Auszahlung und nicht um die Rückzahlung von zunächst zutreffend gezahltem Arbeitslohn. Hier werde der Arbeitgeber so gestellt, als habe er von vornherein den richtigen Nettolohn ausgezahlt: gedanklich flössen sowohl der zu viel ausgezahlte Nettobetrag als auch die darauf entfallene Lohnsteuer an den Arbeitgeber zurück. Hierauf erstrecke sich auch der Rückforderungsanspruch des Arbeitgebers gegen seinen Arbeitnehmer. Dieses Ergebnis träte auch ein, wenn der Arbeitgeber für den betreffenden Lohnzahlungszeitraum eine berichtigte Lohnsteueranmeldung abgeben würde. Dieser Fall sei nicht vergleichbar mit dem streitbefangenden Sachverhalt bei einer Einkommensteuererstattung, bei der zunächst ein zutreffender Nettolohn ausgezahlt werde und es im Rahmen der Veranlagung auf Grund der erstmaligen Geltendmachung von steuermindernden Tatsachen zu einer Einkommensteuererstattung zunächst vorschriftsmäßig einbehaltener Lohnsteuer komme. Hier flösse dem Arbeitnehmer aus dem zutreffend ermittelten Bruttolohn in Höhe der Einkommensteuererstattung ein weiterer Teilbetrag zu, der ihm als Schuldner der Lohnsteuer auch zustehe. Zahle der Arbeitnehmer diesen Teilbetrag an den Arbeitgeber zurück, könne er entsprechend dem Zufluss auch nur als Bruttobetrag wieder abfließen. Einen Rückforderungsanspruch in Höhe eines hochgerechneten Bruttobetrages habe der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer nicht.

    R 122 Abs. 2 LStR lasse es zwar "aus Vereinfachungsgründen" zu, einen auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Freibetrag vom Nettolohn abzuziehen. Diese Vereinfachungsregelung der Verwaltung stamme aber aus einer Zeit, in der eine Nettolohnhochrechnung auf einen Bruttobetrag ohne maschinelle Unterstützung sehr aufwändig im sog. Abtastverfahren vorzunehmen gewesen sei. Hier hätten ausschließlich Praktikabilitätserwägungen dafür gesprochen, die Freibeträge im Lohnsteuerabzugsverfahren mit dem Nettolohn zu verrechnen, da andernfalls weitere Berechnungsschritte zur zutreffenden Ermittlung der monatlichen Lohnsteuer erforderlich gewesen wären. Diese Schritte wären in einer Vielzahl von Fällen jeden Monat zu wiederholen gewesen. Insbesondere kleinere Arbeitgeber, die ihre Lohnbuchhaltung ohne Mithilfe eines steuerlichen Vertreters erledigen, wären damit überfordert gewesen. Mit der weiteren Verbreitung maschineller Lohnberechnungsprogramme seien diese Praktikabilitätserwägungen hinfällig geworden. Das Finanzministerium Nordrhein-Westfalen sei deshalb gebeten worden zu prüfen, ob die Vereinfachungsregelung im Zuge der Neufassung der Lohnsteuerrichtlinien 2007 gestrichen werden könne.

    Der Beklagte räumt ein, dass der Steuerpflichtige ein günstigeres Ergebnis erziele, wenn er die Erstattung der Einkommensteuer erst im Veranlagungsverfahren geltend mache. Dieses Ergebnis rechtfertige rechtssystematisch gleichwohl keine Andersbehandlung der Erstattung beim Lohnsteuerabzug. Schließlich werde der Erstattungsbetrag auch in der ESt-Veranlagung vom Bruttolohn abgezogen und nicht zuvor auf einen Bruttobetrag hochgerechnet. Wenn sich sodann weitere Erstattungen ergäben, weil jede Erstattung im Folgejahr erneut zu einer Bruttolohnminderung führe, so sei dies die Folge tatsächlich verwirklichter Sachverhalte, denen entsprechende Geldbewegungen/Zahlungsvorgänge zu Grunde lägen. Dagegen erschöpfe sich die Verrechnung der Einkommensteuererstattung im Rahmen des Lohnsteuerabzugs in einer einmaligen Steuerminderung, die sich unmittelbar und ausschließlich auf die Zahlungsströme des Arbeitgebers auswirke und keinen Leistungstransfer zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Folge habe. Die Ergebnisse müssten daher divergieren.

    Entscheidungsgründe:
    Die Klage ist unbegründet. Der Haftungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Einkommensteuererstattungen sind netto vom Bruttolohn abzuziehen.

    I.
    Bei einer Nettolohnvereinbarung verpflichtet sich der Arbeitgeber, einen bestimmten Nettolohn zu zahlen und sämtliche oder bestimmte gesetzliche Abgaben zu tragen. Dabei können die Vertragsparteien rechnerisch von einem bestimmten Bruttolohn ausgehen und in Kenntnis der maßgebenden Lohnabzüge zu einem auszuzahlenden Arbeitslohn gelangen, der als Nettolohn vereinbart wird (so genannte abgeleitete Nettolohnvereinbarung). Im Regelfall der Nettolohnvereinbarung werden sich die Vertragsparteien keine Gedanken darüber machen, welcher Bruttolohn dem Nettolohn entsprechen soll. Der Nettolohn wird als konstanter Betrag geschuldet. Die Höhe der Abzugsbeträge hängt von den Besteuerungsmerkmalen des Arbeitnehmers ab (so genannte originäre Nettolohnvereinbarung). Die bei der Nettolohnvereinbarung vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer zu tragenden Abzugsbeträge, die dem Nettolohn hinzugerechnet den Bruttolohn ergeben, sind Teil des Arbeitslohnes des Arbeitnehmers. Dieser Teil des Arbeitslohns fließt dem Arbeitnehmer im Sinne des § 11 Abs. 1 EStG zusammen mit der Auszahlung des Nettolohnes zu. Denn da der Arbeitgeber bei der Nettolohnvereinbarung aus der Sicht des Arbeitnehmers mit der Auszahlung des Nettolohnes den Bruttolohn "vorschriftsmäßig gekürzt" hat, wird der Arbeitnehmer von seiner Steuerschuld befreit, sodass die einbehaltene Lohnsteuer beim Lohnsteuer-Jahresausgleich oder bei der Veranlagung nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG auf die Einkommensteuerschuld des Arbeitnehmers anzurechnen ist (BFH vom 06.12.1991 - VI R 122/89, BStBl. II 1992, 441).

    Der Steuereinbehalt (§ 38 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 39 Abs. 2, 3 EStG) vollzieht sich bei der Nettolohnzahlung ebenso wie bei der Bruttolohnzahlung. Die von dem Arbeitgeber übernommenen Abzugsbeträge müssen als Teil des Arbeitslohns dem Nettolohn zur Steuerermittlung hinzugerechnet werden. Der Lohn im Sinne von § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG besteht aus dem Nettolohn zuzüglich des in der Freistellung liegenden Vorteils. Die Lohnsteuer ist aus dem Bruttolohn zu berechnen, der nach Abzug der Lohnsteuer den ausgezahlten Nettobetrag ergibt. Die aus dem Bruttolohn berechnete Lohnsteuer ist vom Arbeitgeber abzuführen (vgl. R 122 Abs. 1 Satz 1 bis 3 LStR). Ebenso wie sich bei der Bruttolohnvereinbarung der Steuereinbehalt in der Auszahlung des um die Lohnsteuer gekürzten Lohnes dokumentiert, ist bei der Nettolohnvereinbarung die Lohnsteuer mit Auszahlung des vereinbarten Nettolohns vorschriftsmäßig einbehalten (Trzaskalik, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG-Kommentar, § 39 b Rn. C 4).

    II.
    Einkommensteuererstattungen stehen dem Arbeitnehmer zu. Tritt der Arbeitnehmer auf Grund einer Nettolohnvereinbarung diese an den Arbeitgeber ab, sind die Erstattungsbeträge beim Arbeitnehmer als negative Einnahmen anzusetzen (vgl. Thürmer, in Blümich, Kommentar zu EStG, KStG, GewStG und Nebengesetzen, § 39 b Rn. 142). Die Auszahlung der Erstattungsbeträge führt zu einem Rückfluss von Arbeitslohn vom Arbeitnehmer an den Arbeitgeber.

    Die Beteiligten sind zu Recht davon ausgegangen, dass die Einkommensteuererstattungen als negative Einnahmen in dem Jahr zu berücksichtigen sind, in dem die Erstattungsbeträge dem Arbeitgeber zufließen. Nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, können, wenn bei einer Nettolohnvereinbarung zu viel gezahlte Steuern auf Weisung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber erstattet werden, diese Erstattungsbeträge nicht rückwirkend steuermindernd berücksichtigt werden. Einkommensteuererstattungen, die bei einer Nettolohnvereinbarung an den Arbeitgeber abgetreten werden, können erst dann als negative Einnahmen berücksichtigt werden, wenn entsprechende Rückzahlungen vom Finanzamt an den Arbeitgeber geleistet worden sind (BFH vom 16.08.1979 - VI R 13/77, BStBl. II 1979, 771; BFH vom 22.06.1990 - VI R 62/86, BFH/NV 1991, 156).

    III.
    Der Beklagte hat die Einkommensteuererstattungen im Ergebnis der Höhe nach zutreffend vom Bruttolohn abgezogen.

    1. Dem Begehren der Klägerin, die Einkommensteuererstattungen vom Nettolohn abzuziehen, kann nicht dadurch entsprochen werden, dass bezogen auf einen bestimmten Lohnzahlungszeitraum die Erstattungsbeträge als negative Einnahmen mit den laufenden Nettolohnzahlungen saldiert werden und dann erst der verbleibende Saldo auf einen Bruttolohn hochgerechnet wird.

    Nach § 38 a Abs. 3 Satz 1 EStG wird die Lohnsteuer vom laufenden Arbeitslohn jeweils mit dem auf den Lohnzahlungszeitraum entfallenden Teilbetrag der Jahreslohnsteuer erhoben, die sich bei Umrechnung des laufenden Arbeitslohns aufeinen Jahresarbeitslohn ergibt. Diese Regelung des § 38 a Abs. 3 Satz 1 EStG könnte dafür sprechen, für den Lohnzahlungszeitraum einen Saldo von Zahlungen und Erstattungen zu bilden und von diesem Nettolohn-Saldo auf einen Bruttolohn hochzurechnen.

    Eine derartige Zeitraum bezogene Saldierung stünde aber im Widerspruch zu dem Grundsatz, wonach Lohnsteuer bei jeder Lohnzahlung einzubehalten ist. § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG bestimmt, dass der Arbeitgeber die Lohnsteuer für Rechnung des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten hat. § 39b

    Abs. 5 EStG enthält hiervon eine die Regel bestätigende Ausnahme und ordnet an, dass der Arbeitgeber, wenn er für den Lohnzahlungszeitraum lediglich Abschlagzahlungen leistet und eine Lohnabrechnung für einen längeren Zeitraum (Lohnabrechnungszeitraum) vornimmt, dann den Lohnabrechnungszeitraum als Lohnzahlungszeitraum behandeln und die Lohnsteuer abweichend von § 38 Abs. 3 EStG bei der Lohnabrechnung einbehalten kann. Wenn ansonsten aber Lohnsteuer bei jeder Lohnzahlung einzubehalten ist, ist in Fällen der Nettolohnvereinbarung bei jeder Lohnzahlung der gezahlte Nettolohn auf einen Bruttolohn hochzurechnen und hiervon die Lohnsteuer einzubehalten.

    2. Zu dem von der Klägerin angestrebten Ergebnis kann man auch nicht dadurch gelangen, dass man fiktiv eine ursprüngliche Nettolohnzahlung rückgängig macht. Überlegungen in diese Richtung stünden im Widerspruch zu den zitierten und zutreffenden Entscheidungen des BFH, dass Einkommensteuererstattungen nicht rückwirkend steuermindernd berücksichtigt werden können, sondern nur als negative Einnahmen im Jahr des Rückflusses (BFH BStBl. II 1979, 771; BFH/NV 1991, 156).

    Dementsprechend wird auch in der Literatur die Auffassung vertreten, dass zwar bei einer Rückzahlung im Jahr der Zahlung keine Bedenken bestünden, den Lohnsteuerabzug für den Lohnzahlungszeitraum der Zahlung des rechtsgrundlos geleisteten Betrages zu korrigieren. Eine derartige Korrektur wird aber als nicht möglich angesehen, wenn Arbeitslohn erst in einem späteren Jahr zurückgezahlt wird (Trzaskalik, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 39 b Rn. C 12, C 14 m. w. N.).

    Hinzu kommt, dass im Streitfall kein zu viel gezahlter Nettolohn zurückgezahlt wurde und insoweit eine Rückabwicklung erfolgt ist, sondern Einkommensteuererstattungen an den Arbeitgeber abgetreten wurden, die von einem Dritten (dem Finanzamt) geleistet wurden.

    3. Die Erstattungsbeträge können nur als negative Einnahmen bei der Zahlung von positivem Arbeitslohn von diesem abgezogen werden.

    Dies entspricht den Auffassungen, die allgemein zur Behandlung von Lohnrückzahlungen in der Literatur und den Verwaltungsanweisungen vertreten werden. Werde Arbeitslohn zurückgezahlt, so sei der Rückzahlungsbetrag im Lohnzahlungszeitraum der Rückzahlung vom steuerpflichtigen Arbeitslohn abzusetzen (vgl. BMF vom 16.10.2000, Finanzrundschau - FR - 2000, S. 1237; Heuermann, in Heuermann/Wagner, Lohnsteuer, 111 G 109 f; Wermelskirchen in Lademann, EStG, § 39 b Rn. 50 f; Becht, in Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zum EStG und KStG, § 39 b Rn. 20).

    Dieses Absetzen vom steuerpflichtigen Arbeitslohn entspricht dem Modell des § 39 b Abs. 2 EStG. § 39 b Abs. 2 EStG schreibt vor, dass der Arbeitgeber für die Einbehaltung der Lohnsteuer vom laufenden Arbeitslohn die Höhe des laufenden Arbeitslohns und den Lohnzahlungszeitraum festzustellen hat. Von dem Arbeitslohn seien die in § 39 b Abs. 2 Satz 2 EStG genannten Beträge abzuziehen. Außerdem soll der Arbeitslohn nach Maßgabe der Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitnehmers um einen etwaigen Freibetrag (§ 39 a Abs. 1 EStG) vermindert oder um einen etwaigen Zurechnungsbetrag erhöht werden. Die als negative Einnahmen zu berücksichtigenden Einkommensteuererstattungen müssen wie zu berücksichtigende Werbungskosten vom steuerpflichtigen Arbeitslohn abgezogen werden. Dies gilt vor allem auch im Hinblick darauf, dass erhebliche Gründe dafür sprechen, derartige Rückzahlungsbeträge entgegen der Rechtsprechung des BFH nicht als negative Einnahmen, sondern als Werbungskosten zu qualifizieren, da das EStG nur Werbungskosten, nicht aber "negative Einnahmen" als Abzugstatbestand kennt (vgl. hierzu Kreft in Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 Rn. 80 ff; Wassermeyer in
    Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 20 Rn. B 65).

    Nach § 39 b Abs. 2 EStG aber kann der Abzug nur vom Bruttolohn erfolgen. § 39 b Abs. 2 Satz 1 EStG schreibt vor, dass "für die Einbehaltung der Lohnsteuer vom laufenden Arbeitslohn" die Höhe des "laufenden Arbeitslohns" festzustellen ist, von dem dann bestimmte Beträge abzusetzen sind. Wenn die Lohnsteuer "vom laufenden Arbeitslohn" einbehalten werden soll, kann dies nur der Bruttolohn sein, der die Lohnsteuer noch umfasst. Eine entsprechende Auffassung scheint im übrigen auch R 122 Abs. 2 Satz 2 LStR zu Grunde zu liegen, da dort ein Abzug vom Nettolohn nur "aus Vereinfachungsgründen" zugelassen wird.

    Es kann im vorliegenden Verfahren unentschieden bleiben, ob ein Abzug der Einkommensteuererstattungsbeträge nicht in vollem Umfang daran scheitert, dass § 39 b Abs. 2 Satz 3 EStG eine Verminderung des Arbeitslohns nur "nach Maßgabe der Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte" vorsieht, die Einkommensteuererstattungen aber auf der Lohnsteuerkarte nicht eingetragen waren. Auf diese Frage kommt es nicht an, da die Klage schon aus anderem Grund abzuweisen ist. Im übrigen hat die Finanzverwaltung eine derartige Eintragung auch nicht als notwendig angesehen und auf das Fehlen einer derartigen Eintragung bei dem Erlass des Haftungsbescheides nicht abgestellt.

    4. Die Erstattungsbeträge lassen sich auch nicht auf Bruttobeträge hochrechnen.

    a) Es ist keine gesetzliche Grundlage dafür gegeben, zusätzlich zu einem zurückgezahlten Nettolohn die bei der ursprünglichen Nettolohnzahlung in einem früheren Veranlagungszeitraum einbehaltene Lohnsteuer als negative Einnahme von dem zu kürzenden Bruttolohn abzusetzen. Denn die einbehaltene Lohnsteuer stand dem Arbeitnehmer als Guthaben zur Verfügung. Sie ist im Wege des Lohnsteuerjahresausgleichs oder nach der Einkommensteuerveranlagung erstattet worden oder auf die festgesetzte geschuldete Einkommensteuer angerechnet worden.

    b) Auch eine Hochrechnung nach den Verhältnissen des Lohnzahlungszeitraums entsprechend der Hochrechnung des laufenden Nettolohnes scheidet aus. Auszugehen ist davon, dass nur ein Abzug der Erstattungsbeträge als negative Einnahmen in Betracht kommt. Es sind die Beträge vom Arbeitslohn abzusetzen, die entsprechend dem für die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und die Lohnsteuer maßgebenden Abflussprinzip beim Arbeitnehmer abfließen. Ein Abfluss beim Arbeitnehmer aber ist nur in Höhe des Betrages gebeben, der dem Arbeitgeber vom Finanzamt überwiesen wird. Eine auf den Erstattungsbetrag draufzurechnende Lohnsteuer fließt beim Arbeitnehmer nicht ab und beim Arbeitgeber nicht zu.

    Eine derartige Hochrechnung erscheint sachlich auch nicht geboten. Bei einer Lohnzahlung "erhält" der Arbeitnehmer all das, was ihm im steuerlichen Sinne zugeflossen ist. Hierzu zählt neben dem Nettobetrag die für Rechnung des Arbeitnehmers abgeführte Lohnsteuer, da Steuerschuldner der Arbeitnehmer ist. Der Arbeitgeber tilgt mit der Abführung der Lohnsteuer an das Finanzamt die zivil rechtliche Lohnforderung des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer hat den Bruttobetrag "erhalten", muss dementsprechend, wenn er zur Rückzahlung des Arbeitslohnes verpflichtet ist, auch diesen Bruttobetrag (einschließlich der an das Finanzamt abgeführten Steuern) zurückzahlen (Bundesarbeitsgericht vom 15.03.2000 - 10 AZR 101/99, Sammlung der amtlichen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts - BAGE - 94, 73 = Der Betrieb - DB - 2000, 1621). Wendet der Arbeitnehmer demgegenüber dem Arbeitgeber die ihm zustehende Einkommensteuererstattung auf Grund der bestehenden Nettolohnvereinbarungen zu, "verliert" er zwar den Erstattungsbetrag, aber kein Lohnsteuerguthaben, das dem Arbeitgeber zuflösse.

    c) Die Zahlung der Einkommensteuererstattung an den Arbeitgeber lässt sich auch nicht in der Weise "hochrechnen", dass eine Rückzahlung von Bruttolohn unter gleichzeitiger Erstattung von Lohnsteuer unterstellt wird.

    Eine derartige Erstattung von Lohnsteuer durch den Arbeitgeber allein dadurch, dass der Arbeitnehmer eine Zahlung erbringt, ist gesetzlich nicht vorgesehen. Außerdem ließe sich, wenn ein Bruttobetrag unter gleichzeitiger Erstattung von Lohnsteuer unterstellte würde, kein Bruttobetrag mehr als negative Einnahme abziehen.

    IV.
    Der Senat geht davon aus, dass die Rückzahlung von Arbeitslohn im Regelfall der Bruttolohnvereinbarung ebenfalls nur zu einem Abzug in Höhe des zurückgezahlten Betrages führt und damit die Behandlung der Rückzahlung bei einer Nettolohnvereinbarung der Behandlung bei einer Bruttolohnvereinbarung entspricht.

    Nach dem Erlass des Finanzministers Nordrhein-Westfalen vom 19.02.1986 zu 2.2 (Deutsches Steuerrecht - DStR - 1986, 261) sind bei einer Rückzahlung von versteuertem Arbeitslohn die zurückgezahlten Beträge negative Einnahmen des Rückzahlungsjahres. Ebenso heißt es auch in einem BMF-Schreiben vom 16.10.2000 zu 2.1 und 2.2 (FR 2000, 1237), es könne der Arbeitgeber "den zurückgezahlten Betrag" im Lohnzahlungszeitraum der Rückzahlung oder in dem auf die Rückzahlung folgenden Lohnzahlungszeitraum sowie im LohnsteuerJahresausgleich nach § 42 b EStG vom steuerpflichtigen Arbeitslohn absetzen (in dem selben Sinne: OFD Erfurt vom 19.12.1996, FR 1997, 240).

    Auch Heuermann (in Heuermann/Wagner, Lohnsteuer, III G 109 f) stellt fest, der Arbeitgeber könne "den Rückzahlungsbetrag" mit ausstehendem Arbeitslohn verrechnen. Entsprechend zu verstehen sein dürften die Ausführungen von Wermelskirchen (in: Lademann, § 39 b Rn. 50 f), es sei der zurückgezahlte Betrag vom Arbeitslohn abzusetzen; die Verrechnung könne nur in der Weise vorgenommen werden, dass der gesamte Rückzahlungsbetrag (einschließlich der zurückzuzahlenden Steuerabzugsbeträge ) von dem laufenden Arbeitslohn abgesetzt und die Steuerabzugsbeträge dann von dem so verminderten Arbeitslohn berechnet werden. In dem selben Sinne äußert sich Thürmer (in Blümich, § 39 b Rn. 141): Der Arbeitgeber könne "den Rückzahlungsbetrag (brutto)" mit noch ausstehendem Arbeitslohn verrechnen (ähnlich, allerdings nicht völlig eindeutig: Becht in Herrmann/Heuer/Raupach, § 39 b Rn. 20, Hartz/Meessen/Wolf in ABC-Führer Lohnsteuer, Stichwort "Rückzahlung von Arbeitslohn"; Drenseck in Schmidt, EStG, 24. Auflage, § 39 b Rn. 8; Barein in Littmann/Bitz/Pust, Einkommensteuerrecht, § 39 b Rn. 38).

    V.
    Die Klägerin weist darauf hin, dass sich bei einem Abzug von negativen Einnahmen vom Bruttolohn ein unterschiedliches Ergebnis ergibt, je nach dem, ob der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Einkommensteuererstattung zukommen lässt oder ob dem Arbeitnehmer die Einkommensteuererstattung belassen wird und lediglich die Differenz zum vereinbarten Nettolohn vom Arbeitgeber gezahlt wird. Hierzu lässt sich die Auffassung vertreten, dass in diesem Fall ein Zahlungszufluss beim Arbeitnehmer durch Verrechnung des Arbeitgeberanspruchs auf Weiterleitung der Einkommensteuererstattung mit dem Arbeitnehmeranspruch auf den monatlichen Nettolohn gegeben ist, mit der Folge, dass der monatliche Nettolohn hochzurechnen ist. Ansonsten ist das unterschiedliche Ergebnis die Folge davon, dass die einzelne Nettolohnzahlung auf einen Bruttolohn hochzurechnen ist, die negativen Einnahmen als solche aber nur in Höhe ihres Nettobetrages mit zu zahlendem Bruttolohn zu verrechnen sind. Wird vom Arbeitgeber nur der Saldo zwischen Erstattungsbetrag und vereinbartem Arbeitslohn gezahlt, ist auch nur dieser Betrag auf einen Bruttobetrag hochzurechnen.

    VI.
    Die Klägerin macht außerdem geltend, dass es in der Finanzverwaltung ständige Praxis sei, bei einer Berücksichtigung des Erstattungsbetrages außerhalb des Lohnsteuerverfahrens und im Rahmen der Einkommensteuerveranlagungen die aus einer Kürzung des Bruttolohns resultierenden weiteren künftigen Steuererstattungen in den folgenden Jahren jeweils bei Zufluss der Steuererstattungen wieder steuermindernd zu berücksichtigen. Diese Hochrechnung müsse auch im Lohnsteuerabzugsverfahren erfolgen. Zu diesem Hinweis ist festzustellen, dass es zu einer Kette von Einkommensteuererstattungen kommt, wenn im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens die Einkommensteuererstattungen nicht berücksichtigt werden, sich dann aber bei den Einkommensteuerveranlagungen auswirken. Ob es auch im Lohnsteuerabzugsverfahren zu einer derartigen Hochrechnung kommt, hängt davon ab, ob die Ermäßigung der Lohnsteuer, die sich aus dem Abzug des Erstattungsbetrages vom Bruttoarbeitslohn ergibt, dem Arbeitnehmer oder dem Arbeitgeber zu Gute kommt. In dem früheren Musterverfahren 17 K 6995/96 H(L) wurde von Klägerseite davon ausgegangen, dass sich der Nettolohn erhöht, der Arbeitnehmer diesen Mehrbetrag wiederum an den Arbeitgeber zurück zahlt und er auf diese Weise ebenfalls eine Kette von Erstattungen auslöst. Die Klägerin geht demgegenüber davon aus, dass der Nettolohn konstant bleibt und die Ermäßigung der Lohnsteuer unmittelbar dem Arbeitgeber zu Gute kommt. Für diese letztere Ansicht spricht, dass der Arbeitgeber nur zur Zahlung eines bestimmten Nettolohns verpflichtet ist und der Arbeitgeber die Lohnsteuer nur insoweit zu übernehmen hat, wie sie konkret anfällt. Dies aber würde bedeuten, dass tatsächlich der Erstattungsbetrag nicht hochgerechnet wird. Hierzu aber kann dann nur darauf hingewiesen werden, dass es eine gesetzliche Grundlage für ein vergleichbares "Hochrechnen" im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens nicht gibt.

    VII.
    Die Inanspruchnahme der Klägerin ist auch nicht im Hinblick auf die Vereinfachungsregel in R 122 Abs. 2 LStR für die Berücksichtigung eines Freibetrags oder im Hinblick auf die Behandlung der Rückzahlung eines irrtümlich überhöht gezahlten Nettolohns ermessensfehlerhaft. Der Beklagte hat sein Entschließungsermessen ohne Ermessensfehler ausgeübt, als er in der Einspruchsentscheidung ausgeführt hat, das Finanzamt sei bei der Frage, ob es die Lohnsteuer nachfordere, nur den gegebenen sachlichen Merkmalen gefolgt. Es sei entsprechend der OFD-Verfügung der Bruttolohn zu mindern.

    1. Es vermag sachlich nicht zu überzeugen, wenn bei Freibeträgen aus Vereinfachungsgründen ein Abzug vom Nettolohn zugelassen wird und ebenso bei der Rückzahlung irrtümlich zu viel gezahlten Nettolohns, dagegen bei der Weiterleitung einer Einkommensteuererstattung ein Abzug vom Bruttolohn gefordert wird.

    Zu der Frage des Abzugs vom Nettolohn bei Freibeträgen weist die Finanzverwaltung selbst darauf hin, dass diese Vereinfachungsregel nicht mehr zeitgemäß erscheine. Diese Regelung stösst vor allem deshalb auch auf Bedenken, weil die Finanzverwaltung einerseits einen Abzug der Einkommensteuererstattungen auch ohne Eintragung auf der Lohnsteuerkarte zulässt, bei Fehlen der Eintragung aber den Abzug vom Nettolohn verweigert (zur . Eintragungsfähigkeit der Einkommensteuererstattungen als negative Einnahmen: Drenseck, in Schmidt, EStG, 24. Aufl., § 39 a Rn 10; a. A. Eisgruber in Kirchhof, EStG, 6. Aufl., § 39 a Rn. 7 - jeweils m. w. N. -).

    Aber auch die Differenzierung, bei einer Einkommensteuererstattung einen Abzug vom Bruttolohn zu fordern, bei der Rückzahlung irrtümlich zu viel gezahlten Nettolohns dagegen einen Abzug vom Nettolohn zuzulassen, vermag nicht zu überzeugen. Die Finanzverwaltung verweist darauf, bei der Rückzahlung eines irrtümlich zu viel gezahlten Nettolohns handele es sich um eine technische Korrektur einer überhöhten Auszahlung. Hier werde der Arbeitgeber so gestellt, als habe er von vornherein den richtigen Nettolohn ausgezahlt: Gedanklich flösse der zu viel ausgezahlte Nettobetrag als auch die darauf entfallene Lohnsteuer an den Arbeitgeber zurück. Hierauf erstrecke sich auch der Rückforderungsanspruch des Arbeitgebers gegen seinen Arbeitnehmer. Dieses Ergebnis träte daher auch ein, wenn der Arbeitgeber für den betreffenden Lohnzahlungszeitraum eine berichtigte Lohnsteueranmeldung abgeben würde. Dem ist entgegenzuhalten, dass grundsätzlich nur bei einer Rückzahlung innerhalb des selben Veranlagungszeitraums eine fiktive Rückgängigmachung für möglich erachtet wird (vgl. hierzu die Ausführungen oben zu III. 2., Abs. 1-3). Es erscheint zutreffend, dass sich der Rückforderungsanspruch des Arbeitgebers auf die Rückzahlung des Nettobetrags zuzüglich der Lohnsteuer erstreckt (vgl. hierzu unter III. 4. b., 3. Abs.). Es kann allerdings nur dann ein Abzug des hochgerechneten Nettobetrags (also einschließlich Lohnsteuer) erfolgen, wenn tatsächlich der Arbeitnehmer auch die Lohnsteuer zurückzahlt. Von einer derartigen Rückzahlung der Lohnsteuer geht die OFD-Verfügung aber gerade nicht aus.

    2. Obwohl insoweit die Ungleichbehandlung gegenüber dem Fall des Abzugs eines Freibetrags und dem Fall der Rückzahlung irrtümlich zu hoch gezahlten Nettolohns sachlich nicht begründet erscheint, stellt es sich nicht als ermessensfehlerhaft dar, wenn der Beklagte für den Fall der Einkommensteuererstattung auf die Gesetzeslage verweist. Es ist nicht ermessensfehlerhaft, dass die Finanzverwaltung die frühere Verwaltungspraxis, nach der auch bei Einkommensteuererstattungen ein Abzug vom Nettolohn zugelassen wurde (vgl. hierzu das frühere Musterverfahren 17 K 6995/96), seit der OFD-Verfügung vom 23.03.1994 - S 2367 A-St 15 - nicht mehr fortführt, sondern sich an der gesetzlichen Regelung orientiert, und nunmehr auch die Ungleichbehandlung zwischen der Behandlung der Einkommensteuererstattung und dem Abzug eines Freibetrags durch Aufhebung der Regelung R 122 Abs. 2 LStR beseitigen will. Der Beklagte hat insoweit für den vorliegenden Prüfungszeitraum ab 01.01.1999 seine Absicht, an der früheren Ausnahme auch für Einkommensteuererstattungen nicht mehr festhalten zu wollen, im Vorhinein ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht.

    VIII.
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -.
    Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des BFH erfordert.