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  • 04.01.2018 · IWW-Abrufnummer 198667

    Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 25.10.2017 – 3 K 3130/17

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    FG Berlin-Brandenburg

    25.10.2017

    3 K 3130/17

    In dem Rechtsstreit
    A... und B...,
    Kläger,
    bevollmächtigt:
    gegen
    Finanzamt,
    Beklagter,

    wegen Einkommensteuer 2015

    hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 3. Senat - ohne mündliche Verhandlung am 25. Oktober 2017 durch
    den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...,
    den Richter am Finanzgericht ...,
    den Richter am Finanzgericht ...,
    den ehrenamtlichen Richter ... und
    den ehrenamtlichen Richter ...

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

    Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten um die Abziehbarkeit eines Erschließungsbeitrages für die Herstellung einer Straße als Handwerkerleistung gemäß § 35a Abs. 3 EStG im Streitjahr 2015.

    I.

    Die Kläger sind getrennt veranlagte Eheleute und wohnten schon eine Weile in ihrem Eigenheim im C...-weg, einer unbefestigten Sandstraße.

    In der Einwohnerversammlung am 26.08.2014 gab die Gemeinde bekannt, dass sie den C...-weg auszubauen beabsichtige.

    Mit "Vorausleistungsbescheid" vom 12.05.2015 an die Kläger (ESt-A des Klägers Bl. 13 = FG-A Bl. 36) zog die Gemeinde die Kläger zu einer Vorausleistung für die Finanzierung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands in Höhe von 3.267,05 € heran. Dem lag zugrunde, dass die Gemeinde mit dem Straßenbau begonnen hatte und deswegen 50 % des voraussichtlichen Beitrags als Vorausleistung erhob. Als Rechtsgrundlage wurden §§ 127 ff, 242 Abs. 9 BauGB sowie die Gemeindesatzung über Erschließungsbeiträge nebst Änderungssatzung angegeben. Zur Begründung wurde ausgeführt, der C...-weg werde als Mischverkehrsfläche mit einer Asphaltbahn in einer Breite von 3,50 Meter und einem angepflasterten Bereich in einer Breite von 1,20 Meter und Straßenbegleitgrün erstmalig grundhaft hergestellt. Berechnet wurden Straßenbaukosten in Höhe von 188.100 € abzüglich eines Gemeindeanteils von 10 % (18.810 €), mithin 169.290 €, die nach modifizierten Grundstücksflächen (30.986,8 m2) aufgeteilt wurden, wobei sich für das Grundstück der Kläger mit einer Größe von 920 m2 und einem Nutzungsfaktor von 1,3 ein Betrag von 6.534,09 € ergab, wovon die Hälfte als Vorausleistung in Rechnung gestellt wurde. Der Bescheid enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung sowie die Aufforderung zur Zahlung auf das Bankkonto der Gemeinde bei der Sparkasse.

    Die Kläger zahlten am 12.06.2015 von ihrem gemeinsamen Oder-Konto auf das Konto der Gemeinde (ESt-A des Klägers Bl. 12).

    II.

    1.

    In ihren jeweils am 13.07.2016 beim beklagten Finanzamt - FA - eingegangen Einkommensteuererklärungen 2015 machten die Kläger neben anderen, unstreitigen Kosten in Höhe von 484,27 € geschätzt die Hälfte des Erschließungsbeitrags von 3.267,05 € als Lohnkostenanteil, mithin 1.633,53 €, insgesamt 2.117,80 € (ESt-A des Klägers Bl. 11), als haushaltsnahe Dienstleistungen geltend, und zwar jeder der Kläger die Hälfte hiervon (1.058,90 €, gerundet 1.059 €) in der jeweiligen Steuererklärung (ESt-A des Klägers Bl. 2, der Klägerin Bl. 2).

    2.

    In den ESt-Bescheiden 2015 vom 09.08.2016 berücksichtigte das FA jeweils eine Ermäßigung von 49 € (20 % von 50 % der unstreitigen anderweitigen 484,27 €, FG-A Bl. 49, 55) und führte aus, der Erschließungsbeitrag für die Herstellung der Fahrbahn könne steuerlich nicht anerkannt werden.

    3.

    Am 12.09.2016 legten die Kläger jeweils Einspruch ein und bezogen sich auf die Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20.03.2014 VI R 56/12 und des Finanzgerichts - FG - Nürnberg vom 24.06.2015 7 K 1356/14.

    4.

    Mit Einspruchsentscheidungen vom 14.06.2017 (FG-A Bl. 9, 15) wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück. Bei Leistungen jenseits der Grundstücksgrenze müssten diese dem Haushalt dienen. Außerdem sei es schädlich, wenn die Maßnahmen von der öffentlichen Hand oder einem von ihr beauftragten Dritten auf gesetzlicher Grundlage erbracht und mit dem Hauseigentümer nach öffentlich-rechtlichen Kriterien abgerechnet würden. Ein räumlich-funktionaler Zusammenhang mit dem Haushalt sei nicht gegeben. Das Grundstück sei schon vor Durchführung der Arbeiten durch eine unbefestigte Sandstraße erschlossen gewesen. Die Arbeiten seien keine Maßnahmen der öffentlichen Daseinsvorsorge gewesen. Folglich seien die Baumaßnahmen keine Voraussetzung für die Möglichkeit der Haushaltsführung. Außerdem sei aufgrund öffentlich-rechtlicher Kriterien abgerechnet worden.

    III.

    Am 07.07.2017 erhoben die Kläger Klage und tragen vor:

    Die Gründe des BFH für die Berücksichtigung der Anbindung an die öffentliche Wasserversorgung gälten auch für den Ausbau der Gemeindestraße, denn die Transportmöglichkeit zu Schule und Arbeitsstelle seien für die Haushaltsführung genauso notwendig. Es komme nicht darauf an, dass das Haus bisher bereits durch einen unbefestigten Weg erreichbar gewesen sei, da auch Modernisierungsmaßnahmen umfasst seien. Der Lohnkostenanteil sei mangels konkreter Zahlen auf die Hälfte zu schätzen.

    Die Klägerin und der Kläger beantragen sinngemäß (FG-A Bl. 6) jeweils,

    den Einkommensteuerbescheid 2015 vom 09.08.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.06.2017 dahingehend zu ändern, dass weitere 817 € der Steuerermäßigung gemäß § 35a Abs. 3 EStG zugrunde gelegt werden.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Das FA wiederholt und vertieft seine Erwägungen aus den Einspruchsentscheidungen.

    IV.

    1.

    Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle des Senats einverstanden erklärt und auf mündliche Verhandlung verzichtet (Kläger: Schriftsatz vom 20.09.2017 FG-A Bl. 73; FA: Schriftsatz vom 02.10.2017 FG-A Bl. 78).

    2.

    Die ESt-Akten der Klägerin und des Klägers, jeweils Bd. 1, lagen vor.

    3.

    Auf den Hinweis des Gerichts vom 19.10.2017, dass beabsichtigt sei, in der Senatssitzung am 25.10.2017 ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, haben die Kläger mit Schriftsatz vom selben Tage mitgeteilt, dass sie unter dem 16.10.2017 ein Schreiben an das Bauamt der Gemeinde gerichtet und darin unter anderem um die Aufteilung der Gesamtsumme aus dem Vorausleistungsbescheid in Arbeits- und Materialkosten gebeten hätten. Sie baten deswegen um Frist zur Stellungnahme zur Aufteilung von weiteren drei Wochen.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist nicht begründet.

    Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

    Die begehrte Berücksichtigung des Straßenausbaubeitrags bei der Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen scheitert letztlich an der fehlenden Haushaltsbezogenheit (§ 35a Abs. 4 Satz 1 EStG).

    I.

    1.

    Zwar scheitert der Abzug nicht schon daran, dass es sich um eine erstmalige Herstellung handeln würde.

    Gemäß § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG erfolgt der Abzug für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, woraus sich ergibt, dass die erstmalige Herstellung nicht umfasst ist (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.05.2017 7 K 7134/15, [...] Rn. 126 m. w. N.).

    Allerdings war bereits zuvor eine unbefestigte Sandstraße vorhanden.

    Nach Auffassung des Sächsischen Finanzgerichts stellt bei der Abwasserversorgung die erstmalige Herstellung einer Mischwasserleitung als Ersatz für die bisher vorhandene Sickergrube keine erstmalige Herstellung einer Abwasserversorgung (Neubau) dar, sondern eine Modernisierung der bisher vorhandenen Abwasserversorgung in Form der Sickergrube (Sächsisches FG, Urteil vom 12.11.2015 8 K 194/15, EFG 2016, 1952, [...] Rn. 34; Revision BFH VI R 18/16, allerdings anscheinend nicht zu diesem Gesichtspunkt).

    In diesem Sinne ist der Ersatz einer unbefestigten Sandstraße durch eine Mischverkehrsfläche mit einer Asphaltbahn nebst angepflastertem Bereich und Straßenbegleitgrün (also die erstmalige Herstellung einer asphaltierten Straße) keine erstmalige Herstellung des vorbeiführenden Verkehrsweges, sondern dessen Modernisierung. Die hier vorzunehmende steuerrechtliche Beurteilung gemäß § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG kann dabei abweichen von der erschließungsbeitrags- bzw. kommunalabgabenrechtlichen Beurteilung, wonach es sich wohl um eine erstmalige (grundhafte) Herstellung einer Straße handeln würde, denn in beiden Rechtsgebieten hat der Begriff der Erstmaligkeit einen unterschiedlichen Abgrenzungszweck.

    2.

    Der Abzug scheitert auch nicht an anderweitiger Subventionierung.

    Zwar scheidet die Inanspruchnahme des Abzugs aus, wenn es sich um eine öffentlich geförderte Maßnahme handelt, für die steuerfreie Zuschüsse in Anspruch genommen wurden (§ 35a Abs. 3 Satz 2 EStG).

    Hier wurde von der Gemeinde 10 % des beitragsfähigen Erschließungsaufwands getragen.

    Dieser Anteil entspricht jedoch nur dem Mindestanteil der Gemeinde gemäß § 129 Abs.1 Satz 3 BauGB. Bei dieser Regelung ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass Erschließungsanlagen nicht nur den erschlossenen Grundstücken, sondern auch allgemeinen Interessen dienen und demgemäß durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Anlagen in aller Regel auch der Allgemeinheit ein Vorteil entsteht. Deshalb hat er bestimmt, dass dieser (typischerweise entstehende) Vorteil allgemein durch eine Eigenbeteiligung der Gemeinde an den Erschließungskosten abzugelten ist. Unmittelbares Ziel des § 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB ist mithin, durch eine Belastung der Gemeinde, d. h. durch ein an sie gerichtetes Verbot, den gesamten beitragsfähigen Aufwand abzuwälzen, einen der Gemeinde entstandenen (oder ihr doch zurechenbaren) Vorteil auszugleichen. Dass sich dies zugleich eignet, die Eigentümer der erschlossenen Grundstücke zu entlasten, ist eine sicherlich willkommene und gewollte Folge (ebenso wie es dem Gesetzgeber gewiss nicht unerwünscht ist, dass die Gemeinden durch diese Selbstbeteiligung verstärkt zur Sparsamkeit angehalten werden). Es handelt sich bei der Entlastung der Grundstückseigentümer aber nicht um einen Bestandteil der im Gesetz getroffenen Regelung. Sie ist vielmehr lediglich ein wesentliches hinter dieser Regelung stehendes Motiv (zur Funktion des § 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB vgl. BVerwG, Urteil vom 19.10.1984 8 C 52/83, NJW 1985, 642, [...] Rn. 16; BVerwG, Urteil vom 02.03.1973 IV C 41.71, NJW 1973, 1713, [...] Rn. 12).

    Da der Eigenanteil der Gemeinde somit der gerechten Berücksichtigung der Vorteile der Allgemeinheit, nicht der Entlastung der Anlieger von originär auf diese entfallenden Kostenanteilen dient, liegt schon begrifflich kein Zuschuss vor.

    3.

    Unschädlich ist - entgegen der Auffassung der Verwaltung (Schreiben BMF vom 09.11.2016 BStBl I 2016, 1213, Rn. 22) - ferner der Umstand, dass die Handwerker, die die Straße hergestellt haben, nicht direkt von den Klägern, sondern indirekt über die Gemeinde bezahlt wurden und die Gemeinde dies in Form einer öffentlich-rechtlichen Umlage in Rechnung gestellt hat.

    Dies könnte zwar auf den ersten Blick zweifelhaft sein, weil die Vorschrift des § 35a EStG der Bekämpfung der Schwarzarbeit dient und Anreiz für legale Beschäftigungsverhältnisse im Privathaushalt geben soll (BT-Drs 15/91, Seite 19, zur ursprünglichen Fassung). Dieser Zweck läuft bei Zwischenschaltung der öffentlichen Hand leer, da diese keine Schwarzarbeiter beschäftigen wird. Auch § 35a Abs. 5 Satz 3 EStG, wonach der Abzug von einem unbarem Zahlungseingang beim Empfänger abhängt, erscheint bei "Rechnungen" der öffentlichen Hand sinnentleert.

    Allerdings ist die ursprüngliche gesetzgeberische Motivation nicht Bestandteil des Gesetzeswortlauts geworden.

    Der BFH hat im Urteil vom 20.03.2014 (VI R 56/12, BStBl II 2014, 882, [...] Rn. 12) ausgeführt:

    "Auch Kleinunternehmer i. S. des § 19 des Umsatzsteuergesetzes (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 140, Tz. 21, ersetzt durch BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 75, Tz. 23) oder die öffentliche Hand können steuerbegünstigte Handwerkerleistungen erbringen (Apitz in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 35a EStG Rz 21; vgl. Eversloh in Lademann, EStG, § 35a EStG Rz 86; Wüllenkemper, EFG 2013, 52; BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 140 ). Dies gilt insbesondere dann, wenn eine juristische Person des öffentlichen Rechts (beispielsweise ein Zweckverband) mit dem Verlegen der Hausanschlussleitungen (= die Verbindung des Wasser-Verteilungsnetzes mit der Anlage des Grundstückseigentümers, vgl. § 10 Abs. 1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser --AVBWasserV-- vom 20. Juni 1980, BGBl I 1980, 750) gegen Kostenerstattung im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art unternehmerisch tätig geworden ist (vgl. hierzu Urteil des BFH vom 8. Oktober 2008 V R 61/03, BFHE 222, 176, BStBl II 2009, 321; BMF-Schreiben vom 7. April 2009 IV B 8-S 7100/07/10024, 2009/0215132, BStBl I 2009, 531). Auf welcher Rechtsgrundlage die öffentliche Hand die Kosten (Heranziehungsbescheid, öffentlich-rechtlicher Vertrag) für den Hausanschluss erhebt, ist insoweit ebenso unerheblich wie der Umstand, ob diese Leistung "eigenhändig" oder durch einen von ihr beauftragten bauausführenden Dritten erbracht wird. Denn auch insoweit nimmt der Steuerpflichtige eine, wenn auch durch eine juristische Person vermittelte, Handwerkerleistung in Anspruch."

    Daraus ergibt sich, dass es nach der Auffassung des BFH weder schädlich ist, dass es sich nicht um eine privatrechtliche Rechnung, sondern um einen öffentlich-rechtlichen Bescheid handelt, noch dass die Gemeinde eigentlich kein Handwerker ist, sondern ihrerseits Handwerkerleistungen in Anspruch nimmt und gegenüber den Grundstückseigentümern als einheitliche Dienstleistung abrechnet.

    Der Senat schließt sich dem an. Für den Senat ist dabei entscheidend, dass es sonst zu nicht überzeugend begründbaren Unterscheidungen kommen könnte, die von Zufällen abhängen würden. So können z. B. Hausanschlüsse oder Grundstückszufahrten sowohl von Hauseigentümern selbst oder von den Gemeinden, bei Grundstückszufahrten etwa wegen Gestaltungsvorschriften, in Auftrag gegeben werden, und die Gemeinden haben u. U. Wahlrechte, ob sie ihr Rechtsverhältnis mit dem Grundstückseigentümer dann privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich ausgestalten. Für die Abziehbarkeit von Aufwendungen für Handwerkerleistungen bei § 35a Abs. 3 EStG danach zu differenzieren, wäre kaum plausibel.

    4.

    Soweit die Kläger im Wege der Schätzung davon ausgegangen sind, dass die im Gesamtbetrag enthaltenen (gemäß § 35a Abs. 5 Satz 2 EStG allein abziehbaren) Arbeitskosten 50 % betragen, merkt der Senat an, dass ggf. noch in Erwägung zu ziehen sein könnte, dass in den Arbeitskosten nicht nur Entgelte von Handwerkern (z. B. Straßenbauarbeiter, Poliere), sondern auch Entgelte von Nichthandwerkern (Bauingenieure, Architekten, Statiker, Planer, Verwaltungspersonal) enthalten sein könnten, also Planungskosten, die - wie die Materialkosten - nicht gemäß § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG abziehbar sind (vgl. Sächsisches FG, Urteil vom 08.11.2016 3 K 218/16, EFG 2017, 654, [...] Rn. 24: Statiker und Bauingenieure sind keine Handwerker).

    Allerdings dürften bereits die Arbeitskosten nur für die Handwerker eher mehr als 50 % betragen. Der Senat sieht es ohne jede Schätzungsgrundlagen jedoch als schwierig an, eine belastbare Schätzung vorzunehmen. Der genaue Anteil der Arbeitskosten für Handwerker kann aber letztlich offen bleiben.

    5.

    Denn auch soweit es sich nur um Arbeitskosten für Handwerker handelt, ist die Klage - damit insgesamt - unbegründet, weil es an dem notwendigen Haushaltsbezug der Handwerkerleistungen gemäß § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG fehlt.

    Die Handwerkerleistungen müssen im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, dies bedeutet in der Regel auf dessen Grundstück.

    Allerdings ist, wie der BFH wiederholt ausgesprochen hat, der Haushaltsbegriff "räumlich-funktional" zu verstehen. Deshalb werden die Grenzen des Haushalts i.S. des § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG nicht ausnahmslos durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt. Vielmehr kann auch die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund erbracht werden, begünstigt sein. Es muss sich dabei allerdings um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen. Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn der Haushalt des Steuerpflichtigen an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossen wird (BFH, Urteil vom 20.03.2014 VI R 56/12, DStR 2014, 1152, [...] Rn. 15).

    a)

    Nach Auffassung des Senats bedeutet dies Folgendes:

    Bei den Leitungen (Wasser, Strom, Gas, Abwasser, Telekommunikation) gibt es jeweils die Hauptleitungen für die gesamte Straße bzw. das gesamte Gebiet und, davon abzweigend, die jeweiligen Hausanschlüsse. Diese Hausanschlüsse ab Abzweigung von der Hauptleitung sind haushaltsbezogen, auch soweit sie außerhalb des Grundstücks, etwa im Straßenland, verlaufen. Die Hauptleitung ist nicht grundstücksbezogen und damit nicht haushaltsbezogen, weil sie mehreren verschiedenen Haushalten dient.

    Entsprechendes gilt für die Verkehrsverbindungen:

    Grundstückszufahrten ab Abzweigung von der eigentlichen Straße, die nur einem Grundstück dienen, sind grundstücksbezogen und damit haushaltsbezogen. Hingegen ist die Straße selbst, die das Gebiet durchzieht und an der mehrere Häuser liegen, wie hier, nicht grundstücksbezogen und damit nicht haushaltsbezogen.

    Die gegenteilige Auffassung würde dazu führen, dass Leitungen oder Verkehrswege, die räumlich weit entfernt vom Grundstück liegen, noch als zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörig betrachtet würden, was vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt ist, sich jedenfalls aus dem Gesetzeswortlaut und der Gesetzessystematik nicht ergibt.

    b)

    Das FG Nürnberg hat in seinem Urteil vom 24.06.2015 7 K 1356/14, EFG 2016, 294, [...], aus der Haushaltsbezogenheit eines "Hausanschlusses" an das öffentliche Versorgungsnetz auf die Haushaltsbezogenheit der Straße geschlossen. Diese Schlussfolgerung erscheint dem Senat nicht plausibel. Dem Hausanschluss entspricht die Grundstückszufahrt, nicht die Straße. Die Straße entspricht der Hauptleitung, nicht dem Hausanschluss. Das FG Nürnberg beruft sich nach Auffassung des Senats deswegen zu Unrecht auf das Urteil des BFH vom 20.03.2014 VI R 56/12. Der Senat schließt sich daher dem FG Nürnberg nicht an.

    c)

    Das Sächsische Finanzgericht hat in seinem Urteil vom 12.11.2015 8 K 194/15, EFG 2016, 1952, [...], nicht nur den Hausanschluss, sondern die gesamte Mischwasserleitung als haushaltsbezogen angesehen. In jenem Fall schloss der Abwasserzweckverband das Grundstück der dortigen Kläger wie auch deren Nachbargrundstücke an die zentrale Kläranlage an. Dazu musste der bestehende öffentliche Mischwasserkanal längs der gesamten Straße teils erneuert, teils neu verlegt werden. Der Abwasserzweckverband stellte den dortigen Klägern für die Herstellung der Mischwasserleitung als Bestandteil des Hausanschlusses an die zentrale Abwasserentsorgungsanlage einen Baukostenzuschuss in Rechnung. Das Sächsische FG hat den Haushaltsbezug bejaht, weil die Herstellung der Mischwasserleitung nicht isoliert, sondern nur als Teil der gesamten Arbeiten, die für den Anschluss des Grundstücks an die öffentliche Abwasserentsorgungsanlage notwendig waren, anzusehen sei. Es handele sich bei dem Baukostenzuschuss um Aufwendungen für den Hausanschluss.

    In diesem Sinne wäre die Errichtung einer Straße notwendig für eine Grundstückszufahrt und damit die Kosten für die Modernisierung der Straße letztlich Kosten für die Modernisierung der Grundstückszufahrt.

    Der Senat hält diese Ausweitung des Haushaltsbegriffs allerdings für zu weitgehend (zu Recht kritisch z. B. Geserich, DB 2017, 152, unter II. am Ende: Baukostenzuschüsse für Abwasserleitungen haben keinen unmittelbaren Haushaltsbezug, sie dienen vielmehr der Deckung der Kosten der Betriebsführung der Versorgungsanlagen). Damit würde jedweder räumliche Bezug verloren gehen. Der Senat schließt sich daher auch dem Sächsischen FG nicht an.

    d)

    Der Senat folgt vielmehr im Ergebnis dem 11. Senat des FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 15.04.2015 11 K 11018/15, EFG 2015, 1281, DStRE 2016, 273, [...]), wenn auch mit anderer Begründung.

    II.

    Soweit vorstehend unter I.4. ausgeführt wurde, dass Arbeitskosten für Nichthandwerker (im Wesentlichen Planungskosten) nicht gemäß § 35a Abs. 3 EStG als Aufwendungen für Handwerkerleistungen abziehbar sind, sei nur der Vollständigkeit noch erwähnt, dass sie auch nicht gemäß § 35a Abs. 2 EStG als Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen abziehbar sind. Auch bei haushaltsnahen Dienstleistungen kommen zwar Leistungen außerhalb der Grundstücksgrenze in Betracht (z. B. "Hundegassi-Service", Hessisches FG, Urteil vom 01.02.2017 12 K 902/16, EFG 2017, 1446, [...]; Schneeräumen auf öffentlichen Gehwegen entlang der Grundstücksgrenze [Winterdienst], BFH, Urteil vom 20.03.2014 VI R 55/12, BFH/NV 2014, 1147, [...]), weil auch hier ein räumlich-funktionaler Haushaltsbegriff anzuwenden ist.

    Allerdings müssen die Leistungen eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung aufweisen bzw. damit im Zusammenhang stehen. Dazu gehören hauswirtschaftliche Verrichtungen, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt werden und in regelmäßigen Abständen anfallen (BFH, Urteil vom 20.03.2014 VI R 55/12, BFH/NV 2014, 1147, [...] Rn. 10).

    Die Planung einer Straße und deren Baubetreuung zählen hierzu nicht. Straßenbau wird gewöhnlich nicht von Mitgliedern des privaten Haushalts erledigt. Außerdem erfolgt die Planung meist nicht vor Ort, sondern in einem Büro, das keinerlei räumlichen Bezug zum Haushalt des Steuerpflichtigen hat.

    III.1.

    Die Revision wird zum einen wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, da die Abziehbarkeit von Straßenausbaubeiträgen in einer Vielzahl von Fällen relevant ist und in Rechtsprechung und Literatur kontrovers diskutiert wird, zum anderen zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO, weil der Senat von der Entscheidung des FG Nürnberg, Urteil vom 24.06.2015 7 K 1356/14, EFG 2016, 294, [...], abweicht.

    2.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    3.

    a)

    Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung aufgrund des Verzichts der Beteiligten, § 90 Abs. 2 FGO, denn es handelt sich um eine reine Rechtsfrage, von einem persönlichen Rechtsgespräch ist keine weitere Förderung des Verfahrens zu erwarten.

    b)

    Da es auf den genauen Anteil der Arbeitskosten am Gesamtbetrag nicht ankommt (vgl. I.4.), bedurfte es auch keines Zuwartens mit der Entscheidung, um den Klägern Gelegenheit zu geben, eine Antwort der Gemeinde auf ihre Anfrage nach der Aufteilung vorzulegen.

    4.

    Der Berichterstatter hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache davon abgesehen, von dem Einverständnis der Beteiligten mit seiner Entscheidung anstelle der des Senats Gebrauch zu machen.