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  • 10.11.2015 · IWW-Abrufnummer 145743

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 16.10.2014 – 11 K 1509/14 E

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Düsseldorf

    11 K 1509/14 E

    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

    Tatbestand:

    2

    Streitig ist die Berechnung eines Gewinns aus der Veräußerung eines Liebhabereibetriebes.

    3

    Die Klägerin wurde im Jahr 2008 mit ihrem … 2008 verstorbenen Ehemann zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

    4

    Die Klägerin und ihr Ehemann betrieben bis zum Jahr 2008 ein Hotel in A-Stadt in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (B-GbR). Beide Ehegatten waren an dieser GbR zu 50 % beteiligt. Die GbR bestand bis zum Tode des Ehemannes der Klägerin, … 2008.

    5

    Das Hotel wurde … 1983 eröffnet und erwirtschaftete von 1982 bis einschließlich 1999 jährlich Verluste; der Verlust belief sich in diesem Zeitraum insgesamt auf 13.687.613 DM. Im Rahmen einer am 06.11.2001 erfolgten Besprechung zu den anhängigen Rechtsbehelfsverfahren wegen der gesonderten Feststellung der Einkünfte 1990 bis 1994 schlossen die Klägerin und ihr Ehemann sowie der Beklagte eine tatsächliche Verständigung ab. Die Verhandlungsteilnehmer stimmten überein, dass die erklärten Verluste aus dem Hotelbetrieb bis einschließlich 1993 als Anlaufverluste anzusehen und vom Beklagten anzuerkennen waren. Für die Zeit ab dem Veranlagungszeitraum 1994 sei davon auszugehen, dass es sich bei dem Hotel in der derzeit von den Gesellschaftern praktizierten Art und Weise um einen sogenannten Liebhabereibetrieb im Sinne der BFH-Rechtsprechung handele. Die zum 31.12.1993 in dem Hotelbetrieb ruhenden stillen Reserven belaufen sich ausweislich der tatsächlichen Verständigung vom 06.11.2001 auf folgende Beträge:

    6

    „a) für das Hotelgrundstück (bestehend aus Grund und Boden, Gebäude mit Sonnenschutzanlage und Außenanlagen mit Tennisanlage, Zufahrt, Teichanlage und Brunnen): 2.919.070 DM

    7

    b) für geringwertige Wirtschaftsgüter: 14.745 DM

    8

    c) für sonstige Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens: 0 DM.“

    9

    Mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der in einem Betrieb beim Übergang zur Liebhaberei ruhenden stillen Reserven vom 12.11.2001 stellte der Beklagte die stillen Reserven für die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens insgesamt auf 2.933.815 DM fest.

    10

    Ab dem Veranlagungszeitraum 1994 wurden keine einheitlichen und gesonderten Feststellungen der Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb (Hotelbetrieb) mehr vorgenommen.

    11

    Zum ....2008 veräußerte die Klägerin das Hotel für 1.850.000 €. Vom Kaufpreis laut notariellem Vertrag vom ….2008 (…) entfielen auf das Grundstück 350.000 € und auf die Gebäude 1.500.000 €. In der Einkommensteuererklärung 2008 machte die Klägerin bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb hieraus einen Veräußerungsverlust i.H.v. 911.311 € geltend. Zur Berechnung des Veräußerungsverlustes teilte die Klägerin den Veräußerungserlös zum einen auf das ursprüngliche Hotelgebäude und -grundstück und zum anderen auf den im Jahre 1999 errichteten Saalanbau nach dem Verhältnis der Buchwerte der genannten Wirtschaftsgüter zum 31.12.2007 zueinander auf. Es ergab sich folgender Verlust:

    12

    ...

    13

    Zwischensumme: - 918.850 €

    stille Reserven GWG 7.539 €

    Veräußerungsverlust - 911.311 €

    14

    Das Finanzamt berichtigte den o.g. Veräußerungsverlust wie folgt:

    15

    Veräußerungsverlust lt. Kläger - 911.311 €

    16

    zuzügl. stille Reserven Hotelgrundstück 1.492.497 €

    17

    Veräußerungsgewinn 581.186 €

    18

    Mit Bescheid vom 22.02.2013 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2008 unter Berücksichtigung des gewerblichen Veräußerungsgewinns von 581.186 €, den der Beklagte ermäßigt nach § 34 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Streitjahres 2008 (EStG) erfasste, i.H.v. 332.488 € fest. Der Bescheid erging hinsichtlich der Kaufpreisaufteilung auf die Altsubstanz (ursprüngliches Hotelgebäude) und den Anbau vorläufig nach § 165 Abs. 1 S. 1 der Abgabenordnung (AO).

    19

    Die Klägerin legte am 08.03.2013 Einspruch ein, den sie wie folgt begründete:

    20

    Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs seien die auf den 31.12.1993 festgestellten stillen Reserven nur im Falle einer tatsächlichen Gewinnrealisierung zu versteuern. Eine Versteuerung komme somit im vorliegenden Fall nur in Betracht, wenn der Kaufpreis höher als der damalige Buchwert i.H.v. 3.580.929,26 DM (ca. 1.830.000 €) gewesen wäre. Dies sei jedoch nicht der Fall, da der Kaufpreis lediglich 1.850.000 € betragen habe und davon etwas mehr als die Hälfte auf das Anlagevermögen entfalle, welches während des Zeitraums der Liebhaberei angeschafft worden sei. Es würde dem elementaren Grundsatz der Leistungsfähigkeit und Art. 3 des Grundgesetzes (GG) widersprechen, wenn ein Steuerpflichtiger Gewinne versteuern müsse, die er gar nicht erzielt habe.

    21

    Wegen anderer im Einspruchsverfahren streitiger Punkte wurde zwischen den Beteiligten Einigung erzielt.

    22

    Mit Einspruchsentscheidung vom 11.04.2014 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

    23

    Zur Begründung führte der Beklagte aus, die in dem Hotelkomplex steckenden stillen Reserven in Höhe von 1.492.497 € seien zum Zeitpunkt der Veräußerung des Hotels als nachträgliche Einnahmen aus Gewerbebetrieb zu erfassen und zu versteuern. Gemäß BFH-Urteil vom 29.10.1981, BStBl. II 1982, 381 und vom 15.05.2002, BStBl. II 2002, 809, führe der Übergang zur Liebhaberei für sich gesehen nicht zur Annahme einer Betriebsaufgabe im Sinne des § 16 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Vielmehr seien auf den Zeitpunkt des Übergangs zur Liebhaberei die in den Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens ruhenden stillen Reserven festzustellen (vgl. § 8 der Verordnung zu § 180 AO), damit diese bei späterer Aufdeckung – durch Veräußerung/Entnahme einzelner Wirtschaftsgüter oder Veräußerung/Aufgabe des gesamten Liebhabereibetriebes – als nachträgliche Einkünfte der Besteuerung unterworfen werden könnten. Dem Einwand der Klägerin, dass eine Versteuerung der stillen Reserven nur bei einer tatsächlichen Gewinnrealisierung erfolgen müsse, könne nicht gefolgt werden. Nach der oben genannten Rechtsprechung müsse die Aufdeckung und Versteuerung der festgestellten stillen Reserven stets erfolgen, wenn diese z.B. durch Veräußerung realisiert würden. Das gelte unabhängig davon, ob hieraus tatsächlich ein Gewinn erzielt werde.

    24

    Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 08.05.2014, eingegangen bei Gericht am 09.05.2014, Klage.

    25

    Im Klageverfahren trägt die Klägerin ergänzend vor, sie sei nach dem Tod ihres Ehemanns … 2008 von der Hausbank gezwungen worden, das Hotelgrundstück kurzfristig zu verkaufen. Der Verkauf habe zu einem Veräußerungsverlust und finanziellen Desaster geführt. Die langfristigen Bankverbindlichkeiten zum 30.06.2008 hätten sich auf 3,8 Million € belaufen, während der Veräußerungserlös nur 1.850.000 € betragen habe. Der Einkommensteuerschuld zuzüglich Nebenleistungen in Höhe von insgesamt 436.824,04 € stehe keinerlei Zuwachs an Leistungskraft gegenüber. Dies verstoße gegen das für das gesamte Steuerrecht geltende Übermaßverbot und das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Deshalb dürfe es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen, dass der BFH auch in dem vom Beklagten in seiner Einspruchsentscheidung zitierten Urteil davon ausgegangen sei, dass bei Beendigung der Liebhaberei durch Veräußerung es nur dann zu einer Steuerbelastung kommen könne, wenn die stillen Reserven tatsächlich zu einer Gewinnrealisierung geführt hätten.

    26

    Mit Schriftsatz vom 02.06.2014 wies die Berichterstatterin die Beteiligten darauf hin, dass der im Jahr 2008 erzielte Veräußerungserlös (1.875.000 €), von dem die Gewinnermittlung der Klägerin ausgehe und der sich der Beklagte angeschlossen habe, keinen Einfluss auf die Höhe des im Jahr 2008 zu versteuernden Betriebsaufgabegewinns haben könne. Anknüpfungspunkt für die Ermittlung des Aufgabegewinns sei in zeitlicher und wertmäßiger Hinsicht der Zeitpunkt des Übergangs des Hotelbetriebs vom steuerlich relevanten Betrieb zum Liebhabereibetrieb. Dies sei im vorliegenden Fall der 31.12.1993. Auf den 31.12.1993 sei ein Betriebsaufgabegewinn/-verlust zu berechnen, der im Jahr 2008 zu versteuern sei. Die Berichterstatterin forderte die Klägerin auf, eine Gewinnermittlung (Ermittlung des Aufgabegewinns) auf Grundlage der Werte der Wirtschaftsgüter des Hotelbetriebes auf den 31.12.1993 sowie die Bilanz des Hotels auf den 31.12.1993 einzureichen.

    27

    Der Beklagte schloss sich den rechtlichen Ausführungen des Gerichts an, wies allerdings darauf hin, dass eine Gewinnermittlung anhand der Bilanz des Hotels auf den 31.12.1993 nicht erforderlich sei. Die festgestellten stillen Reserven seien als Aufgabegewinn anzusetzen. Bei der Berechnung des Aufgabegewinns sei das Betriebsvermögen sowie die darin enthaltenen stillen Reserven zu berücksichtigen. Um den fiktiven Veräußerungserlös zu ermitteln, sei das Betriebsvermögen (Aktiva abzüglich Passiva, jeweils nach Bilanzierungsgrundsätzen) um die stillen Reserven zu erhöhen. Zur Ermittlung des Aufgabegewinns sei dann wiederum das Betriebsvermögen abzuziehen. Im Ergebnis sei also das Betriebsvermögen (§§ 4, 5 des Einkommensteuergesetzes – EStG) zur Ermittlung der Höhe des Aufgabegewinns insoweit ohne Bedeutung, als dass es einerseits auf der Einnahmeseite und andererseits auf der Ausgabenseite anzusetzen sei. Da die auf den 31.12.1993 festgestellten stillen Reserven mit rund 1,5 Millionen € betragsmäßig erheblich höher seien, als der bisher berücksichtigte Veräußerungsgewinn i.H.v. 581.186 €, sei die Klage abzuweisen.

    28

    Die Klägerin nahm dazu wie folgt Stellung: Die Methode des Beklagten zur Ermittlung des Betriebsaufgabegewinns möge zutreffend sein. Im vorliegenden Fall gehe es jedoch nicht um die Ermittlung eines fiktiven Aufgabegewinns zum 31.12.1993, sondern um die Frage, ob die festgeschriebenen stillen Reserven zum 31.12.1993 i.H.v. 1.500.036 € (2.933.815 DM) bei der Veräußerung des Hotelbetriebs in 2008 tatsächlich realisiert worden seien. Der BFH habe ständig das Realisationsprinzip der stillen Reserven im Falle der Betriebsaufgabe oder des Verkaufes nach Beendigung des Liebhabereibetriebs betont. Es müsse also nach der Rechtsprechung des BFH geprüft werden, ob durch den Verkauf in 2008 der anteilige Veräußerungserlös für die sogenannte Altsubstanz – nach Abzug der alten Buchwerte – höher sei, als die stillen Reserven zum 31.12.1993. Aus der Rechtsprechung des BFH ergebe sich nicht, dass beim Übergang zur Liebhaberei ein fiktiver Aufgabegewinn zu ermitteln sei, der auf jeden Fall beim Verkauf oder Betriebsaufgabe zu versteuern sei. Es hätte dann auch höchstrichterlich geklärt werden müssen, ob die Steuervergünstigung des § 34 EStG nach der Rechtslage 1993 oder 2008 auf den fiktiven Aufgabegewinn anzuwenden sei. Dies sei nicht erfolgt. Es sei nicht vorstellbar, dass der BFH den Unterschied zwischen laufendem und tarifbegünstigtem Gewinn unerwähnt gelassen hätte, wenn er die Nachversteuerung des vom Beklagten ermittelten Aufgabegewinns aus 1993 gefordert hätte.

    29

    Die Klägerin beantragt,

    30

    den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 22.02.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.04.2014 insoweit zu ändern, als bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte für die Klägerin negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 911.311 € berücksichtigt werden,

    31

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    32

    Der Beklagte beantragt,

    33

    die Klage abzuweisen.

    34

    Die Berichterstatterin erließ am 01.08.2014 einen Gerichtsbescheid, gegen den die Klägerin am 15.08.2014 die mündliche Verhandlung beantragte. Den Antrag auf mündliche Verhandlung begründete die Klägerin wie folgt:

    35

    Im vorliegenden Fall handele es sich nicht um eine Betriebsaufgabe mit den im BFH-Urteil vom 29.10.1981 dargestellten Folgen bei der späteren Überführung des Betriebes in das Privatvermögen, sondern um die tatsächliche Veräußerung des Betriebs. Die Aussage im Gerichtsbescheid, durch den Übergang zum Liebhabereibetrieb werde das Betriebsvermögen des Hotels der steuerlich irrelevanten Privatsphäre zugeordnet, widerspreche der BFH-Rechtsprechung, die darauf abstelle, dass das dem Betrieb dienende Vermögen einkommensteuerrechtlich auch nach dem Übergang zur Liebhaberei voll zu berücksichtigendes Betriebsvermögen bleibe, dessen stille Reserven noch der Auflösung harren würden. Der Aufgabegewinn oder -verlust werde damit entgegen der Darstellung im Gerichtsbescheid nicht auf den 31.12.1993 festgeschrieben. Es komme einzig und allein auf die Realisierung der stillen Reserven zum 31.07.2008 an. Diese sei nicht erfolgt.

    36

    Der Hinweis auf die Nachversteuerung eines negativen Kapitalkontos könne nicht als Begründung dienen, weil im vorliegenden Fall eine Nachversteuerung nach § 15a EStG nicht geboten sei (§ 52 Abs. 33 S. 3 EStG). Sie und ihr verstorbener Ehemann hätten unbeschränkt in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter einer GbR gehaftet.

    37

    Die Hotelverluste hätten sich bis zum Veranlagungszeitraum 1993 auch nicht steuermindernd ausgewirkt. Zum 31.12.1993 sei ein Verlust i.H.v. 3.851.126 DM, also mehr als die festgeschriebenen stillen Reserven, festgestellt worden.

    38

    Sofern ein Aufgabegewinn zum 31.12.1993 zu ermitteln sei, sei dieser um zukünftige Belastungen durch Bildung entsprechender Rückstellungen zu mindern. Beim Kauf des Grundstücks hätten sie sich gegenüber der A-Stadt verpflichtet, eine Entschädigung von rund 2.247.000 DM (= (300 DM - 35 DM) x 8.480 m²) zu zahlen, falls der Hotelbetrieb innerhalb von 20 Jahren ab dem Tag der Schlussabnahme des Hotels eingestellt worden wäre. Um dieser Zahlung zu entgehen, hätten sie den Hotelbetrieb trotz der hohen jährlichen Verluste fortgeführt. Bei Aufgabe des Betriebs zum 31.12.1993 hätten sie diese Zahlung an die A-Stadt leisten müssen. Zum Nachweis legt die Klägerin ein Schreiben der A-Stadt vom 11.02.1997 vor, indem die Stadt die Verpflichtung bestätigte und ausführte, dass für den Fall, dass eine vorzeitige Nutzungsänderung vorgenommen werde, im Kaufvertrag festgelegt worden sei, dass die Klägerin den Unterschiedsbetrag zum damals vereinbarten Kaufpreis von 35 DM/m² und dem im Zeitpunkt der vorzeitigen Nutzungsänderung für das Grundstück in gleicher Lage maßgebenden Verkehrswert nachzuzahlen habe. Sofern das Grundstück einer Wohnbebauung zugeführt werde, betrage der Kaufpreis ca. 300 DM/m². Im Kaufvertrag sei festgelegt, dass der Verkehrswert vom Gutachterausschuss für Grundstückswerte zu ermitteln sei (s. Schreiben S. 74 der GA).

    39

    Das Grundstück sei überdies unter dem Verkehrswert von ca. 4,7 Million € veräußert worden. Eine Wertschwankung, die nach dem BFH keinen Einfluss auf die Versteuerung der stillen Reserven haben dürfe, liege damit nicht vor. Darüber hinaus sei auf das Übermaßverbot der Besteuerung einzugehen.

    40

    Das Gericht hat die Steuerakten zum Verfahren hinzugezogen.

    41

    Entscheidungsgründe:

    42

    43

    I. Die Klage ist unbegründet.

    44

    Der Einkommensteuerbescheid 2008 vom 22.02.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.04.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO). Die Einkommensteuer 2008 ist zu Gunsten der Klägerin nur unter Berücksichtigung eines gewerblichen Veräußerungsgewinns i.H.v. 581.186 €, der nach § 34 Abs. 1 EStG 2008 ermäßigt besteuert wurde, festgesetzt worden. Richtigerweise hätte ein Veräußerungsgewinn i.H.v. 1.500.036 € (2.933.815 DM) bei der Steuerfestsetzung berücksichtigt werden müssen. Der Ansatz des Veräußerungsgewinns von 1.500.036 € kommt im Klageverfahren auf Grund des geltenden Verböserungsverbotes nicht in Betracht.

    45

    Aufgrund der im Jahr 2008 erfolgten Veräußerung des Hotels und der damit einhergehenden Betriebseinstellung ist im Jahr 2008 ein Aufgabegewinn zu ermitteln. Anknüpfungspunkt für die Ermittlung des Aufgabegewinns ist in zeitlicher und wertmäßiger Hinsicht der Zeitpunkt des Übergangs des Hotelbetriebs vom steuerlich relevanten Betrieb zum Liebhabereibetrieb. Dies ist im vorliegenden Fall der 31.12.1993. Dem liegt folgende rechtliche Beurteilung zu Grunde:

    46

    Der Übergang zum Liebhabereibetrieb führt nach ständiger Rechtsprechung des BFH nicht zu einer Betriebsaufgabe, so dass zu diesem Zeitpunkt, solange der Steuerpflichtige nicht ausdrücklich die Betriebsaufgabe erklärt, das Betriebsvermögen nicht unter Auflösung der stillen Reserven in das Privatvermögen überführt wird. Gleichwohl hat der Übergang zur Liebhaberei eine der Betriebsaufgabe ähnliche Wirkung (vgl. BFH-Urteil vom 15.05.2002 X R 3/99, BStBl II 2002, 809). Denn die Fortführung des Liebhabereibetriebs ist in Ermangelung einer Gewinnerzielungsabsicht der steuerlich irrelevanten Privatsphäre (§ 12 Nr. 2 EStG) zuzuordnen, mit der Folge, dass das dabei eingesetzte Vermögen als Privatvermögen angesehen wird, obwohl eine Betriebsaufgabe mangels Aufgabehandlung (noch) nicht vorliegt (vgl. BFH-Urteil vom 15.05.2002 X R 3/99, BStBl II 2002, 809).

    47

    Die Zuordnung zur Privatsphäre wirkt sich in der Weise aus, dass bei der Betriebseinstellung im Jahr 2008 ein Betriebsaufgabegewinn zu ermitteln ist, der sich ausschließlich nach dem Wert des Betriebsvermögens im Zeitpunkt des Übergangs zur Liebhaberei richtet. Ebenso wie die Einkünfte aus dem Liebhabereibetrieb steuerlich nicht mehr erfasst werden, sind auch alle Wertänderungen des Betriebsvermögens während der Zugehörigkeit zum Liebhabereibetrieb steuerlich unbeachtlich. Stille Reserven, die sich während dieser Zeit gebildet haben, können deshalb – vorbehaltlich einer Erfassung im Privatvermögen nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG - steuerlich nicht erfasst werden (vgl. BFH-Urteil vom 05.05.2011 IV R 48/08, BStBl II 2011, 792 unter II.5.c)). Dies hat zwingend zur Folge, dass das Betriebsvermögen zum Zeitpunkt des Übergangs zur Liebhaberei „festzuschreiben“ ist. Dem entsprechend sind die Beteiligten im Rahmen der tatsächlichen Verständigung vom 06.11.2001 dahin gehend übereingekommen, dass die stillen Reserven des Anlagevermögens insgesamt 2.933.815 DM betragen haben und haben diesen Wert für die Zukunft „festgeschrieben“.

    48

    Die „festgeschriebenen“ stillen Reserven entsprechen im Jahr 2008 dem Aufgabegewinn. Gem. § 16 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1 und 7 EStG ist Aufgabegewinn der Betrag, um den der gemeine Wert nach Abzug der Aufgabekosten den Wert des Betriebsvermögens übersteigt. Dabei wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre (§ 9 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes – BewG). Sofern der gemeine Wert um den Wert des Betriebsvermögens gemindert wird, ergeben sich die im Betriebsvermögen gespeicherten stillen Reserven. Im vorliegenden Fall sind dies die in der tatsächlichen Verständigung vom 06.11.2001 und im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der in einem Betrieb beim Übergang zur Liebhaberei ruhenden stillen Reserven vom 12.11.2001 festgestellten stillen Reserven. Aufgabekosten sind bei dem Übergang des gewerblichen Hotelbetriebs zum Liebhabereibetrieb nicht entstanden, so dass die stillen Reserven zum 31.12.1993 im Ergebnis dem Aufgabegewinn entsprechen.

    49

    Die zum 31.12.1993 festgestellten stillen Reserven sind unabhängig von der Höhe des im Jahr 2008 erzielten Veräußerungserlöses als Aufgabegewinn zu versteuern. Entgegen der Auffassung der Klägerin setzt die Versteuerung im Jahr 2008 nicht voraus, dass die zum 31.12.1993 festgestellten stillen Reserven der Höhe nach tatsächlich realisiert worden sind. Durch den Übergang zum Liebhabereibetrieb wird das Betriebsvermögen des Hotels der steuerlich irrelevanten Privatsphäre zugeordnet. Es liegt quasi eine Betriebsaufgabe vor, für die der zum 31.12.1993 entstandene und festgeschriebene Aufgabegewinn aber erst zum Zeitpunkt der tatsächlichen Betriebseinstellung versteuert wird. Die im Jahr 2008 erfolgte Veräußerungshandlung stellt – entgegen der Auffassung der Klägerin – keine steuerlich relevante Betriebsveräußerung nach § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG dar. Vielmehr liegt in der Veräußerungshandlung die für steuerliche Zwecke seit 1993 hinausgeschobene Betriebseinstellung. Die Hinausschiebung bewirkt ausschließlich eine spätere Versteuerung des bereits im Jahr 1993 „angelegten“ Betriebsaufgabegewinns. Durch die spätere Versteuerung soll nach der Rechtsprechung des BFH vermieden werden, dass der Steuerpflichtige alleine aufgrund einer steuerlichen Umqualifizierung des gewerblichen Betriebes in einen Liebhabereibetrieb gezwungen wird, seinen Betrieb zu veräußern, um die Mittel zur Begleichung der durch den Aufgabegewinn entstandenen Steuern aufzubringen. Eine solche Konsequenz würde über den mit dem Begriff der Liebhaberei verfolgten steuerlichen Zweck weit hinausgehen (vgl. BFH-Urteil vom 29.10.1981 IV R 138/78, BStBl II 1982, 381). Dem gegenüber soll der Steuerpflichtige, der seinen Betrieb nach der Umqualifizierung zum Liebhabereibetrieb zunächst fortführt und später einstellt, nicht besser gestellt werden als jeder andere Steuerpflichtige, der seinen Betrieb aufgibt. Derjenige, der seinen Betrieb aufgibt und sein Betriebsvermögen in das Privatvermögen überführt, hat die stillen Reserven zu versteuern, ohne dass ihm ein Veräußerungserlös und damit tatsächlich ein Gewinn zugeflossen ist. Das Einkommensteuerrecht folgt im Falle einer Betriebsaufgabe bei der Besteuerung der stillen Reserven gerade nicht dem reinen Realisationsprinzip, nachdem nur verwirklichte Gewinne ausgewiesen und besteuert werden (vgl. BFH-Urteil vom 29.10.1981 IV R 138/78, BStBl II 1982, 381).

    50

    Der Aufgabegewinn ist auch nicht um einen Rückstellungsaufwand i.H.v. 2.247.000 DM zu mindern. Denn der Aufwand ist tatsächlich nicht entstanden. Selbst für den Fall, dass bei tatsächlicher Betriebseinstellung zum 31.12.1993 eine Rückstellung in dieser Höhe zu bilden gewesen wäre, wäre diese mangels tatsächlicher Zahlung an die A-Stadt nach 20 Jahren wieder gewinnerhöhend aufzulösen gewesen und könnte nicht gewinnmindernd berücksichtigt werden. Die steuerrechtliche Würdigung knüpft an den tatsächlich verwirklichten und nicht an einen hypothetischen Sachverhalt an. Der Senat kann es somit dahin gestellt sein lassen, ob eine Rückstellung in dieser Höhe hätte gebildet und steuerlich noch geltend gemacht werden könnte. Gegen die steuerliche Geltendmachung könnte eine möglicherweise bestehende Bindungswirkung des Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung der in einem Betrieb beim Übergang zur Liebhaberei ruhenden stillen Reserven vom 12.11.2001 sprechen.

    51

    Die Versteuerung ist im Streitfall auch nicht unangemessen, so dass ein Verstoß gegen das Übermaßverbot nicht vorliegen kann. Die Versteuerung resultiert unstreitig aus der Auflösung des in der Steuerbilanz bis zum 31.12.1993 entstandenen negativen Kapitals. Das negative Kapital ist durch die Verluste des Hotelbetriebs bis zum Wirtschaftsjahr 1993 entstanden. Diese Verluste haben sich in den Veranlagungszeiträumen bis 1993 und auf Grund der Verlustfeststellung zum 31.12.1993 in den Veranlagungszeiträumen 1994 ff. im Rahmen der Einkommensteuerveranlagungen der Klägerin und ihres verstorbenen Ehemannes steuermindernd ausgewirkt. Die Versteuerung ist Folge der Anwendung des § 16 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1 und 7 EStG und nicht des § 15a EStG.

    52

    Die Versteuerung des Aufgabegewinns richtet sich nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 EStG in der Fassung des Streitjahres 2008. Die Versteuerung knüpft an die tatsächliche Betriebseinstellung an. Diese erfolgte im Jahr 2008. Ein Rückgriff auf die Vorschriften über die Versteuerung außerordentlicher Einkünfte aus dem Jahr 1993 ist nicht möglich.

    53

    54

    II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    55

    56

    III. Die Revision war nicht gem. § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert.