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  • 11.06.2015 · IWW-Abrufnummer 144663

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 22.01.2015 – 10 K 3204/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Köln

    10 K 3204/12

    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

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    Streitig ist, ob die Überlassung eines im Eigentum der Klägerin stehenden Einfamilienhauses an den alleinigen Gesellschafter zu einer vGA geführt hat.

    3

    Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH mit Sitz in A einen Handel mit .... Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin ist Herr H (H). Die Klägerin hatte mit notariellem Kaufvertrag vom ....03.2007 für 345.000 € zzgl. Nebenkosten in Höhe von rd. 27.937 € ein 490 qm Grundstück erworben (F-Straße ... in M), welches mit einem Einfamilienhaus bebaut war. Mit Mietvertrag vom 28.06.2007 vermietete die Klägerin das Hausgrundstück mit Wirkung vom 01.07.2007 an B und dessen Lebensgefährtin für einen monatlichen Mietzins von 900 €, wobei der Mieter auch die Nebenkosten zu tragen hatte. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die vereinbarte Kaltmiete ortsüblich war. Als Betriebsausgaben im Zusammenhang mit der Vermietung hatte die Klägerin für das Streitjahr 2007 die Reparatur der Heizungsanlage mit 13.745 € (Rg. vom 20.11.2007) und die AfA mit 3.636,03 € geltend gemacht.

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    Die Großbetriebsprüfung kam zu dem Ergebnis, dass nicht die ortsübliche Miete, sondern die Kostenmiete zuzüglich eines angemessenen Gewinnaufschlags für die Frage maßgeblich sei, ob eine vGA vorliege. Für das Streitjahr wurde vor diesem Hintergrund ausgehend von einer angemessenen Kapitalverzinsung von 4,5% und einem Gewinnaufschlag von 5% eine Kostenmiete von 27.092 € und daraus resultierend eine vGA i.H.v. 21.692 € wie folgt ermittelt:

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    Kapitalverzinsung 4,5% v. 372.937 € 8.391,08 €

    Gebäude-Afa 2007 3.636,03 €

    Heizungsanlage 13.775,00 €

    Gewinnaufschlag 5% 1.290.10 €

    Summe/Kostenmiete gerundet 27.092,00 €

    Bisher angesetzte Miete: 5.400.00 €

    Differenz vGA 21.692,00 €

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    Der Beklagte folgte der Ansicht des Prüfers und erließ am 23.05.2011 auf der Grundlage von § 164 AO den Körperschaftsteuer-Änderungsbescheid für 2007, in welchem er die ermittelte vGA i.H.v. 21.692 € dem Einkommen hinzurechnete (§ 8 Abs. 3 S. 2 KStG) und die Körperschaftsteuer für 2007 von 19.737 € auf 27.119 € erhöhte.

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    Der Einspruch, mit dem die Klägerin im Wesentlichen vortrug, dass der Erwerb des Einfamilienhauses zum Zwecke der Kapitalanlage erfolgt sei, hatte nur teilweise Erfolg. Mit Einspruchsentscheidung vom 20.09.2012 wurde die Körperschaftsteuer 2007 auf 24.239 € reduziert, da lediglich eine vGA i.H.v 7.861 € wie folgt anzunehmen sei.

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    Kapitalverzinsung 4,5% v. 372.937 €
    8.391,08 €

    Gebäude-Afa 3.636,03 €

    Instandhaltung (7,10 € x 169,87 qm x 6/12) 603,00 €
    (§ 28 der II. Berechnungsverordnung nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz)

    Gewinnaufschlag 5% (12.630,11 € x 5%) 631,50 €

    Summe/Kostenmiete gerundet 13.261,00 €

    Bisher angesetzte Miete: 5.400.00 €

    Differenz vGA 7.861,00 €

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    Im Übrigen blieb der Einspruch ohne Erfolg. Zur Begründung führte der Beklagte aus: Auch wenn die von der GmbH erworbenen Wirtschaftsgüter mangels außerbetrieblicher Sphäre zum betrieblichen Bereich gehörten, könnten Verluste aus derartigen Investitionen als vGA anzusehen sein, etwa dann, wenn die GmbH dem Gesellschafter ein Haus zu einem nicht kostendeckenden Preis zur Nutzung überlasse. Denn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer sei nur dann bereit, die laufenden Aufwendungen für Ankauf, Ausbau und die Unterhaltung eines Einfamilienhauses zu privaten Wohnzwecken des Gesellschafters zu tragen, wenn der Gesellschafter diese Aufwendungen in voller Höhe zuzüglich eines angemessenen Gewinnzuschlags erstatte (Fremdvergleich). Grundlage für die Berechnung der Kostenmiete sei die Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz (II. BVO) i.d.F. vom 12.10.1990 (BGBI I 1990, 2178).

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    Für die Bewertung des Vorgangs als vGA sei deshalb entgegen der Auffassung der Klägerin nicht in Anlehnung an die Rechtsprechung zu Vermietungseinkünften auf die Erzielung eines Totalgewinns innerhalb einer Periode von 30 Jahren abzustellen. Entscheidend sei ausschließlich das Verhältnis von Kostenmiete zzgl. Gewinnaufschlag zur tatsächlich erzielten Miete (Hinweis auf BFH-Urteil vom 17.11.2004 - I R 56/03, BFHE 208, 519, DB 2005, 749, BFH/NV 2005, 793; FG Düsseldorf, Urteil vom 18.10.2005 – 6 K 1200/05 K, F).

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    Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Liebhaberei-Grundsätze auf eine Kapitalgesellschaft mangels Privatsphäre nicht anwendbar seien. Die angesetzte Miete von 900 € sei unstreitig ortsüblich gewesen. In dem Fall des BFH-Urteil vom 17.11.2004 – I R 56/03, BFHE 208, 519, DB 2005, 749, BFH/NV 2005, 793) habe eine GmbH ihrem Gesellschafter ein Luxus-Einfamilienhaus, welches sie zuvor für rd. 1,6 Mio. DM erworben und anschließend - auch unter Einbau eines Schwimmbades - für rd. 1 Mio. DM umgebaut habe, zu einem nicht kostendeckenden Mietpreis zur Nutzung überlassen. Nur bei einem in dieser Weise aufwendig gestalteten EFH könne die Kostenmiete für die Frage einer vGA zugrundegelegt werden, da ansonsten kein Totalgewinn erzielbar sei. Dieser Fall sei nicht mit dem Streitfall vergleichbar, da dort ein Totalgewinn angestrebt, die Tätigkeit also mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt werde. Nur wenn die Risiken den möglichen Gewinn so weit überstiegen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer das betreffende Geschäft nicht vorgenommen hätte, könne eine vGA angenommen werden.

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    Im Streitfall sei das Einfamilienhaus jedoch zum Zwecke der Kapitalanlage angeschafft worden. Von den Anschaffungskosten i.H.v. 345.000 € zzgl. Nebenkosten von 28.000 € seien lediglich 245.000 € fremdfinanziert worden. Die Fremdfinanzierung sei so ausgestaltet, dass das Darlehen bereits bis Ende 2014 in vollem Umfang zurückgezahlt sei; dies sei auch tatsächlich so umgesetzt worden. Ohne den Zinsaufwand werde die Klägerin unter Berücksichtigung der fremdüblichen Miete von 900 €, die später marktüblich auf 1.000 € erhöht worden sei, ohne weiteres einen Totalgewinn erzielen. Der Bevollmächtigte nimmt dazu Bezug auf eine von ihm im Klageverfahren vorgelegte Berechnung (GA Bl. 17), bei der die zukünftig anfallenden Instandhaltungsaufwendungen in Anlehnung an § 28 der 2. Berechnungsverordnung vom 12.10.1990 mit einem Betrag von 7,10 €/qm je Kalenderjahr angesetzt wurden. In einem solchen Fall sei es ohne Bedeutung, ob tatsächlich Verluste erzielt würden und/oder die Tätigkeit mit einem Totalverlust ende; es dürfe mithin nicht rückschauend der Erfolg oder der Misserfolg der Tätigkeit berücksichtigt werden (BFH-Urteil vom 15.05.2001 - I R 92/00, BFHE 199, 217, BFH/NV 2002, 1538, DB 2002, 2082).

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    Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, ein potentieller Vertragspartner in den Fremdvergleich einzubeziehen sei (sog. doppelter Fremdvergleich). Ein solcher fremder Dritter sei sicher nicht bereit gewesen, für ein "normales Einfamilienhaus" über die ortsübliche Miete hinaus Mietaufwendungen nach Kostenmietgrundsätzen zu verausgaben. Für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung bestehe damit kein Raum.

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    Die Klägerin beantragt, die Körperschaftsteuer 2007 auf 22.273 € festzusetzen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

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    Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

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    Der Beklagte bezieht sich dazu im Wesentlichen auf die Begründung in der Einspruchsentscheidung. Für die Annahme einer vGA reiche es aus, dass die Klägerin das von ihr angeschaffte Einfamilienhaus ihrem Alleingesellschafter und Geschäftsführer zu einem nicht kostendeckenden Preis zur Nutzung überlassen habe.

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    Entscheidungsgründe

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    Die Klage ist unbegründet. Zu Recht hat der Beklagte eine vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG in Höhe desjenigen Betrages angenommen, in welchem die tatsächliche Miete den nach den Grundsätzen der Kostenmiete ermittelten Wert unterschritten hat.

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    1. Eine vGA im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG setzt eine – nach Fremdvergleichsmaßstäben – durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) voraus, die sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Der Vorgang muss außerdem geeignet sein, beim Gesellschafter einen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (sog. Vorteilsgeeignetheit: vgl. BFH-Urteile vom 08.10.2008 - I R 61/07, BFHE 223, 131, BStBl II 2011, 62, DB 2009, 1493; vom 03.05.2006 - I R 124/04, BFHE 214, 80, BStBl II 2011, 547).

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    2. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, der das erkennende Gericht folgt, verfügen Kapitalgesellschaften steuerlich gesehen über keine außerbetriebliche Sphäre. Aufgrund dessen gehören von einer Kapitalgesellschaft angeschaffte Wirtschaftsgüter - im Streitfall das von der Klägerin erworbene Einfamilienhaus - zum betrieblichen Bereich und stellen die von ihr hierauf getätigten Aufwendungen und die hieraus erlittenen Verluste Betriebsausgaben dar; bei späteren Veräußerungserlösen handelt es sich um Betriebseinnahmen. Aus welchen Gründen sich die Kapitalgesellschaft entschließt, die Investition vorzunehmen, ist grundsätzlich unbeachtlich (BFH-Urteil vom 17.11.2004 - I R 56/03, BFHE 208, 519, DB 2005, 749, BFH/NV 2005, 793 m.w.N.).

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    Das schließt indes nicht aus, dass die Verluste aus einer derartigen Investition als vGA (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) angesehen werden können. Davon ist zwar nicht grundsätzlich bei verlustträchtigen Geschäften auszugehen, da es der unternehmerischen und kaufmännischen Freiheit unterliegt, derartige Risiken in Kauf zu nehmen. Anders kann es sich allerdings verhalten, wenn die Gesellschaft nicht aus eigenem Gewinnstreben, sondern nur zur Befriedigung privater Interessen der Gesellschafter handelt. Maßstab dafür, ob dies der Fall ist, können diejenigen Kriterien sein, die zur Abgrenzung zwischen Einkunftserzielung und sog. Liebhaberei entwickelt worden sind. Lässt sich eine gesellschaftliche (Mit-)Veranlassung der getätigten Investition und der im Zusammenhang damit in Kauf genommenen Verluste hiernach nicht nachweisen, scheidet die Annahme einer vGA regelmäßig schon deswegen aus, weil die verlustbedingte Minderung des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG) nicht geeignet ist, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (BFH-Urteil vom 17.11.2004 - I R 56/03, BFHE 208, 519, DB 2005, 749, BFH/NV 2005, 793 m.w.N.).

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    3. Der BFH hat sich für eine vGA ausgesprochen, wenn und soweit eine GmbH ihrem Gesellschafter ein Wohnhaus zu einem nicht kostendeckenden Preis zur Nutzung überlassen hat. Denn im Rahmen des Fremdvergleichs sei zu berücksichtigen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer nur dann bereit sei, die laufenden Aufwendungen für den Ankauf, den Ausbau und die Unterhaltung eines Einfamilienhauses zu (privaten) Wohnzwecken - also im privaten Interesse - des Gesellschafters der Kapitalgesellschaft zu tragen, wenn der Gesellschaft diese Aufwendungen in voller Höhe erstattet werden. Anzusetzen sei deswegen nicht die Marktmiete, sondern die sog. Kostenmiete. Die Frage der Totalgewinnprognose über einen 30-jährigen Betrachtungszeitraum, der üblicherweise im Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zum Tragen komme, soll sich nach Auffassung des BFH im Zusammenhang mit der Prüfung einer vGA ausdrücklich nicht stellen (BFH-Urteil vom 17.11.2004 - I R 56/03, BFHE 208, 519, DB 2005, 749, BFH/NV 2005, 793). Die von der Klägerin vertretene Differenzierung zwischen "aufwändig gestalteten" und "normalen" Einfamilienhäusern nimmt der BFH in seiner Entscheidung ausdrücklich nicht vor. Der erkennende Senat schließt sich diesen Erwägungen an (vgl. bereits FG Köln, Urteil vom 14.03.2014 – 10 K 2606/12, EFG 2014, 1141).

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    4. Schließlich hat der Beklagte im Streitfall die Berechnung der Kostenmiete zur Ermittlung der vGA-Höhe auch zutreffend vorgenommen. Grundlage der Berechnung der Kostenmiete ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz (II. BVO) i.d.F. vom 12.10.1990 (BGBl I 1990, 2178). Die nach Auffassung des BFH von diesem Grundsatz denkbaren Abweichungen (etwa erhöhte AfA für Baudenkmäler zur Erlangung steuerlicher Vorteile, die der Kapitalgesellschaft unabhängig von der Vorteilszuwendung an den Gesellschafter zustehen) kommen im Streitfall nicht zum Tragen. Einzubeziehen ist nach Auffassung des BFH jedoch eine Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals. Zusätzlich wird ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einen angemessenen Gewinnaufschlag verlangen (BFH-Urteil vom 17.11.2004 - I R 56/03, BFHE 208, 519, DB 2005, 749, BFH/NV 2005, 793), so dass sich das Gericht den Ermittlungen des Beklagten zur Höhe der Kostenmiete vollumfänglich anschließt. Daher ist in Höhe des vom Beklagten nach diesen Grundsätzen ermittelten Differenzbetrags von 7.861 € eine vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG in Form einer verhinderten Vermögensmehrung und eine andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG anzunehmen.

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    5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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    6. Die Revision wird zugelassen wegen grundsätzlicher Bedeutung der Klarstellung, dass für den Ansatz der Kostenmiete entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zwischen "aufwändig gestalteten" und "normalen" Einfamilienhäusern zu unterscheiden ist, und ob in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen ist, ob ein potentieller Vertragspartner in den Fremdvergleich einzubeziehen ist (sog. doppelter Fremdvergleich), wenn dieser nicht bereit wäre, für ein "normales Einfamilienhaus" über die ortsübliche Miete hinaus Mietaufwendungen nach Kostenmietgrundsätzen zu verausgaben.

    RechtsgebietKStGVorschriften§ 8 Abs. 3 S. 2 KStG