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  • · Nachricht · Verpflegungsmehraufwendungen

    Erste Tätigkeitsstätte bei Auslandssemester und Auslandspraktikum im Rahmen einer Zweitausbildung

    | Nach der gesetzlichen Fiktion des § 9 Abs. 4 S. 8 EStG ist seit VZ 2014 ‒ entgegen der vorhergehenden Rechtsprechung des BFH ‒ als erste Tätigkeitsstätte auch eine Bildungseinrichtung auszusehen, die außerhalb eines Dienstverhältnisses zum Zwecke eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird. Nach einer Entscheidung des FG Münster kann daher eine an einer deutschen Hochschule im Rahmen einer Zweitausbildung eingeschriebene Studentin für Zeiträume von Auslandssemestern und Auslandspraktika keine Aufwendungen für die dortige Unterkunft und Verpflegung geltend machen, wenn sie im Inland keinen eigenen Hausstand unterhält. Die erste Tätigkeitsstätte befindet sich danach während dieser Aufenthalte gemäß § 9 Abs. 4 S. 8 EStG in der ausländischen Bildungseinrichtung und nicht mehr an der inländischen Fachhochschule (FG Münster 24.1.18, 7 K 1007/17 E,F, EFG 18, 549; Rev. BFH VI R 3/18, Einspruchsmuster ). |

     

    Im Streitfall studierte die Klägerin nach dem Abschluss einer anderen Ausbildung an einer inländischen FH International Business. Da nach der Bachelorprüfungsordnung der FH für diesen Studiengang 2 Auslandssemester sowie ein Auslandspraxissemester vorgesehen sind, absolvierte sie die beiden Auslandssemester und im Anschluss daran das Praxissemester jeweils im Ausland. Während des gesamten Studiums, auch während der Auslandsaufenthalte, behielt die Klägerin ihren Wohnsitz in der Wohnung ihrer Eltern im Inland bei. Hier hatte sie auch unstreitig ihren Lebensmittelpunkt. Nach Auffassung des Finanzamts kommt ein WK-Abzug in diesen Fällen nur dann in Betracht, wenn die übrigen Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung vorliegen, was nach der neuen Rechtslage bei Studenten, die noch ein Zimmer in der elterlichen Wohnung bewohnen, nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen dürfte. Bei Annahme der ersten Tätigkeitsstätte auch für die Dauer der Auslandsaufenthalte im Inland wären die geltend gemachten Unterkunftskosten sowie für die jeweils ersten 3 Monate auch die Verpflegungsmehraufwendungen dagegen wie bei Dienstreisen eines Arbeitnehmers abzugsfähig. Das FG hat sich der Auffassung des Finanzamts angeschlossen und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Universität nicht nur im Fall eines vollständigen Auslandsstudiums, sondern auch im Fall eines Auslandssemesters als erste Tätigkeitsstätte des Studenten anzusehen ist. Damit ist das FG in der Literatur vertretenen Auffassungen entgegen getreten, wonach eine Universität nur im Fall eines Auslandsstudiums, nicht aber im Fall eines Auslandssemesters zu einer ersten Tätigkeitsstätte führt (vgl. Maciejewski, FR 16, 882, 885). Begründet wird die gegenteilige Literaturauffassung damit, dass Arbeitnehmern nach § 9 Abs. 4 S. 3 EStG bei einem vorübergehenden Einsatz erst ab 48 Monaten von einer ersten Tätigkeitsstätte auszugehen ist.

     

    PRAXISTIPP | Die Streitfrage dürfte erhebliche praktische Relevanz haben, da nach vielen Ausbildungsordnungen Auslandssemester und Auslandspraktika zwingend vorgesehen sind bzw. viele Studenten sich dafür aus freien Stücken zur Verbesserung der beruflichen Chancen entscheiden. Da es bislang zu der Problematik keine (höchstrichterliche) Rechtsprechung gibt, sind Einspruch und Klage in vergleichbaren Fällen geboten. Im Übrigen ist zu beachten, dass die Verfassungsmäßigkeit des § 9 Abs. 4 S. 8 EStG umstritten ist (vgl. hierzu FG Sachsen 13.12.17, 5 K 133/17, EFG 18, 363; NZB BFH VI B 8/18).

     
    Quelle: ID 45373282