Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Nachricht · Einkünfte aus selbstständiger Arbeit

    Künstlerische Tätigkeit eines Tätowierers

    | Aktuell hatte sich das FG Düsseldorf (18.2.25, 4 K 1875/23 G, AO; Rev. zugelassen, Einspruchsmuster ) mit der Frage der Gewerbesteuerpflicht eines Tätowierers zu befassen. Das FG kam zu der Überzeugung, dass der Tätowierer im Streitfall kein gewerbliches Unternehmen i. S. d. EStG betrieben hat. Eine gewerbliche Tätigkeit scheide nach § 15 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 EStG aus, da die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit nach den Umständen des Einzelfalls zu Einkünften aus selbstständiger Arbeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG führe. Der Kläger sei künstlerisch tätig geworden (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG). |

     

    Der Kläger war seit 2013 als Tätowierer tätig. Seinen erklärten Gewinn aus „freiberuflicher Tätigkeit“ behandelte das beklagte FA abweichend als Gewinn aus Gewerbebetrieb und setzte einen Gewerbesteuermessbetrag fest. Dagegen argumentierte der Kläger, er sei als Tattoodesigner sowie Tätowierkünstler tätig. Er schilderte seinen Arbeitsprozess als kreative Tätigkeit, bei der er keine Motive aus einem Katalog auswähle, sondern individuell entwickle und umsetze. Seine Tattoos entstünden in einem individuellen Gestaltungsprozess. Er schaffe jeweils Vorlagen, die nur ein einziges Mal zu einem Tattoo gestochen würden. Mit den von ihm erstellten Motiven nehme er außerdem an Ausstellungen und Wettbewerben teil. Das FA war dagegen der Auffassung, dass trotz der kreativen Komponente die Tätigkeit handwerklich sei, da der Schwerpunkt auf der manuell-technischen Umsetzung liege. Es handele sich um sog. Gebrauchskunst, die durch Auftrags- und Weisungsgebundenheit gekennzeichnet sei. Das FG entschied i. S. d. Klägers. Eine künstlerische Tätigkeit i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG sei bereits deshalb zu bejahen, da die Tätigkeit im konkreten Fall dem Bereich der zweckfreien Kunst zuzuordnen sei. Den erstellten Tätowierungen komme ‒ ähnlich wie bei Gemälden ‒ kein über den ästhetischen Genuss hinausgehender Gebrauchswert zu. Die Frage nach der Auftrags- bzw. Weisungsgebundenheit sei zur Differenzierung zwischen zweckfreier Kunst und Gebrauchskunst ungeeignet, da auch weisungsgebundene Auftragsarbeiten frei von Gebrauchszwecken sein könnten. Im Übrigen läge, selbst wenn man die Tätigkeit als Gebrauchskunst einordnen würde, nach der Überzeugung des FG eine künstlerische Tätigkeit vor. Schließlich käme die Verneinung einer eigenschöpferischen Tätigkeit einer unzulässigen Differenzierung zwischen höherer und niederer Kunst gleich, was mit der grundgesetzlich verankerten Kunstfreiheit nicht vereinbar wäre.

     

    PRAXISTIPP | Unabhängig davon, ob im Besprechungsfall die zugelassene Revision auch eingelegt wird, sollte die steuerliche Abwehrberatung in vergleichbaren Fällen gegen entsprechende Gewerbesteuermessbescheide mit dem Einspruch vorgehen und die vorstehenden Argumente des FG zur Begründung nutzen. Prozessrechtlich ist darauf hinzuweisen, dass ggf. noch in der mündlichen Verhandlung ein Beweisantrag im Hinblick auf die künstliche Tätigkeit gestellt wird oder zumindest eine fehlende Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das FG gerügt wird. Ansonsten wäre der Beschwerdeführer zur Rüge eines etwaigen Verstoßes des FG gegen die Sachaufklärungspflicht im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht berechtigt (BFH 11.2.21, VIII B 30/20, BFH/NV 21, 789).

     
    Quelle: ID 50383428