Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Nachricht · Einkommensteuer

    Anteilsübertragungsgewinn als Arbeitslohn eines Geschäftsführers bei bedingtem Fortbestand der Geschäftsführungstätigkeit

    | Nach einer Entscheidung des FG Köln (4.12.24, 12 K 1271/23 ; Rev. BFH IX R 1/25, Einspruchsmuster ) ist ein im Rahmen einer Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft zugunsten des Verkäufers gezahlter (Teil-)Betrag, dessen Verbleib beim Verkäufer rechtlich und tatsächlich an die Fortsetzung dessen Geschäftsführertätigkeit bei der Gesellschaft geknüpft ist, als Arbeitslohn einzustufen. Eine vom Verkäufer gezahlte Avalprovision aufgrund einer übernommenen Bürgschaft, welche Voraussetzung für den Erhalt eines entsprechenden Teilbetrags war, stellt danach Werbungskosten i. S. v. § 9 Abs. 1 EStG dar. |

     

    Im Streitfall stritten die Beteiligten darum, ob der Kläger im Streitjahr 2020 Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit gem. § 19 EStG oder Einnahmen aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft i. S. v. § 17 EStG erzielt hatte. Der Kläger war zu Beginn des Streitjahres an der A-GmbH beteiligt und zugleich deren Geschäftsführer. 2020 verkaufte er seine Anteile. Im Kaufvertrag war neben dem Kaufpreis geregelt, dass er für die Dauer von mindestens fünf Jahren weiterhin die Geschäftsführung wahrnehmen musste. Die Fortführung der Geschäftsführung sollte durch den Gesamtkaufpreis abgegolten sein. Im Rahmen der einkommensteuerlichen Veranlagung vertrat das FA die Auffassung, dass ein Teil des Gesamtkaufpreises als Gegenleistung für die mehrjährige Geschäftsführung gezahlt worden und daher gem. § 19 i. V. m. § 34 Abs. 1 EStG zu versteuern sei. Der Kläger war dagegen der Auffassung, dass der Gesamtkaufpreis nur im Rahmen der Ermittlung des Gewinnes i. S. v. § 17 EStG ‒ unter Berücksichtigung des Teileinkünfteverfahrens ‒ zu berücksichtigen sei. Das FG folgt im Ergebnis der Auffassung des FA und wies die Klage ab. Für die Annahme von Arbeitslohn spreche insbesondere, dass der Verbleib des streitgegenständlichen Betrages beim Kläger an die tatsächliche Ausübung der Geschäftsführertätigkeit bei der GmbH geknüpft gewesen sei. Das Fortbestehen des Geschäftsführerverhältnisses sei notwendige Voraussetzung für die Vorteilsgewährung gewesen. Diese Verknüpfung werde nicht durch die Anteilsübertragung überlagert, denn die prägende Gegenleistung des Klägers für den Streitbetrag sei die Arbeitsleistung und nicht die Anteilsübertragung gewesen. Soweit der Kläger vortrage, die Zahlung des Teilbetrags sei die Gegenleistung für den im Kaufvertrag vereinbarten Know-how-Transfer, stütze dies gerade die Annahme von Arbeitslohn.

     

    PRAXISTIPP | Der vorliegenden Entscheidung des FG Köln dürfte daher besondere Bedeutung für die Gestaltungspraxis von Unternehmenskaufverträgen im Bereich des Mittelstandes und bei Venture Capital-Transaktionen im Hinblick auf Start-ups und Scale-ups haben. Gerade in den genannten Bereichen arbeiten die Gesellschafter häufig auch als Geschäftsführer oder in einem anderen Anstellungsverhältnis in der von ihnen gegründeten GmbH oder UG. Zudem spielt insbesondere bei einem Einstieg von Investoren (z. B. Venture Capital Fonds) bei Start- und Scale-ups der Know-how-Transfer und die Bindung des Geschäfts an das persönliche Netzwerk der Gründer eine herausgehobene Rolle (vgl. Anmerk. Hoffmann, GmbHR 25, 442, 448). Soweit ersichtlich ist die Abgrenzung zwischen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit i. S. d. § 19 EStG und solchen aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften i. S. d. § 17 EStG bisher nicht höchstrichterlich geklärt. Daher darf die Revisionsentscheidung mit Spannung erwartet werden. Die steuerliche Praxis sollte beachten, dass in der Regel kein Arbeitslohn vorliegt, wenn die Vorteile durch eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige und eigenständige Sonderrechtsbeziehung veranlasst sind (BFH 17.6.09, VI R 69/06, BStBl. II 10, 69). Maßgeblich für die Abgrenzung ist der engere unwirtschaftlich vorrangige Veranlassungszusammenhang (Bleschick in: Kirchhof/Seer, EStG, § 20 Rz. 184a, m. w. N.). In diesem Zusammenhang wird es maßgeblich auf die Umstände des Einzelfalls ankommen. Die Zuordnung zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit ist äußerst nachteilig, denn die Abmilderung der steuerlichen Wirkung durch die im Urteilsfall angewandte sog. Fünftelregelung aufgrund der Zusammenballung von Einkünften gem. § 34 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 1 EStG reicht nicht an die Vorteile des Teileinkünfteverfahrens heran. Zudem können die Kosten für die Besicherung des Rückerstattungsanspruchs auch erst im Zeitpunkt des jeweiligen Abflusses während der Laufzeit der Avalbürgschaft als Werbungskosten berücksichtigt werden können (§§ 9 Abs. 1, 11 Abs. 2 EStG). Bis zur höchstrichterlichen Klärung der Abgrenzungsfrage sollten betroffene Einkommensteuerbescheide unbedingt offengehalten werden.

     
    Quelle: ID 50473861