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  • · Nachricht · Doppelte Haushaltsführung

    Kosten für das Vorhalten einer Wohnung am zukünftigen Beschäftigungsort als Werbungskosten

    | Aufwendungen für das Vorhalten einer (ungenutzten) Wohnung sind nach Auffassung des FG Berlin-Brandenburg Werbungskosten, wenn das Vorhalten ausschließlich aus beruflichen Gründen erfolgt. Auch wenn die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung nicht vorliegen, können Werbungskosten gegeben sein. Aufwendungen, die nicht durch die Nutzung einer Wohnung am derzeitigen Beschäftigungsort, sondern durch das bloße Vorhalten einer (praktisch kaum bewohnten) Wohnung am zukünftigen Beschäftigungsort entstehen, fallen danach unter den Werbungskostenbegriff, wenn die Erwerbssphäre bei wertender Betrachtung das auslösende Moment ist (FG Berlin-Brandenburg 1.6.17, 3 K 3278/14, EFG 17, 1580; Rev. BFH VI R 1/18, Einspruchsmuster ). |

     

    Im Streitfall arbeitete die Klägerin in einer Großstadt mit starkem Wohnungsmangel und bewohnte dort eine 2,5-Zimmer-Wohnung. Nach der Geburt ihrer Tochter beantragte sie Elternzeit und zog zu ihrem Lebensgefährten in eine andere Stadt. Die bisherige Wohnung behielt sie jedoch bei, da Auszug, spätere Wohnungssuche und erneuter Einzug mit erheblichem finanziellem wie organisatorischem Aufwand verbunden gewesen wären. Nach ihren Planungen wollte die Klägerin ihre frühere Tätigkeit in der Großstadt wieder aufnehmen.

     

    Grundsätzlich gehören Aufwendungen für die eigene Wohnung zu den Aufwendungen der privaten Lebensführung und sind daher gemäß § 12 Nr. 1 EStG nicht abziehbar (Ausnahme: aus beruflichen Gründen gehaltene Zweitwohnung als „doppelte Haushaltsführung“, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG). Da die Voraussetzungen für die doppelte Haushaltsführung unstreitig nicht vorlagen, musste sich das FG mit der Frage befassen, unter welchen Voraussetzungen berufliche Gründe das an sich private Vorhalten einer Wohnung überlagern können. Das FG hat schließlich den Veranlassungszusammenhang zwischen dem Vorhalten der ungenutzten Wohnung und der beruflichen Tätigkeit im Streitfall bejaht und den Werbungskostenabzug zugelassen.

     

    PRAXISTIPP | Wegen der stetig steigenden Mieten in Ballungsgebieten wird dieses neuartige soziale Phänomen des Vorhaltens einer ungenutzten Wohnung zukünftig in der Praxis wohl häufiger anzutreffen sein. In vielen Fällen wird sich daher auch die Frage des Werbungskostenabzugs stellen. Die steuerliche Praxis sollte in vergleichbaren Fällen darauf gefasst sein, dass Finanzämter und Finanzgerichte in Bezug auf das Fehlen privater Gründe für das Vorhalten einer Wohnung strenge Maßstäbe anlegen. Das liegt daran, dass viele denkbare private Anlässe im Einzelfall ausschlaggebend gewesen sein mögen (etwa privater „Rückzugsort“; räumliche Nähe zu einer Stadt mit hohem Freizeitwert; Nähe zu Freunden oder Lebensgefährten). In seinem Beschluss hat der BFH (10.1.18, VI B 69/17) die Revision zugelassen. Dies deutet darauf hin, dass der BFH seine Rechtsgrundsätze in diesem Rechtsbereich zwischen doppelter Haushaltsführung und allgemeinem Werbungskostenabzug weiterentwickeln möchte. Im Hinblick darauf sollten betroffene Steuerbescheide bis zur Revisionsentscheidung offen gehalten werden.

     
    Quelle: ID 45273385