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  • · Nachricht · Arbeitnehmerentsendung

    Erste Tätigkeitsstätte bei längerfristiger Entsendung ins Ausland

    | Das FG Niedersachsen geht davon aus, dass bei längerer Entsendung ins Ausland und Unterstellung unter das Direktionsrecht des ausländischen Unternehmens im Ausland eine erste Tätigkeitsstätte vorliegt. Erstattungen des Arbeitgebers für Wohnung und Flüge erhöhen danach das Steuersatzeinkommen im Rahmen des Progressionsvorhalts (FG Niedersachsen 19.4.18, 5 K 262/16; Rev. BFH VI R 21/18, Einspruchsmuster ). |

     

    Werden Arbeitnehmer von international tätigen Unternehmen ins Ausland zu Konzern-Tochterunternehmen oder Betriebsstätten entsendet, erhält der Arbeitnehmer hinsichtlich seiner ihm entstehenden Mehr- bzw. Zusatzkosten nicht selten umfangreiche Zusatzleistungen und Erstattungen, etwa für Heimflüge und Wohnung/Haus vor Ort. Die Versteuerung dieser Leistungen im Rahmen des Progressionsvorbehalts hängt ab VZ 2014 wesentlich davon ab, wo die erste Tätigkeitsstätte ist.

     

    Im zugrunde liegenden Streitfall schloss ein bei der VW AG, Wolfsburg, angestellter Manager im Rahmen eines längerfristigen Auslandseinsatzes in den USA einen Vertrag mit der VW Group of America. Danach hatte der Manager Anspruch auf Zusatzleistungen wie Mietkostenzuschuss, Dienstwagen, Zuschuss für Flugkosten in das Heimatland, Versicherung in der amerikanischen Sozialversicherung, Anspruch für Sprachtraining der Familienangehörige. Die Ehefrau begleitete den Kläger. Die Wohnung im Inland blieb bestehen. In seiner ESt-Erklärung 2014 ging der Kläger davon aus, dass der von der VW Group of America gewährte Wohnungskostenzuschuss, ein Flugbudget sowie eine Zuschuss zur Möbelmiete als steuerfreie Werbungskostenerstattungen zu behandeln seien. Das FA behandelte die Zusatzleistungen als Arbeitseinkommen im Rahmen der Ermittlung des Steuersatzeinkommens. Die Aufwendungen für Wohnung und Flüge seien keine Werbungskosten, da die Beschäftigungsstätte in den USA zur ersten Tätigkeitsstätte i. S. des § 9 Abs. 1 Nr. 4 S. 2, Abs. 4 EStG geworden sei. Dem folgte das FG im Klageverfahren.

     

    PRAXISTIPP | Die steuerliche Beratung von größeren Unternehmen in Entsendungsfällen gehört mittlerweile zum Alltag. Die Streitfrage der Besprechungsentscheidung hat in diesem Zusammenhang große praktische Bedeutung. Bleibt der Wohnsitz in Deutschland während der Entsendung bestehen, hat der Arbeitnehmer weiterhin wegen der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht sein Welteinkommen in Deutschland zu versteuern. Auch wenn im Ausland erzieltes Arbeitseinkommen in den meisten Fällen aufgrund bestehender DBA in Deutschland aus der Bemessungsgrundlage ausgenommen wird (Freistellung), stellt sich ertragsteuerlich die Rechtsfrage, wie solche Erstattungen im Rahmen des Progressionsvorhalts, genauer bei der Ermittlung des sog. Steuersatzeinkommens, zu berücksichtigen sind.

    Hier droht eine Verschlechterung gegenüber der bis VZ 2013 geltenden Rechtslage. Nach der hierzu ergangenen BFH-Rechtsprechung begründete ein Arbeitnehmer, der zunächst für drei Jahre und anschließend wiederholt befristet von seinem Arbeitgeber ins Ausland entsandt worden ist, dort keine regelmäßige Arbeitsstätte i. S. des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG, auch wenn er mit dem ausländischen Unternehmen für die Dauer des Entsendungszeitraums einen unbefristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen hat (vgl. etwa BFH 10.4.14, VI R 11/13, BStBl II 14, 804). Die Aufwendungen konnten im Rahmen einer Auswärtstätigkeit berücksichtigt werden (vgl. aktuell BFH 3.7.18, VI R 55/16, BFH/NV 18, 1145 zur Schätzung des beruflich veranlassten Anteils von Übernachtungskosten bei einer Auswärtstätigkeit). Bis zur höchstrichterlichen Klärung sollten betroffene Steuerbescheide unbedingt offengehalten werden.

     
    Quelle: ID 45643628