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  • Nachricht · Autokauf

    Vorsicht, wenn der Verkäufer nicht in den Fahrzeugpapieren eingetragen ist

    | Wenn ein (privater) Verkäufer nicht als Halter in den Fahrzeugpapieren eingetragen ist, muss ein (privater) Käufer von sich aus prüfen, ob der Verkäufer zum Fahrzeugverkauf berechtigt ist. Die bloße Angabe des Verkäufers, er sei ein gewerblicher Zwischenhändler und auch der Umstand, dass der Verkäufer im Besitz der Fahrzeugpapiere und der Fahrzeugschlüssel ist, erübrigt die gebotene Überprüfung durch den Käufer nicht. |

     

    Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht Hamm. In dem Fall hatte der Kläger als privater Verkäufer im Jahr 2014 seinen PKW Audi Q3 im Internet zum Preis von ca. 32.000 EUR zum Verkauf angeboten. Im November 2014 rief ihn ein vermeintlicher Kaufinteressent an, der - wie später ermittelt wurde - den Namen eines unbeteiligten Dritten benutzte. Dem Dritten war wenige Tage zuvor die Geldbörse mit persönli-chen Papieren entwendet worden. Die Beteiligten einigten sich über den Kaufpreis und verabredeten eine Besichtigung und eventuelle Abholung des Fahrzeugs durch einen Beauftragten des Kaufinteressenten. Seine Bankverbindung übermittelte der Kläger an eine ihm mitgeteilte E-Mail-Adresse.

     

    Zum vereinbarten Termin erschien eine Person, die dem Kläger die (entwendeten) Ausweispapiere des Dritten vorlegte und sich als dessen Beauftragter ausgab. Der Erschienene überließ dem Kläger eine vermeintlich echte Quittung eines Geldinstituts über die beauftragte Überweisung des vereinbarten Kaufpreises von 30.500 EUR vom Konto des Dritten auf das Konto des Klägers. Die Beteiligten unterzeichneten einen schriftlichen Kaufvertrag und eine Erklärung zur Fahrzeugübernahme. Diese enthielt eine im Namen des Dritten verfasste Vollmacht, dass der Beauftragte das Fahrzeug entgegennehmen durfte.

    In der Annahme einer bevorstehenden Gutschrift des Kaufpreises übergab der Kläger sein Fahrzeug mit sämtlichen Schlüsseln und den auf seinen Namen ausgestellten Fahrzeugpapieren dem angeblichen Beauftragten des Dritten. Den Kaufpreis erhielt der Kläger in der Folgezeit nicht.

     

    Zwei Tage nach der Veräußerung des Fahrzeugs durch den Kläger stieß der - mit dem Kläger seinerzeit nicht bekannte - Beklagte bei einer Internetrecherche auf das Fahrzeug des Klägers. Dieses wurde über ein Internetportal für 22.900 EUR zum Verkauf angeboten. Die verkäuferseitigen Informationen beschränkten sich auf die Angabe Privatanbieter, die Ortsangabe Rheine und die Mitteilung einer Handynummer. Der Beklagte nahm über die Handynummer Kontakt zum Anbieter auf und vereinbarte einen Besichtigungstermin in Rheine. Während der Anfahrt nach Rheine erhielt der Beklagte einen Anruf des Anbieters, eines vermeintlich gewerblichen Zwischenhändlers. Der bot ihm als Entgegenkommen an, dass man sich auf halben Wege traf. Probefahrt und Besichtigung des Fahrzeugs erfolgten sodann in Greven. Die Beteiligten einigten sich auf einen bar zu zahlenden Kaufpreis von 21.700 EUR und eine umgehende Vertragsabwicklung. Der Absprache entsprechend erfolgte die Kaufabwicklung am selben Abend am Wohnsitz des Beklagten in Bochum. Gegen Barzahlung erhielt der Beklagte das Fahrzeug mit sämtlichen Papieren und Schlüsseln. Die Beteiligten unterzeichneten einen schriftlichen Kaufvertrag über einen privaten Gebrauchtwagenkauf, in dem der namentlich bezeichnete Verkäufer einen Wohnsitz in Rheine vorgab und sich mit Angaben eines serbischen Personalausweises auswies.

     

    Nachdem der Beklagte den Kläger unter Hinweis auf seinen vermeintlichen Fahrzeugerwerb kontaktiert hatte, erfuhren die Beteiligten von der Abwicklung der Betrugsgeschäfte unter dem Namen des unbetei-ligten Dritten. Sie stritten daraufhin über das Eigentum an dem Fahrzeug. Der Kläger stellte in Abrede, dass das Fahrzeug wirksam an den Beklagten übereignet wurde. Der Beklagte berief sich dagegen darauf, dass er das Fahrzeug gutgläubig erworben habe.

     

    Der Richter am OLG entschieden zugunsten des Klägers. Er habe sein Eigentum an dem Fahrzeug durch die von ihm getätigte Veräußerung nicht verloren. Das Fahrzeug sei nicht wirksam an einen Geschäftspartner übereignet worden. Auf Käuferseite habe im vorliegenden Fall ein Vertretergeschäft vorgelegen. Dieses habe der Kläger mit dem Namensträger, das sei der an den Betrugsgeschäften unbeteiligte Dritte gewesen, als Erwerber abschließen wollen. Mit dem Namensträger sei aber keine wirksame Vereinbarung zustande gekommen. Er habe die handelnden Personen zu dem Erwerbsgeschäft weder bevollmächtigt noch das Geschäft nachträglich genehmigt.

     

    Das Eigentum an dem Fahrzeug habe der Beklagte bei seinem Erwerbsgeschäft nicht vom berechtigten Kläger und auch nicht gutgläubig von einem Nichtberechtigten erworben. Ein gutgläubiger Erwerb komme nicht in Betracht, wenn dem Käufer bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt sei, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehöre. Hiervon sei im vorliegenden Fall auszugehen. Dem Beklagten hätte sich aufdrängen müssen, dass das Kraftfahrzeug nicht dem Verkäufer gehörte und dieser nicht zur Veräußerung befugt gewesen sei. Beim Erwerb eines Kraftfahrzeugs müsse sich der Erwerber die Zulassungsbescheinigung Teil II, den früheren Kraftfahrzeugbrief, vorlegen lassen. Mit Hilfe der dortigen Eintragungen habe er die Möglichkeit, eine Veräußerungsbefugnis des Fahrzeugbesitzers beim eingetragenen Fahrzeughalter zu hinterfragen. Auch wenn in diesem Zusammenhang der Veräußerer im Besitz des Fahrzeugs und der Zulassungsbescheinigung sei, sei der Erwerber bösgläubig, wenn besondere Umstände seinen Verdacht erregen müssten und er diese Umstände unbeachtet lasse. Das treffe auf den Beklagten zu. Der Beklagte habe den ihm vorgelegten Originalfahrzeugpapieren entnehmen können, dass der ihm gegenüber tretende Veräußerer nicht der letzte Fahrzeughalter sei. Die Angaben des Internetangebots und auch der dem Beklagten vorgelegte schriftliche Kaufvertrag hätten zudem gegen einen Verkauf durch einen gewerblichen Händler gesprochen. Aufgrund dieser Umstände habe der Beklagte weitere Nachforschungen anstellen müssen. Er habe nicht auf die Verfügungsbefugnis eines Kraftfahrzeughändlers vertrauen können, weil der Verkauf nicht im Rahmen eines ordnungsgemäßen Kraftfahrzeughandels erfolgt sei.

     

    Quelle | OLG Hamm, Urteil vom 22.2.2016, 5 U 110/15

    Quelle: ID 44570291