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  • 24.03.2009 | Unfallschadensregulierung

    Haftungsrechtliche Besonderheiten
    bei Unfällen mit Leasingfahrzeugen - Teil I

    von VRiOLG a.D. Dr. Christoph Eggert, Leverkusen

    „Ach, was ich Ihnen noch sagen sollte: Mein Wagen ist ein Leasingfahrzeug“. Eine solche Bemerkung beim Verlassen des Anwaltsbüros kommt spät, aber nicht zu spät. Ärgerlicher ist es, wenn sich erst vor Gericht herausstellt, womöglich erst in II. Instanz, dass der Wagen des unfallgeschädigten Mandanten ein Leasingfahrzeug ist. Welche Besonderheiten bei einem Haftpflichtschaden an einem bzw. durch ein Leasingfahrzeug zu beachten sind, wird anhand der aktuellen Rechtsprechung aufgezeigt. Teil I betrifft Fragen des Haftungsgrunds incl. der oft strittigen Aktivlegitimation. Im zweiten Teil (nächste Ausgabe) geht es um Fragen zur Schadenshöhe.  

     

    Übersicht I: Ansprüche des Leasingnehmers (LN) gegen die Schädigerseite
    1. § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Besitzrechts (unmittelbarer Besitz = sonstiges Recht i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB; st. Rspr., BGH VersR 81, 161; KG NZV 03, 84),
    2. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Verletzung einer Schutznorm, z.B. § 1 Abs. 2 StVO,
    3. § 831 BGB (Fahrer des gegnerischen Fz. = Verrichtungsgehilfe, Halter/Eigentümer muss Geschäftsherr sein),
    4. § 7 Abs. 1 StVG gegen den Halter des gegnerischen Kfz (auch als bloßer Besitzer kann der LN „Verletzter“ sein; st. Rspr., BGH VersR 81, 161). Ist auch das gegnerische Fahrzeug ein Leasingauto, haftet der LG mangels Haltereigenschaft nicht aus § 7 StVG (auch nicht aus § 831 BGB),
    5. § 18 Abs. 1 S. 1 StVG gegen den Fahrer des gegnerischen Kfz,
    6. § 115 Abs. 1 VVG n.F.: Direktanspruch gegen den Versicherer (§ 3 PflVG a.F.),
    7. § 1 Abs. 1 HPflG gegen den Bahnbetreiber (Fahrer haften nur aus Delikt).
     

     

    Übersicht II: Haftungsausschlüsse/Mithaftung bei Ansprüchen nach Übersicht I
    1. Ausschluss der Haftung nach § 823 BGB: Keine Besonderheiten; bei 7 bis 10 Jährigen ist § 828 Abs. 2 BGB zu beachten (vgl. BGH VA 08, 94).
    2. Ausschluss der Halterhaftung (§ 7 Abs. 1 StVG): nicht erst bei höherer Gewalt (§ 7 Abs. 2 StVG), sondern schon beim Nachweis eines unabwendbaren Ereignisses (§ 17 Abs. 3 S. 1 StVG). LN ist i.d.R. (Allein-)Halter (BGH NJW 07, 3120).
    3. Ausschluss der Fahrerhaftung (§ 18 Abs. 1 StVG): Nachweis der Schuldlosigkeit.
    4. Ausschluss des Direktanspruchs (§ 115 Abs. 1 VVG n.F.): wie 2 und 3 und zusätzlich § 103 VVG n.F. (früher § 152 VVG). Hat nur der Fahrer, nicht aber der Halter vorsätzlich gehandelt, schließt § 103 VVG n.F. nur die Haftung für den Fahrer, nicht für den Halter aus (OLG Düsseldorf 19.1.09, I-1 U 209/07, Abruf-Nr. 090900).
    5. Ausschluss der Bahnhaftung (§ 1 Abs. 1 HPflG): nicht erst bei höherer Gewalt, sondern schon bei Unabwendbarkeit (§ 17 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 S.1 StVG).
    6. Mithaftung wegen Mitverschuldens und aus Betriebsgefahr: Im Rahmen der Haftungsabwägung nach § 17 Abs. 2, Abs. 1 StVG muss der LN sich die Betriebsgefahr anrechnen lassen (unstr.). Erhöht wird sie durch eine fehlerhafte Fahrweise, egal, ob LN persönlich oder Dritter, z.B. ein Angestellter. Außerhalb der StVG-Abwägung (z.B. Unfall mit Radfahrer) muss sich der LN als Fahrzeughalter die Betriebsgefahr, ggf. gesteigert durch ein unfallursächliches Verschulden, nach § 254 Abs. 1 BGB anrechnen lassen.
     

    Übersicht III: Ansprüche des Leasinggebers (LG)
    1. gegen den LN:
    • aus dem Leasingvertrag (s. Leasing-AGB und Spezialliteratur),
    • § 823 Abs. 1 BGB (Eigentumsverletzung),
    • § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Schutznormverletzung,
    • § 831 BGB (Beispiel: geleaster Lkw wird von einem Angestellten des LN beschädigt).
    Beachte: Ansprüche aus § 7 Abs. 1, § 18 Abs. 1 StVG stehen dem LG gegen den LN/Fahrer nicht zu (Lemcke r+s 07, 437; zu Unrecht a.A. BGH NJW 83, 1492). Gegen den KH-Versicherer des „eigenen“ Autos hat der LG wegen seines Eigentumsschadens keinen Direktanspruch (§ 115 Abs. 1 VVG n.F.). Die StVG-Haftung entfällt per se, im Übrigen greift § 11 Nr. 2, 3 AKB ein. Infolge dieser Leistungsausschlüsse besteht auch keine Freistellungsverpflichtung des KH-Versicherers des Leasingfahrzeugs. Ein mit dem LN nicht identischer Fahrer, z.B. ein Angestellter, haftet nicht nach § 18 StVG, sondern nur aus § 823 BGB, auch als Angestellter grundsätzlich unbeschränkt (mit Freistellungsanspruch gegen den Arbeitgeber, vgl. Halm/Steinmeister DAR 05, 481).
    2. gegen die Zweitschädigerseite:
    wie Übersicht I, wobei geschütztes Rechtsgut das Eigentum am Leasingfahrzeug ist.
    Ist auch das gegnerische Fahrzeug geleast, ist der LG nicht ersatzpflichtig. Mangels Haltereigenschaft nicht nach § 7 Abs. 1 StVG, auch nicht aus Delikt, insbesondere entfällt § 831 BGB.