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  • 01.01.2006 | Schuldrechtsreform

    Beweislastumkehr und kein Ende

    1. Normaler Verschleiß eines Dichtungsrings am Turbolader eines älteren Pkw mit einer Laufleistung von ca. 190.000 km ist kein Sachmangel; ein allein darauf beruhender Ausfall des Turboladers begründet nicht die Sachmängelhaftung.  
    2. Es wird daran festgehalten, dass sich die Beweislastumkehr des § 476 BGB nicht auf die Ursache eines Sachmangels erstreckt, der sich innerhalb der Sechsmonatsfrist zeigt (Bestätigung von BGH VA 04, 145, Abruf-Nr. 041808 = NJW 04, 2299).  
    3. Der dem Verkäufer nach § 476 BGB obliegende Beweis des Gegenteils wird fahrlässig vereitelt, wenn der Käufer nicht dafür sorgt, dass die von ihm mit dem Austausch eines Fahrzeugteils (hier: Turbolader) beauftragte Werkstatt das ausgebaute Teil aufbewahrt (Leitsätze der Redaktion).  

     

    Sachverhalt

    Mit Vertrag vom 21.1.03 hatte der Kläger (= Verbraucher) vom beklagten Kfz-Händler einen Chrysler Voyager TD (rd. 9 Jahre alt, 191.347 km) gekauft. Wenige Tage vor Ablauf der Sechsmonatsfrist des § 476 BGB trat ein Schaden am Turbolader auf. Da der Beklagte trotz Androhung gerichtlicher Schritte nicht zu einer kostenlosen Reparatur bereit war, ließ der Kläger den Turbolader anderweitig durch eine Werkstatt austauschen. Das ausgebaute Teil wurde entsorgt. Nachdem der Kläger die Reparaturkosten eingeklagt hatte, erlitt das Fahrzeug im Dezember 2003 einen weiteren Motorschaden. Nunmehr trat der Kläger vom Kauf zurück und verlangte außer den bereits eingeklagten Reparaturkosten Rückzahlung des Kaufpreises. Das OLG Stuttgart hat die klageabweisende Entscheidung des LG Heilbronn bestätigt (s. VA 05, 94, Abruf-Nr. 051355). Zur Klärung der Reichweite der Beweisvermutung des § 476 BGB und insbesondere des Ausschlussgrundes „Art des Mangels“ hat es die Revision zugelassen. Sie wurde zurückgewiesen.  

     

    Entscheidungsgründe

    Der BGH hat die Revision mit einer Doppelbegründung zurückgewiesen. Für den Turboladerdefekt kamen zwei technische Ursachen in Betracht: der Verschleiß eines Dichtungsrings oder – wenig wahrscheinlich – das Eindringen von Teilen einer unfachmännisch eingebauten Papierdichtung in den Turbolader. Hätte es die Möglichkeit mit der Papierdichtung nicht gegeben, hätte der BGH die Haftung des Beklagten mit der Begründung verneint, der nach Alter und Laufleistung normale Verschleiß des Dichtungsrings sei schon kein Sachmangel. Da aber auch die unfachmännisch eingebaute Papierdichtung eine denkbare Ursache war und insoweit ein Sachmangel vorlag, musste entschieden werden, zu wessen Lasten die Unaufklärbarkeit in der Kausalitätsfrage ging. Dieses Problem hat der BGH auf der Grundlage seines Urteils vom 2.6.04 zu Lasten des Klägers gelöst (VA 04, 145, Abruf-Nr. 041808 = NJW 04, 2299). Aber auch wenn man seiner Meinung nicht folge, würde sich hier letztlich nichts anderes ergeben, weil der Kläger den dann dem Beklagten obliegenden Beweis des Gegenteils fahrlässig vereitelt habe.  

     

    Praxishinweis

    Zur Beweislastumkehr beim Verbrauchsgüterkauf liegen mittlerweile vier BGH-Entscheidungen vor, davon drei zum Gebrauchtwagenkauf. In einem der nächsten Schwerpunktbeiträge werden wir auf die Gesamtproblematik näher eingehen.